Österreich
Österreich
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EINLEITUNG
Österreich, Republik in Mitteleuropa, grenzt im Nordosten an die Tschechische Republik und die Slowakei, im Osten an Ungarn, im Süden an Slowenien und Italien, im Westen an die Schweiz und an Liechtenstein und im Nordwesten an Deutschland. Österreich hat eine Gesamtfläche von 83 858 Quadratkilometern. Die Hauptstadt des Landes ist Wien.
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LAND
Die Alpen- und Donaurepublik erstreckt sich vom Bodensee im Westen bis zum Neusiedler See im Osten. Die maximale Ausdehnung beträgt von Westen nach Osten etwa 570 Kilometer, von Norden nach Süden rund 300 Kilometer, an der schmalsten Stelle in Vorarlberg nur knapp 35 Kilometer.
Über 60 Prozent des Landes gehören zu den Ostalpen, die durch Längstäler in drei Großräume gegliedert werden: Die Nördlichen Kalkalpen, der Wienerwald und der Bregenzer Wald bilden einen naturräumlichen Großraum; sie gehören zu den Nordalpen und umfassen zahlreiche Alpenrandseen.
Zu den größten Berggruppen gehören Lechtaler Alpen, Allgäuer Alpen sowie Nordtiroler, Salzburger und Steirisch-Niederösterreichische Kalkalpen. Östlich des Inntales ist das Gestein stark verkarstet.
Die Längstäler der Flüsse (von West nach Ost) Inn, Salzach und Enns begrenzen die Nördlichen Kalkalpen nach Süden. An sie schließen nach Süden als weitere Großeinheit die aus kristallinen Gesteinen aufgebauten Zentralalpen an. Dazu gehören der österreichische Anteil an der Silvrettagruppe, Ötztaler, Stubaier und Zillertaler Alpen, Hohe und Niedere Tauern sowie die Gurktaler Alpen. In den Hohen Tauern erhebt sich der Großglockner, mit 3 797 Metern der höchste Berg des Landes.
Der dritte Großraum schließlich umfasst die von den Zentralalpen durch Puster- und Drautal getrennten Südlichen Kalkalpen mit den Gebirgszügen der Gailtaler Alpen, der Karnischen Alpen und der Karawanken. Diese Bergketten nehmen im Vergleich zu den Nördlichen Kalkalpen und den Zentralalpen eine verhältnismäßig kleine Fläche ein.
Im Norden gehen die Alpen in das hügelige Alpenvorland über, das sich bis zum Donautal erstreckt. Hier liegen das Hügelland des Innviertels und der Hausruck. In nordöstlicher Richtung steigt das Land im Weinviertel allmählich zum Karpatenvorland an. Mühl- und Waldviertel sind Teile des Böhmischen Massivs.
Sie erreichen im Plöckenstein mit 1 378 Metern ihren höchsten Punkt. Das Wiener Becken ist ein Einbruchsbecken zwischen den Alpen und den Karpaten; es begrenzt die Alpen in östlicher Richtung. Die Grazer Bucht im Südosten des Landes gehört bereits zum Pannonischen Becken. Zahlreiche Alpenpässe, wie der Brenner, der Plöckenpass, das Timmelsjoch und der Semmering, ermöglichen die Überquerung der Gebirgszüge.
2.1
Flüsse und Seen
Fast das gesamte Land (96 Prozent) liegt im Einzugsbereich der Donau.
Eine Ausnahme bilden Vorarlberg, das vom Rhein durchzogen wird, und Teile des Mühl- und Waldviertels, die im Einzugsbereich der Elbe bzw. der in die Elbe mündenden Moldau liegen. Der längste Fluss Österreichs ist die Donau, die bei Passau in das Land eintritt und Österreich auf einer Länge von etwa 350 Kilometern von Westen nach Osten durchfließt. Sie strömt u. a. durch Linz und Wien und verlässt Österreich nahe Preßburg, der Hauptstadt der Slowakei.
Die längsten rechten Nebenflüsse der Donau sind die auf deutschem Staatsgebiet bzw. als Grenzfluss mündenden Lech und Inn mit Salzach sowie Traun, Enns und Ybbs. Im Süden des Landes ist die an der östlichen Grenze Kroatiens in die Donau mündende Drau (mit Mur und Mürz) ein wichtiger Nebenfluss. Von links münden kleinere Flüsse wie Krems und March.
In Österreich gibt es zwei markante Seenlandschaften, das Salzkammergut mit Atter-, Traun-, Mond- und Wolfgangsee sowie das Gebiet der Seen in Kärnten mit Weißensee sowie Ossiacher, Millstätter und Wörther See. Diese Seen entstanden in von eiszeitlichen Gletschern geformten Becken.
Größter See des Landes ist der Neusiedler See. Er hat eine maximale Wassertiefe von nur zwei Metern.
2.2
Klima
Österreich befindet sich größtenteils im Bereich des mitteleuropäischen Übergangsklimas, das durch ozeanische und kontinentale Einflüsse gekennzeichnet ist. Das Klima prägende Faktoren sind vorherrschende Westwinde und hohe Niederschläge. Die Alpen bilden einen eigenen Klimaraum; hier herrscht alpines Klima mit kurzen, kühlen Sommern und schneereichen Wintern.
Die Niederschläge erreichen hier bis zu 3 000 Millimeter im Jahr. Lediglich in den Leelagen der Becken- und Tallandschaften innerhalb der Alpen sind die Niederschläge deutlich geringer.
Der Westen und der Norden des Landes stehen unter ozeanischen Einflüssen mit hohen Jahresniederschlägen (bis 2 000 Millimeter) und vergleichsweise geringen Schwankungen der Temperatur im Jahresverlauf. Relativ milden Wintern stehen mäßig warme Sommer gegenüber. In Salzburg liegt die mittlere Temperatur im Januar bei -2 °C, im Juli bei 18 °C.
In den östlichen Landesteilen herrscht kontinentales Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern.
Die Mitteltemperaturen betragen um -4 °C im Januar und etwa 20 °C im Juli. Die Niederschlagsmengen liegen hier bei rund 600 Millimetern pro Jahr.
2.3
Flora und Fauna
47 Prozent des österreichischen Staatsgebiets sind bewaldet (2000). Wälder mit Eichen und Buchen als vorherrschenden Baumarten bedecken weite Flächen des nördlichen Alpenvorlandes. Im Waldviertel und im Hausruck sowie in den tieferen Lagen der Nördlichen und Südlichen Kalkalpen und des Ostteils der Zentralalpen sind Laub- bzw.
Laubmischwälder mit Buche, Eiche, Ahorn und Fichte verbreitet. Sie gehen in mittleren Lagen zunächst in Tannen-Fichten-Wälder über. Mit zunehmender Höhe steigen die Anteile von Lärchen und Zirbelkiefern (Arven), die zunächst geschlossene Bestände bilden, nahe der Waldgrenze (in 1 500 bis 2 200 Meter Höhe) dann in kleineren Baumgruppen auftreten. Oberhalb der Waldgrenze sind Sträucher, alpine Rasen und Polsterpflanzen verbreitet. Im Kleinen Ungarischen Tiefland gibt es Steppenvegetation.
Der saure Regen stellt das schwerwiegendste Umweltproblem Österreichs dar.
Er entsteht infolge von Industrieemissionen, ein durch den Tourismus bedingtes hohes Verkehrsaufkommen und beträchtliche Luftverschmutzung durch andere Länder - vor allem Deutschland, die Slowakei und die Tschechische Republik. Ein Viertel der Wälder ist davon betroffen, und in einigen Gegenden wird der Baumbestand voraussichtlich spürbar zurückgehen. Flächenintensive Landwirtschaft, der Bau von Staudämmen zur Erzeugung von hydroelektrischer Energie und die durch den Rückgang der Waldgebiete bedingte Bodenerosion stellen weitere Bedrohungen für die Umwelt dar.
Die Tierwelt Österreichs umfasst überwiegend mitteleuropäische Arten. Charakteristische Säugetiere der höheren Bergregionen sind Gämsen, Steinböcke und Murmeltiere, in den Wäldern leben u. a.
Rehe, Rothirsche und Wildschweine. In Österreich gibt es zwei Dutzend frei lebender Braunbären, die seit 1997 in einem Schutzprogramm betreut werden. Im östlichen Landesteil leben Feldhamster und Ziesel. Hinsichtlich der Avifauna (Vogelwelt) sind Brutvorkommen von Purpurreihern, Löfflern und Großtrappen besonders bemerkenswert; der Waldrapp wurde wieder eingebürgert. Zudem übersommern in Österreich Gänsegeier. Im warmen Klima Südkärntens sind Sandottern, Äskulapnattern und Mauereidechsen beheimatet.
Für den Naturschutz sind in Österreich hauptsächlich die neun Bundesländer zuständig. Insgesamt stehen ungefähr 24 Prozent des Landes unter Naturschutz, es gibt drei Nationalparks und Hunderte von Naturreservaten, Naturparks und Landschaftsschutzgebieten. Innerhalb der Schutzzonen ist Jagen und Fischen mit lokalen Einschränkungen normalerweise erlaubt. In Österreich gibt es 18 vom Europarat anerkannte Reservate und sechs Biosphärenreservate, die der UNESCO unterstehen.
3
BEVÖLKERUNG
Die Einwohnerzahl beträgt 8,19 Millionen (2003), was einer Bevölkerungsdichte von 98 Einwohnern pro Quadratkilometer entspricht. Das jährliche Bevölkerungswachstum liegt bei 0,22 Prozent (2003).
Die Lebenserwartung beträgt für Männer 75 Jahre und für Frauen 81,5 Jahre (2003). Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig über das Land verteilt. Weite Gebiete in den Alpen sind unbewohnt. Etwa 93 Prozent der Bevölkerung sind Österreicher. Zu den zahlenmäßig stärksten Minderheiten zählen Deutsche, Kroaten, Ungarn (vor allem im Burgenland), Slowenen (überwiegend in Kärnten), Tschechen (besonders in Wien) und jeweils eine kleinere Gruppe Italiener, Serben und Rumänen.
3.
1
Wichtige Städte
67 Prozent der Bevölkerung leben in Städten (2001). Größte Stadt des Landes ist die Hauptstadt Wien mit 1,56 Millionen Einwohnern. Weitere bedeutende Städte sind Graz, ein Zentrum für Schwerindustrie (227 000 Einwohner), Linz, Donauhafen und Landeshauptstadt Oberösterreichs (186 000 Einwohner), das Kultur- und Fremdenverkehrszentrum Salzburg (145 000 Einwohner) und Innsbruck, die Landeshauptstadt von Tirol, die ebenfalls ein beliebter Fremdenverkehrsort ist (114 000 Einwohner).
3.2
Sprache und Religion
Die Amtssprache in Österreich ist Deutsch, regional auch Slowenisch und Kroatisch. Die bedeutendsten Minderheitensprachen sind Serbisch, Türkisch, Kroatisch, Slowenisch, Ungarisch und Tschechisch.
Etwa 78 Prozent der Bevölkerung gehören der römisch-katholischen Kirche an. Ungefähr 5 Prozent sind Protestanten. Der Rest setzt sich aus verschiedenen Minderheiten zusammen, darunter Muslime und Juden.
Neben Neujahr (1. Januar) ist auch Epiphanias (6. Januar) ein Feiertag.
Der österreichische Fasching erfreut sich großer Beliebtheit. Die Faschingszeit wird von der Fastenzeit abgelöst. In Österreich feiert man den Ostersonntag und -montag. Gesetzliche Feiertage sind der Tag der Arbeit am 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingstsonntag und -montag, Fronleichnam und Mariä Himmelfahrt (15. August).
Österreich begeht seinen Nationalfeiertag am 26. Oktober. Allerheiligen ist am 1. November und Mariä Empfängnis am 8. Dezember. Die Weihnachtsfeiertage stehen im Zeichen der Familie.
3.3
Soziales
Der Lebensstandard der Bevölkerung ist einer der höchsten in Europa. Das Gesundheitswesen ist hervorragend entwickelt. Sozial- und Altersabsicherung sind gut ausgebaut. Auch in Österreich hat sich die Arbeitslosenrate im Zuge der weltweiten Rezession erhöht; sie liegt jedoch mit 4,7 Prozent (1999) im Vergleich zu vielen anderen Ländern in Europa niedrig.
4
BILDUNG UND KULTUR
Die Grundlage des österreichischen Bildungswesens bildet das Landesgesetz, das eine Schulpflicht von 9 Jahren für alle Jugendlichen vorschreibt.
Österreichs Tradition kostenloser Erziehungseinrichtungen geht auf das Reformgesetz für Bildung von 1774 unter Kaiserin Maria Theresia zurück.
Die größte der 18 Universitäten des Landes ist die Universität Wien, die 1365 gegründet wurde. Zu den wichtigsten Bildungseinrichtungen zählen weiterhin die Universitäten von Graz, Innsbruck und Salzburg. Österreich hat zwei technische Universitäten, Fachhochschulen für Bergbau, Landwirtschaft, Veterinärmedizin und Handel sowie fünf Kunst- und Musikakademien, die für ausländische Studenten attraktive Sommerkurse anbieten.
4.1
Bibliotheken und Museen
Die größte der 2 400 Bibliotheken des Landes ist die Nationalbibliothek, die 1526 errichtet wurde.
Die einstige königliche Sammlung enthält Staatspapiere, die bis auf das Jahr 816 zurückgehen, sowie Sammlungen des Heiligen Römischen Reiches von 1555, Dokumente zur Geschichte des Österreichischen Kaiserreiches, des Österreichisch-Ungarischen Königreiches und der Zeit nach 1918.
Die Wiener Museen für Kunst und Wissenschaft sowie viele der Privatsammlungen genießen internationalen Ruf. Das Kunsthistorische Museum in der Landeshauptstadt ist für seine Gemäldesammlung der Malerfamilie Breughel und die Arbeiten holländischer, italienischer und deutscher Meister bekannt. Ebenfalls über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind die Albertina mit Drucken, Kupferstichen (u. a. von Albrecht Dürer) und Zeichnungen, die Schatzkammer in der Hofburg mit den Juwelen und Reliquien des Heiligen Römischen Reiches, die Österreichische Galerie, das Technische Museum und das Museum für Volkskunde.
Salzburg, der Geburtsort von Wolfgang Amadeus Mozart, unterhält zwei Museen mit Manuskripten und Erinnerungsstücken des Komponisten.
4.2
Literatur und Film
Siehe österreichische Literatur; österreichischer Film
4.3
Bildende Kunst
Siehe österreichische Kunst und Architektur
4.4
Musik
Neben Mozart haben Komponisten wie Paul von Hofhaimer, Johann Joseph Fux, Matthias Georg Monn, Georg Christoph Wagenseil, Johann Nepomuk Hummel, Anton Bruckner, Joseph Haydn, Franz Schubert, Johann Strauß, Ludwig van Beethoven, Franz von Suppé, Gustav Mahler, Alban Berg, Anton Webern, Franz Lehár, Franz von Suppè, Arnold Schönberg, Hugo Wolf, Franz Schreker, Alexander von Zemlinsky, Fritz Kreisler, Robert Stolz, Gottfried von Einem, Friedrich Gulda und Friedrich Cerha sowie die Dirigenten Felix Weingartner, Clemens Krauss, Karl Böhm, Herbert von Karajan, Carlos Kleiber und Nikolaus Harnoncourt - neben vielen anderen - die österreichische Musik sowie die Musikgeschichte generell bereichert; bedeutend war auch die Wiener Schule. Die Wiener Sängerknaben, die Wiener Philharmoniker und die Wiener Symphoniker genießen Weltruf; bekannt wurden darüber hinaus die Tänzerin Fanny Elßler, der Pianist Alfred Brendel sowie der Liedermacher Wolfgang Ambros und der Sänger Falco.
Wien besitzt zwei Opernhäuser, die Volksoper (1904 eröffnet) und die Wiener Staatsoper (1869 fertig gestellt), die für ihre prachtvolle Architektur und die hohe Qualität ihrer Darbietungen bekannt sind. Zusätzlich verfügt die Hauptstadt über das Burgtheater. Die Sommerfestivals in Wien und Bregenz sind musikalische Ereignisse höchsten Ranges, ebenso wie die Musik und Theater gleichermaßen verpflichteten Salzburger Festspiele.
5
VERWALTUNG UND POLITIK
Grundlage der 1998 letztmals geänderten Verfassung Österreichs ist das Bundes-Verfassungsgesetz von 1920 in der Fassung von 1929, das eine parlamentarisch-demokratische Bundesrepublik vorschreibt. Wie die Verfassungen vieler westlicher Demokratien sieht auch die Verfassung Österreichs eine Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative vor. Die Verfassung räumt Minderheiten gesonderte Rechte ein.
Jedes der neun Bundesländer verfügt über einen Landtag, der nach dem Vorbild des Nationalrates gewählt wird. Der Landtag ist ein Einkammerparlament und wählt einen Landeshauptmann. Der Landeshauptmann ist verpflichtet, der Bundesregierung jedes Gesetz zur Genehmigung vorzulegen. Der Landtag kann jedoch ein Veto der Regierung durch einen Mehrheitsbeschluss überstimmen.
5.1
Exekutive
Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident, der vom Volk für die Dauer von sechs Jahren gewählt wird.
Er ernennt neben dem Bundes- und dem Vizekanzler auch Minister und Staatssekretäre, die gemeinsam die Regierung bilden. Der Bundesregierung steht der Bundeskanzler vor. Weiterhin gehören der Bundesregierung der Vizekanzler, die Minister und die Staatssekretäre an.
5.2
Legislative
Die Legislative liegt beim Nationalrat und beim Bundesrat, der die Länderinteressen vertritt. Die 183 Mitglieder des Nationalrates werden nach dem Verhältniswahlrecht für einen Zeitraum von vier Jahren vom Volk gewählt.
Der Bundesrat besteht aus 64 Mitgliedern, die durch die Landesregierungen für einen Zeitraum zwischen vier und sechs Jahren eingesetzt werden; die Anzahl der Sitze je Bundesland ergibt sich aus den Einwohnerzahlen der Länder. Obwohl der Bundesrat nur beratende Funktion hat, kann er die Verabschiedung von Gesetzen verzögern.
5.3
Judikative
Es gibt drei oberste Instanzen: Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof nehmen die außerordentliche Gerichtsbarkeit wahr. Der Oberste Gerichtshof ist die höchste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Darunter gibt es vier Oberlandesgerichte, 17 Kreis- und Landesgerichte und etwa 200 Bezirksgerichte.
5.4
Kommunalverwaltung
Österreich ist in neun Bundesländer unterteilt: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien. Städte und Dörfer werden durch gewählte Gemeinderäte verwaltet, deren Mitglieder wiederum einen Bürgermeister wählen.
5.5
Politische Parteien
Die wichtigsten Parteien des Landes sind die Österreichische Volkspartei (ÖVP), die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die Grüne Alternative Liste und das Liberale Forum (LiF).
5.
6
Verteidigung
1955 wurde in Österreich die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Die Wehrpflicht beim Bundesheer beträgt in der Regel acht Monate. Am 11. Februar 1998 beschloss der Nationalrat die Reduzierung der Heeresstärke von 120 000 Soldaten auf 92 000; zudem werden seit April 1998 auch Frauen zum freiwilligen Dienst im Heer zugelassen.
6
WIRTSCHAFT
Österreich verfügt über eine moderne Wirtschaftsstruktur. Das produzierende Gewerbe ist sehr vielseitig entwickelt, und der Dienstleistungssektor ist differenziert aufgebaut.
Eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung nimmt der Tourismus ein. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 188 546 Millionen US-Dollar (2001). Hierzu trug der Dienstleistungssektor 64,6 Prozent, die Industrie 33,1 Prozent und die Landwirtschaft 2,3 Prozent bei. Rechnerisch ergibt sich damit ein BIP pro Einwohner von 23 190 US-Dollar. Rund 63 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Dienstleistungsbranche beschäftigt, 30 Prozent in der Industrie und 6 Prozent in der Landwirtschaft.
6.
1
Land- und Forstwirtschaft
Von der Gesamtfläche des Landes eignen sich etwa 42 Prozent zur landwirtschaftlichen Nutzung. In den Alpen und im Alpenvorland sind vor allem Milchwirtschaft und Viehzucht verbreitet. Der Ackerbau beschränkt sich auf die flacheren Gebiete im Nordosten des Landes, auf Niederösterreich und das Burgenland. Wichtigste Anbauprodukte sind Mais, Gerste, Zuckerrüben, Weizen und Kartoffeln. Wein- und Obstbau werden in den klimatisch begünstigten Regionen betrieben.
47 Prozent der Gesamtfläche des Landes sind bewaldet (2000).
Ein umfangreiches Programm zur Wiederaufforstung und Erhaltung des Waldes wird seit Beginn der fünfziger Jahre durchgeführt, um die Schäden, die während des 2. Weltkrieges und durch die übermäßige Abholzung entstanden waren, auszugleichen. Mehr als 80 Prozent des Waldes bestehen aus Nadelhölzern, davon hauptsächlich Fichten, die für die Papierindustrie und die Bauwirtschaft eine wichtige Rolle spielen. Für die forstliche Nutzung besonders ergiebige Wälder befinden sich in der Steiermark und in Kärnten.
6.2
Bergbau
Österreich verfügt im Alpenraum über Blei-, Zink-, Wolfram- und Eisenerze.
Der Magnesitbergbau liefert rund 7 Prozent der Weltproduktion. Auch der Salzbergbau hat an Bedeutung zugenommen. Weitere Bodenschätze sind beispielsweise Gips, Quarzsand, Graphit und Kaolin. Erdöl- und Erdgasvorkommen beschränken sich vor allem auf das Wiener Becken; in Oberösterreich und in der Steiermark gibt es Braunkohle. Der Umfang der Förderung ist bei den meisten mineralischen Rohstoffen rückläufig, da der Abbau in den meisten Fällen zunehmend an Rentabilität verliert. Österreich importiert daher einen Großteil der benötigten Rostoffe.
6.3
Industrie
Die Industrie konzentriert sich in erster Linie auf die Landeshauptstädte und die wichtigsten Verkehrsachsen im Traisen- und Ybbstal sowie in der Mur-Mürz-Furche. Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sind im gesamten Land verbreitet, während sich die Textil- und Bekleidungsindustrie hauptsächlich in und um Wien angesiedelt hat. Für die Eisen- und Stahlindustrie ist Linz, für den Fahrzeugbau Steyr der wichtigste Produktionsstandort. Chemische Erzeugnisse und Erdölprodukte werden in Linz, Sankt Pölten, Schwechat und Traiskirchen hergestellt.
6.
4
Währung und Bankwesen
Offizielle Währungseinheit ist seit dem 1. Januar 2002 der Euro zu 100 Cents, der den Österreichischen Schilling (Kürzel: ATS) zu 100 Groschen als alleiniges Zahlungsmittel ablöste. In einer (freiwilligen) Übergangsphase wurde der Schilling noch bis März bzw. April 2002 vom Einzelhandel angenommen und kostenlos von den Banken in Euro umgetauscht. Spätestens ab April 2002 ist der Umtausch nur noch bei der Österreichischen Nationalbank und der Münze Österreich möglich. Ab dem 1.
Juli 2002 wird der Österreichische Schilling ungültig. Siehe auch Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
Die bislang schon größte österreichische Bank, die Bank Austria, übernahm im Januar 1997 für rund 17,5 Milliarden Schilling (etwa 1,27 Milliarden Euro) die Creditanstalt-Bankverein AG (CA) und gehört damit fortan zu den dreißig größten Bankhäusern Europas. Über diese beiden Großbanken werden rund 70 Prozent aller in Österreich getätigten kommerziellen Bankgeschäfte und etwa 80 Prozent des Wiener Börsenhandels abgewickelt. Die Bank Austria war 1991 durch eine Fusion aus der Wiener Zentralsparkasse und der österreichischen Länderbank entstanden.
6.5
Außenhandel
Die Handelsbilanz Österreichs ist negativ; die Kosten für Importe übersteigen die Erlöse aus dem Export.
Maschinen, Kraftfahrzeuge, Rohstoffe, Konsumgüter und chemische Erzeugnisse sind die Haupteinfuhrgüter. Zu den wichtigsten Exportartikeln zählen Maschinen, Eisen und Stahl, Textilien, Motoren- und Motorenteile sowie Metallwaren. Deutschland ist zugleich der größte Markt und der größte Lieferant für die österreichische Industrie. Weitere bedeutende Handelspartner sind Italien und andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Japan, die Vereinigten Staaten, die Schweiz und Ungarn.
6.6
Verkehrswesen
Österreich verfügt über ein hoch entwickeltes Schienen-, Luftfahrt-, Wasser- und Straßenverkehrsnetz.
Die Schifffahrt beschränkt sich hauptsächlich auf die Donau. Die staatliche Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft, das größte Schifffahrtsunternehmen des Landes, befördert Frachtgut und Personen. Die Flughäfen des Landes werden von vielen internationalen Fluglinien angeflogen. Der Flugverkehr konzentriert sich hauptsächlich auf Schwechat in der Nähe von Wien. Austrian Airlines, die staatliche Fluglinie, fliegt europäische und inländische Routen. Als wichtiges Transitland verfügt Österreich über zahlreiche Alpenpässe.
Vor allem die Nord-Süd-Achsen (u. a. Brennerpass und Tauern-Autobahn) werden durch den Güter- und Reiseverkehr von Mittel- nach Süd- und Südosteuropa stark befahren. Insgesamt umfasst das Straßennetz rund 200 000 Kilometer (2000), das Schienennetz erstreckt sich über 5 780 Kilometer (2000).
6.7
Tourismus
Das kulturelle Angebot und die Vielzahl der Erholungsmöglichkeiten ziehen alljährlich eine große Anzahl von Touristen nach Österreich, so dass der Fremdenverkehr ein bedeutender Wirtschaftszweig geworden ist.
Neben den Alpen sind vor allem die größeren Städte bevorzugte Reiseziele der Besucher (1999 rund 17,6 Millionen Auslandsgäste), von denen mehr als die Hälfte aus Deutschland kommen.
6.8
Energie
Österreich betreibt zahlreiche Wasserkraftwerke, die 67,2 Prozent des Strombedarfs des Landes decken (2001). Der restliche Teil wird überwiegend in Wärmekraftwerken erzeugt. Die Nutzung der Kernenergie wurde durch Volksentscheid im Jahr 1978 abgelehnt.
7
GESCHICHTE
Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung war das Gebiet des heutigen Österreich relativ dünn von illyrischen und keltischen Stämmen besiedelt, die gelegentlich Vorstöße in die Ebenen Norditaliens unternahmen.
7.1
Römerzeit und Völkerwanderung
16 v. Chr. besetzten die Römer Noricum in den Ostalpen, das Zentrum des späteren Österreich, und machten es 45 n. Chr. zur prokuratorischen Provinz.
Noricum erstreckte sich im Westen bis nach Rätien, im Osten bis nach Pannonien, und im Norden wurde die Provinz von der Donau begrenzt. Unter den Römern entwickelte sich die Provinz zu einem militärischen Vorposten gegen die "Barbaren", d. h. Germanen im Norden, und dank ihrer strategisch wichtigen Pässe in den östlichen Alpen spielte die Provinz eine wichtige Rolle im Verkehr zwischen Nord- und Süd- sowie West- und Osteuropa. Eine der ersten römischen Befestigungen in Noricum war Vindobona, das heutige Wien; es lag am Knotenpunkt zweier wichtiger Handelsstraßen und mehrerer Verbindungsstraßen in das fruchtbare Niederösterreich. Carnuntum (heute Petronell in Niederösterreich), um 73 n.
Chr. gegründet, war eine weitere bedeutende römische Siedlung.
Im Zuge der Völkerwanderung kam es ab der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. an den Grenzen der Provinz immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit germanischen Stämmen, und im Lauf des 4.
Jahrhunderts brachen die Grenzen vollständig zusammen. Goten, Langobarden, Vandalen und Hunnen drangen in die Ebenen um Wien ein, die Heruler nahmen Iuvavum (heute Salzburg), und die Goten stießen außerdem entlang der Drau vor.
Von Osten und Südosten kamen im 6. Jahrhundert Slawen und Awaren über Pannonien nach Noricum, während zugleich Germanen von Nordwesten her vordrangen. Um die Mitte des 6. Jahrhunderts hatten die Bajuwaren das Voralpengebiet Rätiens und Noricums besetzt, und die Alemannen hatten sich im Westen angesiedelt.
Die Slawen wurden durch die Auseinandersetzungen der Awaren und Bajuwaren um die Donauebene in zwei Gruppen, eine nördliche und eine südliche, geteilt. Die Awaren hinterließen kaum Spuren in Österreich, wohingegen sich die Slowenen, die südslawische Gruppe, in den entvölkerten Tälern der Ostalpen niederließen. Diejenigen slowenischen Siedlungen, in die keine Siedler nachströmten, wurden von Germanen in Besitz genommen; nur in Teilen des heutigen Kärnten und der Steiermark konnten sich die Slowenen dauerhaft ansiedeln.
7.2
Früh- und Hochmittelalter
Im Verlaufe des späten 6. Jahrhunderts festigten die Bajuwaren ihre Herrschaft im Donauraum und im rätischen und norischen Voralpengebiet, und nach dem Abzug der Langobarden nach Italien dehnten sie ihren Herrschaftsbereich sukzessive Richtung Süden bis über die Alpen aus.
Ab der Mitte des 8. Jahrhunderts unterwarfen sie nach und nach die Slowenen und brachten damit Kärnten unter ihre Herrschaft; im Südosten des expandierenden Frankenreiches hatten sie nun eine Vormachtstellung inne. Dank ihrer engen Anlehnung an die Franken gelang es den Agilolfingern, den bajuwarischen Herzögen, die Selbständigkeit ihres Herzogtums zunächst weitgehend zu behaupten; 787/788 aber setzte Karl der Große den letzten Agilolfinger-Herzog, Tassilo III., ab, zerschlug das ältere bayerische Stammesherzogtum und gliederte es in das Frankenreich ein. Nach der Zerschlagung des Awarenreiches 791/796 dehnte Karl der Große das bayerische Territorium weiter nach Südosten aus und errichtete zur Sicherung der Grenzen nach Osten und zur Festigung der fränkischen Herrschaft die Awarische bzw. Pannonische Mark; die östlichen Randgebiete gingen jedoch bald wieder an die Ungarn verloren.
Otto der Große stellte nach seinem Sieg über die Ungarn in der Lechfeldschlacht 955 die Marken wieder her, u. a. die Awarische Mark, jetzt unter der Bezeichnung "Ostmark" (der Name "Ostarrichi" für die Ostmark tauchte erstmals 996 auf). 976 trennte Otto II. Kärnten als eigenständiges Herzogtum von Bayern ab; zugleich verlieh er den Babenbergern die Ostmark als Reichslehen, das zunächst allerdings in Lehensabhängigkeit von Bayern blieb. Die Babenberger konnten ihren Herrschaftsbereich nach und nach erweitern; sie etablierten sich als mächtigster Faktor im Südosten des Reiches, konsolidierten ihre Landesherrschaft mit der Ostmark als Kern des späteren Österreich und errangen schließlich eine von Bayern unabhängige Position.
1156 erhob Kaiser Friedrich I. durch das Privilegium minus die Ostmark zum selbständigen Herzogtum Österreich und den Babenberger Heinrich II. Jasomirgott zum Herzog.
Die Babenberger setzten ihr Expansions- und Konsolidierungswerk zielstrebig fort: 1192 erwarben sie das Herzogtum Steiermark und 1232 die Krain; beide waren ebenfalls aus Marken hervorgegangen. Mit dem Tod Friedrichs II., des Streitbaren, 1246 erlosch das Haus der Babenberger.
1251 bemächtigte sich König Ottokar II. von Böhmen, verheiratet mit Friedrichs Schwester Margarete, Österreichs, 1260 erwarb er die Steiermark, und 1269 erbte er Kärnten und Krain. Nach Ottokars Tod 1278 belehnte König Rudolf I. von Habsburg 1282/83 seine Söhne Albrecht I. und Rudolf II. mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark.
Kärnten und Krain gingen an den Grafen von Görz und Tirol. Mit dieser Belehnung leitete Rudolf I. die über 600-jährige Herrschaft der Habsburger in Österreich ein.
7.3
Die Herrschaft der Habsburger
Während des 14. Jahrhunderts erweiterten die Habsburger ihre Hausmacht beträchtlich: 1335 erwarb Albrecht II.
, der Lahme, Kärnten und Krain; 1363 übertrug Margarete Maultasch Albrechts Sohn Rudolf IV. die Grafschaft Tirol, und 1374/1382 gewann Rudolfs jüngerer Bruder Leopold III. Inner-Istrien und Triest. Der enorm gestiegenen Macht des Hauses Habsburg suchte Rudolf IV. 1358/59 durch das gefälschte Privilegium maius, durch das die habsburgischen Herzöge einen kurfürstenähnlichen Status erhalten sollten, formal Anerkennung zu verschaffen; Kaiser Karl IV. lehnte jedoch die Bestätigung des Privilegs ab.
Die Machtposition des Hauses Habsburg erfuhr eine deutliche Schwächung durch die Aufteilung des habsburgischen Besitzes auf zwei bzw. drei Linien (1379 bzw. 1406/11): die Leopoldinische (oder innerösterreichische Linie mit Steiermark, Kärnten, Krain, Triest, Inner-Istrien), die Albertinische (oder niederösterreichische Linie mit Nieder- und Oberösterreich) und die Vorder- oder Oberösterreichische Linie (mit den "Vorlanden" Tirol und Vorarlberg sowie den alten habsburgischen Besitzungen in Schwaben, im Elsass und in der Schweiz).
1437/38 folgte die Albertinische Linie mit Herzog Albrecht V. auf Grund eines Erbvertrages mit den Luxemburgern Kaiser Sigismund auf dem böhmischen und dem ungarischen Thron nach; zugleich bestieg Albrecht als Albrecht II. auch den römisch-deutschen Thron.
Sein Nachfolger als österreichischer Herzog und römisch-deutscher König, Friedrich III. (als Herzog Friedrich V.) aus der Leopoldinischen Linie, erhob Österreich 1453 zum Erzherzogtum; die Auseinandersetzung um die böhmische und die ungarische Krone nach dem Aussterben der Albertinischen Linie mit Ladislaus V. Postumus verlor er jedoch, zudem hatte er sich mit Adel und Ständen in Österreich auseinander zu setzen, mit ersten Einfällen der Osmanen und der teilweisen Besetzung Österreichs durch den ungarischen König Matthias Corvinus. Dennoch gelang es Friedrich, seine österreichische Hausmacht zu bewahren und durch die Verheiratung seines Sohnes Maximilian I. mit Maria, der Erbtochter Karls des Kühnen von Burgund, noch zu erweitern.
Über dreieinhalb Jahrhunderte lang, von 1438 bis zum Ende des alten Reiches 1806 (mit Ausnahme der Jahre 1742 bis 1745), stellten die Habsburger die Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Maximilian I. konnte 1491 die um das burgundische Erbe (soweit es nicht an Frankreich verloren war) erweiterten habsburgischen Erblande wieder in einer Hand vereinen und durch geschickte Heiratspolitik bedeutend vergrößern: 1496 verheiratete er seinen Sohn Philipp den Schönen mit Johanna von Kastilien und León (der Erbtochter von Ferdinand II. und Isabella I.), und erwarb so Spanien mit seinen italienischen Besitzungen und seinen Kolonien für die Habsburger.
Philipps ältester Sohn Karl V. erhielt das gesamte habsburgische Erbe - die spanischen, die burgundischen und die österreichischen Lande - und folgte 1519 seinem Großvater Maximilian auch auf dem römisch-deutschen Thron nach. Philipps zweiter Sohn Ferdinand I. heiratete in das böhmisch-ungarische Herrscherhaus ein und wurde 1526, nach dem Tod Ludwigs II. von Böhmen und Ungarn, zum König von Böhmen und von Ungarn gewählt; bereits 1521/22 waren ihm von Karl die österreichischen Erblande übertragen worden. Damit wurde Ferdinand zum Begründer der österreichischen Linie der Habsburger, die nach Karls Abdankung 1556 auch die römisch-deutsche Kaiserwürde übernahm.
In Ungarn machte jedoch Johann I. Zápolya, der von einem Teil der ungarischen Stände 1526 ebenfalls zum König gewählt worden war, Ferdinand die Herrschaft streitig. Johann Zápolya verbündete sich mit dem osmanischen Sultan Süleiman II. gegen Ferdinand und konnte sich mit Süleimans Hilfe im Osten Ungarns behaupten. 1529 zog Süleiman bis vor Wien und belagerte die Stadt (siehe Belagerungen von Wien), musste sich jedoch bald wieder zurückziehen. In Ungarn dagegen konnten sich die Osmanen schließlich festsetzen.
In den österreichischen Erblanden selbst führte die "Türkennot", die Notwendigkeit einer konzentrierten Abwehr der Türkengefahr, zu einer Reform der Verwaltung: Auf Druck der Stände errichtete Ferdinand länderübergreifende Zentralbehörden, die im Wesentlichen bis 1848 Bestand hatten.
7.3.1
Reformation, Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg
Im Heiligen Römischen Reich insgesamt gewann die Reformation rasch an Boden. Kaiser Karl V. hatte die Reformation aus religiösen und politischen Gründen bekämpft; die Wahrung bzw.
Wiederherstellung der Einheit der Christenheit in einem christlichen Universalreich unter der Führung des Kaisers stand im Mittelpunkt seiner Herrschaftsidee. Karls Kampf um die religiöse Einheit führte im Inneren zu einem Religionskrieg, der sich bald mit den Kriegen gegen Frankreich und gegen das Osmanische Reich verknüpfte. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555, der von dem auf Ausgleich bedachten Ferdinand gegen den Widerstand Karls V. vermittelt worden war, brachte eine Atempause im Religionskonflikt.
Im Reich wie auch in seinen eigenen Landen hielt Ferdinand I. die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens ein, desgleichen sein ältester Sohn und Nachfolger im Reich, in Österreich, Böhmen und Ungarn, Kaiser Maximilian II.
, der dem Protestantismus zeitweise durchaus positiv gegenüberstand, sowie dessen Brüder Erzherzog Ferdinand, der nach dem Tod Ferdinands I. Tirol und die Vorlande, und Erzherzog Karl, der Innerösterreich erhalten hatte. Erst Maximilians Sohn und Nachfolger, Kaiser Rudolf II., leitete in den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts in seinen Ländern gegenreformatorische Maßnahmen ein und provozierte damit mehrere Aufstände; 1609 musste er den böhmischen Ständen im Majestätsbrief die Religions- und Gewissensfreiheit garantieren. Energischer als Rudolf trieb sein Vetter Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand II.
, in seinem Erbland Innerösterreich seit dem späten 16. Jahrhundert die Gegenreformation voran und beendete die Phase der Zugeständnisse an die protestantischen Stände als Gegenleistung für deren Unterstützung in den Türkenkriegen.
In Böhmen provozierte Ferdinand II., seit 1617 König von Böhmen, mit seinen rigorosen Rekatholisierungsmaßnahmen 1618 den so genannten Prager Fenstersturz, der den Auftakt zum Böhmischen Aufstand gegen die habsburgische Herrschaft bildete; der Böhmische Aufstand wiederum leitete in den Dreißigjährigen Krieg über. Die kaiserlichen Truppen schlugen den Böhmischen Aufstand, der auch auf die österreichischen Lande übergegriffen hatte, nach anfänglichen Misserfolgen schließlich blutig nieder; Ferdinand ließ zahlreiche Anführer des Aufstandes hinrichten, etwa ein Viertel des böhmischen Adels vertreiben und durch Kaisertreue ersetzen, und er schaffte das böhmische Wahlkönigtum ab. Durch die "Verneuerte Landordnung" von 1627 entmachtete Ferdinand schließlich die böhmischen Stände und band Böhmen in die österreichischen Erblande ein.
Bis zum Eingreifen Schwedens und Frankreichs in den Dreißigjährigen Krieg (1630/35) behaupteten die Habsburger nicht nur in ihren Erblanden, sondern auch im Reich ihre Machtposition; dann allerdings wendete sich im Reich das Blatt entscheidend zuungunsten des Kaisers. Durch den Westfälischen Frieden, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, verlor das Kaisertum entscheidend an Autorität im Reich; alle Versuche Ferdinands III. und seiner Nachfolger, ihr Kaisertum im Reich wieder machtvoll zur Geltung zu bringen, scheiterten, so dass sich die österreichischen Habsburger fortan auf ihre Hausmacht- und Dynastiepolitik konzentrierten. In ihren eigenen, den österreichischen und den böhmischen Ländern etablierten die Habsburger eine absolutistische Herrschaftsform, der Adel der einzelnen Länder wandelte sich - bzw. wurde gewaltsam durch Vertreibung und Neueinsetzung, wie in Böhmen geschehen, umgewandelt - in eine länderübergreifende aristokratische Schicht, die wesentlich zum Zusammenhalt der Länder und zur Durchsetzung der habsburgischen Herrschaft beitrug; der Protestantismus war in den habsburgischen Ländern dem Katholizismus unterlegen.
7.
3.2
Österreich als europäische Großmacht
Unter Leopold I. reihte sich Österreich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Kreis der europäischen Großmächte ein: Leopold konsolidierte die österreichischen Erblande zu einem einheitlichen, absolutistisch regierten Staatswesen; 1664 errang er einen ersten Sieg gegen die Osmanen; im Großen Türkenkrieg (1683-1699) wurden die Osmanen 1683 ein zweites Mal vor Wien abgewehrt, diesmal durch ein Entsatzheer unter König Johann III. Sobieski von Polen, und bis 1699 hatten die Habsburger praktisch ganz Ungarn einschließlich Siebenbürgens, aber mit Ausnahme des Banats, von den Osmanen erobert. Bereits 1687 hatte Leopold, nachdem ihm die ungarischen Stände die Krone zuerkannt hatten, Ungarn zur Erbmonarchie im habsburgischen Mannesstamm erklärt.
Den Erfolgen im Osten standen zunächst Misserfolge im Westen gegenüber: Sowohl im Holländischen (1672-1679) wie auch im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) agierte Leopold glücklos. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1713/14) mussten die österreichischen Habsburger zwar am Ende auf ihre Ansprüche auf die spanische Krone verzichten, erhielten aber aus dem Erbe der spanischen Habsburger die reichen Spanischen bzw. nun Österreichischen Niederlande sowie in Italien u. a. Mailand, Sardinien und Neapel. 1720 tauschte Karl VI.
Sardinien gegen Sizilien ein. Ein weiterer, von Prinz Eugen geführter Türkenkrieg (1714-1716) brachte den Habsburgern schließlich das Banat, die Kleine Walachei und den Norden Bosniens und Serbiens ein; Österreich stand auf dem Höhepunkt seiner territorialen Ausdehnung. Im Rahmen des Polnischen Erbfolgekrieges (1733-1735) verlor Karl allerdings Sizilien und Neapel wieder, erhielt dafür Parma und Piacenza, und nach einem unglücklichen weiteren Türkenkrieg musste er 1739 auch die Kleine Walachei und Nordbosnien und -serbien wieder abgeben.
1713 hatte Karl VI. in der Pragmatischen Sanktion die Untrennbarkeit der habsburgischen Erblande und für den Fall des Aussterbens der männlichen Linie der Habsburger die weibliche Erbfolge festgeschrieben. Ungarn stimmte diesem Gesetz erst 1723 zu, nachdem Karl die ungarische Verfassung anerkannt hatte und so im Grunde die ungarische Eigenstaatlichkeit bestätigt hatte.
Die Mehrheit der europäischen Monarchen akzeptierte die Pragmatische Sanktion ebenfalls; aber als Karl 1740 starb, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen, verwarfen sie ihre einmal gegebene Zustimmung zu der weiblichen Erbfolge in den habsburgischen Ländern.
7.3.3
Aufgeklärter Absolutismus
Entsprechend der Pragmatischen Sanktion übernahm nach Karls Tod dessen Tochter Maria Theresia, seit 1736 mit Herzog Franz von Lothringen verheiratet, die Nachfolge in den habsburgischen Erblanden; Franz wurde ihr Mitregent (und 1745 als Franz I. römisch-deutscher Kaiser). Unmittelbar nach ihrem Herrschaftsantritt sah sich Maria Theresia den Gebietsansprüchen verschiedener europäischer Mächte, allen voran Preußens und Bayerns, konfrontiert.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) konnte sie ihre Herrschaft in den habsburgischen Landen verteidigen, verlor jedoch den Großteil der reichen Provinz Schlesien an Preußen sowie Parma und Piacenza an Spanien. Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) bestätigte dann den territorialen Status quo, leitete aber auch den österreichisch-preußischen Gegensatz ein, der erst mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 beigelegt wurde. An Gebietsgewinnen hatte Österreich unter Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II., seit 1765 ihr Mitregent, Galizien, das durch die 1. Polnische Teilung 1772 an die Habsburger kam, und die Bukowina, die 1775 vom Osmanischen Reich erworben wurde, zu verbuchen sowie das Innviertel, das Österreich durch den Bayerischen Erbfolgekrieg 1779 gewann.
Die Innen- wie Außenpolitik wurden unter Maria Theresia und Joseph II.
in hohem Maße von dem Staatskanzler Wenzel Graf von Kaunitz bestimmt. Unter seiner Ägide wurde das Staatswesen im Sinne des aufgeklärten Absolutismus grundlegend reformiert: Die Länder verloren weitgehend ihre verwaltungstechnische Eigenständigkeit, für die österreichischen und die böhmischen Länder wurde eine neue zentrale Verwaltungsbehörde geschaffen, Justiz und Verfassung wurden reformiert. Die Beschränkung dieser Reformen auf die österreichischen und böhmischen Länder bildete allerdings eine der Ursachen für den späteren österreichisch-ungarischen Dualismus.
Nach Maria Theresias Tod führte Joseph II. das Reformwerk seiner Mutter energisch fort und forcierte es im Sinn der Aufklärung: Er schaffte die Leibeigenschaft ab, reformierte die Prozessordnung, garantierte religiöse Toleranz und lockerte die Zensur, entzog der Kirche die Kontrolle über säkulare Angelegenheiten und führte die Zentralisierung der Verwaltung weiter (siehe Josephinismus). Mit seiner Reformpolitik, die kaum Rücksicht auf nationale Sonderrechte in seinem Vielvölkerreich nahm, provozierte er jedoch in einigen seiner Länder - in Böhmen, Ungarn und den Österreichischen Niederlanden - Erhebungen, und noch kurz vor seinem Tod 1790 musste Joseph hier einen Teil seiner Reformen zurücknehmen.
Erst Josephs Bruder und Nachfolger, Leopold II., konnte die Erhebungen unterdrücken. Kurz nach seinem Herrschaftsantritt suchte Leopold - vor dem Hintergrund der Französischen Revolution - in der Konvention von Reichenbach auch die Verständigung mit Preußen, das fünf Jahre zuvor unter Friedrich dem Großen den Fürstenbund organisiert hatte, der gegen Joseph II. gerichtet war, vor allem gegen dessen Versuche, zur Arrondierung seines Staatsgebietes die Österreichischen Niederlande gegen Bayern zu tauschen.
7.3.
4
Koalitionskriege und Errichtung des Kaiserreiches Österreich
In den Koalitionskriegen (1792-1807) gegen das revolutionäre bzw. napoleonische Frankreich und den anschließenden Napoleonischen Kriegen (1808-1812) hatte Österreich einen großen Teil der Kriegslasten der antifranzösischen Koalition zu tragen. Durch die demokratischen und nationalstaatlichen Ideen der Französischen Revolution sahen sich die absolutistischen Monarchien Europas in ihrem Bestand bedroht, so auch die Habsburgermonarchie. Franz II., Sohn und seit 1792 Nachfolger Leopolds II., übernahm zusammen mit Preußen die Initiative und die Führung im Krieg gegen das revolutionäre Frankreich (auch aus dynastischen Gründen: seine Tante Marie Antoinette war die Gemahlin König Ludwigs XVI.
von Frankreich). Den 1. Koalitionskrieg (1792-1797) begannen Österreich und Preußen erfolgreich mit einem raschen Vorstoß nach Frankreich, wurden jedoch bald zurückgeschlagen, und in der Folge waren überwiegend die Truppen des revolutionären Frankreich siegreich. Nach dem Ausscheren Preußens aus dem Krieg 1795 führte Österreich den Krieg gegen Frankreich alleine weiter, wurde schließlich aber auf allen Kriegsschauplätzen geschlagen. Im Frieden von Campo Formio musste Österreich 1797 u. a.
auf die Österreichischen Niederlande und die Lombardei verzichten, erhielt dafür aber Venetien, Istrien und Dalmatien. Im 2. Koalitionskrieg (1798-1801) hatte Österreich erneut die Hauptlast zu tragen und musste nach anfänglichen Erfolgen erneut eine Niederlage hinnehmen; der Friede von Lunéville bestätigte schließlich den Status quo von 1797.
Am 11. August 1804 proklamierte Franz II. seine Erblande zum erblichen Kaisertum Österreich um und nahm (als Franz I.
) den Titel eines Kaisers von Österreich an, um in Rang und Würde seinem Gegner Napoleon nicht nachstehen zu müssen. Die Verfassung der habsburgischen Länder blieb von der Erhebung zum Kaisertum unberührt, ebenso die römisch-deutsche Kaiserwürde.
1805 nahm Franz im 3. Koalitionskrieg den Kampf gegen Frankreich bzw. Napoleon wieder auf, der für Österreich wiederum in einer schweren Niederlage endete: Napoleon besetzte Wien und schlug die österreichisch-russischen Truppen in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz entscheidend. Im Frieden von Preßburg vom Dezember 1805 musste Österreich u.
a. Venetien abgeben und Tirol, Vorarlberg, Augsburg, Passau etc. Bayern überlassen, erhielt dafür Salzburg. Am 6. August 1806 legte Franz II. die römisch-deutsche Kaiserkrone nieder und erklärte das Heilige Römische Reich für erloschen, nachdem sich wenige Tage zuvor die süd- und westdeutschen Staaten in dem von Napoleon abhängigen Rheinbund zusammengeschlossen und ihren Austritt aus dem Reichsverband erklärt hatten.
Ab 1808 bereitete Österreich auf Betreiben seines Außenministers Graf von Stadion neuerlich einen Krieg gegen Napoleon vor. Nach anfänglichen Erfolgen - u. a. durch Andreas Hofer in Tirol - musste sich Österreich jedoch erneut geschlagen geben und im Frieden von Schönbrunn weitere gravierende Gebietsverluste hinnehmen: Es verlor den in der 3. Polnischen Teilung gewonnenen Teil Galiziens, Salzburg und das Innviertel, Krain, Triest, Dalmatien und Teile von Kärnten. In der Folgezeit suchte Österreich unter seinem neuen Außenminister Fürst von Metternich die Annäherung an Frankreich - u.
a. wurde 1810 Franz' Tochter Marie Louise mit Napoleon verheiratet; aber nach dem Untergang der napoleonischen Grande Armée, an der sich auch Österreich mit einem Kontingent beteiligt hatte, schloss es sich im August 1813 in den Befreiungskriegen der antinapoleonischen Koalition an. Im Oktober 1813 brachte die Koalition in der Völkerschlacht bei Leipzig Napoleon die entscheidende Niederlage bei; im April 1814 dankte Napoleon ab.
Im September 1814 trat der Wiener Kongress zur Neuordnung Europas zusammen. Dominiert wurde der Kongress von Metternich, dem es gelang, Österreich in seiner alten Größe wiederherzustellen: Es bekam praktisch alle verlorenen Gebiete zurück und wurde im Besitz der Lombardei und Venetiens bestätigt, musste jedoch endgültig auf die Österreichischen Niederlande sowie die alten habsburgischen Vorlande im Südwesten Deutschlands verzichten.
7.
3.5
Österreich zwischen Wiener Kongress und der Revolution von 1848/49
Als wiedererstandene Großmacht übernahm Österreich im nachnapoleonischen Europa eine führende Rolle. Maßgeblich bestimmt wurde die österreichische Politik - und damit in Teilen auch die europäische - von Metternich. Noch auf dem Wiener Kongress initiierte Metternich die Gründung des Deutschen Bundes, in dem Österreich als Präsidialmacht fungierte, und er war entscheidend an der Errichtung der Heiligen Allianz beteiligt, deren Ziel die Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung der vorrevolutionären, monarchischen Ordnung in Europa war und der sich fast alle europäischen Monarchien anschlossen. Das so genannte System Metternich zur Verteidigung der monarchisch-absolutistischen Ordnung gegen jegliche liberale und nationale Bewegungen beherrschte nicht nur Österreich selbst, sondern auch den Deutschen Bund und wurde von zahlreichen europäischen Staaten adaptiert.
In Österreich stand das reaktionär-konservative System Metternich dringend notwendigen Reformen in Staat und Gesellschaft entgegen. Durch die rasch voranschreitende Industrialisierung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung entwickelte sich auf der einen Seite ein selbstbewusstes Besitzbürgertum, das - ebenso wie das liberale Bildungsbürgertum - zunehmend nach Mitwirkung im Staat verlangte, auf der anderen Seite wuchs die Schicht des besitzlosen (Industrie-)Proletariats, dem der Staat kaum Unterstützung zukommen ließ. Daneben artikulierten sich in dem Vielvölkerreich mehr und mehr auch nationale Interessen, die vielfach noch durch wirtschaftliche und politische Benachteiligung forciert wurden. Durch polizeistaatliche Methoden und strenge Zensur wurden sämtliche nationale und liberale Bestrebungen rigoros unterdrückt. Die Situation entschärfte sich geringfügig, als Staatsminister Graf von Kolowrat-Liebsteinsky in der "Geheimen Staatskonferenz", die ab 1835 für den geistesschwachen Kaiser Ferdinand I. die Regierung führte, als gemäßigter Gegenspieler Metternichs diesen politisch zunehmend in den Hintergrund drängte; das System Metternich wurde allmählich aufgeweicht.
1840 wurde immerhin in Ungarn das Ungarische als Staatssprache eingeführt; in Oberitalien und den überwiegend slawisch bevölkerten Ländern jedoch wurden die nationalen Bewegungen weiterhin gewaltsam niedergehalten. In der Märzrevolution 1848 machten sich dann die liberalen und die nationalen Strömungen ihrerseits gewaltsam Luft und erschütterten die gesamte Habsburgermonarchie bis in ihre Grundfesten.
7.3.6
Die Revolution von 1848/49
Im Gefolge der französischen Februarrevolution brachen im März 1848 nahezu zeitgleich überall in den habsburgischen Ländern national, liberal und sozial motivierte Aufstände aus; Schwerpunkte der Erhebungen waren Wien, Prag, Ungarn und Venetien.
Die Erhebung in Wien, die vor allem von Studenten und Arbeitern getragen wurde, zeitigte rasch Erfolge: Metternich, die Symbolfigur der Restauration, wurde gestürzt, die Zensur aufgehoben, und bereits zwei Tage nach Ausbruch der Revolution am 13.
März sah sich der Kaiser gezwungen, eine liberale Verfassung zuzusagen. Die neue Verfassung wurde am 25. April 1848 erlassen (nur für die österreichischen Erbländer, nicht für Ungarn); sie sah ein Zweikammersystem, die Gewaltenteilung und nationale Zugeständnisse vor. Nach einer neuerlichen Erhebung in Wien am 15. Mai 1848 musste die Aprilverfassung wieder zurückgenommen werden und die zensusfreie Wahl eines verfassunggebenden Reichstages zugestanden werden.
In Prag brach die Revolution am 11.
/13. März aus; die wesentlichen Forderungen waren hier die Einführung der Zweisprachigkeit, die Gleichberechtigung der Tschechen bei der Ämterbesetzung und ein Sonderstatus für die böhmischen Länder innerhalb der Gesamtmonarchie. Alfred Fürst zu Windischgrätz schlug die Erhebung blutig nieder. Die Revolution in Ungarn dagegen hatte zunächst Erfolg: Knapp einen Monat nach ihrem Ausbruch am 15. März sah sich die Wiener Regierung gezwungen, die ungarische Verfassung anzuerkennen und damit eine parlamentarische Regierungsform in Ungarn und die Beschränkung der österreichisch-ungarischen Beziehung auf eine Personalunion zu akzeptieren. Die Erhebung in Venetien, die am 17.
März ausbrach, wurde zwar im Zuge des Risorgimento von piemontesischen Truppen unterstützt; im Juli wurde sie durch den Sieg Josef Graf von Radetzkys bei Custoza endgültig niedergeschlagen.
Am 22. Juli 1848 trat in Wien der neu gewählte verfassunggebende Reichstag zusammen. Seine Hauptaufgaben waren die Ausarbeitung einer liberalen, konstitutionellen Verfassung und vor allem die Lösung des Nationalitätenproblems. Vor dem Hintergrund andauernder Unruhen wurde der Reichstag jedoch rasch wieder vertagt und für den 15. November 1848 nach Kremsier einberufen.
Unterdessen kam es im September zum Bruch zwischen Wien und der liberalen Regierung in Ungarn unter Lajos Graf Batthyány, und Wien entsandte Truppen nach Ungarn. In Reaktion auf die österreichische Intervention in Ungarn brach im Oktober 1848 erneut eine Erhebung aus, die schließlich von Windischgrätz blutig niedergeschlagen wurde. Zahlreiche Anführer der Erhebung wurden standrechtlich erschossen, so auch Robert Blum, ein Delegierter der Frankfurter Nationalversammlung. Die Siege in Prag, Italien und nun auch in Wien stärkten die Reaktion. Am 2. Dezember 1848 dankte Ferdinand I.
zugunsten seines Neffen Franz Joseph I. ab; die Regierung führte seit Metternichs Sturz Felix Fürst zu Schwarzenberg.
Im Winter 1848/49 arbeitete der Reichstag von Kremsier eine neue Verfassung aus, die die Umwandlung Österreichs in ein föderalistisches Staatswesen vorsah und sowohl den liberal-konstitutionellen Forderungen wie auch den nationalen Interessen Rechnung trug. Der Reichstag stimmte dem Verfassungsentwurf zu; nicht jedoch die Regierung, die am 4. März 1849 zur Annahme einer oktroyierten Verfassung, der Märzverfassung, zwang und den Reichstag auflöste. Die Märzverfassung übernahm zwar einige konstitutionelle Elemente aus dem Kremsier Verfassungsentwurf, ignorierte jedoch die nationalen Interessen in der Vielvölkermonarchie und schuf einen zentralisierten Einheitsstaat unter Einschluss Ungarns.
Auf die Oktroyierung der Verfassung reagierten die Ungarn unter Lajos Kossuth am 14. April 1849 mit der Unabhängigkeitserklärung und der Absetzung des Hauses Habsburg in Ungarn. Mit russischer Unterstützung hatte Österreich bis zum August 1849 Ungarn wieder unterworfen und in den zentralistischen Gesamtstaat eingebunden.
Auch in Hinblick auf die Deutsche Frage setzte sich die Regierung Schwarzenberg am Ende durch. Zwar hatte die Frankfurter Nationalversammlung im Juni 1848 Erzherzog Johann von Österreich zum Reichsverweser gewählt; in der Verfassungsfrage entschied sich jedoch schließlich die Mehrheit (wenn auch knapp) für die kleindeutsche Lösung, d. h.
für ein deutsches Staatswesen ohne Österreich. Nach der Ablehnung der kleindeutschen Verfassung durch Preußen gelang Schwarzenberg 1850 in der Olmützer Punktation die Wiederherstellung des Deutschen Bundes, in dem erneut Österreich die Führung übernahm. Womit jedoch zugleich der preußisch-österreichische Dualismus wieder verschärft wurde.
7.3.7
Neoabsolutismus und außenpolitische Niederlagen
Am 31.
Dezember 1851 wurde die Märzverfassung, die de facto nie umgesetzt worden war, durch das Silvesterpatent wieder aufgehoben; damit hatte in Österreich die Reaktion vollends die Oberhand zurückgewonnen. Der Ministerrat wurde zu einem nur ausführenden Organ degradiert zugunsten der Wiederherstellung der absoluten Krongewalt, der Zentralismus unter Einbeziehung Ungarns ausgebaut und der Kirche wieder Einfluss auf säkulare Angelegenheiten eingeräumt, u. a. durch das Konkordat von 1855. Nach Schwarzenbergs Tod im April 1852 baute Innenminister Alexander Freiherr von Bach das neoabsolutistische, zentralistisch-klerikale System zum so genannten System Bach aus.
Die Außenpolitik der Jahre bis 1867 war von Misserfolgen und Rückschlägen geprägt.
Im Krimkrieg (1853-1856) suchte Österreich eine neutrale Haltung zu bewahren und zu vermitteln, drohte jedoch, sich mit Großbritannien und Frankreich zu verbünden, sofern Russland die Donaufürstentümer Moldau und Walachei nicht räumen würde. Nach dem russischen Rückzug 1854 besetzte Österreich die Fürstentümer bis zum Ende des Krieges. Russland, der langjährige Verbündete Österreichs, wurde zum dauerhaften Gegner, der nun die antiösterreichische Politik Frankreichs und Preußens unterstützte.
Im Italienischen Krieg 1859 gegen das mit Frankreich verbündete Sardinien-Piemont musste Österreich nach zwei schweren Niederlagen bei Magenta und Solferino die Lombardei abtreten. Diese Niederlage löste in Österreich eine schwere Staatskrise aus, in deren Verlauf Bach zurücktreten musste und - vor allem auf ungarischen Druck hin - der Versuch unternommen wurde, den Vielvölkerstaat auf föderalistischer Basis neu zu ordnen. Das Oktoberdiplom vom 20.
Oktober 1860 gestand den Landtagen der einzelnen Kronländer in bestimmten Bereichen der Verwaltung Autonomie zu, schmälerte damit die Kompetenzen der zentralen Verwaltung und schuf einen länderübergreifenden Reichsrat, der allerdings weitgehend auf beratende Funktion beschränkt blieb. Ein mit judikativen Befugnissen ausgestattetes Zentralparlament wurde nicht eingerichtet, die Krongewalt blieb unbeschnitten. Das Oktoberdiplom stellte weder die nichtdeutschen Nationalitäten zufrieden, noch die zentralistisch orientierten, im deutschsprachigen Österreich dominierenden Deutschliberalen und wurde bereits vier Monate später, am 26. Februar 1861, durch das Februarpatent ersetzt, das im Wesentlichen von dem Staatsminister Anton Ritter von Schmerling entworfen worden war. Diese neue Verfassung für den Gesamtstaat bedeutete eine Rückkehr zum Zentralismus bei abgestuften Autonomierechten für die einzelnen Länder. Der Reichsrat wurde in Abgeordneten- und Herrenhaus untergliedert.
Das Februarpatent fand die Zustimmung der Deutschliberalen, stieß aber vor allem in Ungarn auf scharfe Ablehnung.
Mit dem deutschliberalen Kurs im Inneren einher ging eine verstärkte Anlehnung an den Deutschen Bund, die von Preußen und seinem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck in Hinblick auf die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage noch gefördert wurde. 1864 stellten Österreich und Preußen ihren Konflikt um die Hegemonie im Deutschen Bund vorübergehend zurück und kämpften gemeinsam im Deutsch-Dänischen Krieg gegen Dänemark. Nach dem Sieg über Dänemark brachen allerdings über der Frage nach der Zukunft Schleswig-Holsteins rasch wieder die alten Gegensätze zwischen Preußen und Österreich auf, die im August 1865 noch einmal durch die Gasteiner Konvention beigelegt werden konnten, im Juni 1866 jedoch schließlich im Deutschen Krieg kulminierten. Österreich wurde bei Königgrätz entscheidend geschlagen; in der Folge musste es der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen und der Gründung des Norddeutschen Bundes, d. h.
seinem Ausschluss aus dem deutschen Staatenverbund und dem Verlust seiner Vormachtstellung innerhalb der deutschen Staaten. Zudem verlor Österreich Venetien an den preußischen Verbündeten Italien.
Die Niederlage und der Ausschluss Österreichs aus dem Deutschen Bund hatten schwerwiegende innenpolitische Auswirkungen: Der Machtverlust und der Verlust der Anbindung an die deutschen Staaten verliehen dem Nationalitätenproblem im Vielvölkerstaat Österreich eine neue, dringliche Qualität. Besonders Ungarn drang erneut auf seine Ausgliederung aus dem Zentralstaat.
7.4
Die Doppelmonarchie
Vor diesem Hintergrund sah sich Kaiser Franz Joseph gezwungen, mit Ungarn zu einer dauerhaften Verständigung zu kommen.
Unter der Federführung des Außenministers und Ministerpräsidenten Friedrich Graf von Beust handelte die österreichische Regierung mit dem ungarischen Landtag den so genannten Ausgleich aus. Der Ausgleich, am 8. Februar 1867 abgeschlossen, wandelte das Kaisertum Österreich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn um, d. h. in eine Realunion zwischen den beiden selbständigen Staaten Österreich und Ungarn. Ungarn wurde aus der Gesamtverfassung ausgegliedert und erhielt seine Verfassung von 1848 zurück; die Innenpolitik der beiden Reichshälften fiel in die Zuständigkeit jeweils selbständiger Regierungen; für die gemeinsamen Angelegenheiten - Außenpolitik, Finanzen und Heerwesen - war ein gemeinsamer Ministerrat zuständig.
Jede der beiden Reichshälften bildete eine konstitutionelle Monarchie unter einem gemeinsamen Staatsoberhaupt, dem Kaiser von Österreich und zugleich König von Ungarn.
Die österreichische Reichshälfte, Zisleithanien, erhielt am 21. Dezember 1867 eine neue Verfassung, die Dezemberverfassung. Durch sie wurde in Österreich ein konstitutionelles System etabliert, und sie blieb bis zum Ende des Kaiserreichs in Kraft. Zwar garantierte die Dezemberverfassung die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und öffnete die öffentlichen Ämter allen Staatsbürgern; das Nationalitätenproblem blieb jedoch weiter virulent und wurde durch den politischen Führungsanspruch der deutschen Österreicher (die auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht die Führungsschicht und mit etwa 33 Prozent den relativ größten Bevölkerungsanteil bildeten) noch verschärft. Besonders die Tschechen, die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe in Zisleithanien, opponierten gegen das sich verfestigende deutsch-zentralistische System; der liberale Kurs des "Bürgerministeriums" sowie der immense Wirtschaftsaufschwung ließen den Nationalitätenkonflikt jedoch vorerst in den Hintergrund treten.
1871 suchte die Regierung unter Karl Graf von Hohenwart durch eine föderalistische Neuordnung Zisleithaniens zu einer Verständigung mit vor allem Tschechen und Polen zu kommen; ihr Konzept wurde jedoch sowohl von den Deutschliberalen abgelehnt wie auch von Ungarn, das an der politischen Struktur, wie sie mit dem Ausgleich geschaffen worden war, keine Änderungen zuzulassen bereit war. Unter den Regierungen Adolf Fürst Auersperg (1871-1879) und Eduard Graf Taaffe (1879-1893) wurde die Nationalitätenfrage zunehmend zum Hauptproblem der österreichischen Innenpolitik. 1880 verfügte die Regierung Taaffe die amtliche Zweisprachigkeit in Böhmen und Mähren, 1882 in Slowenien und dem österreichischen Schlesien und erreichte damit die Rückkehr der Tschechen und Polen in den Reichsrat, den sie zuvor aus Protest gegen den deutschen Zentralismus verlassen hatten. 1882 wurde zudem in Prag eine eigene tschechische Universität eingerichtet. Ansonsten suchte Taaffe durch umfangreiche sozialpolitische Reformen, wie etwa eine Arbeitsgesetzgebung und die Einführung der gesetzlichen Unfall- und Krankenversicherung, sowie durch die Herabsetzung des Wahlzensus 1882 von dem Nationalitätenproblem abzulenken bzw. beruhigend auf das Problem zu wirken.
Aber dies sowie seine außerordentlich erfolgreiche Wirtschaftspolitik konnten nicht verhindern, dass sich in den nichtdeutschsprachigen Gebieten die nationalen Bewegungen mehr und mehr radikalisierten, bei den deutschen Österreichern die Liberalen zugunsten der radikalen Deutschnationalen an Boden verloren. In diese Zeit der innenpolitischen Polarisierung fiel auch die Gründung derjenigen Parteien, die in der Folgezeit wesentlich die politische Auseinandersetzung bestimmten: Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs, von Victor Adler mitbegründet, die konservativ-kleinbürgerliche Christlichsoziale Partei Karl Luegers und die deutschnationalen Alldeutschen unter Georg Ritter von Schönerer.
Ab 1895, seit der Sprachenverordnung des Ministerpräsidenten Kasimir Graf Badeni (1895-1897), wurde der Nationalitätenkonflikt zum alles beherrschenden Thema und dr
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