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Bedrohte indigene Völker - am Fallbeispiel Namibias
Die Vereinten Nationen haben die frühere Bezeichnung Ureinwohner mittlerweile durch den Begriff "indigene Völker" ersetzt.
Diese Definition gilt für Nachfahren der jeweils ersten Besiedler einer Region, die später von anderen Völkern unterworfen, kolonisiert, teilweise von ihren ursprünglichen Siedlungsräumen vertrieben und insgesamt an den Rand der nationalen Gesellschaft verdrängt wurden.
Die ungefähr 300 Millionen Angehörigen indigener Völker verteilen sich auf 5000 unterschiedliche Völker.
Viele sind von der Zerstörung ihres Lebensraums, von der Auslöschung ihrer Kultur (Ethnozid), sogar von Völkermord (Genozid) betroffen oder bedroht. Industrialisierung, Straßenbau, Waldrodung oder Staudammprojekte - immer sind es die rückständigen "Ureinwohner", die im Wege sind. Im besten Fall dürfen sie noch als folkloristische Staffage für Touristen posieren; oft werden sie ganz aus ihren Lebensräumen vertrieben.
Sie leben als Fremde in einer Welt, die nicht mehr ihre eigene ist. Sie brauchen Unterstützung, um in der veränderten Welt ihren Platz zu finden und zu behaupten.
Handlungsgrundlage
Indigene Völker und ihre Lebensgemeinschaften haben eine historische Beziehung zu ihrem Land und sind im allgemeinen Nachfahren der Ureinwohner solcher Gebiete.
Auf indigene Bevölkerungsgruppen und ihre Lebensgemeinschaften entfällt ein erheblicher Anteil der Weltbevölkerung. Sie haben sich über viele Generationen hinweg ganzheitliche, traditionelle, wissenschaftliche Kenntnisse über ihr Land, die natürlichen Ressourcen und ihre Umwelt angeeignet. Indigene Bevölkerungsgruppen und ihre Lebensgemeinschaften sollen in den vollen Genuß der Menschenrechte und der Grundfreiheiten kommen, ohne behindert oder diskriminiert zu werden.
Ihre Fähigkeit zur uneingeschränkten Mitwirkung an einem auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Umgang mit ihrem Land hat sich aufgrund wirtschaftlicher, sozialer und historischer Faktoren bisher als begrenzt erwiesen.
Namibia als Vielvölkerstaat:
Allgemeines:
Hauptstadt: Windhoek
Fläche: 824 000 km²
Einwohner: ca. 1 600 000; daraus ergibt sich eine geringe BV - Dichte von 1,9 Ew/km²
Religionen: 90% Christen; ferner Naturreligionen
Inflation: 9,3%
Arbeitslosigkeit: ca.40%
Analphabetenquote: ca.50%
Klima: subtropisch-kontinental mit starken tages- und jahreszeitlichen Schwankungen;
stark schwankende Regenfälle, die von Südwesten nach Norden zunehmen.
Landwirtschaft: im Süden v.
a. Schafe, nach Norden hin zunehmend Rinderzucht, Ackerbau nur im äußersten Norden möglich (1% der Fläche eignet sich zum Ackerbau)
Bevölkerungsübersicht:
Die Bevölkerung Namibias teilt sich in 11 ethnische Gruppen.
Die Regierung Namibias verfolgt eine Politik nach dem Motto: "One Namibia - one Nation".
Auf den ersten Blick eine lobenswerte Zielsetzung.
Jedoch ist die Gefahr einer zu stark forcierenden Politik gegeben, als dass von kleinen ethnischen Gruppen so große Anpassungsprozesse erwartet werden, dass sie ihre Identität verlieren.
Buschmänner
An Namibias Grenzen zu Botswana leben die San - bei uns besser bekannt als "Buschmänner".
Ihre Geschichte ist von Vertreibung und Ausbeutung geprägt. Von den Buren wurden sie gezwungen, auf Farmen zu arbeiten; später wurden sie von der südafrikanischen Armee zwangsrekrutiert. Heute dürfen sich nicht mehr jagen, denn Wildtiere sind geschützt. Die San leben ohne Schulen, ohne Gesundheitsversorgung und ohne Erwerbsmöglichkeiten. Sie haben die geringste Lebenserwartung aller Völker im südlichen Afrika.
1991 stellte die Regierung von Namibia ihnen Land zur Verfügung, doch es fehlen die Mittel, dieses Land zu bearbeiten.
Seit 1994 werden die San von unseren Projektpartnern unterstützt. Es konnten bereits Rinder gekauft werden. Außerdem erhalten die Kinder nun Schulunterricht. Sie lernen die Landessprache ebenso kennen wie ihre eigenen Traditionen. So steigen die Chancen, zukünftig ihre Interesse besser vertreten zu können.
Himba - Die Nomaden Namibias
Ihr Lebensraum reicht heute im Kaokoveld bis zum Kunene an der angolanischen Grenze.
Die Vegetation dieser Landschaft ist dürftig, das Land ist bergig.
Neben Rinderzucht gibt es Mais- und Kürbisanbau.
Es werden aber auch Ziegen und Schafe gehalten.
Zur Zeit gibt es ca. 5 000 Himba, die eine Fläche von knapp 50 000 km² bewohnen.
Ökologische Gefahren:
Durch Überweidung Vegetationsschäden
Wassermangel
"Verbuschung"
Die ursprüngliche Lebensweise der Himbas in "reiner" Form ist praktisch nicht mehr anzutreffen.
Viele kamen im Laufe des Bürgerkrieges mit den "westlichen Errungenschaften" in Berührung;
Später wurde das Kaokoveld mit den Himbas zu einer Touristenattraktion
Ziele
volle Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne Unterschiede
Recht auf kulturelle Identität
Recht auf gemeinschaftliche Strukturen und Traditionen
Recht auf Beteiligung bei der Findung von Entscheidungen, die diese Völker betreffen
Recht auf Gestaltung der eigenen Zukunft
Gleichberechtigung vor Verwaltung und Justiz
Recht auf Land und Ressourcen
Recht auf Beschäftigung und angemessene Arbeitsbedingungen
Recht auf Ausbildung und den Zugang zu den Kommunikationsmitteln
Im engen Zusammenwirken mit indigenen Bevölkerungsgruppen und ihren Gemeinschaften sollen sich die Regierungen und gegebenenfalls auch zwischenstaatliche Organisationen bemühen, die folgenden Ziele zu erfüllen:
a) die Stärkung der Rolle der indigenen Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften durch folgende Maßnahmen:
die Verabschiedung oder Erweiterung einer entsprechenden Politik und/oder Rechtsinstrumente auf nationaler Ebene;
die Anerkennung der Notwendigkeit, dass von den indigenen Bevölkerungsgruppen und ihren Gemeinschaften bewohnte Land vor Aktivitäten zu schützen, die umweltschädlich sind oder von den betroffenen Indigenen als sozial und kulturell unangemessen betrachtet werden;
die Anerkennung ihrer Wertvorstellungen, ihrer überlieferten Kenntnisse und der von ihnen praktizierten Form der Ressourcenbewirtschaftung zur Förderung einer umweltverträglichen und nachhaltigen Entwicklung;
die Anerkennung der Tatsache, daß die traditionelle und unmittelbare Abhängigkeit von erneuerbaren Ressourcen und Ökosystemen einschließlich nachhaltiger Erntepraktiken auch in Zukunft für das kulturelle, wirtschaftliche und physische Wohlergehen der indigenen Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften unentbehrlich ist;
die Schaffung und Stärkung staatlicher Konfliktlösungsmechanismen für mit der Landbesiedlung und der Ressourcenbewirtschaftung zusammenhängende Anliegen;
die Unterstützung alternativer umweltverträglicher Produktionsmittel, damit den Indigenengemeinschaften eine größere Anzahl von Auswahlmöglichkeiten für die Steigerung ihrer Lebensqualität zur Verfügung steht und sie dadurch konstruktiv an einer nachhaltigen Entwicklung mitwirken können;
die Intensivierung der Stärkung der personellen und institutionellen Kapazitäten der indigenen Gemeinschaften durch Anpassung und Austausch traditioneller Erfahrungen, Kenntnisse und Formen der Ressourcenbewirtschaftung, damit die nachhaltige Entwicklung dieser Gemeinschaften gewährleistet ist;
b) die Beteiligung indigener Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften auf staatlicher und kommunaler Ebene an Ressourcenbewirtschaftungs- und Schutzstrategien und sonstigen einschlägigen Programmen zur Unterstützung und Überprüfung von auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Strategien;
Maßnahmen
Manche indigene Bevölkerungsgruppen und ihre Lebensgemeinschaften verlangen unter Bezugnahme auf einzelstaatliche Rechtsvorschriften eine größere Kontrolle über ihr Land, die Selbstverwaltung ihrer Ressourcen, die Mitgestaltung der sie betreffenden Entwicklungsentscheidungen sowie gegebenenfalls auch eine Beteiligung an der Errichtung oder Verwaltung von Schutzgebieten verlangen.
die Anwendung bereits vorhandener internationaler Abkommen über indigene Völker und ihre Lebensgemeinschaften (soweit dies noch nicht geschehen ist) und die Befürwortung der Verabschiedung einer Erklärung über die Rechte indigener Völker durch die Generalversammlung;
b) die Verabschiedung oder Unterstützung einer entsprechenden Politik und/oder entsprechender Rechtsinstrumente, die das geistige und kulturelle Eigentum und das Recht eingeborener Völker auf Bewahrung ihrer gewohnheitsrechtlichen Verwaltungsstrukturen und -praktiken schützen.
Organisationen der Vereinten Nationen und andere internationale Entwicklungs- und Finanzierungsinstitutionen sowie die Regierungen sollen mit aktiver Beteiligung der eingeborenen Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften Schritte unternehmen, um unter anderem die Wertvorstellungen, Ansichten und Kenntnisse dieser Gruppen, einschließlich des außergewöhnlichen Beitrags der eingeborenen Frauen, in die Ressourcenbewirtschaftung und andere sie möglicherweise betreffende entwicklungspolitische Konzepte und Programme einzubinden:
die Benennung einer besonderen Anlaufstelle innerhalb jeder internationalen Organisation
die Veranstaltung von jährlichen Koordinierungssitzungen zwischen den einzelnen Organisationen, gegebenenfalls in Absprache mit den Regierungen und Eingeborenenorganisationen
die Schaffung eines Verfahrensmechanismus innerhalb und zwischen den Durchführungsorganen zur Unterstützung der Regierungen bei der Gewährleistung einer koordinierten Einbeziehung der Ansichten eingeborener Bevölkerungsgruppen in die Politik- und Programmgestaltung und -umsetzung
Im Rahmen dieses Verfahrens sollen indigene Bevölkerungsgruppen und ihre Gemeinschaften informiert und konsultiert werden und die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung des jeweiligen Landes erhalten, insbesondere wenn es um regionale und internationale Partnerschaftsmaßnahmen geht. Außerdem sollen auf lokalen Indigeneninitiativen basierende Strategien voll und ganz in eine solche Politik und solche Programme einbezogen werden;
die Bereitstellung technischer und finanzieller Unterstützung für Programme zur Stärkung der personellen und institutionellen Kapazitäten, um indigene Bevölkerungsgruppen und ihre Gemeinschaften bei der nachhaltigen Entfaltung der eigenen Fähigkeiten zu unterstützen;
den Ausbau von Forschungs- und Bildungsprogrammen mit dem Ziel,
einen genaueren Einblick in die von den Indigenen im Umgang mit der Umwelt erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen zu bekommen und diese auf heutige Entwicklungsprobleme anwenden zu können;
die Effizienz der von den Indigenen verwendeten
Ressourcenbewirtschaftungssysteme beispielsweise durch Unterstützung der Anpassung und Verbreitung geeigneter innovativer Technologien zu steigern;
die Beteiligung an den Bemühungen indigener Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften im Rahmen von Ressourcenbewirtschafts- und Schutzstrategien;
Im engen Zusammenwirken mit den indigenen Bevölkerungsgruppen und ihren Lebensgemeinschaften sollen die Regierungen gegebenenfalls
auf nationaler Ebene Regelungen für Konsultationen mit den indigenen Bevölkerungsgruppen und ihren Gemeinschaften schaffen oder ausbauen
sich gegebenenfalls im Rahmen einer Zusammenarbeit auf regionaler Ebene mit gemeinsamen, die indigenen Bevölkerungsgruppen betreffenden Fragen befassen, um deren Mitwirkung an einer nachhaltigen Entwicklung anzuerkennen und stärken zum Tragen zu bringen.
Instrumente zur Umsetzung
(a) Finanzierung und Kostenabschätzung
Die durchschnittlichen jährlichen Gesamtkosten (1993-2000) für die Durchführung der im vorliegenden Programmbereich genannten Aktivitäten werden vom Sekretariat der UNCED auf etwa 3 Millionen Dollar veranschlagt, in Form an Zuschüssen oder in Form konzessionärer Kredite von der internationalen Staatengemeinschaft. Es handelt sich dabei nur um überschlägige, von den betroffenen Regierungen noch nicht überprüfte Schätzungen der Größenordnung.
Die tatsächlichen Kosten und die Finanzierungsbedingungen - auch etwaige nichtkonzessionäre - hängen unter anderem von den konkreten Umsetzungsstrategien und -programmen ab, die von den Regierungen beschlossen werden.
(b) Rechtliche und administrative Rahmenbedingungen
In Zusammenarbeit mit der betroffenen eingeborenen Bevölkerung, sollen die Regierungen entsprechend den speziellen Gegebenheiten des jeweiligen Landes die Rechte und Pflichten der indigenen Bevölkerungsgruppen und ihrer Lebensgemeinschaften in die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften einbinden. Möglicherweise benötigen die Entwicklungsländer bei der Durchführung dieser Maßnahmen technische Unterstützung.
(c) Entwicklung der menschlichen Ressourcen
Die internationalen Entwicklungsorganisationen und die Regierungen sollen finanzielle und andere Ressourcen für die schulische und berufliche Ausbildung indigener Bevölkerungsgruppen und ihrer Gemeinschaften bereitstellen, um ihnen mehr Möglichkeiten zur nachhaltigen Entfaltung der eigenen Fähigkeiten und zur Mitwirkung und Beteiligung an einer nachhaltigen und ausgewogenen Entwicklung auf nationaler Ebene zu eröffnen. Besondere Aufmerksamkeit gebührt dabei der Stärkung der Rolle der indigenen Frauen.
Die Realität der 250 bis 300 Millionen Ureinwohner in 76 Ländern ist erschütternd.
Viele Völker würden ihres Lebensraums «im Namen von Entwicklung und Fortschritt» beraubt. In Brasilien, Chile, Indien oder Kanada würden gigantische Staudämme gebaut, in anderen Ländern Erdölförderung auf dem Land der Ureinwohner geplant. «Wer sich wehrt, wird diskriminiert, verfolgt oder wie in Mexiko oder Kolumbien ermordet».
Quellenangaben:
Schneider; Wiese, Namibia und Botswana - Kultur und Landschaft im südlichen Afrika. DuMont Landschaftsführer.
Martin, Michael; Maeritz, Kay, Namibia.
Köln (Umschaubuchverlag) 1995.
Wannenburgh; Alf, Buschmänner - Eine Kultur stirbt in Afrika. Hannover (Landbuch - Verlag) 1997.
Schetar, Daniela; Köthe, Friedrich, Namibia. (Polygott) Jänner 1996.
Schiefenhövel; Uner; Krel, Im Spiegel der anderen.
München (Realis-Verlag) 1993.
Iwanowski, Michael, Namibia. Ettenheim (Iwanowski´s Reisebuchverlag) 1998.
Jacobson, Margaret, Himba - Die Nomaden Namibias. Windhoek (Klaus Hess Verlag) 1998.
Lindig, Wolfgang, Lexikon der Völker.
München 1986.
Bodley, John, Der Weg der Zerstörung - Stammesvölker und industrielle Revolution. München 1983.
Malan, Johann, Die Völker Namibias. Winhoek (Klaus Hess Verlag) 1998.
Merian, Namibia.
November 1997.
Wenzel, Sandra, Schutz und Unterstützung ethnischer Minderheiten. Gelsenkirchen 1984.
Gertraud Medicus 8c 1999/2000
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