Der nil die lebensader ägypten
Der Nil – die Lebensader Ägyptens
Allgemeine Fakten:
Der Nil hat von seinem Ursprung am Äquator bis zum Mittelmeer eine Länge von 6671 km. Auf seinem Weg durchquert er Ägypten, den Sudan, Äthiopien und Uganda. Der Nil ist der längste Fluß der Welt und versorgt Ägypten mit 99% seines Wassers. An seinen Ufern leben 95% der Ägypter auf nur 4% des Staatsgebietes.
Die Geschichte von Abdul über sein Leben am Ufer des Nils (Teil 1):
Ich, Abdul lebe nun schon seit 65 Jahren am Nil und möchte Euch gerne etwas erzählen. Ihr wißt vielleicht, daß der Nil sehr lang ist und durch viele Länder wie Ägypten, den Sudan, Äthiopien und Uganda fließt.
Früher war alles anders, als es diesen Staudamm, Sadd al-Ali, noch nicht gegeben hat. Da war der Fluß Nil noch ganz natürlich. Er stieg jedes Jahr im Sommer soweit an, daß er unsere ganzen Felder überschwemmte. Das nennt man die Nilschwelle. So brauchten wir, meine Frau, die leider gestorben ist, meine 8 Kinder und ich, unsere Felder nicht künstlich Bewässern. Der Nil brachte auch den Nilschlamm mit sich, dieser diente bei uns als Düngemittel.
Es gab natürlich auch Nachteile, denn durch die Überschwemmungen mußten wir unsere Häuser ein Stück weit vom Nil weg bauen. Wir konnten auch nur einmal im Jahr ernten, nämlich nachdem die Nilschwelle unsere Felder bewässert hatte. Dafür konnten wir damals bei einer Ernte sehr viel mehr ernten, als heute bei einer Ernte. Aber davon später."
Der Nil früher (Fakten):
Sein Rhythmus von Steigen und Fallen bestimmt seit jeher das landwirtschaftliche Jahr in Ägypten. Es war kein Düngemittel nötig, da dieses durch den Nilschlamm auf natürliche Weise kam.
Durch das jährliche Hochwasser, die sogenannte Nilschwelle, war auch keine manuelle Bewässerung nötig. Diese stammt vor allem aus den sommerlichen Monsunregen auf dem äthiopischen Hochland über dem Blauen Nil und den tropischen Zenitalregen Innerafrikas. Das Hochwasser beginnt im Juni und erreicht Mitte September bis Anfang Oktober den Höchststand. Insgesamt standen Ägypten bei Assuan im Jahresdurchschnitt 88,7 Millionen Kubikmeter für die Bewässerung zu Verfügung, 66% davon in den Hochflutmonaten August bis Oktober. Die Nachteile waren jedoch, daß durch die ständigen Überschwemmungen die Häuser weiter weg vom Nil gebaut werden mußten. Außerdem konnten sie abhängig von der Natur nur einmal im Jahr ernten, denn es war außer in den Hochflutmonaten sehr trocken.
Die Geschichte von Abdul über sein Leben am Ufer des Nils (Teil 2):“Die Regierung entschloß sich dann zum Bau eines riesigen Staudamms, dem Sadd al-Ali. Er ist so groß, daß er den Nil zu einem großen See, dem Nassersee, aufstaut. Die Regierung versprach sich viel von diesem Mammutprojekt und am Anfang sah es so aus, als wäre alles perfekt. Meine Kinder und ich konnten unsere Felder vergrößern, und da wir nicht mehr von der Nilschwelle abhängig waren, konnten wir sogar mehrmals im Jahr anbauen. Für unsere Felder bauten wir weitläufige Kanäle. Das Wasser pumpten wir aus dem Nil.
So konnten wir bald auch im Sommer, der üblichen Trockenzeit, ernten. Wir waren vor Trockenzeiten und Hochfluten bewahrt, was es uns ermöglichte, unsere Häuser näher am Nil zu bauen. Diese Möglichkeit nahmen besonders Fabriken und Plantagen wahr, die auch das Nilwasser nutzten, wahr und schon bald boomte die Wirtschaft. Außerdem erzeugt der Staudamm einen großen Teil der Elektrizität . Wir sind darauf angewiesen, weil die Ressourcen unseres Landes sehr dünn gesät sind."
Die positiven Folgen des Staudammes (Fakten):Um Dauerbewässerung und damit mehrmalige Ernten im Jahr zu erreichen, wurden Wehre und Staudämme gebaut.
Der erste neuzeitliche Damm wurde 1861 nördlich von Kairo erbaut, weitere folgten in Assuan (1902), Sennar (1925), Djebel el-Aulia (Sudan, 1937), bei den Owen-Fällen (1954), Khashm el-Girba (1965), Er-Roseires (1966). Vom 1970 fertiggestellten Sadd al-Ali bei Assuan, einem Mammutprojekt, bei dem164 Milliarden m³ Wasser aufgestaut wurden, erhoffte man sich viel. Hier die Vorteile, die er brachte: Durch den Staudamm entstanden 7,5 Milliarden m³ Bewässerungswasser zusätzlich. Die landwirtschaftliche Nutzfläche wuchs um 15% und durch vermehrte Bodenbewässerung werden mehrfache Ernten pro Jahr erzielt. Da das Wasser nun auch im Sommer zur Verfügung steht, können Sommerkulturen ausgeweitet werden. Neben der ausreichenden Wasserversorgung in den Trockenjahren wird das Land durch den Damm vor katastrophalen Hochfluten bewahrt.
Mit einer Elektrizitätserzeugung von 10 Milliarden KWH tragen die Turbinen des Hochstaudammes überdies entscheidend zur Verbesserung der Energie-versorgung des Landes bei.
Die Geschichte von Abdul über sein Leben am Ufer des Nils (Teil 3):“Doch bald zeigte sich, daß der Staudamm nicht nur Segen bracht. Der Nil hat sich stark verändert. Mein Vetter, Ali der Fischer, klagt darüber, daß er kaum noch Fische fängt: Er sagt, die meisten seien tot, weil es kaum noch Nährstoffe im Nil gibt. Jetzt will Ali mit seiner Familie nach Kairo ziehen und dort sein Glück versuchen. Ich habe ihm davon abgeraten.
Viele aus unserem Dorf haben diesen Weg gewählt, sie dachten, sie könnten ein neues Leben beginnen, aber ein Bekannter aus Kairo hat mir erzählt, daß für solche Neuankömmlinge riesige Wellblechhütten-Viertel bereitstehen. Aber der Staudamm hat nicht nur Alis Gewerbe zerstört, nein, auch die riesige Nilbrücke, 10 km Richtung Nachbardorf, wurde ein Opfer des Sadd al-Ali. Ich habe gehört, daß der Nil keine Ablagerungen mehr mit sich führt und deshalb die Ufer wegspült. So hat er auch das Fundament der Brücke weggeschwemmt. Doch auch wir sind nicht verschont geblieben. Unsere früher so ertragreichen Felder sind durch Versalzung bedroht.
Durch die Versickerung in den Kanälen, befindet sich der Grundwasserspiegel manchmal kaum noch eine Handbreit unter dem Boden. Aber noch viel schlimmer ergeht es meinem Bruder Said, der direkt am Ufer des Nassersees lebt. Wenn er mich besucht, erzählt er vom Massensterben der Fische im See. Das Wasser ist veralgt und giftig: Saids Frau ist schon an Malaria gestorben. Und wenn ich darüber nachdenke, sehne ich mich nach der Zeit vor dem Staudamm, als wir zwar arm waren, aber trotzdem glücklich und zufrieden leben konnten." Die negativen Folgen des Staudamms (Fakten):
Der fruchtbare Nilschlamm, den die alljährliche Nilflut (bis 1964) mit sich brachte und der die überschwemmten Felder dünkte, verbleibt zum größten Teil im Nassersee.
Dies führt zur Verschlammung und Veralgung und zerstört das biologische Gleichgewicht des Sees. Vor allem Wasserhyazinthen dominieren in der Unterwasserwelt. Diese Pflanzenart überwuchert andere Pflanzen, die den Fischen als Nahrung dienen und bewirkt so, daß der Fischbestand immer mehr zurückgeht. Zudem bildet die Wasserhyazinthe ideale Lebensbedingungen für die Erreger der gefürchteten Krankheiten Malaria und Bilharziose. Die Felder müssen nun durch Kanäle bewässert und künstlich gedüngt werden. Dabei kommt es zur zunehmenden Versalzung der Böden.
Durch die Nährstoffverarmung des Nilwassers ist die früher bedeutende Fischerei, vor allem im Mündungsgebiet, stark zurückgegangen. Der fehlende Nachschub an Sedimenten bewirkt im Mündungsbereich eine Landsenkung, es geht Land verloren.
Die Geschichte von Abdul über sein Leben am Ufer des Nils (Teil 4):
“So ein Mist; schon wieder zu wenig Wasser für meine Kühe! Warum verbrauchen diese dummen Baumwollfelder denn so viel Wasser? Und wenn man dann noch an diese ganzen Plantagen denkt... Hauptschuldiger ist aber immer noch der Staudamm! Allein schon die Lage am Rande einer Wüste läßt auf die Dummheit der Ingenieure schließen! Haben die denn nie geahnt, daß allein schon wegen der Verdunstung Unmengen von Wasser verloren gehen? Kein Wunder, daß für unsereins nichts übrigbleibt.
Bald werde ich meine 8 Kinder nicht mehr versorgen können! Auch Achmed von nebenan wird mit seinen 10 Not leiden, ganz zu schweigen von den zahlreichen kinderreichen Familien im Nachbardorf... Was hat die Regierung nur mit unserem Nil gemacht??? Jetzt schwimmen auch noch Millionen von diesen gefährlichen Krankheitserregern im Nil herum. Der kleine Memmeth ist schon an einer dieser Krankheiten, nämlich Malaria, gestorben. Schlimm, schlimm! Diese rückständigen Länder Sudan, Äthiopien und Uganda, wollen jetzt auch den Nil nützen.
Tss! Wenn ich das schon höre, dann kommt mir wirklich die Galle hoch. Die wollen doch tatsächlich den Nil umgestalten, um ihre Felder zu bewässern. Dann werden wir ja noch weniger Wasser bekommen! Oder sie bauen wieder einen idiotischen Staudamm, man hat ja gesehen, wohin so etwas führt. Diesen Idioten gehört mal gründlich gezeigt, wo´s langgeht!!!"
Wassermangel à es entstehen nationale und internationale Konflikte (Fakten):
Der Kampf um das Wasser vom Nil spielt sich auf nationaler und internationaler Ebene ab. Auf nationaler Ebene stehen auf der einen Seite die Großbauern mit ihren riesigen, bewässerungsintensiven Feldern und die Besitzern, der großen Fabriken am Nil, die
große Wassermengen verbrauchen,
den Nil mit ihren Abwässern verseuchen und
die Elektrizität der Staudämme dringend benötigen.
Auf der anderen Seite stehen die mittlerweile 60 Millionen Menschen, die links und rechts des Nils wohnen und das Wasser zum Trinken, Waschen und für ihre Tiere nutzen.
Und im Lauf von 10 Jahren wird eine neue Million geboren. Allein deshalb wird das Wasser knapp. Und es wird noch knapper, wenn Äthiopien sich erst einmal aus dem Vertrag von 1902 löst, der dem Land jegliche Veränderung des Flußlaufs des blauen Nils verbietet. Damals sorgten die britischen Kolonialherren dafür, daß das ehemalige Abessinien keine Eingriffe in den Blauen Nil, der 80% des ägyptischen Nilwassers liefert, vornimmt. Und dieser Knebelvertrag hat bis heute Bestand. Und da beginnen auch schon die internationalen Probleme:
Als israelische und äthiopische Ingenieure vor Jahren mit Vermessungen für drei Staustufen begannen, drohte der damalige ägyptische Ministerpräsident Anwar el-Sadat offen damit, “jeden Versuch, Stauwerke am Nil zu bauen, zu bombardieren".
Und Butros Ghali, ehemals ägyptischer Innenminister, meinte 1987, daß “der nächste Krieg in unserer Region wegen des Wassers geführt wird und nicht wegen der Politik." Bei solchen Worten erinnert man sich an die Zeiten vor dem ägyptisch-israelischen Friedensabkommen, als Israel unverhohlen damit drohte, den Assuanstaudamm mit Atombomben zu sprengen, um mit einer riesigen Flutwelle die dicht am Nil wohnende Bevölkerung ins Meer zu spülen.
Zukunftsvision 1:
Schon seit Tagen hört man im Radio, daß sich die Lage im Delta-Dreieck gewaltig anspannt. Israel erklärt Ägypten den Krieg und droht, die schon lange angekündigte Atombombe auf den Assuanstaudamm zu werfen. In Ägypten laufen die Vorbereitungen, sich gegen den Angriff zu rüsten, auf Hochtouren. Viele Männer aus der Umgebung werden eingezogen.
Auch 5 von Abduls Söhnen müssen in den Krieg ziehen. Seit drei Tagen tobt nun schon der Krieg. Abdul hat große Angst, daß seinen Söhnen etwas zustoßen könnte, deshalb geht er 3mal täglich herunter zum Nil, um für sie zu beten. Als er am Abend des dritten Tages sein Gebet gerade vollendet hat, sieht er plötzlich einen gleißenden Lichtblitz, so daß er seine Augen schließen muß. Dann hört er eine gewaltige Detonation, die nur vom 5km entfernten Assuanstaudamm kommen kann. Jetzt erfaßt ihn ein starkes, windähnliches, warmes Etwas.
Abdul wirft sich auf den Boden und riskiert einen Blick. Er sieht gerade noch ein Stück der gewaltigen Betonmasse des Staudammes auf sich zufliegen. Sekunden später findet er sich in einem dunklen Tunnel wieder, in der Ferne ein helles Licht...
Zukunftsvision 2:
Der große Tag ist da.
Die gesamte Bevölkerung Ägyptens schaut gespannt auf den Fernseher. Dort läuft die Life-Übertragung vom Abbruch des Staudamms. Abdul und die anderen Bauern des Dorfes sind in Hochstimmung. Man trinkt auf den Nil und auf den Neubeginn, bzw. den Rückschritt zum alten. Außerdem wird eine Vereinbarung mit den anderen Ländern, die auch Teil am Nil haben, getroffen und das Nilwasser gleichmäßig verteilt.
Abdul ist hochzufrieden, denn seine Kühe werden nie mehr durstig sein. Ihm und den anderen ist klar, daß sie jetzt auf viele Annehmlichkeiten wie z.B. auf den Fernseher, wegen Strommangels verzichten müssen. Aber sie hoffen, daß mit dem Bau von Wärmekraftwerken in der Wüste der Lebensstandart wieder steigt. Viele Industrien werden sich eine andere Branche suchen müssen, die nicht mehr vom Wasser abhängig ist.
Außerdem, werden die Häuser, die nah am Nil gebaut wurden, wieder abgerissen, da sie sonst zu Überschwemmungsopfern werden könnten. “Aber wenigstens," tröstet sich Abdul, "werden wir bald durch den Nilschlamm wieder eine gute Qualität unserer Böden haben und unsere Saat wird auch ohne Bewässerung gedeihen."
Von Gerd/Rolf Reinhardt, Bernd Lengerer, Steffanie Haug, Amanda Raitbauer, Silvia Herrmann
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