Deutsche industrialisierung im vergleich zu england
Die Industrialisierung setzte in Deutschland erst fast 100 Jahre nach England ein. Im Vergleich zu England zeigt der Prozess hier jedoch einige Unterschiede. Viele Erfindungen mussten nicht erst gemacht werden. Durch den Import von Techniken und Plänen bis hin zu ganzen Maschinen konnte der Prozess der Industrialisierung erheblich verkürzt werden. Wichtige Voraussetzungen für die Industrialisierung waren ein starkes Bevölkerungswachstum und eine Reihe von Reformen. Auch die Schaffung des Deutschen Zollvereins (1834) löste wichtige Impulse aus.
Ab den 1830er Jahren beschleunigte sich die Übernahme technischer Neuerungen.
Träger der frühen Industrialisierung war vor allem der Eisenbahnbau . Er sorgte nicht nur direkt für Beschäftigung, sondern erhöhte auch die Nachfrage nach Stahl, Kohle und Lokomotiven. Anfangs war man zwar noch auf Importe angewiesen, aber heimische Anbieter konnten sie ziemlich schnell ersetzen. Mit dem Wachstum der Eisen- und Stahlindustrie kam es auch im Bereich des Deutschen Bundes zur Entstehung von Zentren der Schwerindustrie. Daneben entstanden zahlreiche kleinere Werkstätten, die oft von der Reparatur auf den Bau und die Entwicklung von Maschinen übergingen und die Wurzel der ab 1840 sich zusehends eigenständig entwickelnden Maschinenbauindustrie bildeten.
Auch für die Entstehung von Investitionskapital war die Bedeutung der Eisenbahn gewaltig. Teilweise unterstützt durch staatliche Garantien erfolgte die Finanzierung meist privat in Form von Eisenbahnaktien und trug so wesentlich zur Ausbreitung dieser Finanzierungsform bei. Die Gewinne hieraus wurden oft wieder reinvestiert und führten so zu einer weiteren Kapitalakkumulation.
Im Gegensatz zu Großbritannien verfügten die deutschen Staaten über kein ausgebautes und leistungsfähiges Transportnetz. Der Eisenbahnbau stellte somit eine Voraussetzung der flächenhaften Industrialisierung dar. Kleinstaatliche Interessen und Rivalitäten verhinderten lange die Verbindung der einzelnen Strecken.
Erst ab den 1860er Jahren lässt sich daher von einer zunehmenden Vernetzung sprechen.
Die Entstehung von Fabriken und neuen Industrien erfolgte schwerpunktmäßig in Gebieten traditioneller Industrien und bei Kohle- und Erzlagerstätten (Ruhrgebiet, Saarland, Oberschlesien). Häufig gingen Fabriken auch direkt aus dem Verlagswesen hervor. Industrielle Schwerpunkte entstanden in Brandenburg, dem Rheinland, Westfalen, Sachsen und Oberschlesien. Diese Zentren erlebten durch ihr Arbeitsangebot starken Zuzug und Städtewachstum. Zwar spielte die Textilindustrie in Deutschland nicht die gleiche Rolle wie in Großbritannien, doch blieben Textilien das wichtigste nicht-landwirtschaftliche Exportgut.
Ab Mitte des 19. Jh. und vor allem nach Gründung des Deutschen Reichs (1871) konnte der Entwicklungsrückstand gegenüber Großbritannien merklich verringert und schließlich aufgeholt werden. Es kam zunehmend zu eigenständigen Entwicklungen im Elektro-, Chemie- und Motorenbereich. Vor allem in den ersten beiden Sektoren konnte sich Deutschland durch Erfindungen und modernere Produktionstechniken einen Vorsprung sichern (wie bei Kunstdünger, Farben und Medikamenten). Großbritannien wurde zum wichtigsten Exportmarkt der deutschen Industrie.
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