Jüdische friedhöfe
Vorwort in eigener Sache[ZdlR1]
Dieses, doch nicht ganz unheikle Referat, das Sabrina(ich) und Ferdinand(ich) im Rahmen unserer Juden betreffenden Unterrichtseinheit im Geschichtsunterricht anfertigen durften, weitete sich zu einem unerwartet umfangreichen Projekt aus – man könnte bei der Fülle von Informationen und den daraus resultierenden Reaktionen eine Doktorarbeit schreiben, oder aber ein dreiseitiges Referat, und dies ist es letztendlich auch geworden, denn es bedurfte umfangreicher Kürzungen, da unser Zeitrahmen langsam aus allen Nähten platzte und eines unserer Ziele auch war den Stoff einem normalsterblichen Schüler näher zu bringen. Darüber hinaus waren wir nicht gewillt eine weitere Nacht zusammen[ZdlR2] in einem Zimmer zu verbringen. Vor allem aber wollten wir unserem sehr gehrten Geschichtslehrer nicht länger den Genuss des Ergebnisses der Arbeit seiner wohl beiden aufgewecktesten um nicht zu sagen anstrengendsten Schüler (der VS) zu verwehren. Das Referat mag auch dem geübten Lehrerauge kurz erscheinen, doch ist dem nicht so. Wir enttarnten einen Großteil unseres Textes als unbedeutend und entschlossen uns eine komprimierte Informationsdichte zu liefern.Hier also ist das Ergebnis mehr oder weniger schweißtreibender Arbeit- viel Spaß, viel Glück oder viel Aufschluss damit.
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Kommentar 1 von Ferdinand und Sabrina:
Dieses Vorwort ist nicht ganz ernstzunehmen, aber ernster als man zunächst erwarten würde. Im Endeffekt ist es aber nur das Produkt einer kurzen Arbeitspause.
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Kommentar 2 von Sabrina und Ferdinand:
Vorm Computer... was denken Sie denn!
Vorwort
Judentum- für die meisten von uns hängt dieses Thema eng mit dem Gedanken an den Holocaust zusammen.
Wenn man dazu noch über Friedhöfe nachdenkt, gelangt man an einen Punkt, an dem es heikel wird, und an dem, wie bei den meisten judenbezogenen Diskussionen nach dem III. Reich, leicht Missverständnisse aufkommen, sodass sich kaum jemand mit diesem Thema auseinandersetzt.
Das ist schade, denn die noch erhaltenen jüdischen Friedhöfe bieten uns in großem Maße Aufschluss über eine beinahe vergessene, aber äußerst interessante Kultur. Im Nationalsozialismus ging der größte Teil des deutschen Judentums verloren. Die jüdischen Friedhöfe, die nicht von den Nationalsozialisten zerstört worden, stehen leider nicht mehr für blühende jüdische Gemeinden, sondern sie sind heute Zeugnisse deutsch-jüdischer Geschichte. Ihre Anlage und die Gestaltung der Grabsteine spiegeln die Entwicklung der jüdischen Gemeinden und Gemeinschaft in der ihnen oft feindlich gesonnenen Gesellschaft über die Jahrhunderte wieder.
Die folgende Arbeit soll diesen Themenkomplex näher beleuchten.
Teil 1: Jüdische Friedhöfe im Allgemeinen
Friedhöfe waren von alters her ein Zeichen für eine in der Umgebung ansässige Gemeinde. Sie sind vor allem in der jüdischen Gemeinde ein wichtiger Bestandteil, da sie hier für die Ewigkeit angelegt werden.
Schon im alten Griechenland verboten Herrscher das Anlegen von Friedhöfen um die Ansiedlung von Randgruppen zu verhindern. Es existieren keine mit den jüdischen Friedhöfen vergleichbar alten christlichen Grabstätten mehr, sodass uns als typisch jüdisch bekannte Merkmale auch auf christlichen Grabsteinen zu finden gewesen sein konnten.
Jüdische Friedhöfe sind von den religiösen und historischen Sitten der Gemeinschaften geprägt.
Vor der jüdischen Emanzipation wurden alle Grabsteine nach Osten, Richtung Jerusalem, aufgestellt und Familien meist zusammen beerdigt, neuzeitlich aber „beziehen“ die Toten ihre Gräber in chronologischer Todesreihenfolge. Feste Regeln welches Verfahren gewählt wird gibt es jedoch nicht. Heutzutage gibt es kaum noch Familiengräber bzw. Gruften, da Einzelbestattungen üblicher sind.
Was aber größtenteils erhalten geblieben ist, ist der Brauch, Bestattungsstätten nicht im vorneherein zu kaufen, die Grabsteine nicht zu befestigen und Gräber für immer anzulegen. Da sich Juden häufig auf Reisen befanden und da es bei einem unerwarteten Todesfall unwahrscheinlich war, dass vor Ort Geld hinterlegt war, fanden sie sich zu sog.
Beerdigungsbruderschaften zusammen die für die Beerdigung eines jeden Mitgliedes sorgten. 1564 wurde in Prag die erste offizielle Bruderschaft gegründet.
Die Friedhöfe werden nicht nach christlichem Verständnis gepflegt, sondern der Natur überlassen, da sie ein Teil von dieser sein sollen. Dies mag zwar dem Besucher den Eindruck von Desinteresse vermitteln, dem ist aber nicht so. Im Gegenteil, die Toten werden geehrt und sollen sich in Ruhe auf den Tag des jüngsten Gerichts vorbereiten können. Deshalb werden auch Feinde nicht nebeneinander beerdigt und die Friedhöfe mit einem abschließbaren Tor gesichert.
Dieses ist am Sabbat, dem jüdischen Feiertag, geschlossen, da dieser Tag ausschließlich der Freude und nicht der Trauer vorbehalten ist.
Wie schon gesagt fordert der jüdische Glauben unangetastete Ruhe der Toten. Daher darf man nicht über die Gräber gehen. Diese dürfen nicht verändert und Leichen nicht exhumiert werden. Wenn doch einmal ein Toter ein neues Grab erhalten soll, z.b.
um ins Heilige Land übergesetzt zu werden oder aus bautechnischen Gründen, muss dies unter Aufsicht eines Rabbis geschehen.
Wie in anderen Kulturen auch, besuchen Juden ihre Toten um derer zu gedenken, anstatt Blumen werden aber Steine nicht vor, sondern auf die Grabsteine gelegt um die Vergänglichkeit von allem zu signalisieren, da die Steine ein Stück einer berühmten, einst zerstörten Synagoge darstellen sollen. Aus Respekt vor Gott (Friedhöfe gelten als heiliger Boden) der über uns weilt, müssen männliche Besucher eine Kopfbedeckung tragen.
Unter Gottes Angesicht soll jeder gleich sein und daher ein gleiches Grab ohne übermäßigen Schmuck erhalten. Entgegen dieses Prinzips gibt es dennoch reichliche Verzierungen, auf den liegenden Grabsteinen der Sephardim wie auf den zum Teil pyramidalen ashkenasischen. Die Grabsteine wurden aus Sandstein oder Marmor kunstvoll gefertigt.
Inschriften waren auf hebräisch sowie in der jeweilig gesprochenen Sprache (z.b. portugiesisch, spanisch, selten deutsch).
Als Verzierungen dienten zahlreiche Symbole aus der Natur- und Bibelwelt sowie Familienwappen und -symbole wie die Kanne der Leviten. Häufig verwendet wurden Darstellungen die sich auch in vielen anderen Kulturen finden lassen, wie Engel und Totenköpfe. Der Grabstein spielte auch oft mit Symbolik wie der Krone der Torah als Zeichen der Bibeltreue und Gelehrsamkeit und Trauben als Zeichen der Fülle des Wissens auf das Leben des Verstorbenen an.
Teil 2: Geschichte und Entwicklung der jüdischen Friedhöfe
Aus religiösen Gründen entstand das Ideal einer Beerdigung in Israel, dies ist ähnlich wie der Wunsch, einmal zu Lebzeiten die Heilige Stadt Jerusalem besucht zu haben. Daher war es oft üblich, vor seinem Tode dorthin auszuwandern, um dann dort beerdigt zu werden. Wer in der Diaspora starb, ließ sich seine Knochen nach der Verwesung nach Israel überführen. Beide Möglichkeiten sind allerdings mit hohen Kosten verbunden, sodass es üblicher war und ist, ein Säckchen israelitische Erde in den Sarg zulegen.
Bevor die ersten öffentlichen Friedhöfe existierten, fanden Bestattung in Höhlen und Grotten statt. Zu diesem Zweck wurden solche, wenn nötig, eigens künstlich angelegt.
Jeder Tote erhielt seine eigene Nische bzw. Senke. Diese wurden dann mit einem Stein verschlossen, damit die Leiche vor wilden Tieren und Grabräubern geschützt war. Eventuell spielte auch die Angst vor Dämonen und Geistern eine Rolle. Die Tradition der Höhlengräber wurde durch Katakombengräber fortgesetzt, die zum Teil noch heute in Italien zu finden sind.
Die ältesten öffentlichen jüdischen Friedhöfe werden auf das frühe Mittelalter geschätzt.
Sie lagen alle außerhalb der Städte, da ihnen das Anlegen von Friedhöfen in den Städten nicht erlaubt war. Dies war ein Ergebnis der vor allem seit den Kreuzzügen herrschenden Judenfeindschaft. Vermutlich fielen viele der damaligen Friedhöfe Pogromen zum Opfer und existieren aus diesem Grunde heute nicht mehr.
Da den Juden im 17. Jahrhundert das Siedeln auf hamburgischem Grund verboten war, ließen sie sich in der Umgebung nieder: einige im damals noch dänischen Altona, andere in Wandsbek (hier hatten sie ab 1604 Niederlassungsfreiheit) oder Harburg, wo die Juden einen Schutzbrief hatten. Hier mussten, um beerdigen zu dürfen, zehn Goldgulden für die generelle Erlaubnis und ein Zuschlag für jedes einzelne Begräbnis bezahlt werden.
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Vor dem III. Reich gab es spezielle Friedhöfe für orthodoxe und liberale Juden, was sich aber nach dem Holocaust änderte, da sich die wenigen Überlebenden neue Gemeinden bildeten, über die geringen religiösen Differenzen hinwegsahen und nun bis heute gemeinsame Friedhöfe nutzen.
In Hamburg existieren heute noch mehrere Friedhöfe, die zum Teil auf Kosten der jüdischen Gemeinde restauriert werden. Sie sind erhalten geblieben, weil die Nationalsozialisten intensive Ahnenforschung betrieben, um das Judentum vollständig zu eliminieren.
Die heute noch besuchbaren Friedhöfe sind in der Ilandkoppel, Königsstraße, Königsreihe (welches mit ca.
1200 Gräbern einer der größten Friedhöfe Norddeutschlands ist), Försterstraße, im Bornkampsweg sowie in der Jenfelder Straße dieser aber wurde in der Reichspogromnacht, November `38, von Nazis zerstört. Das Friedhofsgelände in Ottensen, das ebenfalls während des zweiten Weltkrieges zerstört wurde, ist in den 90er Jahren nach langem Streit mit einem Einkaufszentrum bebaut worden.
Leider müssen die jüdischen Friedhöfe heutzutage nicht nur am Sabbat, sondern kontinuierlich geschlossen bleiben um sie vor Grabschändung und rechtsradikalen Interventionen[ZdlR1] zu schützen. Diese Prävention hält viele Obdachlose und leider auch Vandalen nicht davon ab, sich auf andere Weise, zum Beispiel durch Klettern über den Zaun, Zutritt zu verschaffen. Die Obdachlosen stellen für die liberalen Juden in der Regel kein Ärgernis dar, die Vandalen aber schon. Es finden aber auch Führungen statt und es gibt die Möglichkeit, die Schlüssel für die Tore in der jüdischen Gemeinde zu erfragen.
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Kommentar 1 von Ferdinand:
Die Begriffswahl fiel uns wirklich schwer. Wir diskutierten lange Zeit über folgende Formulierungen:
1. Dumpfbacken
2. Knallköpfen
3. Übergriffe
4. Honks -
Wobei uns dann doch nur die Synonym-Funktion von MS-Word einen zufriedenstellenden Vorschlag lieferte.
Sollten Sie dennoch nicht einverstanden sein, fügen Sie einfach einen der oben genannten Begriffe ein.
Teil 3: Jüdische Beerdigungsriten Große Teile der jüdischen Trauerriten stammen noch aus der talmudischen Zeit und haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht sehr verändert, allein die Liberalisierung in der Neuzeit hat einen kleinen Wandel gebracht.
Der Tote wird vor seiner Beisetzung gewaschen, da er genauso rein sein soll wie bei seiner Geburt. Dieser Vorgang wird Tahara genannt. Nach dem Kämmen der Haare werden ihm vorgeschriebene Leinengewänder - Beinkleider, Hemd und Kopfbedeckung, den Männern außerdem ihr Gebetsmantel - angezogen, die in allen Schichten gleich sind, da nach dem Tod keine gesellschaftlichen Unterschiede mehr existieren sollen. Dies geschieht in einem speziellen Haus auf dem Friedhof.
In einem einfachen Sarg und mit dem vorher erwähnten Sandsäckchen unter dem Kopf ausgestattet, wird er nach der Leichenrede des Rabbis bzw. Kantors zum Ort der Beisetzung getragen. Jüdischem Glauben zufolge darf auf einem Friedhof nur eine Leiche zur selben Zeit beerdigt werden. Den christlichen Bestattungsriten ähnlich ist die folgende Zeremonie, bei der alle Trauernden drei Schaufeln Erde auf den in die Grube abgesenkten Sarg werfen. Dabei werden die folgenden Worte gesprochen: „Von Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück!“ Wenn der Sarg vollständig mit Erde bedeckt ist spricht ein naher männlicher Verwandter das Kaddisch-Gebet, das die Vollkommenheit Gottes ausdrückt. In der folgenden Trauerwoche sollen alle Verwandten die Arbeit niederlegen, die Männer sich nicht rasieren und beim Beten auf niedrigen Schemeln sitzen.
Erst ein Jahr nach dem Begräbnis wird der Grabstein gesetzt, auf den an jedem Todes Tag nach sprechen des Kaddisch-Gebetes ein Stein gelegt wird. Am selben Tag entflammen die Verwandten eine Kerze zum Gedenken an den Verstorbenen.
Teil 4: Nachwort
Was soll uns dieses Referat sagen? Was soll dieses Referat bewirken? Zum einen liefert es hoffentlich genügend Informationen über jüdische Friedhöfe und die damit verwandten Themenkomplexe um sachlich urteilen zu können, zum anderen soll es aber auch zum Denken anregen. Denken nicht nur über jüdische Friedhöfe und Bestattungsriten, sondern auch etwas abstrakter über die jüdische Situation in der Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg grauenvoll war, sich aber nach dem Holocaust zu bessern beginnen scheint, und trotz diesem solch eine beeindruckende Kultur erhalten hat, die eine beachtenswerte Religion vertritt.
Wenn ein wenig Wissen über beide Bereiche vorhanden ist kann man sie miteinander verbinden und hinterfragen und einiges in einem anderen Licht sehen. So stellte sich uns die Frage ob die jüdische Sitte Friedhöfe der Natur zu überlassen, wirklich auf religiöse Gründe zurückzuführen oder eher eine Folge der ständigen Vertreibung ist.
Auch ist die Hoffnung auf ein ewiges Leben, die zwar nicht nur im jüdischen Glauben zu finden ist, dort aber durch das Bestatten der Toten für die Ewigkeit unterstrichen wird, und das Warten auf die Auferstehung nicht verwunderlich, wenn man ihren Leidensweg betrachtet.
Auch wäre es unsere Intention den Leser zum weiteren Verfolgen der Entwicklungen des Judentums in Hamburg zu bewegen, dass Missverständnisse aus der Welt geräumt werden, so dass Zeichen von Missachtung[ZdlR1] gegenüber dem Judentum, wie die Bebauung des zerstörten Friedhofsgeländes in Ottensen, nicht mehr geschehen.
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Kommentar 2 von Ferdinand:
Verachtung
Danksagungen:
Wir bedanken uns bei (in alphabetischer Reihenfolge)
Den Bands
· Deine Lakaien
· Placebo
· Smashing Pumpkins
· Vast
für die stilvolle musikalische Untermalung
Haribo für die Gummibärchen
Herrn Iser für das nachsichtige, unermüdliche Verschieben des Abgabetermins
Frau Klüsener für Brötchen, Brühe, Nougat, Schokolade, schwarzen sowie grünen Tee (literweise) und die geduldige Bewirtung
Leibnitz für die Butterkekse
Gegenseitig Uns selber für die nette Arbeitsatmosphäre, und leicht abschweifende Gespräche... (Sabrina du warst mir ein Licht in düsterster Umnachtung – Ferdinand du warst mir der Brückenpfeiler in der tosenden Brandung des Wissensstrudels)
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