Das leben des dichters ovid
DAS LEBEN DES DICHTERS OVID 1. Vernimm
<du> Nachwelt, wer ich war, jener berühmte Spieler der
zärtlichen Liebeslieder, damit du weißt, wen du liest (vorliest).
3. Sulmo ist meine Heimatstadt, die äußerst reich an kalten
Gebirgsbächen <und> 90 römische Meilen (135 km) von
Rom entfernt ist. 5. Hier bin ich zur Welt gebracht worden und damit
du auch die Zeit (den Zeitpunkt) weißt, als die beiden Konsuln
durch das gleiche Schicksal fielen (getötet wurden).
7. Wenn das etwas von Bedeutung ist, daß ich ohne Unterbrechung
von den Urahnen her ein alter Erbe (Besitzer) des Ritterstandes bin
und nicht eben erst durch die Gunst (das Geschenk) des Schicksals
zum Ritter gemacht worden bin. 9. Ich bin nicht das erste Kind gewesen;
ich bin erzeugt worden, nachdem mein Bruder geboren (worden) war,
dieser war viermal drei Monate früher geboren (entstanden). 11.
Der gleiche Tag war da, an dem beide Geburtstag hatten (Der selbe
Morgenstern war an den Geburtstagen von beiden da); Es gibt eine Feier
für zwei Opferkuchen: 13.
Dieser ist beim fünftägigen Fest (Spiele) der bewaffneten
Minerva, der Tag, welcher hauptsächlich ein blutiger Kampf zu
werden gewohnt war (an welchem hauptsächlich die blutigen Gladiatorenkämpfe
stattfanden, der zweite Tag des Festes [20.03] ). 15. Sofort wurden
wir als zarte <Jünglinge> ausgebildet und durch die Fürsorge
(Sorgfalt) des Vaters gingen wir zu den infolge ihrer Kunst von der
Stadt ausgezeichneten Männern: 17. Der Bruder strebte schon in
der Jugend (im jugendlichen Alter) zur Redekunst (Retorik), geboren
für die Heldentaten und Kämpfe (Redegefechte) des wortreichen
Forums. 19.
Aber mir gefiel schon als Knabe (Junge) der Dienst für die Muse
(Dichtkunst) und die Muse zog mich verstohlen (heimlich) zu ihrem
Werk (Arbeit). 21. Oft sagte der Vater: „Was für unnütze
Bemühungen gehst du an? Homer selbst hinterließ keine Schätze
(hat keine Schätze hinterlassen)“. 23. Ich war bewegt von
den Worten, und nachdem ich den Musenberg (Helicon) ganz verlassen
hatte, versuchte ich Worte zu schreiben, losgelöst vom Versmaß.
25.
Von sich aus kam das Lied zu den geeigneten, eigenen Rhythmen und
was ich versuchte zu schreiben war ein Vers (Versmaß). 27. Inzwischen
wurden vom Vater mit schweigendem Schritt die wankenden Jahre verbraucht
und ich war ein freier Mann (und ich erhielt die Toga des freien Mannes),
der Arm wurde bekleidet mit dem breiten Streifen der Tunika und uns
erwartete das Studium, welches vorher (künftig) war (während
die Jahre dahinglitten). 31. Und schon hatte der Bruder die zehn Lebensjahre
verdoppelt, als er starb, und ich begann einen Teil meiner selbst
zu vermissen. 33.
Ich ergriff auch mit zartem Alter das erste Ehrenamt und ich war einst
ein Teil des Männerkollegiums. 35. Der Senat blieb übrig;
das Maß des Streifens ist verringert worden; Jene Last war größer
als meine Kräfte (Jene Last war zu groß für meine
Kräfte). 37. Weder war der Körper strapazierfähig,
noch war die Gesinnung für die Anstrengung (Arbeit) passend,
und ich war vor dem beunruhigenden Ehrgeiz flüchtig, und die
Musen rieten, die sichere Ruhe aufzusuchen, die durch mein Urteil
immer geliebt worden ist. 41.
Ich habe die Dichter jener Zeit verehrt und gepflegt, und wieviele
Dichter zugegen waren, so viele Götter waren meiner Meinung nach
da. 43. Oft laß der Ältere Macer mir seine Vögel vor,
und er laß mir vor welche Schlange tötet. und welches Kraut
hilft. 45. Oft pflegte Properz seine Liebesgluten vorzulesen, nach
dem Recht der Freundschaft, mit der er mir verbunden war.
47. Ponticus, der aufgrund des Hexameter (heroischen Versmaß)
berühmt war, und Bassus der aufgrund seiner Jamben berühmt
war, waren süße Kinder (Mitglieder) meines Freundeskreises.
49. Und der an Versmaßen reiche Horaz hielt (fesselte) unsere
Ohren, fast während er kunstvolle Lieder aus der italischen Laute
erklingen ließ. 51. Ich sah den so großen Vergil; und
das bittere Schicksal gab dem Tibull keine Zeit für die Freundschaft
zu mir.
53. Dieser (Tibull) war der Nachfolger für dich Gallus, jenem
Properz, jenem (Tibull) war der Nachfolger Properz, ich selbst bin
der vierte von dieser (der) Reihe der Zeit <gewesen>. 55. Und
wie ich die Vorfahren (Ältere) <verehrte>, so verehrten
mich die jüngeren, und meine Dichtung ist nicht spät bekannt
geworden. 57. Als ich dem Volk zum erstenmal meine Jugendgedichte
vorlaß, wurde mir entweder zweimal oder auch einmal der Bart
abgeschnitten.
59. Der Gesang (Vortrag) hatte meine Sinnesart (meinen Charakter)
beeinflußt, durch die ganze Stadt habe ich mit dem Pseudonym
Corinna gesprochen (besungen). [59. Die von mir nicht mit dem wahren
Namen bezeichnete Corinna, die durch die ganze Stadt besungen war,
hatte mein Talent bewegt.] 61. Gewiß (Freilich) habe ich viel
geschrieben, aber ich glaubte dies sei fehlerhaft, ich selbst gab
es den Feuern (dem Feuer) zur Verbesserung.
63. Und damals als ich in die Verbannung gehen mußte, habe ich
einige Metamorphosen , die die mir gewissermaßen gefielen mit
meinen Gedichten verbrannt. 65. Ich hatte ein weiches Herz, und für
die Geschosse Cupidos nicht unbezwingliches Herz, daß schon
ein leichter Anlaß bewegte. 67. Obwohl ich ein solcher <Kerl>
war, und vom kleinsten Feuer entbrannte, war kein Gerede unter meinem
Namen.
[Weil ich dennoch hier blieb und keineswegs die Liebesglut entzündete
(entzünden konnte), gab es unter unserem Namen nichtiges Gerede.]
69. Mir wurde fast als Knaben weder eine würdige noch nützliche
Frau gegeben, die nur für eine kurze Zeit vermählt war.
[Die Ehefrau, welche sich vor kurzer Zeit vermählt hatte, gab
mir beinahe einem Jungen <gleich> weder passendes noch dienliches.]
71. Jener folgte eine Gemahlin, die , obwohl sie ohne Vorwurf war
(obwohl ohne Fehl und Tadel), dennoch nicht auf Dauer in unserem Ehebett
sein sollte.
73. Die letzte, die mit mir in späte Jahre blieb, ertrug es,
Gattin eines Verbannten Mannes zu sein. 75. In frühester Jugend
war meine Tochter bis <zu> zweimal schwanger, aber nicht von
einem Gatten, machte mich meine Tochter zweimal zum Großvater.
77. Schon hatte der Vater seinem Schicksal, den 45 Jahren, weitere
45 zugeführt (hinzugefügt).
79. Ich habe nicht anders geweint, als jener mich beweint hätte,
wenn ich gestorben wäre. Die Mutter ist als nächste gestorben.
81. Beide sind glücklich und rechtzeitig bestattet worden, weil
sie noch vor dem Tag meiner Bestrafung gestorben sind. 83.
Auch ich bin glücklich, weil ich unglücklich bin, wo jene
nicht leben, weil sie über mich überhaupt keinen Schmerz
empfunden haben. 85. (??) Wenn von den Toten irgendetwas außer
ihrem Namen übrigbleibt, wenn der flüchtige Schatten dem
aufgeschichteten Scheiterhaufen entflieht, wenn mein Ruf euch, ihr
Schatten der Eltern erreicht, so, bitte ich euch --- und wenn überhaupt
die Kunde zu euren Ohren dringt --- und wenn meine Vergehen auf dem
stygischen Forum sind, so ist der Grund meiner Verbannung ein Irrtum
und nicht ein Verbrechen. 91. Den Seelen der Verstorbenen ist dies
genug, zu euch ihr eifrigen Leser kehre ich zurück, welche ihr
nach den Ereignissen meines Lebens gefragt habt. 93.
Schon war mir ein graues Haar (die graue Farbe der Haare) gekommen,
nachdem die besseren Jahre vertrieben waren, und hatte die alten Haare
vermischt; 95. Und nach (seit) meiner Geburt hatte das mit dem pisäischen
Ölzweig umwundene siegreiche Pferd den Preis (die Belohnung)
zehnmal davongetragen, als der Zorn des verletzten Kaisers befahl,
daß ich die Einwohner von Tomi, die am linken Gestade des Schwarzen
Meeres wohnten (gelegen waren) aufsuchen (suchen) solle. 99. Der allen
überaus bekannte Grund meiner Verbannung darf durch meine Aussage
<auch> nicht bezeugt werden. 101. Was soll ich berichten, den
Frevel der Begleiter und die schädlichen Diener? Vieles, nicht
geringfügiger (leichter) als die Flucht selbst, habe ich ertragen
<müssen>.
103. Der Verstand erachtete für unwürdig, den Fehlern zu
unterliegen und es war (ist) besser, daß er seine Kräfte
unbesiegbar gebrauchte (gebrauche). 105. Als ich mich sowohl vergessen
hatte, und als auch mein Leben durch die <literarische> Muse
geführt (gestaltet) hatte, ergriff ich mit ungewohnter Hand die
Waffen der Zeit [Gleichmut, Vergessenheit]. 107. Und ich habe soviele
Vorfälle (Dinge) zu Wasser und zu Land ertragen wie Sterne (Gestirne)
zwischen dem Südpol und dem Nordpol sind.
109. Von mir wurde endlich die samatische Küste, die den köchertragenden
Geten benachbart ist (mit den köchertragenden Geten verbunden
ist) erreicht, nachdem ich durch lange Irrfahrten (von langen Irrfahrten)
umhergetrieben wurde. 111. Auch wenn ich hier noch so durch die benachbarten
Waffen umschwirrt wurde, erleichtere ich mein trauriges Schicksal
durch die Dichtung, wie weit (wodurch) ich kann. 113. Obwohl es niemanden
gibt, zu dessen Ohren die Dichtung gelangen könnte (auf dessen
Ohren sich die Dichtung beziehen könnte) verschwende und verbringe
ich so dennoch den Tag.
115. Das ich lebe und den harten Anstrengungen widerstehe und das
mich nicht der Ekel des kummervollen Lebens beherrscht (packt), dafür
danke ich der Muse! (sei dir Dank Muse)! Denn du (die Muse) gewährst
(spendest) Trost, du kommst als Ruhe und Heilmittel der Sorge (für
die Sorge). 119. Du bist die Führerin und Begleiterin; du führst
mich weg von der Donau und gibst mir einen Platz mitten auf dem Helicon
(dem Berg der Musen); 121. Du gabst mir, was selten ist, zu Lebzeiten
einen berühmten Namen, den der Ruhm (Überlieferung/öffentliche
Meinung) gewöhnlich nach dem Tode gibt (pflegt zu geben). 123.
Und der blasse Neid, der gegenwärtiges verkleinert, hat nicht
irgendein Werk von uns mit dem ungerechten Zahn gebissen. 125. Denn
auch wenn unser Jahrhundert große Dichter hervorgebracht hat,
gab es kein schwaches Gerede/Ruf über meine Begabung, und wenn
ich auch viele mir voranstellte, werde ich <doch> nicht geringer
als jene bezeichnet (genannt) und werde am meisten (am häufigsten)
auf dem ganzen Erdkreis gelesen. 129. Wenn also die Prophezeiungen
der Seher etwas Wahres haben, werde ich nicht dein sein, Erde, auch
wenn ich bald sterbe (sterben werde). 131.
Wenn ich durch die Gunst oder durch die Dichtung (Gedicht) diesen
Ruhm davongetragen habe, sage ich zurecht dir, dem weißen Leser,
Dank.
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