Inflation 1918-1923
"Nie gab es mehr Millionäre, die sich für ihr Geld fast nichts kaufen konnten wie zur Zeit der Inflation in Deutschland." Die ständige Geldentwertung der Reichsmark entstand durch die Reparationszahlungen, zu welchen der Staat verpflichtet seit dem Versailler Friedensvertrag war. Aber auch die hohe Verschuldung des Staates bei den eigenen Bürgern des Mittelstandes (1913 13Milliarden, 1919 144 Milliarden) durch die riesigen Kosten des Krieges, der Ruhrkampf, die Unterstützung der Familien gefallener Soldaten und von Kriegsinvaliden, Zinsen für die Kriegsanleihen und die Hilfe für die Arbeitslosen, waren alles Auslöser der Inflation, da diese Unmengen an Geld verschlangen. Der Staat hatte kaum noch Geld zu Verfügung, nur durch die Ausgabe von neuen Banknoten konnten die Schulden zeitweise getilgt werden.1922 betrugen die Schulden des Staates 469 Milliarden Mark. Es wurde Tag und Nacht neues Geld gedruckt, da dem Geldumlauf keine Waren gegenüber standen, verlor das Papiergeld seinen Wert.
Diese Inflation nennt man Hyperinflation. Keiner wollte mehr Geld sondern Naturalien. Die Löhne stiegen mit der Inflation von einen Tag auf den anderen zum Teil um 100%. Die Löhne wurden am gleichen Tag ausgegeben, da das Geld am nächsten Tag nichts mehr Wert war. Die Arbeiter nahmen ihren Lohn in Rücksäcken oder in Wäschekörben mit nach Hause. Die Sachgüter wurden immer teurer , hierzu eine Graphik.
Viele Bürger wurden durch die Inflation arm und verloren ihr sauer erspartes Geld, dass Tag für Tag immer mehr an Wert verlor (Graphik zur Geldentwertung). Der Staat oder verschuldete Unternehmen wurden aber von ein auf den anderen Tag von ihren Schulden befreit, da nun Milliarden Mark Beträge einfach durch einen Geldschein erledigt wurden. Stinnes war zum Beispiel eine dieser Unternehmen die seine Schulden so leicht wegbrachten.
Inflation (von lateinisch: "das Sich-Aufblasen; das Aufschwellen") ist der Zustand einer Volkswirtschaft, in dem der allgemeine Preisstand steigt, also Waren und Dienstleistungen gemessen in den jeweiligen Geldeinheiten teurer werden. Anders ausgedrückt bedeutet Inflation eine Steigerung des Preisindex oder die Schwächung der Kaufkraft einer Währung.
Ursprünglich bezog sich der Begriff lediglich auf eine Ausweitung der Geldmenge, die zu einer Geldentwertung führt.
Hyperinflation ist eine Form der Inflation, in der sich das Preisniveau sehr schnell erhöht. Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition, aber eine verbreitete Daumenregel spricht von einer Hyperinflation ab monatlichen Inflationsrate von 50%. Einfach gesagt ist eine Hyperinflation eine unkontrollierbare Inflation mit extrem hoher monatlicher Rate.
Vor dem zwanzigsten Jahrhundert waren Hyperinflationen selten, da von einen gewissen Inflationsniveau an die Ökonomien zu ungeprägten Edelmetallen als Geldersatz oder zu Naturaltausch übergegangen sind. Die immer weitere Verbreitung von ungedecktem Geld ermöglichte Hyperinflationen, da Regierungen zur Deckung ihrer Ausgaben einfach größere Geldmengen druckten und in den Verkehr brachten. Eine solche Ausweitung der Geldmenge ist einer wichtigsten Faktoren, die zu einer Hyperinflation führen können.
Es gibt verschiedene geschichtliche Episoden von Hyperinflationen mit monatlichen Inflationsraten von über 200%. Beispiele sind die frühen zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland (Deutsche Inflation 1914 bis 1923), mit einer maximalen monatlichen Inflationsrate von 32 400%, Griechenland 1943/44 mit einer maximalen monatlichen Rate von 8,55 Milliarden Prozent und Ungarn 1945/46 mit einer maximalen monatlichen Rate von 4,19 * 1016%. Andere Beispiele für Hyperinflationen gab es in Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien anfangs der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts und 1985 in Bolivien.
Deutsche Inflation 1914 bis 1923
Die Hyperinflation des Jahres 1923 im Deutschen Reich hat ihre Vorgeschichte und ihre Ursachen in der Art der Finanzierung des Ersten Weltkrieges und seiner Folgen. Dies wird daran deutlich, dass die Mark mit dem Ende des Krieges 1918 bereits mehr als die Hälfte ihres Wertes (genauer: ihrer Kaufkraft im Innen- und Außenverhältnis) verloren hatte.
Die Ursachen
Das Deutsche Reich hob mit dem Beginn des Krieges im August 1914 die gesetzliche Noteneinlösungspflicht in Gold auf.
Niemand konnte mehr von den Banken verlangen, dass ihm der Gegenwert seiner Banknoten in Gold ausgezahlt werden muss. Außerdem wurden die Möglichkeiten zur Schuldenaufnahme und der Vermehrung der Geldmenge ausgeweitet. Der Plan war im Verlaufe des Krieges und getragen von der "nationalen Begeisterung" diese Geldvermehrung durch Kriegsanleihen gegenzufinanzieren. Diese Kriegsanleihen sollten nach dem "Siegfrieden" mit der "Kriegsbeute" in Form von Reparationen abgelöst werden. Unumwunden und öffentlich bekannte sich der konservative Finanzpolitiker Karl Helfferich im August 1915 in einer Sitzung des Reichstags zur Ausplünderung der Kriegsgegner: "Meine Herren, wie die Dinge liegen, bleibt also vorläufig nur der Weg, die endgültige Regelung der Kriegskosten durch das Mittel des Kredits auf die Zukunft zu verschieben, auf den Friedensschluss und auf die Friedenszeit. Und dabei möchte ich auch heute wieder betonen: Wenn Gott uns den Sieg verleiht und damit die Möglichkeit, den Frieden nach unseren Bedürfnissen und nach unseren Lebensnotwendigkeiten zu gestalten, dann wollen und dürfen wir neben allem anderen auch die Kostenfrage nicht vergessen (lebhafte Zustimmung); das sind wir der Zukunft unseres Volkes schuldig (sehr wahr!).
Die ganze künftige Lebenshaltung unseres Volkes muss, soweit es irgend möglich ist, von der ungeheuren Bürde befreit bleiben und entlastet werden, die der Krieg anwachsen lässt (sehr wahr!). Das Bleigewicht der Milliarden haben die Anstifter diese Krieges verdient (sehr richtig!); s i e mögen es durch die Jahrzehnte schleppen, nicht wir (sehr gut!)." (Das Zitat findet sich - einschließlich der bezeichenden Zwischenrufe - in den Stenographischen Berichten der Verhandlungen des Reichstags, Band 306, S. 224)
Dies mißlang je länger der Krieg dauerte umso gründlicher. Außerdem verlor das Deutsche Reich den Krieg bekanntlich, musste selber Reparationen zahlen statt welche zu bekommen.
Die Geldvermehrung über die Druckerpresse geschah während des Krieges finanzierungstechnisch gesehen in der Form von so genannten "Schatzanweisungen", die durch die Zeichnung von Kriegsanleihen durch die Bevölkerung im nachhinein finanziert werden mussten, sollten sie nicht reine Vermehrung von Geldzeichen sein.
Hier eine Tabelle dazu, aus der die immer geringere Deckung hervorgeht:
Kriegsanleihen und Schatzanweisungen (in Millionen Mark)
Kriegsanleihe
Nennbetrag der Zeichnung
Ausstehende Schatzanweisungen
Saldo
I. September 1914
4.460
2.632
+ 1.832
II. März 1914
9.
060
7.209
+ 1.851
III. September 1915
12.101
9.691
+ 2.
410
IV. März 1916
10.712
10.388
+ 324
V. September 1916
10.652
12.
766
- 2.114
VI. März 1917
13.122
14.855
- 1.733
VII.
September 1917
12.626
27.204
- 14.578
VII. März 1918
15.001
38.
971
- 23.970
IX. September 1918
10.443
49.414
- 38.971
Quelle: Konrad Roessler: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg, Berlin 1967, S.
79, Tabelle 5
Gleichzeitig nahm die Menge der Lebensmittel (Nahrung, Bekleidung, Heizstoffe usw.) für den Verbrauch im Inland mit der Dauer des Krieges ab. Außerdem wurden erhebliche Mittel für die Unterhaltung der Armee gebraucht. Die für den Konsum verfügbaren Geldmittel nahmen nicht im gleichen Maße ab. Die Preise stiegen.
Um Unruhen zu vermeiden, wurden die Löhne der Preisentwicklung angepasst, wenn auch mit deutlicher Verspätung.
Und um die Vermögenden nicht aufzubringen, wurden die Steuern nicht angemessen angehoben. Trotzdem bekam nur ein kleiner Kreis von besonders Reichen die allgemeine Verarmung, bedingt durch Güterknappheit und Teuerung, nicht zu spüren. (Vgl. dazu auch ausführlicher den Beitrag Sozial- und Wirtschaftsgeschichte im Ersten Weltkrieg.)
Damit war der Keim der Inflation gelegt. Im November 1918 überstiegen die Schulden des Reiches mit ca.
150 Milliarden Mark das Volkseinkommen des Jahres 1919 von geschätzten 142 Milliarden Mark. Weil der Krieg verloren wurde, konnte das Deutsche Reich die Kriegslasten nicht auf andere Staaten abschieben.
Zur Übersicht über den Verfall des Wertes der deutschen Währung eine Tabelle:
Jeweilige Verzehnfachung des Dollarkurses seit Kriegausbruch
1 Goldmark = Papiermark
Datum
Dollarkurs in Mark
Zeitraum
1
Juli 1914
4,20
k. W.
10
Januar 1920
41,98
5 1/2 Jahre
100
3. Juli 1922
420,00
2 1/2 Jahre
1.
000
21. Oktober 1922
4.430,00
108 Tage
10.000
31. Januar 1923
49.000,00
101 Tage
100.
000
24. Juli 1923
414.000,00
174 Tage
1.000.000
8. August 1923
4.
860.000,00
13 Tage
10.000.000
7. September 1923
53.000.
000,00
30 Tage
100.000.000
3. Oktober 1923
440.000.000,00
26 Tage
1.
000.000.000
11. Oktober 1923
5.060.000.
000,00
8 Tage
10.000.000.000
22. Oktober 1923
40.000.
000.000,00
11 Tage
100.000.000.000
3. November 1923
420.
000.000.000,00
11 Tage
1.000.000.000.
000
20. November 1923
4.200.000.000.000,00
17 Tage
Quelle: Hermann Bente, Die deutsche Währungspolitik von 1914 - 1924, in: Weltwirtschaftliches Archiv, 25 (1926)1, S.
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Ursachen:
Kosten für die Kriegführung von 1,2 Milliarden Mark monatlich 1914 bis 5 Milliarden 1918 monatlich.
Finanzierung des Krieges durch "außerplanmäßige Einnahmen":
- Anleihen bei Unternehmen und Bürgern (insges. 96,4 Milliarden Mark)
- Neudruck von Papiergeld (neben der durch Golddeckung abgesicherten Goldmark) unter inflationärer Minderbewertung der Mark im Ausland (umlaufende Geldmenge 1917 das Achtfache des Jahres 1914)
Tabelle 1:
Mark und Goldmark im Verhältnis zu Schweizer Franken und Papiermark
100 Mark
100 Goldmk
1914
122,60 SFr
101,9 Papiermark
1918
68,50 SFr
208,3 Papiermark
1919
1080,5 Papiermark
Weiteres Fortschreiten der Inflation durch Kriegsfolgekosten:
Schuldendienst für die aufgenommenen Kriegsanleihen.
Reparationsleistungen in Geld (in Goldmark) und Sachleistungen (vor allem Ruhrkohle nach Frankreich)
Leistungen für die Rückführung und Entlassung des Heeres, für die Kriegsopferversorgung, für die Erwerbslosen- und Flüchtlingsfürsorge, für Wohnungsbeschaffung, Lebensmittelimporte sowie Kosten für die Besatzungstruppen in den linksrheinischen Gebieten.
Fehlende Einnahmen durch hohe Arbeitslosigkeit und alliierte Exportbeschränkungen (Schutzzölle).
Folge: permanentes Defizit im Staatshaushalt von 1918 bis 1923
Weiterer Inflationsschub: Ruhrkampf (passiver Widerstand bei der frz.
/belg. Besetzung des Ruhrgebiets)
Unterstützung des passiven Widerstandes im Ruhrgebiet
Ankauf von Kohle
Ausfall von Steuern und Zöllen aus dem wichtigsten Industriegebiet des Reiches
Den Einnahmen des Staates im Rechnungsjahr 1923/24 von 1,2 Milliarden "Kaufkraft-Mark" (Umrechnung der Papiermark in eine gedachte Währung, die sich an der tatsächlichen Kaufkraft orientiert) standen Ausgaben von 12,9 Milliarden "Kaufkraft-Mark" gegenüber; das entsprach einem Defizit von 11,7 Milliarden, die Summe des Defizits seit 1920 betrug fast 32 Milliarden "Kaufkraft-Mark" (bei 14 Milliarden Einnahmen).
Maßnahme der Regierung: vermehrter Druck von Papiergeld
Tabelle 2: Wert einer Goldmark in Papiermark im Monatsdurchschnitt
Dezember 1914
1,019
Dezember 1922
1.750,866
Juli 1923
262.034
5.10.
1923
142.927.853
31.10.1923
17.270.
448.905
20.11.1923
1.000.494.
971.000
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