Die eiserne front
Die Entstehung
Die Eisernen Front war eine linksgerichtete
paramilitärische Gruppe. Es handelte sich dabei um eine durch den am 22.November 1931
zusammengetretenen Bundesrat des Reichsbanners begonnene Initiative zur Schaffung eines
großen antifaschistischen Abwehrkartells unter dem Motto Wir schaffen die Eiserne
Front... Der Front der Staatsfeinde muß die Eiserne Front der staatstreuen Bürger
entgegengestellt werden.
"Hierzu wurden die republikanischen Parteien und
Gewerkschaftern aller Richtungen, trotz der verschiedenen Auffassungen, aufgerufen um
gegen den Nationalsozialismus und für die Rettung der demokratischen Republik zu
kämpfen.
Nach der Wahlkatastrophe vom 14.September
1930 wurden die ersten Rufe nach einem Zusammenschluß laut, jedoch erholte man sich bald
wieder vom Nazischrecken". Erst der spektakuläre Zusammenschluß der nationalen
Opposition" und das Ergebnis der hessischen Landtagswahlen in denen die 1927 noch
nicht vertretene NSDAP zur stärksten Fraktion wurde,
sowie die Entdeckung der Boxheimer
Dokumente scheuchte die Linke aus ihrer Ruhe auf.
Aus dieser politisch-psychologischen
Situation heraus entstand relativ spontan die Eiserne Front
Am 16. Dezember entschieden sich Vertreter
des AGDB, der SPD, der Arbeitersportler, des Afa-Bundes und des Reichsbanners auf einer
Konferenz für die Bildung des Abwehrkartells Eiserne Front Man versuchte anfangs den
politischen Rahmen zu weit spannen um möglichst viele Verbündete für sich gewinnen.
An
dieser Konzeption hielt sich auch der hannoversche Volkswille" und bezeichnete
in seiner Ausgabe vom 22. Dezember 1931 die Eiserne Front als Abwehrreaktion
sämtlicher republikanischer Parteien, Bünde, Gewerkschaften, und Vereine" und
erwähnte ausdrücklich fünf Staffeln, die Bewegung tragen sollten: Reichsbanner, die
freien, christlichen und Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften, die Arbeitersportler, den
Reichsbund der Kriegsgeschädigten, und das Kartell republikanischer Verbände. Leider
eilte der Kommentar den Tatsachen voraus. Er beruhte auf Indiskretion (angeblich
Schützingers) und spiegelte nur Überlegungen einiger Gründer wider, es hatten bis zu
diesem Zeitpunkt noch keine Verhandlungen stattgefunden. Es kam zu einer peinlichen
Situation für die Eiserne Front als diese eine demonstrative Abfuhr von fast allen
nichtsozialdemokratischen Gruppen erhielt.
Wenig überraschend kam die Absage des
Zentrums aber auch die Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften und der Deutsche Beamtenbund
verschlossen sich einer gemeinsamen antifaschistischen Bewegung.
Unerwartet kam die Absage
der christlichen Gewerkschaften auf deren Teilnahme man sich verschiedentlich erhofft
hatte.
Aber auch nach den ersten schroffen Absagen
steckte man vorerst nicht den genauen politischen Rahmen der Eisernen Front ab, weil man
hoffte evtl. noch weitere Verbündete" zu bekommen, dies führte u.a. zu
Verwirrungen, da niemand genau wußte wer der Organisation angehörte. Später schlossen
sich noch einige Landesverbände wie z.
B. die Staatspartei in Mecklenburg an, die
eigentlich schon früher beitreten wollten, nur nach den Absagen der
nichtsozialdemokratischen Organisation fürchteten ein Anhängsel der SPD zu werden. Die
Bezirksleiter wurden weiter zu Verhandlungen mit anderen Organisationen aufgerufen was
nicht verhinderte, daß die Bewegung zwangsläufig zu einer roten" Organisation
wurde.
Trotzdem herrschte im Februar 1932 immer
noch Unklarheit ob und inwieweit nichtsozialdemokratische Verbände einbezogen werden
sollten.
Die Ziele und
Aufgaben
Diese Organisation war ursprünglich als
Kampf- und Agitationsinstrument für die harten politischen Auseinandersetzungen im
Frühjahr 1932 gedacht. Man versuchte zu betonen, daß es sich um eine staatspolitische"
und nicht um eine parteipolitische" Bindung handele, was man mit Parolen wie
Eiserne Front - nationale Front" oder Nichts für uns- alles für
Deutschland" darstellen wollte.
In nichtsozialdemokratischen Kreisen sah man in der
Bewegung allerdings nicht mehr als eine parteipolitische Sache. Es wurde deshalb versucht
den sozialdemokratischen Charakter, der den Aktionsradius der Partei erheblich
einschränkte, so wenig wie möglich hervortreten zu lassen. Die versuchte man unter
anderen dadurch daß man eine bürgerliche Parallelbewegung, die Republikanische
Aktion" unterstützte. Diese Organisation verschwand jedoch nach kurzer Zeit wieder
in der Versenkung. Ü Die Eiserne Front blieb also eine rote Front".
Die Organisation der
Eisernen Front
Der Reichsbanner besaß die Leitung über
einen zentralen Abwehrausschuß zur Koordination der auf regionaler Ebene (teilweise schon
im Dezember 1931) entstandenen Aktionsausschüsse, die den Grundstock der Kampfleitung
bildeten.
Die Kampfleitungen konstituierte sich im Januar und Februar 1932 in den meisten
Orten, ihnen waren später auch häufig Ausschüsse der Jungen Front"
(Dachverband der partei- und gewerkschaftsnahen Jugendverbände) zugeordnet. Dem
Reichsbanner unterlag auch die technische Führung, die gesamtpolitische Führung lag
jedoch bei der SPD. Der Oberste Befehlshaber" der Eisernen Front war Otto Wels
als Repräsentant des Parteivorstandes. Die Reichskampfleitung der Eisernen Front schlug
(ein symbolischer Vorgang) ihr Hauptquartier nicht im Berliner Reichsbannerbüro auf,
sondern in der Lindenstraße 3, dem Sitz der sozialdemokratischen Parteileitung. Die
Vorrangstellung der Partei war jedoch nicht geplant gewesen. In Pressekommentaren wurde
anfangs der Reichsbanner als verantwortlicher Träger und Führer" bezeichnet.
Ihm unterlag auch die Führung des Abwehrausschusses". Jedoch forderten
Gewerkschaften und Arbeitersportler man solle der SPD sowohl Reichskampfleitung wie
auch in den Bezirken und Mitgliedschaften im Lande die Führung überlassen" mit der
Begründung, daß die Eiserne Front vorerst primär politische Aufgaben zu erfüllen habe.
(1. Juli 1932)
Diese Forderung schloß eine Beteiligung
nichtsozialdemokratischer Gruppierungen aus, da diese allenfalls eine Führung des
Reichsbanners aber nicht der SPD akzeptiert hätten. Damit wurde der politische Rahmen der
Eisernen Front festgelegt, Es liegt auch die Vermutung nahe, daß es Kreise gab in dem
eine rote Front" erstrebt wurde.
Die
Propagandamethoden
Als propagandistischer Chefberater der
Eisernen Front fungierte lange Zeit der Exilrusse Sergei Tschachotin, Professor der
Psychologie.
Tschachotin hatte bereits Erfahrung als Propagandafachmann während der
russischen Revolution gesammelt und ein eigenes wissenschaftliches"
Propagandasystem entwickelt:
Wichtig ist vor allem, Macht und Stärke zu
demonstrieren, um Gegner und unschlüssig Schwankende systematisch einzuschüchtern.
Es müssen immer wieder die gleichen
Symbole gezeigt und die gleichen kurzen, einprägsamen Parolen den Massen eingehämmert
werden.
Bei den politischen Entscheidungen der
Massen spielt das Gefühlsmäßige die ausschlaggebend Rolle.
Die SPD rechnet nur mit dem Bereich des
Logischen und Vernunftmäßigen im Menschen und unterschätzt völlig die Wichtigkeit von
Stimmung und die Kraft des emotionalen Impulses.
Ü In gewaltigen Massenaufmärschen, die
nach einem überlegten Plan alle menschlichen Triebe, Mitleid und Furcht, Angst und
Erotik, ansprechen sollten, vereinte er in wohldosierter Mischung Frauen und Kinder,
Kriegsopfer und Arbeitslose mit Hammerschaften und uniformierten Abteilungen des
Reichsbanners. Das Ziel dieser Aufmärsche war es der Öffentlichkeit die geballte Kraft
der Arbeiterklasse vor Augen zu halten und den nationalsozialistischen psychologischen
Terror durch psychologischen Gegenterror zu brechen.
Desweiteren traten an die Stelle der
langen, langweilig-trockenen Referate, die sich bei sozialdemokratischen Veranstaltungen
eingebürgert hatten, kurze pathetische-expressionistisch Reden. Es kam zu
Aufpeitschdialogen zwischen Sprecher und Masse, die in kurzen Abständen immer wieder zu
kollektiven Willensäußerungen provoziert wurden.
Eine weitere Neuerung war die Einführung
der drei Pfeile" ( auch Freiheitspfeile") als Symbol der Eisernen
Front. Weitere Propagandaoffensiven waren die sogenannten Rüstwochen" in denen
alle Antifaschisten aufgefordert wurden sich in Eiserne Bücher" einzutragen,
was nicht besonders erfolgreich war oder die Jagd auf Hakenkreuze". Das Ziel
dieser Aktion war die Vernichtung oder Verunglimpfung des Hakenkreuzsymbols. Dies geschah
unter anderem durch Kreidestriche (Kreidekrieg").
Die Ortsgruppen erhielten
Anleitungen wie man die Hakenkreuze, die Nazis an Mauern geschmiert hatten, durch ein paar
Striche zu einer Hitlerfratze verwandeln und durch die drei Pfeile" vernichten
konnte. Eine weitere Methode war die Behauptungen das Hakenkreuz sei ein indianisches
Homosexuellenzeichen" (dies war eine Anspielung auf Hauptmann Röhms Homosexualität)
und werde bei primitiven Völkern als Viehbrandstempel verwandt.
Der Reichstagswahlkampf 1932 stand
daraufhin ganz im Zeichen der drei Pfeile", die sich in der breiten
Öffentlichkeit zum Symbol des verzweifelten Abwehrkampfes" um die Republik
entwickelten. Das Symbol erschien auf den Titelseiten von sozialdemokratischen Zeitungen,
als Abzeichen, auf Fahnen und von vielen Gewerkschaftshäusern glühten drei riesige
Pfeile aus elektrischen Birnen. Die Eiserne Front entwickelte eine neue, modernere Methode
der Hitlerbewegung zu begegnen. Diese Methode bestand darin, gegen Stimmungen, Erregungen
und Leidenschaft ebensolche Stimmungen, Erregungen und Leidenschaften zu mobilisieren -
also den Feind mit den eigenen Waffen zu schlagen.
Diese Taktik erwies sich als weitaus
effektiver als die Maßnahmen der SPD, die nach ihrem Wahlsieg vom September 1930 überall
Ausbildungskurse für jüngere Parteimitglieder einrichtete, um sie in der
ideologischen Überwindung des Faschismus" zu schulen. Es wurde also versucht Stimmung
und Erregungen" mit Beweisgründen" zu widerlegen d.h. den Faschismus
durch rationelle Überlegungen zu entkräften. Diese Methoden wurden vor allem in
jüngeren Parteikreisen als kläglich", langweilig" oder doktrinär"
bezeichnet.
Jedoch stießen die neuen Methoden der
Eisernen Front nicht auf Gegenliebe und wurde im März 1932 gestoppt.
Dies gelang
Hörsing, den Leiter der Opposition mit dem Argument diese Art der Propaganda sei zu
gefährlich" und könne der Polizei nicht genehm" sein.
Die ersten Probleme mit der SPD Führung
begangen sich zu entwickeln und wurden auch nicht durch eine Zustimmung der Parteileitung
zu den drei Pfeilen" und der neuen Propaganda. Eine von Tschachotin und
Mierendorff als Anweisung für die Funktionäre im Lande verfaßte Broschüre Grundlagen
und Formen politischer Propaganda" mußte wieder eingestampft werde, da der
Parteivorstand plötzlich mit dem etwas seltsamen Behauptung auftrat, die Nazis würden
daraus lernen. Der Versuch Reformen in der Parteiführung durchzusetzen scheiterte.
Die Mittel
Die taktische Konzeption der Eisernen Front
beruhte auf der Vorstellung, durch eine enge Zusammenarbeit von Reichsbanner und
Gewerkschaften, durch eine zweckmäßige Kombination wirtschaftlicher und militärischer"
Mittel die Abwehrmöglichkeiten der Linken zu verbessern. Es entstanden also zur
Ergänzung der Reichsbanner-Schufo sog.
Hammerschaften, die auf Betriebsebene oder nach
Berufsgruppen organisiert wurden, und eine Sollstärke von ca. 100 Mann besaßen. Von
ihnen wurde eine Vorbereitung des Generalstreiks erwartet, damit im Notfall zusammen mit
der Schufo eine gewaltsame Stillegung der Betriebe erzwungen werden konnte. Die
Gewerkschaften allerdings haben diese Organisationen nie ernstlich betrieben (bis auf
wenige Ausnahmen) und sie auch nicht zu Kampfgruppen ausgebildet. Sie dienten primär als
Agitationsgruppen zur Gewinnung neuer Mitglieder oder als Marsch- und
Demonstrationsgruppen die bei Kundgebungen in Erscheinung traten. Dies hatte zur Folge,
daß Umfassende Vorkehrung für einen Generalstreik in einer Bürgerkriegssituation, die
ein Zusammenspiel von Gewerkschaften und Reischbanner erforderlich gemacht hätten,
niemals getroffen worden sind.
Die Eiserne Front scheiterte in ihrer Aufgabe, alle in der
Arbeiterbewegung vorhandene Abwehrenergien wirksam zu koordinieren. Was also nach außen
als eine einheitliche Front auftrat war nicht mehr als ein lockeres Einvernehmen
organisatorisch selbständigere Verbände, die hin und wieder zu Sondierungsgespräche
zusammentrafen. Der Reichskampfleitung fehlte eine wirkliche Entscheidungsbefungis und
jede Exekutivgewalt". Es gelang zu keiner Zeit, die Eisernen Front zu einer
festen Organisation mit eigenen Exekutivgewalten und Finanzaufkommen zu entwickeln. Man
sah in der Eisernen Front eine Trägerin der gemeinsamen Propaganda, war jedoch nicht
bereit ihr wirkliche Kompetenzen einzuräumen. Diese Zusammenhänge blieben jedoch den
Massen verborgen.
Man drohte mit dem Generalstreik, und erklärte bedeutungsvoll, die
Eisernen Front werde nicht reden sondern handeln, was sich auch in der Parole Heute
rufen wir- morgen schlagen wir" ausdrückte. Um so tiefer war natürlich die
Enttäuschung als dann in der Stunde der Entscheidung allen Widerstandsbekennungen zum
trotz nichts geschah.
Warum geschah nichts? Die Gründe waren
unter anderen, daß durch die Massenarbeitslosigkeit der Generalstreik, ihre stärkste
Waffe ihre Kraft verloren hatte. Desweiteren hatte man nie richtig mit einem Kampf
gerechnet, was die Lücken in der regionalen Organisation erklärt. Ein weiterer Grund war
sicherlich auch die Selbstüberschätzung der eigenen Macht.
Das Ende
Das Ende Der Eisernen Front begann mit den
Reichstagswahlen von 5.
März 1932. Bei einer Rekordwahlbeteiligung von 88,7% erhielten
die Nazis 43,9% der Stimmen. Durch eine Koalition mit der DNVP (8%) und durch eine
Annullierung der Stimmen der KPD (81 Mandate) stärkte die NSDAP ihre Position im
Reichstag. Theoretisch war also eine tragfähige Mehrheit für eine parlamentarische
Regierung zustandegekommen, aber Hitler, Papen und Hugenburg waren daran nicht
interessiert, sondern nur noch an einem letztem legal erscheinenden Schritt zur Errichtung
einer nationalen" Diktatur durch das Ermächtigungsgesetz". Mit der
erforderlichen Zweidrittelmehrheit, zustandegekommen durch die Stimmen der NSDAP, DNVP,
des Zentrums, der Deutschen Staatspartei und der Bayerischen Volkspartei, verabschiedete
der Reichstag am 23.März 1933 das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und
Reich", das einige Tage später in Kraft trat.
Danach war Hitler ermächtigt, vier
Jahre lang ohne Mitwirkung des Reichstages und des Reichsrates und ohne Gegenzeichnung
durch den Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. Die Hitler besaß nun die Macht im
Deutschen Reich. Organisationen wie das Reichsbanner oder die Eiserne Front wurden
länderweise verboten. Ihre Sympathisanten wurden daraufhin in das neu eingerichtete
Konzentrationslager Dachau gebracht wurden.
Am 2. Mai wurden die Führer der
Gewerkschaften inhaftiert und die Gewerkschaftshäuser beschlagnahmt.
Durch das Verbot der
Gewerkschaften wird auch die Eiserne Front zerschlagen.
Quellen
Das Reichsbanner Schwarz Rot Gold (Ein
Beitrag zur Geschichte und Struktur der politischen Kampfverbände zur Zeit der Weimarer
Republik) von Karl Rohe
Der Weg in die Katastrophe
Deutsche Geschichte herausgegeben von
Martin Vogt
Illustrierte Deutsche Geschichte : Vom
Werden einer Nation, herausgegeben von H.J. Friedrichs
dtv-Atlas zur Weltgeschichte Band 2
Die Deutsche Geschichte Band 19 von
Rüdiger Proske
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