Der deutsche widerstand 1933 - 1945
Vorbemerkung
Lange Zeit wurde übersehen, daß die
deutsche Widerstandsbewegung sehr viel größer war als der Kreis, der hinter dem Attentat
vom 20. Juli 1944 stand. Eine erste Vorstellung von ihrem Umfang vermittelte die 1953 von
Günther Weisdorn herausgegebene Dokumentation Der Lautlose Aufstand".
In meinem Referat, einem begrenzten Raum
also kann ich nur versuchen einen allgemeinen Überblick zu geben. Die Auswahl meiner
Beispiele ist subjektiv. Jede erwähnte Gruppe steht für viele andere, für jeden Namen
könnten 100 andere genannt werden.
Widerstand - Versuch einer Definition
Eine Widerstandsbewegung ist die aktive
Auflehnung gegen ein Regime, das als unrechtmäßig, tyrannisch oder als vom Ausland
aufgezwungen empfunden wird, auch gegen die Fremdherrschaft in besetzten oder annektierten
Gebieten, insbesondere die geheime Umsturzbewegung in totalitären Staaten, die die
freiheitliche Selbstbestimmung eines Volkes erstrebt.
Die Teilnahme an einer Widerstandsbewegung
erscheint den Widerstandskämpfern unter Berufung auf das Widerstandsrecht ethisch
gerechtfertigt, während die in der Legalität stehenden Machthaber sie als Hoch- und
Landesverrat verfolgen.
Das Widerstandsrecht ist das
überstaatliche Grundrecht des einzelnen, sich offenkundig verfassungswidrigen oder gegen
das Sittengesetz verstoßenden Eingriffen der Staatsgewalt zu widersetzen, wenn die
Ausübung des Widerstandsrechts nach den Umständen des Falles das einzige Mittel ist, das
Aussicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechts bietet.
Das GG der BRD beinhaltet indirekt das
Widerstandsrecht für die Erhaltung der Demokratie: Der Artikel 20 Absatz 4 besagt
nämlich: Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung"(die demokratische)
zu beseitigen, haben alle Deutsche das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe
nicht möglich ist."
Doch nicht nur juristisch ist der
Staatsstreich mit der letzten Konsequenz der Tötung Hitlers - um zum eigentlichen Thema
zu kommen - zu rechtfertigen, sondern auch aus der christlichen Sicht:
Der katholische Moraltheologe Prof. Rupert
Angermair formulierte das so: Wer nach einer vernünftigerweise überhaupt
möglichen und persönlich ehrlichen inneren Überzeugung handelt begeht nach der
christlichen Moraltheologie niemals Sünde.
" Er belegt dies anhand eines Zitates aus
der Bibel: Wer aber Zweifel hat, wenn er etwas ißt, der ist gerichtet, weil er
nicht aus der Überzeugung des Glaubens handelt. Alles was nicht aus Glauben geschieht ist
Sünde." (Röm. 14,23)
Allgemeine Darstellung des "Deutschen Widerstandes" im
historischen Kontext
Zu keiner Zeit hat das Deutsche Volk, - wie
es allzu oft heißt -, geschlossen hinter Hitler gestanden. Schon vor Hitlers Ernennung
zum Reichskanzler durch Hindenburg haben sich Widerstandsgruppierungen gegen ihn und seine
Partei gebildet. Im Sommer 1932 wurde auf Anweisung der SPD - Führung für den Fall, daß
der legale Apparat von Weimar nicht mehr arbeiten könne, in Leipzig, Hamburg, Magdeburg
und Hannover Gruppen der zuverlässigsten und aktivsten Funktionäre gebildet.
Diese
warteten auch am 30. Januar 1933, am Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, auf den
Befehl zum Kampf. Vergeblich. Auch hatten sich spontane Demonstrationen gegen seine
Ernennung zum Reichskanzler in mehreren Städten gebildet. Gewerkschaftler waren
entsprechend den Anweisungen zu einem Generalstreik bereit. Doch weder die SPD - Führung
noch der Allgemeine Deutsche Gewerkschafts - Bund waren in der Lage den Startschuß zu
geben.
Sie glaubten nicht an einen Erfolg, denn in der Zeit der Arbeitslosigkeit ist
ein Streik keine wirksame Waffe".
Das Ende der Parteien - außer der NSDAP -,
als legale Oppositionen war vorprogrammiert: Als Hitler am 23. März 1933 vom Reichstag
die Zustimmung zum sogenannten Ermächtigungsgesetz" forderte, durch das er die
Vollmacht erhielt, Gesetze ohne Zustimmung der Volksvertretung und ohne Berücksichtigung
von Verfassungsbestimmungen zu erlassen, stimmten nur die noch 94 freien anwesenden
Abgeordneten der SPD gegen diese Selbstentmachtung des Parlaments. Am 17. Mai hatte Hitler
dann die volle Zustimmung zu seinem Ermächtigungsgesetz. Diese volle Zustimmung ist als
letzte Hoffnung der Parteien zu verstehen, nicht in die Illegalität abgedrängt zu
werden.
Doch bis zum 5. Juli lösten sich dann die Parteien unter mehr oder weniger
starkem Druck der NSDAP auf.
Von nun an hatte Hitler freie Hand seine
Diktatur zu errichten: Am 31. März wurde durch das Gleichschaltungsgesetz" die
Selbständigkeit der Länder aufgehoben und die Landtage aufgelöst. Am 27. April begann
der Aufbau der Geheimen Staatspolizei.
Am 2.5. wurden die Gewerkschaften durch Verhaftung
ihrer Funktionäre und die Besetzung ihrer Gewerkschaftshäuser durch SA und SS
gleichgeschaltet. Am 14. Juli wurde per Gesetz die Neugründung von Parteien verboten.
Jede oppositionelle Tätigkeit, jede kritische Äußerung gegen das Regime wurde von nun
an als staatsfeindlicher Akt" streng bestraft.
Der Totalitäre Staat war somit errichtet.
Die Basis des Deutschen Widerstandes gegen
das Hitler - Regime war eine weitverbreitete Überzeugungsgegnerschaft, die nach
Ausschaltung aller legalen Oppositionsmöglichkeiten einen anderen Durchbruchsweg suchte.
Diese innere Opposition fand sich insbesondere in den staatstragenden Schichten der
Weimarer Republik, unter Gemeindemitgliedern und Geistlichen beider christlichen
Bekenntnisse, bis zu den Kirchenführern hinauf, bei den Protestanten von der Bekennenden
Kirche gestützt. Andere Oppositionelle waren überzeugt, daß der Krieg eine Katastrophe
für Deutschland werden müsse, und wollten den Zusammenbruch vermeiden oder abschwächen
(führende Persönlichkeiten der Wehrmacht und der Konservativen auch einzelne
Nationalsozialisten). Die deutschen Kommunisten waren seit 1933 in der Untergrundbewegung.
Die Opposition richtete sich insbesondere
gegen das Führerprinzip, die Gleichschaltung in Verfassung Verwaltung und in allen
Organisationen, gegen das Einparteiensystem, die Unterdrückung aller Andersdenkenden, die
Behinderung der Kirchen, die Vergewaltigung des Rechts, vor allem die verbrecherische
Verfolgung der Juden und anderer rassischer Minderheiten, die Liquidierung"
politischer Gegner ohne Gesetz und Urteil, die Vernichtung lebensunwerten
Lebens", die Korruption innerhalb der Parteiführerschaft, die Expansionspolitik,
Hitlers Eingriffe in die militärische Kriegführung seit 1941, die Terrorisierung der
Zivilbevölkerung besetzter Gebiete und sinnlose Weiterführung des Aussichtslos
gewordenen Krieges.
Innerhalb der Kreise und Gruppen der
aktiven Widerstandsbewegung herrschten unterschiedliche Beweggründe und Ziele,
entsprechend ihrer politischen Einstellung. Mehrere Widerstandsgruppen kamen aus den
Gewerkschaften und der Sozialdemokratie. Der Kreisauer Kreis faßte besonders jüngere
Kräfte aus verschiedenen Lagern zusammen und schuf dadurch Querverbindungen zu
Konservativen und Sozialisten. Die Gruppe der Weißen Rose" (Kurt Huber /
Geschwister Scholl) entfaltete aus christlichem Ethos eine intensive Agitationstätigkeit.
Der Solf Kreis" unterhielt Beziehungen besonders in die Schweiz. Die rote
Kapelle" umfaßte besonders linksgerichtete Intellektuelle und Kommunisten; ein
äußerer Kreis" stand in Verbindung mit der Sowjetunion.
Klarheit bestand unter den
Widerstandsgruppen darüber, daß ein Sturz des Hitlerregimes nur unter entscheidender
Teilnahme der Wehrmacht möglich sei. Der Plan, 1938 während der Sudetenkrise einen
militärischen Staatsstreich durchzuführen, kam infolge des Münchner Abkommens nicht zur
Durchführung. Auch die Absicht, Hitlers Westoffensive durch eine Erhebung zu verhindern
(Spätherbst 1939), wurde aufgegeben. Versuche mit westlichen Staatsmännern Fühlung
aufzunehmen, um Bedingungen für die Behandlung Deutschlands im Falle des Umsturzes
festzulegen, stießen bei diesen auf vorsichtige Zurückhaltung. Mehrere Attentatspläne
gegen Hitler nach dem Fall Stalingrads scheiterten bereits in der Vorbereitung.
Der Aufstandsversuch vom 20.
Juli 1944
sollte nach vorübergehender Militärdiktatur ein auf Recht und Freiheit gegründetes
Staatssystem wiederherstellen. Als Staatsoberhaupt war Generaloberst Beck, als
Reichskanzler Dr. Goerdeler, als Chef der Wehrmacht Generalfeldmarschall von Witzleben
vorgesehen. Über die Grundsätze der inneren Neuordnung Deutschlands im einzelnen
bestanden keine einheitlichen Vorstellungen. Die einen erstrebten den Ständestaat, andere
eine sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung mit starker Stellung der geplanten
Einheitsgewerkschaft. Außenpolitisch hoffte man trotz der fehlenden Zusagen, mit den
Westmächten gegen Räumung aller besetzten Gebiete und andere Zugeständnisse zu einem
Einvernehmen zu kommen, das die Reichseinheit und die Reichsgrenzen sichern würde.
Bei dem Attentat des Grafen Claus Schenk
von Stauffenberg am 20. Juli 1944 kam Hitler mit geringen Verletzungen davon. Die in der
Annahme, Hitler sei tot, in Berlin ergriffenen Maßnahmen scheiterten, da das
Wachbataillon gegen die Aufständischen Stellung nahm, nachdem es sich erwiesen hatte, das
Hitler am Leben war.
Ein Zitat aus Hitlers Rede, die er in der
Nacht nach dem Attentat über alle deutschen Sender hielt: Eine ganz kleine Clique
ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich verbrecherischer dummer Offiziere hat ein Komplott
geschmiedet, um mich zu beseitigen und zugleich mit mir den Stab der Deutschen
Wehrmachtsführung auszurotten...
Der Kreis, den diese Usurpatoren (= jdm. der
widerrechtlich die Macht ergreift) darstellen ist ein denkbar kleiner. Er hat mit der
deutschen Wehrmacht und vor allem mit dem Deutschen Heer nichts zu tun. Es ist ein ganz
kleiner Klüngel verbrecherischer Elemente, die jetzt unbarmherzig ausgerottet
werden." Und so geschah es dann auch: Die militärischen Führer des Aufstandes im
OKW (=Oberkommando der Wehrmacht) - Gebäude endeten durch Selbstmord oder wurden
standrechtlich erschossen. Das nationalsozialistische Regime ergriff umfassende
Gegenmaßnahmen, in die Tausende verwickelt wurden; die militärischen Führer der
Widerstandsbewegung wurden aus der Wehrmacht ausgestoßen, die meisten vom
Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet, ebenso die führenden Teilnehmer
aus dem zivilen Bereich; die noch nicht Abgeurteilten wurden, zum Teil in den letzten
Tagen der Kapitulation, in Konzentrationslagern oder in Gefängnissen ermordet.
Die genaue
Zahl der Opfer kann nicht erfaßt werden.
In den von der deutschen Wehrmacht während
des zweiten Weltkrieges besetzten Ländern bildeten sich nach und nach Widerstandsgruppen,
die zunehmend den deutschen Militärapparat bekämpften. Besondere militärische
Maßnahmen gegen Partisanenverbände (= Verbände bewaffneter Widerstandskämpfer im
feindlichen Hinterland) wurden in den besetzen Gebieten der Sowjetunion, in Jugoslawien,
bei Aufständen in Warschau und in der Slowakei ergriffen, aber auch in anderen Ländern
entfaltete die Widerstandsbewegung ihre Tätigkeit (Résistance (= Widerstandsbewegung in
Frankreich), Resistenza (= Widerstandsbewegung in Italien), E. A. M. in Griechenland (=
Abk.
für Ellinikon Apeleftherotikon Metopon -[griech. für Griechische
Befreiungsfront"], die während der deutschen Besetzung aus linksgerichteten Kreisen
entstandene Widerstandsbewegung. Nach 1944 wurde sie eine kommunistische Bewegung, die E.
L. A. S.
[griech. Griechische Volksbefreiungsarmee])).
Widerstandsbewegungen
im Einzelnen:
Widerstand aus der Arbeiterbewegung
Roter Stoßtrupp"
Der Rote Stoßtrupp bestand aus jungen
Arbeitern, Angestellten und Studenten. Sie gaben ein gleichnamiges Blatt heraus, daß
Informationen zusammenfaßte, die vom NS-Regime unterdrückt oder verfälscht wurden.
Unter anderem verfolgte man dadurch das Ziel zu verhindern, daß im Ausland der Eindruck
entsteht es gäbe in Deutschland nur noch Nazis. In Privatwohnungen von Berlin wurde das
Blatt mit Auflagen bis zu 250 Exemplaren vervielfältigt.
Die Hefte gingen in fast alle
Teile des Reichs, wo der Inhalt wiederum vervielfältigt wurde. Andere Tätigkeiten des
Roten Stoßtrupps waren, daß die Gruppe politisch Verfolgten Unterschlupf gewährten und
ihnen mit gefälschten Papieren das Entkommen über die Grenze ermöglichte. Die Gruppe
sammelte für Familien politisch gefangener oder Hingerichteten. Verfälschte oder
entfernte Plakate vom NS-Regime. All diese Tätigkeiten geschahen unter ständiger
Androhung von Einweisung ins KZ oder Verurteilung zum Tode wegen Hochverrats.
Neu Beginnen"
Schon 1929 wurde die Gruppe Neu Beginnen
unter dem damaligen Pseudonym Miles" von Walter Löwenheim gegründet und
konnte ihre Tätigkeit noch nach der Machtergreifung bis 1938 weiterführen.
Sie faßte
junge Kommunisten und Sozialdemokraten zusammen, die das Versagen der Arbeiterparteien
gegenüber dem Faschismus kritisierten und die die Zusammenarbeit aller antifaschistischen
und gegen die faschistische Parteiführung gerichteten Kräfte forderten.
Die Berliner Leitung der Organisation
schaffte Verbindungen zu anderen Städten. Im Mai 1933 wurde in Prag ein
Auslandssekretariat eingerichtet. Ihre Programmschrift gab der Organisation ihren Namen
Neu Beginnen".
1938 fielen die führenden Funktionäre der
Gestapo in die Hände und bekamen wegen infamer unterirdischer Wühltätigkeit"
hohe Zuchthausstrafen. Sie wurden nur deshalb nicht hingerichtet, weil die Organisation
noch keine Breitenwirkung hatte.
Die katholische Arbeiterbewegung (KAB)
Die katholische Arbeiterbewegung sind die
in Deutschland seit Mitte des 19. Jh. geschaffenen Zusammenschlüsse kath. Arbeiter zu
religiösen, sozial- und wirtschaftspolitischen Zwecken. Sie umfaßt in der BRD die KAB
mit Sitz im Ketteler-Haus in Köln, das Katholische Werkvolk, den Süddeutschen
Verband kath. Arbeiter Vereine" mit Sitz in München (1945 gegr.
), die Christliche
Arbeiterjugend (CAJ) mit Sitz in Essen (1946 gegr.).
Die KAB entschloß sich zu einem passiven
Widerstand gegen das Regime. 1933 weigerte die Führung sich der Eingliederung in die
Deutsche Arbeitsfront" zuzustimmen. Es kam zu Unterdrückungsmaßnahmen der
Regierung. Der Vorläufer der CAJ, die Katholische Werkjugend Deutschlands wurde vom
NS-Regime unterdrückt.
Der Reichsverband wurde 1936 verboten. Die Westdeutsche
Arbeiterzeitung" mußte 1933 ihr Erscheinen einstellen, das Nachfolgeorgan Kettler
-Wacht" 1938.
Die KAB, das Katholische Werkvolk und die
Christliche Arbeiterjugend sind heute seit 1951 zum Kartellverband der KAB
Deutschlands" vereinigt. Die kath. Arbeiterinnen haben innerhalb der Verbände einige
Unterorganisationen.
Widerstand von Glaubensgemeinschaften
Die Katholiken
Nachdem das Regime sich doch nicht an das
am 20.
Juli 1933 mit dem Vatikan abgeschlossene Konkordat hielt, - der Druck auf kath.
Organisationen wurde verstärkt, Geistliche wurden regelrecht verfolgt usw. -, begann der
Widerstand der kath. Kirche. Predigten wurde mit einem Doppelsinn verlesen, so daß man
direkt wußte, daß die Ideologie des Nationalsozialismus verleumdet wurde. Das Regime
reagierte mit Prozessen wegen angeblicher Sittlichkeitsdelikten oder angeblicher
Devisenvergehen gegen die betreffenden Geistlichen.
Die katholische Presse wurde zensiert
und später ganz verboten. Die Antwort auf diese Aktionen gab Papst Pius XI. am 14. März
1937 mit seiner berühmten Enzyklika, die mit den Worten beginnt: Mit brennender
Sorge und steigendem Befremden beobachten wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der
Kirche...
". Dieses Mal wurde unverhüllt, also ohne Doppelsinn die Verletzung des
Konkordats angeprangert. Am 21. März wurde diese Botschaft von allen Kanzeln verlesen.
Hitlers Kampf gegen die Kirche brach nun richtig aus. Jeder Geistliche der sich in seiner
Predigt über die Enzyklika in irgendeiner Weise äußerte wurde ins KZ gebracht.
Jeder
Glaubende, der sich öffentlich zum Glauben bekannte durch Wallfahrten beispielsweise
wurde verhaftet. Höhepunkt des Kirchenkampfes war die Verurteilung durch die Bischöfe
des Euthanasie-Programms, die Willkür des Regimes, die Judenverfolgung und die Greultaten
in den KZ. Bischof von Münster Clemens August von Galen erstattete sogar offiziell
Anzeige wegen Mordes an Geisteskranken. Nur seine hohe Stellung und sein bekannter Name
bewahrten diesen Bischof vor dem KZ. Andere Geistliche wie der Domprobst Bernhard
Lichtenberg konnten ungehindert im KZ ermordet werden, weil sie unbekannter waren.
Lichtenberg hat öffentlich für Juden im KZ gebetet.
Die Protestanten
Die Bewegung innerhalb der protestantischen
Kirche, die dem Machtanspruch der Nationalsozialisten und der Deutschen Christen
entgegentrat ist seit 1934 die Bekennende Kirche". Hervorgegangen aus dem von
Martin Niemöller in Dahlem 1933 gegründeten Pfarrernotbund", um den sich
örtlich bekennende Gemeinden sammelten, entstand die Bekennende Kirche in allen Teilen
Deutschlands. Sie wandte sich insbesondere gegen den Arierparagraphen im Raume der Kirche,
die Abschaffung des Alten Testamentes u.a. auf den Bekenntnissynoden von Barmen (Mai
1934), Dahlem (Oktober 1934) und Augsburg (Juni 1935). Der Notstand der Kirche wurde
erklärt, ein Notkirchenregiment begründet und den Bruderräten" die
wichtigsten Aufgaben der Kirchenleitung übertragen.
Damit entstand die sich allein für
Bekenntnis- und damit rechtmäßig erklärende bekennende Kirche, die den Macht- und
Rechtsanspruch der Reichskirche verneinte. Auch hier waren Amtsenthebungen von Pfarrern
und Theologieprofessoren, Verfolgung und Inhaftierung von Pastoren und Laien,
Zeitschriften- und Bücherverbot u.a. die Folge. Sie wurde als Bekenntnisfront"
zu einer politischen Reaktion" gegen den Nationalsozialismus gestempelt, hielt
aber trotz Drohungen und Verfolgung en den Widerstand aufrecht und wuchs über die
Bedeutung einer rein kirchlichen Bewegung hinaus. Nach 1945 wirkte die bekennende Kirche
führend bei der Neuordnung der Evangelischen Kirche mit und erklärte sich nach Abschluß
der Synode von Eisenach 1948 ihrer kirchenregimentlichen Befugnisse für entbunden, um
sich als künftige Aufgabe zu stellen, die Erkenntnisse des Kirchenkampfes über
Wesen, Auftrag und Ordnung der Kirche" im Sinne der Barmer Erklärung zur Auswirkung
zu bringen.
Bonhoeffer.
Der Bekennenden Kirche stand wie schon
erwähnt die Glaubensbewegung der Deutschen Christen im Gegensatz: Sie war von J.
Hossenfelder geführt, unter unmittelbarem Einfluß der NSDAP seit 1932 in Preußen
entstanden. Das Ziel der Deutschen Christen war vor allem kirchenpolitisch die
Machtübernahme innerhalb der Kirche. 1933 strömten ihr die Masse der Pfarrer und des
Kirchenvolkes zu, theologisch konservative, vor allem pietistischer Herkunft, ebenso wie
Anhänger eines Artgemäßen, positiven Christentums" im Sinne des Programms
der NSDAP. In dieser uneinheitlichen Zusammensetzung lag der Keim der Krise, die im Herbst
1933 in der Sportpalast-Versammlung" zum Ausbruch kam, als Vertreter der
radikalen Richtung die Abschaffung des Alten Testaments und den Arierparagraphen für
Kirche und Pfarrerschaft forderten.
Damit geriet diese Bewegung in einen solchen Gegensatz
nicht nur zu der erst jetzt an Bedeutung gewinnenden Bekennenden Kirche, sondern auch zur
kirchlich gesinnten Mehrheit der Gemeinden, daß sie im Unterschied zur Thüringer
Richtung in kurzer Zeit (bis etwa 1936) wieder verschwand.
Freie Glaubensgemeinschaften
Auch sogenannte Sekten leisteten Widerstand
gegen das NS-Regime. Die Anhänger blieben ihren Glaubensüberzeugungen treu und wurden
deshalb ins KZ eingeliefert. Besonders schlimm waren die Zeugen Jehovas dran. Aus ihrem
Glauben heraus verweigerten sie den Heil-Hitler-Gruß und den Wehrdienst. Die härtesten
Schikanen im KZ waren die Folge.
Weitere
Widerstandsgruppierungen:
Kreisauer Kreis
Der Kreisauer Kreis war eine Gruppe der
Widerstandsbewegung deren Mittelpunkt Helmuth James Graf von Moltke, Gutsherr in Kreisau
(bei Schweidnitz, Schlesien) bildete. Der Kreis befaßte sich mit der Erarbeitung von
Grundsatzdokumenten für einen künftigen demokratischen Staats- und Gesellschaftsaufbau.
Moltke wurde im Januar 1944, die anderen Mitglieder nach dem 20.07.1944 verhaftet. Jedes
Mitglied, dem eine Verbindung zu Stauffenberg oder Goerdeler nachgewiesen wurde, wurde
hingerichtet: Diese waren Moltke, Peter Graf Yorck v.
Wartenburg, Delp, Haubach, Leber,
Reichwein. Außerdem wurden auch, die nur dem Kreis nahestehenden von Trott zu Solz und
von Haeften hingerichtet. Die meisten des Kreises bekamen Zuchthausstrafen wie zum
Beispiel Gerstenmaier. Die vom Kreisauer Kreis 1942 formulierte Grundsätzliche
Erklärung" wird als Schlüsseldokument des Widerstandes gegen Hitler angesehen. Ein
Auszug aus diesem Dokument zeigt die Absicht des Kreisauer Kreises: Die Regierung
des Deutschen Reiches sieht im Christentum die Grundlage für die sittliche und religiöse
Erneuerung unseres Volkes, für die Überwindung von Haß und Lüge, für den Neuaufbau
der europäischen Völkergemeinschaft."
Die Rote Kapelle"
Die Rote Kapelle ist ein Kennwort der
Gestapo für eine Gruppe der deutschen Widerstandsbewegung, die von Harro Schulze-Boyson
und Arvid Harnack geleitet wurde.
Boyson war Sohn eines Kapitäns zur See und seit 1936
Oberleutnant im Luftfahrtministerium. Harnack war Oberregierungsrat im
Wirtschaftsministerium. Die Mitglieder der Roten Kapelle waren zumeist Intellektuelle. Sie
sahen ihre Aufgabe darin, die Eigenständigkeit Deutschlands als Nationalstaat zu sichern.
Die Anhänger der Roten Kapelle waren in einen inneren" und äußeren"
Kreis geteilt. Der äußere Kreis stand in Funkkontakt mit Sowjetischen Stellen.
Über
dieses Funknetz wurden die Sowjets mit Berichten über politische, militärische, und
wirtschaftliche Vorgänge, besonders über die Rüstungsproduktion versorgt. Im August
1942 wurde die Organisation aufgedeckt. Der Prozeß gegen 75 Angeklagte vor dem
Reichskriegsgericht führte zu vielen Todesurteilen.
Widerstand in der Jugend
Jugend soll von Jugend geführt
werden" nach Hitlers Ansicht. Als Hitler ab 1936 die HJ zur Staatsjugend erklärte,
ab 1939 dann der Dienst in der HJ zur Pflicht wurde, verging die anfängliche Begeisterung
über die Hitler Jugend den Jugendlichen schnell. Die zunehmende Militarisierung, die
Vorbereitung der Jugend auf den Krieg, machte den Dienst in der HJ zur lästigen Pflicht.
Die Jugendlichen versuchten sich dem Dienst so gut es ging zu entziehen. Manche
Jugendliche organisierten sich sogar in Gruppen, die sich bewußt von der HJ durch ihre
Freizeitgestaltung oder Kleidung abgrenzten. Die bekannteste dieser Widerstandsgruppen
waren die EDELWEISS-PIRATEN"
Weiße Ros
Nationalsozialismus auf. Der Tenor der
Texte wechselte zwischen harten, mit Fakten belegten Anklagen des Hitlerregimes, langen
Zitaten aus philosophischen und literarischen Klassikern und Passagen von biblischem
Pathos. Unverkennbar wird Hitler als den Boten des Antichristen" hingestellt.
Die Texte wurden auf Matrize geschrieben, vervielfältigt und in einer Auflage von ca.
100
Stück an Bekannte und an aus dem Telefonbuch ausgewählte Adressen verschickt. Von
einigen Flugblättern wurden auch mehrere tausend Abzüge angefertigt, die an
verschiedenen Orten abgeschickt wurden. Unter anderem wurden auch Blätter nach
Saarbrücken gegeben zur Verteilung und zum Nachdruck. Die Mitglieder der Kerngruppe der
Weißen Rose zu der die Geschwister Scholl und Kurt Huber, der Musikwissenschaftler und
Philosoph war, gehörten wagten es nach der Meldung, daß Stalingrad gefallen sei, in den
Nächten des 3. ,8. und 15.
Februar Parolen wie NIEDER MIT HITLER" an Wände zu
schmieren. Denn sie sahen mit dem Fall Stalingrads den Zusammenbruch des Hitlerregimes
kommen. So kam es, daß die Geschwister Scholl am 18. Februar 1943 öffentlich in der
Universität das letzte Flugblatt der Weißen Rose verteilten. Dieses enthielt u. a.
den
Aufruf zur Brechung des nationalsozialistischen Terrors aus der Macht des
Geistes." Die beiden wurden sofort verhaftet. Die Gestapo hatte leichtes Spiel den
ganzen Kreis zu erfassen, den in Scholls Zimmern lagen Adressen, die sie weiterführten.
Die Geschwister Scholl und Prof. Huber wurden kurz darauf unter anderen hingerichtet.
Erfolglose Attentate
Selbstverständlich blieb der Widerstand
gegen die Hitlerdiktatur nicht nur auf Meinungsäußerungen beschränkt.
Wie schon am
Anfang erwähnt wurde gab es außer dem Attentatsversuch am 20. Juli 1944 zahlreiche
andere Attentatsversuche und Umsturzpläne. Der Generaloberst Ludwig Beck beispielsweise
widersetzte sich Hitlers Kriegsplänen und trat während der Sudetenkrise 1938 zurück.
Daraufhin entwarf er einen Staatstreichplan für den Fall, daß Hitler tatsächlich die
Tschechoslowakei angreifen sollte. England sollte als Garantiemacht der Tschechoslowakei
veranlaßt werden. Hitler hätte seinen Sturz, bei dem der SS-Führer und der
Polizeipräsident u.
a. mitgewirkt hätte, nach einem schweren Mißerfolg eher hingenommen.
Die Erfolge Hitlers in der darauffolgenden Zeit ließen jedoch den Staatsstreich platzen.
Viele waren vom Hitler-Stalin-Pakt und dem Stahlpakt, sowie der Errichtung des
Reichsprotektorats Böhmen-Mähren so fasziniert, daß sie zu einer Beteiligung am
Staatsstreich nicht mehr bereit waren.
Ein anderer Name der für einen erfolglosen
Attentatsversuch steht ist Georg Elser. Am 8.
11.1939 explodierte beim Treffen der alten
Kämpfer im Münchner Bürgerbräukeller, an dem auch Hitler teilnahm eine Bombe. Hitler
war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dort. Er entging dem Attentat nur sehr knapp,
was als Akt der Vorsehung" gefeiert wurde. Einige glaubten an einen
Propagandatrick, um die Unverletzlichkeit und Unangreifbarkeit des Führers zu
demonstrieren. Hitler und der Propagandaminister Goebbels hatten die fixe Idee, daß
ausländische Auftraggeber hinter diesem Attentat standen.
Dies entsprach aber nicht den
Tatsachen.
Der Schreiner Elser wurde an der Schweizer
Grenze bei der illegalen Grenzüberschreitung gefaßt und im Frühjahr 1945 im KZ
ermordet.
Weitere Vorschläge Hitler zu beseitigen
waren, ihn bei einem Frontbesuch zu verhaften und dann standrechtlich abzuurteilen. Dies
wurde aber abgelehnt. Am 13. März 1943 schmuggelte man eine Bombe in Hitlers Flugzeug.
Der als Cognacflasche getarnte Sprengsatz explodierte aber nicht. Am 21. März 1943
versuchte sich Gersdorff mit Hitler bei der Besichtigung einer Ausstellung von Beutewaffen
in die Luft zu sprengen. Auch dieser Versuch scheiterte. Hitler verließ die Ausstellung
vorzeitig. Die Bombe wurde im letzten Moment entschärft.
Ähnliche Attentatsversuche
scheiterten auch.
Als dann am 6. Juni 1944 der Krieg als
verloren galt und die Lage Deutschlands auch durch einen Sturz Hitlers fast oder gar nicht
mehr verbessert werden konnte, entschloß sich Stauffenberg mit Generalmajor Henning von
Tresckow zum Durchführen der Operation Walküre", wie der Staatsstreich (vom
20. Juli) inoffiziell hieß. Am 11. Juli wird der Staatsstreich abgebrochen, weil
Reichsführer-SS Himmler nicht anwesend ist, um in die Luft gesprengt zu werden.
Er sollte
als gefährlichster und wichtigster Gefolgsmann Hitlers zusammen mit Göring beseitigt
werden. Am 15. Juli wird die Operation abgebrochen, weil Hitler die Lagebesprechung, bei
der er getötet werden soll, vorzeitig beendet. Am 20. Juli dann trifft Stauffenberg im
Hauptquartier Wolfsschanze ein, schärft die Bombe in seiner Aktentasche und stellt sie an
ein Bein des Tisches im Raum, in dem die Besprechung mit Hitler bereits begonnen hat.
Stauffenberg verläßt den Raum, die Bombe explodiert und Hitler überlebt, wie schon am
Anfang beschrieben.
Noch am gleichen Tag wird Stauffenberg mit seinen engsten Mitarbeitern
gefaßt und erschossen.
Bei all diesen Widerstandsgruppierungen
darf man nicht die Einzelpersonen vergessen, die von sich aus gegen das Hitlerregime
Widerstand geleistet haben. So gab es beispielsweise nach Ausbruch des Krieges unzählige
Befehlsverweigerungen aus moralischen Gründen. Die Namen der meisten dieser Soldaten, die
lieber ihr eigenes Leben geopfert haben, als das von Juden, Polen und Russen, blieben bis
heute unbekannt.
Anmerkung
Bei den ganzen Widerstandsbewegungen darf
man einen nicht vergessen: Oskar Schindler ein Mann mit Zivilcourage. Er steht als
Beispiel des individuellen Widerstandes, indem er anfangs zwar Juden in seiner Fabrik
ausbeutet, später aber viele vor der Vernichtung in Konzentrationslagern bewahrt.
Zu empfehlen ist Steven Spielbergs Film
Schindlers Liste", der die Geschichte des Industriellen Oskar Schindler
erzählt.
Solf-Kreis
Der Solf-Kreis ist nach dem Politiker
Wilhelm Solf benannt. Wilhelm Solf wurde am 5.10.1862 in Berlin geboren und ist auch dort
am 6.2.
1936 gestorben. 1900 wurde er Gouverneur von Samoa. 1911 Staatssekretär des
Reichskolonialamts und war von Oktober bis Dezember 1918 Staatssekretär des auswärtigen
Amts. 1920-1928 war er dt. Botschafter in Tokio. Um Solf und seine Frau Hanna sammelte
sich die lose Gruppe der Widerstandsbewegung gegen Hitler.
Sie tauschten vielmehr (in der
Abneigung gegen den Nationalsozialismus) ihre Gedanken aus, als daß sie Attentate
planten.
Der Solf Kreis half über Kontakte in die
Schweiz vielen politisch und rassisch verfolgten. Durch einen Spitzel der sich in den
Kreis eingeschlichen hatte, wurde der Solf-Kreis von der Gestapo aufgespürt. Die meisten
des Kreises wurden hingerichtet.
Quellen
- Informationen zur politischen Bildung:
DEUTSCHER WIDERSTAND 1933-1945" Nr. 243
- Das Neue Duden-Lexikon
- Grundgesetz für die BRD
- Unser Jahrhundert im Bild
- Geschichte Politik und Gesellschaft Band
1
- Geschichtliche Weltkunde Band 3
Anmerkungen: |
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