Der hunnensturm
Die Geschichte hat selten ein Volk gesehen,
dass wie die Hunnen aus dem Nichts kam und, kaum hundert Jahre
später, wieder darin
verschwand. Dennoch hat kein anderes Volk die Europäer aehnlich beeindruckt, wie die
geheimnisvollen Hunnen. Der rasante Hunnensturm und der Siegeszug
über die
germanischen und romanischen Völker, ist allenfalls vergleichbar mit dem Angriff der
Mongolen in Europa, obwohl deren Reich (begründet durch Temudschin, Dschingis-Khan, 1196)
wesentlich beständiger und nach dem Tod Timurs (1405) nicht völlig von der
geschichtlichen Bildfläche verschwand. Die Hunnen aber, wurden nach ihrer finalen
Niederlage gegen die Germanen wieder von den bulgarischen und russischen Steppen, woher
sie gekommen waren, verschluckt.
Es ist nicht viel, was wir wirklich über sie wissen. Obwohl wir uns in einer Zeit
befinden, in der zwei Metropolen (nämlich West- und Ostrom, also Rom und Byzanz) um die
Vorherrschaft im ehemaligen vereinigten roemischen Reich rangen, und obwohl beide
Städte
Kulturzentren mit vielen Gelehrten waren, erhalten wir ueber die Hunnen nur selten
ungefaerbte Berichte.
Die Schnelligkeit und die Grausamkeit, mit der die Hunnen ueber das
ueberraschte Europa herfielen, ihr ungewohnter Koerperbau, ihre noch nie gesehene
Gesichtsform und ihre Art zu leben, sorgten dafuer, dass die zeitgenoessischen
Geschichtsschreiber Daemonen oder unkultivierte Barbaren aus ihnen machten. Da die Hunnen
keine eigene Geschichtsschreibung kannten, muessen wir uns mit diesen Texten begnuegen.
Woher kamen die Hunnen?
Wer waren ihre Urvaeter? Zwei Fragen, die sich nur schwer beantworten lassen. Es gibt
viele Berichte ueber barbarische Nomadenvoelker, mit denen sich dass chinesische Reich
auseinandersetzen musste, zum Beispiel das Volk der Hung-no, die die Chinesen lange Zeit
terrorisierten, bis sie vertrieben werden konnten. Oder aber die Vernichtung eines
Nomadenreichees 36/35 v. Chr.
durch die Chinesen, welche mit der Vertreibung der Nomaden
aus Turkestan und der Dzungarei nach Russland endete. Da die Hunnen, wie gesagt, ihre
Geschichte nicht schriftlich festhielten, koennen wir nicht genau sagen, ob eines dieser
Voelker vielleicht den spaeteren Stamm der Hunnen bildete (wobei die Hung-no ein
barbarisches chinesisches Volk waren, waehrend die anderen Staemme eher Turkstaemme
waren). Es scheint aufgrund der Verwandschaft der Lebensart allerdings wahrscheinlich.
Im Jahre 374 fegten die Hunnen aus der russischen Steppe ueber die
in der Naehe des schwarzen Meeres ansaessigen Alanen und unterwarfen sie. Bei beiden
Voelkern handelte es sich um kriegerische Nomadenstaemme, weshalb die Alanen nur ein Jahr
spaeter auf der Seite der Hunnen an der Unterwerfung der Ostgoten teilnahmen.
Diese waren ein gemanischer Teilstamm, urspruenglich aus Skandinavien stammend, welches
sie im 1.
bis 2. Jahrhundert vor Chr. verliessen, der schon um 150 n Chr. seine Wanderung
aus dem Ostseeraum begonnen hatte. In ukrainischem Gebiet teilten sich die Goten in ostro-
und wisigoten, die spaeteren Ost- und Westgoten (wobei die Woerter ostro und wisi
vermutlich nichts mit den Himmelsrichtungen zu tun hatten). Waehrend sich die Westgoten
ihr neues Siedlungsgebiet im heutigen Bulgarien suchten, gruendeten die Ostgoten ihr Reich
ca.
200 an der Krim-Halbinsel am schwarzen Meer. Wie gross das Ostgotische Schwarzmeereich
gewesen ist, wissen wir nicht, wie ueberhaupt nur wenig aus dieser Zeit der Ostgoten
bekannt ist. Auf jeden Fall scheint es gewaltige Ausmasse besessen zu haben, und manche
vermuten, dass es bis zur Ostsee langte, von wo die Goten einst gekommen waren.
Das Reich stand unter der Herrschaft des greisen Ermanerichs, eines legendaeren und
maechtigen Herrschers aus dem Hause der Amaler. Dieses Geschlecht, dass einen mythischen
Ursprung hatte, lenkte die Geschicke der Ostgoten in zehnter Generation und wuerde auch
weiterhin in Zukunft die Herrscher stellen, bis zu ihrer Niederlage gegen die Ostroemer in
Italien. Ebenso wie Ermanerich, entstammte der spaetere legendaere Koenig Theoderich der
Grosse, der Ravenna und Italien eroberte, dem Hause der Amaler.
Nun trafen die Hunnen also auf das Ostgotenreich. Woher aber kamen sie? Die Frage kann nur
ungenau beantwortet werden. Nach ihrer mutmasslichen Vertreibung aus ihren angestammten
Siedlungsgebieten in der Naehe Chinas, siedelten sie offenbar in den russischen Steppen.
Warum sie so ploetzlich und mit solcher Gewalt nach Europa draengten, ist ebenso
unbekannt, wie die genaue Herkunft ihrer Stammesvaeter. Es scheint allerdings ein
wesentlich einfacheres Motiv zu geben, als zeitgenoessische Geschichtsschreiber, die von
einer daemonischen Geisselung Gottes ausgingen, vermuteten: sie hatten Hunger. Das Volk
der Hunnen war bestaendig gewachsen und die umherziehenden Nomaden konnten ihre Familien
aus den armseligen Steppen Russlands bald nicht mehr ernaehren.
Ein oder zwei harte Winter
sorgten fuer katastrophale Hungersnoete, die die Existenz des ganzen Volkes bedrohten. Der
fuer sie sagenhafte Reichtum Europas muss sie angelockt haben; er war Grund genug fuer
sie, alle Bruecken hinter sich abzubrechen und mit verzweifelter Wucht nach Europa zu
draengen. Die Ostgoten bekamen diese Wucht zuerst zu spueren. Obwohl ihr Reich gewaltig,
und ihre Ressourcen gross gewesen sein muessen, wurden sie in nur kurzer Zeit ueberrollt.
Der greise Ermanerich, der angeblich mittlerweile 110 Jahre alt war, beging laut Legende
(vielleicht wurde er auch einfach erschlagen) angesichts der unbesiegbaren Hunnen
Selbstmord. Ob er dies etwa aus Feigheit tat, oder nur um einem jungen, dynamischeren
Herrscher, der den Hunnen gewachsen sein koennte, Platz zu machen, ist unbekannt.
Auf
jeden Fall wurden die Ostgoten besiegt und zur Heeresfolge gezwungen. Mit Germanen und
Hunnen trafen die gefuerchtetsten Krieger der bekannten Welt zusammen, lehrten die
Germanen doch seit 9 n. Chr. (Sieg des Cheruskers Arminius gegen den Roemer Varus im
Teuteburger Wald) den Roemern das Fuerchten. Den wilden Hunnen, die von ihren Pferden aus
kaempften und rasend schnelle Angriffe fuehrten, waren die germanischen Goten jedoch nicht
gewachsen; noch nicht. Ebenso wie die Ostgoten unterwarfen sich kurze Zeit spaeter die
Gepiden und leisteten von da an Heeresfolge.
Anders als die "weissen Hunnen", ein Volksstamm, der sich von den hier
behandelten Hunnen schon frueher geloest hatte und sich am Kaukasus an den Grenzen des
alten persischen Reiches niedergelassen hatte, zogen die "schwarzen Hunnen" (die
wohl eine dunklere Hautfarbe hatten) unter Haeuptling Balamir, nach der Niederwerfung
dieser grossen und maechtigen Germanenstaemme, weiter in Richtung Europa. Ihre Eroberung
des Schwarzmeerreiches muss ihnen den erwuenschten Lebensraum geschaffen haben, aber die
Hunnen hatten nun Blut geleckt, und die Reichtuemer Westeuropas lockten. Die Vertriebenen
der Ost- und Westgotischen Staemme vor sich hertreibend, gelangte die Hunnen an die Donau.
Ein Teil der weissen Hunnen ueberquerte den Kaukasus und fiel ueber die ostroemischen
Provinzen in Kleinasien her. Antiochia, eine der Metropolen der spaetantiken
Mittelmeerwelt, fiel ihnen zum Opfer und wurde gepluendert, die Einwohner ermordet und die
Frauen verschleppt. Einer der Ueberlebenden hat die Greuel festgehalten, die die Hunnen
ueber die Einwohner Antiochias gebracht haben:
"Sie waren unter uns, ohne dass wir
wussten, woher sie kamen.
In den Brunnen der Goetter traenkten sie ihre Pferde. Auf den
Stufen der Tempel nahmen sie unsere Frauen. An den Saeulen unserer Stadt zerschmetterten
sie die Haeupter unserer Kinder. Nackt ueber die Haelse der Pferde geworfen, so verliessen
unsere Toechter Antiochia. Wir werden sie nie wiedersehen."
Was aber war
nun so erschreckend und "daemonisch" an den Hunnen? Warum waren
sowohl Roemer, als auch Germanen ihnen gegenueber so wehrlos und liessen sich
Opferlaemmern gleich von ihnen hinschlachten? Warum waren sie in angstvoller Ehrfurcht
diesen "Daemonen" gegenueber erstarrt?
Die Art der Kriegsfuehrung der Hunnen war neu und erfolgreich.
Sie kaempften vom Ruecken
ihrer Pferde aus, Infantrie war ihnen unbekannt. Sie waren hervorragende Reiter und
vermochten aus ihren Saetteln heraus einen gezielten Pfeilhagel auf den Feind niedergehen
zu lassen. Ueberhaupt waren ihre Sattelkonstruktionen eine Neuheit, denn so sicher wie die
Hunnen sass kein anderer zeitgenoessischer Kavallerist zu Pferde. Auch ihre Boegen waren
wesentlich leistungsfaehiger und treffsicherer als alles bisher dagewesene.
Ausserdem waren die Hunnen, bewusst oder unbewusst, Meister der psychologischen
Kriegsfuehrung. Ihr Aussehen, von Natur aus nichteuropaeisch und fremdlaendisch,
veraenderten sie, indem sie die weichen Schaedelknochen ihrer Kinder deformierten und sie
in die sogenannte "Turmschaedelform" pressten.
Auch die Nasen der Kinder wurden
plattgedrueckt, damit sie besser unter die hunnischen Helme passten. Angeblich wurden
Saeuglingen sogar die Wangen zerschnitten, um Bartwuchs zu unterdruecken. Dieses Aussehen
brachte den Hunnen den Ruf einer daemonischen Herkunft ein, von Daemonen und Hexen in den
Suempfen Russlands gezeugt, und liess etliche Zeitgenossen vermuten, dass sie eine Geissel
Gottes waeren. Ob ihrer unbekannten Herkunft schien es auch moeglich, dass sie direkt den
Tiefen der Hoelle entstiegen waren, um ueber die Mittelmeervoelker herzufallen.
Die Hunnen kaempften in kleinen, beweglichen Einheiten von 500-1000 Mann und fielen unter
schrecklichem Kriegsgeheul ueber die geordneten Truppen ihrer Gegner her, so dass diese
auseinanderspritzten und der Vernichtung preisgegeben waren.
Der roemische Kaiser Theodosios handelte in der Gefahr sehr geschickt: Er schloss ein
Buendniss mit den an der Donau stehenden "schwarzen" Hunnen und liess sie die
aufruehrerischen Westgoten bewachen.
Diese wurden 376 von Kaiser Valens im roemischen
Reich angesiedelt, nachdem sie vor den Hunnen geflohen waren. Nach
Versorgungsschwierigkeiten revoltierten die Westgoten und schlugen die Roemer in der
Schlacht von Adrianopel (378). Theodosius siedelte sie erneut in Thrakien an (382).
Dennoch blieben die Westgoten unruihg und sollten bald unter Koenig Alarich den Balkan und
Griechenland verheeren, bevor sie nach Italien ziehen wuerden. Der geschickte Theodosius
aber spielte Germanen und Hunnen gegeneinander aus und unterhielt auch Buendnisse mit den
"weissen" Hunnen, von denen er hoffte, dass sie den Expansionsdrang ihrer
Stammesbrueder beschraenken wuerden. Theodosius starb 395 und erneut war das roemische
Reich Germanen und Hunnen ausgeliefert.
Sowohl West- als auch Ostrom wurde Schauplatz fuerchterlicher Ereignisse. Die Hunnen
draengten ueber die Donau und verwuesteten Griechenland. Die vor ihnen davonziehenden
Westgoten unter Alarich hatten vorher auf dem Balkan gewuetet und fielen 401-403 in
Italien ein. Stilicho konnte sie abwehren, aber nach seinem Tode eroberte und besetzte
Alarich 408-410 Ravenna (seit 404 Hauptstadt und Kaisersitz), Rom und ganz Italien. Die
Hunnen, ihrerseits nicht faul, verheerten dass zurueckgelassene Thrakien und Koenig
Rugila, der Onkel Attilas, schloss bald einen Friedensvertrag mit Byzanz/Konstantinopel.
In diesem Vertrag verpflichteten sich die Ostroemer Unsummen an Tributen an die Hunnen zu
zahlen und erkauften sich so den Frieden.
Die Hunnen hatten ein gutes Geschaeft gemacht:
sie waren nicht interessiert an der langwierigen Belagerung Konstantinopels, wie sie
ueberhaupt bei Belagerungen eine ungluecklich Figur machten (siehe Belagerung von
Orleans). Gold schien die hochgeborenen Hunnenfuersten zu faszinieren und muss eine
mystisch/religioese Bedeutung gehabt haben. Es wurde offenbar nicht als Zahlungsmittel
verwendet, sondern zu kultischen Gegenstaenden verarbeitet, oder aber zu
Gebrauchsgegenstaenden, wie z.B. Geschirr. Bis zu Attilas Zeiten konnten die Hunnen ihre
Tributforderungen bestaendig erhoehen.
Kommen wir nun zu dem
Zweikampf zweier Maenner, die das Schicksal des roemischen Reiches und des Hunnenvolkes
entscheiden wuerden:Attila und Aetius. Aetius war wohl fuenf bis zehn Jahre aelter
als sein grosser Kontrahent Attila. Er war nicht von allzuhoher Geburt, nicht einmal in
Rom wurde er geboren, sondern irgendwo an der Donau auf heutigem bulgarischem
Staatsgebiet. Sein Vater war Gaudentius, ein Germane, der als General im Dienste der
Roemer zu recht hohen Ehren gekommen war, dem aber seine Abkunft bei seinem Aufstieg
immmer im Wege stand. Aetius Mutter, eine edle Roemerin, liess Aetius klassisch ausbilden
und der Junge zeigte sich sehr gelehrig. So war er gut bewandert in den griechischen und
lateinischen Klasssikern.
Seine Karriere verlief recht schnell, denn er wurde von dem
halb-germanischen Heerfuehrer und Feldherren des Kaisers Honorius Stilicho
gefoerdert, an welchem sein Lehensherr schliesslich schmaehlich Verrat begehen wuerde. Um
407 herum ging Aetius als koenigliche Geisel (eher eine Art Diplomat) an den Hof des
Westgoten-Koenigs Alarich, der gerade den Balkan verwuestet hatte und nun mehrmals, seine
westgotischen Scharen hinter sich, ueber Italien herfallen wuerde, 410 sogar Rom eroberte.
Hier knuepfte er wohl wichtige Bekanntschaften, ohne die ein spaeteres Zusammenarbeiten
der Westgoten und Roemer zur Abwehr der Hunnen wohl kaum erklaerbar waere. Spaeter ging
Aetius auch zu den Hunnen als Geisel. Er muss schon eine erstaunliche Person gewesen sein,
denn auch mit den Hunnen kam er offenbar sehr gut aus. Er wird ihre Sitten und
Gepflogenheiten kennengelernt haben, sogar ihre Sprache hat er wahrscheinlich, zumindest
in Ansaetzen, gelernt.
Spaeter wuerden ihm die Hunnen unbezahlbare Dienste als Verbuendete
leisten.
Das erste mal nutzte er ihre Dienste aus, als
425 Kaiser Honorius (dessen Tod wohl ein Segen fuer das Reich war) starb. Ein gewisser
Johannes rief sich selbst zum Kaiser aus und Aetius, der seine Chance witterte,
unterstuetzte ihn. Er ging zu den Hunnen und warb 10000 ihrer Krieger als Armee fuer
seinen Favoriten an. Mit ihnen zog er nach Italien bis vor Ravenna, der Reichshauptstadt.
Doch Aetius hatte sich verspekuliert: von Ostrom unterstuetzt, hatte sich mittlerweile der
kleine Valentianus unter der Obhut seiner Mutter Galla Placidia (Schwester des Honorius)
durchgesetzt, Johannes war geschlagen und hingerichtet worden.
Erneut zeigte sich Aetius
als ausserordentlich geschickter Poltiker und Intrigant und erwiess sich somit dem Erbe
der "grossen" Roemer (wie "gross" sie auch immer gewesen sein moegen)
Marius, Sulla oder Caesar, als wuerdig. Anstatt gemeinsam mit seinen 10000 Barbaren als
Umstuerzler unterzugehen, arrangierte er sich mit Galla Placidia und siedelte die Hunnen
zum Dank fuer ihre Unterstuetzung in Paionnien an. Er hoffte, dass sie ihre
Expansionsgelueste in Zukunft an Ost-Rom und Konstantinopel auslassen wuerden, womit er
vorlaeufig Recht behielt. Aetius Aufstieg liess sich nun nicht mehr aufhalten. In Gallien
kaempfte er gegen allerlei Barbaren, wie Westgoten, Franken, Alanen, Sueben, Vandalen und
andere, immer mit Unterstuetzung hunnischer Verbaende. Bald wurde er Heeresmeister und
somit unangefochtener oberster Militaer.
Er liess einen aufsaessigen Consul ermorden und
bald darauf liess er sich selbst zum Consul machen. Der Galla Pacidia wurde diese
Machtanhaeufung wohl langsam unheimlich und so versuchte sie Aetius loszuwerden. Sie
enthob ihn aller Aemter und Wuerden. Aetius floh zu den Hunnen, die ihn mit einem Heer
unterstuetzten. Aetius zog also sogleich gegen Ravenna, wo er den Bonifatius, den Galla
Placidia anstatt seiner zum Heeresmeister gemacht hatte, vernichtend schlug. Jener
Bonifatius hatte schon frueher mit Aetius um die Gunst des Kaiser gebuhlt, unterlag in
Afrika jedoch den 429 einbrechenden Vandalen, wodurch er vorlaeufig ins Hintertreffen
geraten war.
Doch auch am Ende ihrer Auseinandersetzungen blieb Aetius Sieger. Von nun an
fuehrte in der roemischen Politik kein Weg mehr an Aetius vorbei. Von 433 bis 450 war er
Heeresmeister, Consul, Patrizius und Reichsverweser in einer Person, er regierte sozusagen
als Quasi-Kaiser.
Ein weiteres Mal bewiesen
die Hunnen ihre Ergebenheit Aetius gegenueber, bei der Vernichtung der Burgunder.
Diese hatten sich dem Aetius nicht unterworfen und es sogar gewagt, hunnische Grenztruppen
anzugreifen. Die Rache war grausig: die Burgunder, die glaubten, nichts von Aetius
befuerchten zu haben, wurden den Hunnen ausgeliefert, die ihr Reich ausloeschten (436,
sagenhafter Tod Koenig Gunthers).
Der klaegliche Rest der Burgunder wurde problemlos an
Saone und Rhone angesiedelt. Bei der Abschlachtung der Burgunder muessen Attila und Aetius
noch zusammengearbeitet haben, was sie nicht mehr tun wuerden, wenn Attila erst einmal die
Alleinherrschaft an sich gerissen haben wuerde.
Attila, ungefaehr fuenf Jahre juenger als
Aetius muss circa 395/396 als Neffe Koenig Rugilas geboren worden sein. Anders als seine
Vorvaeter wurde er nicht mehr auf der grossen Wanderung geboren, sondern zu einem
Zeitpunkt, als die Hunnen schon relativ zur Ruhe gekommen waren. 410 ging er als Geisel an
den kaiserlichen Hof des Honorius zu Ravenna. Die Stellung von koeniglichen oder adeligen
Geiseln war damals allgemein ueblich, um sich der Friedfertigkeit eines Vertragspartners
zu versichern.
Solche Geiseln wurden aber nicht etwa in Verliessen eingesperrt, sondern
wie Soehne des echten Hofstaates behandelt und erzogen. So lernte Attila die praechtige
Kultur des kaiserlichen Hofes aus naechster Naehe kennen und verbrachte eine unbeschwerte
Jugend in Norditalien. Er erlernte die lateinische Sprache und lernte das Christentum
kennen. Somit wurde Attila spaeter ein idealer Buendnispartner Roms, um dann sein
gefaehrlichster Feind zu werden.
Im Jahre 434 starb Koenig
Rugila und seine Macht ging auf seine beiden Neffen Attila und dessen Bruder Bleda
ueber. Attila bewies mit seiner Teilnahme an der Vernichtung des Burgunderstammes
sogleich, dass er sich als Kriegsherr und Eroberer fuehlte.
Bleda war ein ungleich
sanfterer Herrscher und fuehrte kaum einen Kriegszug.
Seinen friedlichen Mitregenten hatte Attila also schliesslich satt und liess ihn 445
ermorden. Ob er selbst Hand an seinen Bruder legte, ist nicht bekannt, aber auf jeden Fall
war er es, der die Assassinen aussandte. Attila und die Hunnen waren auf dem Hoehepunkt
ihrer Macht. Von Aetius hatten sie ein festes Siedlungsgebiet erhalten und die Goten,
Alanen und Gepiden waren ihnen treu ergeben. Die Koenige der Ostgoten und Gepiden,
Laudarich und Ardarich, waren offenbar sogar wichtige Unterfeldherren, Ratgeber und
vielleicht sogar Freunde Attilas.
Der Name des grossen Hunnenkoenigs soll uebrigens aus
dem ostgotischen kommen und soviel wie "Vaeterchen" bedeuten, was sowohl Respekt
und Furcht, aber auch Zuneigung ausdruecken koennte. Wie es an Attilas Hof zuging, kann
man nur undeutlich rekonstruieren, da die Berichte von Zeitgenossen immer noch gefaerbt
waren und man den Hunnen barbarische Sitten wie Zauberei und Kindsmord nachsagte. Nach
einem der wenigen ernstzunehmenden Berichterstatter ueber die Hunnen, Priskos, der die
Hunnen auch selbst besucht hat, muessen wir uns Attila jedoch nicht als Primitiven
vorstellen, der in einem dunklen Zelt das Blut gefangener Kinder schluerfte. Vielmehr
schien es an seinem Hofe recht kultiviert zugegangen zu sein. Er hauste angeblich in einem
hoelzernen Gebaeude, in dem er roemische Gesandte empfing. Anders als bei Verhandlungen
auf dem Felde, bei denen er den Sattel seines Pferdes nicht zu verlassen pflegte, thronte
Attila in seinem Thronsaal ueber seinen Hoeflingen auf einer am roemischen Vorbild
orientierten Liege.
Es ist durchaus moeglich, dass Attila, der ja seine Jugend in Italien
verbracht hatte, einige Sitten und Braeuche des kaiserlichen Hofes von Ravenna uebernahm,
obwohl er laengst nicht dessen Luxus genoss, sondern sich lieber an der Spitze seiner
Soldaten auf abenteuerliche Feldzuege begab. Er scheint ein charismatischer Mann gewesen
zu sein, ein typischer Vertreter des hunnischen Hochadels, umgeben von einem zahlreichen
Harem, ausgestattet mit allen erwuenschten militaerischen Eigenschaften. So folgten
ihm,als er gegen die Roemer zog, Hunnen, Goten, Gepiden und Alanen.
Ein Holzstich von Attilas Hof, auf dem es offenbar kultivierter zuging, als wir uns
heute im Allgemeinen vorstellen.
Ostrom war als erstes an der Reihe. 447
brachte ein Erdbeben die gewaltigen Festungsmauern Konstantinopels zum Einsturz.
Attila
hielt die Gelegenheit fuer guenstig, in das Ostroemische Reich einzufallen. Attila
verwuestete zwar wieder einmal den Balkan, konnte jedoch keine entscheidenden Siege gegen
die Truppen Ostroms erzielen. Konstantinopel gewann Zeit, und die Stadtmauern konnten
wieder errichtet werden. Als man 450 schliesslich bereit war, einen Friedensvertrag zu
unterzeichnen, fiel der ostroemische Kaiser Theodosius II. vom Pferd und starb. Sein
Nachfolger wurde Marcianus, ein alter Soldat, dem nichts weiter entfernt gelegen haette,
als mit den Hunnen Frieden zu schliessen.
Er machte Attila klar, dass dieser entweder mit
einigen spaerlichen Geschenken abziehen sollte, oder dass er Konstantinopel mit
Waffengewalt nehmen muesse. Attila, der einen bisher wenig erfolgreichen Feldzug gefuehrt
hatte (schliesslich war der Balkan durch diverse Pluenderungen ausgezehrt und verarmt),
war unter Druck, da er seinem Volk und den Verbuendeten schnellstens reiche Erfolge
vorsetzen musste, um sie bei der Stange zu halten. Wieder die muehselige
Belagerung scheuend, suchte er sich ein neues Ziel fuer seinen Eroberungsdrang: Gallien.
Den Vorwand hierfuer lieferte ihm eine Frau.
Die Schwester des westroemischen Kaisers Valentianus III. erwartete ein uneheliches Kind.
Veraergert schickte man sie an den ostroemischen Hof. Die junge Mutter wollte aber
unbedingt fort von Ostrom und sandte einen Brief an Attila, dem sie ihre Liebe gestand,
und den sie bat, sie zur Frau zu nehmen. Attila, dessen Harem zwar schon von etlichen
Frauen bevoelkert war, ging dennoch dankbar auf diesen Vorschlag ein und forderte von
Valentianus die Hand seiner Schwester. Dieser holte die bockige Verwandte zurueck nach
Rom, verheiratete sie ohne Nachfrage mit einem anderen und entzog Attila zusaetzlich noch
den Titel eines roemischen Heerfuehrers ("Magister militium").
Der erboste Attila, der nun in die unagenehme
Lage geraten war, vor seinen Verbuendeten brueskiert worden zu sein, forderte weiterhin
die Hand der kaiserlicher Schwester, und als Mitgift verlangte er Gallien. Eben dieses
gedachte er sich selbst zu holen, als die Roemer, unter der faktischen Fuehrung des
Aetius, nicht auf seine Forderungen eingingen.
Mit einem gewaltigen Heer, bestehend aus
Hunnen, Ostgoten, Gepiden und Alanen zieht Attila aus Pannonien bis nach Germanien. Er
bereitet den Rheinuebergang vor und wird von den ansaessigen Alemannen angegriffen, die er
in dem unwegsamen Gelaende nicht zu einer vernichtenden Schlacht stellen kann. Ihre
Guerilataktik ist fuer Attilas Heer aeusserst Nervenaufreibend. Germanisch-roemische
Staedte und Siedlungen werden erobert und gebrandschatzt, so zum Beispiel Basel, Colmar,
Strassburg, Speyer, Worms und Mainz. Inzwischen in Gallien, pluendert Attila Metz. Der Tag
geht in die Stadtanalen als "blutiger Ostermontag" ein.
Der Bischof von Reims
zieht ihm psalmensingend mit seinem Gefolge entgegen, um ihn zur Umkehr zu bewegen. Dem
tapferen Bischof wird das Haupt abgeschlagen, Reims faellt ebenso wie Rouen und Caen. Bei
Paris wird Attila von singenden geistlichen angeblich zur Umkehr bewogen, wahrscheinlich
aber handelt er aus taktischen Gruenden und sieht von der muehseligen Belagerung der Stadt
ab. Attila zieht vor Orleans. Diese Stadt belagert er wochenlang und es kommt zu
vereinzelten blutigen Scharmuetzeln. Die Stadt ist der Uerbergabe nahe, als das Wunder
geschieht.
Aetius hatte inzwischen alle Hebel in
Bewegung gesetzt, um Verbuendete zu finden. Die staendig revoltierenden Westgoten gingen
schliesslich im Angesichte der Bedrohung ein Buendnis mit den Roemern ein, und zogen gegen
Attila, der drauf und dran war, ihre Siedlungsgebiete zu erobern. Die siegessicheren
Hunnen wurden vor den Toren Orleans von der aufziehenden westgotischen Heeresmacht
ueberrascht, bei denen sich zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht einmal die
westroemischen Verbuendeten unter Aetius befanden, und mussten sich unter blutigen
Verlusten zurueckziehen. Dort, wo sie eine Feldburg errichtet
hatten, auf den Katalaunischen Feldern, kam es zur grossen Schlacht.
Inzwischen hatten sich die Roemer mit Sicherheit eingefunden und kaempften an den Flanken
der Westgotischen Truppen. Ebenso hatten sich dem Aetius Reste der Burgunder
angeschlossen, die glaubten, mit den Hunnen noch eine Rechnung offen zu haben, obwohl
diese damals durch Aetius zu Befriedung des Stammes gerufen worden waren.
Auch die
Franken, die in einem Vorhutgefecht den Gepiden grosse Verluste beibrachten, traten auf
der Seite der westroemischen Allianz gegen ihre Stammesbrueder an, die ripuarischen
Franken, die mit Ostgoten, Gepiden und Hunnen kaempften. Es muss zu einem schrecklichen
Gemetzel gekommen sein, in welchem sich die germanischen Hilfstruppen zu tausenden
erschlugen. Uerberhaupt muss man festhalten, dass weder Roemer noch die Hunnen
solch gewaltige Verluste hinnehmen mussten, wie die Germanen.
Auf dem Hoehepunkt der Schlacht wird der
Westgotenkoenig Theoderich erschlagen (vermutlich von einem Gepiden, nicht von einem
Hunnen).
Attila zog sich mit seinen Hunnen in eine
Feldburg zurueck, die er vielleicht selbst als Rueckzugsmoeglichkeit errichtet hatte, die
allerdings vielleicht auch von den 407 in Gallien einfallenden Germanen gebaut wurde. Die
Schlacht war beendet und zehntausende, hauptsaechlich Germanen, fanden den Tod.
Die Westgoten kueren nach dem Tod ihres Koenigs noch waehrend der Schlacht dessen Sohn
zum neuen Monarchen.
Attilas Truppen hielten der Belagerung stand.
Die Westgoten hatten genug von dem Kampf und zogen sich zurueck. Aetius liess Attila ohne
nennenswerte Verluste fliehen. Der ausgefuchste Aetius wollte die Hunnen vermutlich nicht
zu sehr schwaechen, da er sie wohl noch oft zum Kampf gegen aufsaessige Germanenstaemme zu
benutzen gedachte. Er wollte die bestehenden Kraefteverhaeltnisse nicht noch weiter
verschieben, denn bisher sah es so aus, als sei er als alleiniger Gewinner aus der
Auseinandersetzung hervorgegangen.
Dass Attila eine die wenig verlustreiche,
aber schmerzende Niederlage recht gut verkraftete, bewies er, indem er schon ein Jahr nach
seinem Gallienfeldzug mit einer erneut gesammelten Armee in Oberitalien einfallen konnte.
Die Hunnen stuermten und zerstoerten Aquileia. Die Bewohner der Stadt flohen in die nahe
gelegenen Suempfe und Marschlande und die Fluechtenden sollen sich mit "Veni
etiam" ("Bis hierher gekommen") gegruesst haben. Die von ihnen gegruendete
Stadt sollte Venedig heissen. Die Hunnen aber zerstoerten Pavia, Vicenza, Verona, Mantua
und Mailand und hinterliessen veroedetes Land.
Dann bricht Papst Leo I.
aus Rom auf, um den
hunnischen Fuersten daran zu hindern nach Mittelitalien einzufallen und Rom zu pluendern.
Sie treffen am Fluesschen Mincio zusammen und Leo, der desshalb den Beinamen "der
Grosse" erhalten wuerde, kann Attila tatsaechlich von seinem Zug auf Rom abbringen.
Dieses Ereignis wird als grosser Sieg der Christenheit ueber die heidnischen Daemonen
gefeiert, angeblich ist Attila beeindruckt von dem Christengott und zieht es vor, sich
nicht mit ihm zu messen.
Die Vertreibung Attilas durch Papst Leo wurde in der Christenheit als Wunder angesehen.
Wahrscheinlicher ist, das Attila pragmatisch handelte.
Allerdings wird bei einer solchen Darstellung
vergessen, dass Papst Leo Attila, der nach seiner gallischen Niederlage einen schnellen
Erfolg brauchte, ganz Norditalien mit Stadt, Land und Kloestern zur freien Pluenderung
preisgab.
Attilas Hunnen konnten sich ohne Gegenwehr bereichern und der hunnische Koenig
musste nicht wieder eine laestige Stadtbelagerung durchfuehren. Ausserdem war
Mittelitalien wenig ergiebig und Rom war erst 408 durch die Westgoten gepluendert worden.
Seuchen machten sich in den verarmten Gebieten breit, und so ist es wahrscheinlich, dass
Attila die scheinbare Macht des christlichen Glaubens als Vorwand benutzte, um sich ohne
Ehrverlust gewinnbringend zurueckziehen zu koennen.
453 ist das Todesjahr Attilas. Er heiratet
die Tochter eines Germanenfuersten und verstirbt in der Hochzeitsnacht, vermutlich am
eigenen Erbrochenen, womit den beruehmten Attila, der Schrecken der Voelker, das selbe
Schicksal ereilt, wie den legendaeren Drummer von Led Zeppelin.
Sein Tod bezeichnete auch den Zerfall der
hunnischen Macht und den Bruch mit den germanischen Verbuendeten.
Attilas Nachkommen
bekriegten sich untereinander und Goten- und Gepidenfuersten wollten seine Nachfolge
antreten. Um 454 kam es zu einer entscheidenden Schlacht am pannonischen Fluss Nedao.
Die Gepiden unter Koenig Ardarich traten gegen eine hunnisch-ostgotische Koalition
an. Die Gepiden siegten und das Hunnische Reich hoerte auf zu existieren, die Ostgoten
flohen ins Römerreich, wo sie in Pannonien angesiedelt wurden (zum Unglueck Roms, den
unter dem Ostgotenkoenig Theoderich dem Grossen wuerden sie Italien bis 493 erobert
haben und ihr Reich gruenden). Die Sieger dehnten ihre Macht bis in die Theis Ebene bis
nach Siebenbuergen aus und gruendeten in dieser Gegend ihr Reich.
Die Reste der besiegten Hunnen aber flohen in
die bulgarischen Steppen, wo sie mit anderen Nomadenvoelkern das bulgarische Reich
gruenden wuerden.
Ein anderer Teil der Hunnen wurde auf ostroemischen Gebiet angesiedelt
und hatte stark unter den Roemern und Germanen (Ostgoten) zu leiden. Ein letztes Aufgebot
kaempfender Hunnen, unter Attilas Sohn Dengizik, zog 469 erneut gegen Ostrom und wurde
vernichtend geschlagen, Dengizik fiel.
Bis auf einige versprengte, angesiedelte
Reste, verschwand das Volk der Hunnen wieder im Dunkel der Geschichte, ebenso schnell, wie
es einst aus den russischen Steppen ans Licht hervorgebrochen war.
Was war das Ergebnis
des Hunnensturms und seines ploetzlichen Zusammenbrechens? Auf Druck der
hereinbrechenden hunnischen Scharen begannen beispielsweise die Germanenzuege, eine der
groessten Voelkerwanderungen der Geschichte. Die verdraengten Ostgoten verjagten die
Westgoten, diese verjagten die Gepiden. Gleichzeitig brachen Langobarden, Sueben,
Burgunder und Vandelen aus ihren angestammten Gebieten in Germanien und an der Ostsee auf.
Anders als die Hunnen, die in der Geschichte kaum mehr als eine nicht mal hundertjaehrige
Schrecksekunde ueberdauerten, gruendeten die Germanenstaemme, die durch die asiatischen
Eroberer in Bewegung geraten waren, teilweise sehr dauerhafte Reiche.
Die Westgoten zogen vom Balkan aus nach
Italien (401-403) und eroberten Rom (408-410), eine militaerische Leistung, an der die
Hunnen gescheitert waren, aber im spaeteren noch von zwei weiteren Germanenstaemmen
wiederholt werden sollte. 410-415 eroberte Athaulf grosse Teile Galliens und Spaniens und
gruendete das Tolosanische (von der Hauptstadt Toulouse) Westgotenreich, das erst 711
unter dem Druck der Araber zusammenbrach.
Die Vandalen ueberquerten 406 die Rheingrenze (aus Furcht vor den Hunnen?) und wurden 409,
ebenso wie ungefaehr zeitgleich die Sueben, als Foederaten in Spanien angesiedelt. Unter
Geiserich erfolgte 429 die Ueberfahrt nach Afrika und die Eroberung von Hippo Regio und
Karthargo. Hier gruendeten die Vandalen ihr afrikanisches Reich und griffen 455 Rom,
ausgelaugt und abgelenkt durch hunnische Angriffe, an, welches sie erobern konnten.
Ob
Geiserich mit Attila in Verbindung stand, ist nicht bekannt, allerdings liegt die
Vermutung nahe. Zumindestens profitierte der Vandalenkoenig von dem hunnischen Koenig
insofern, dass es ihm erst hunnische Angriffe ermoeglichte, Teile des abgelenkten
roemischen Reiches (Afrka) zu erobern. Das Vandalenreich endete 534/535, zerstoert durch
den ostroemischen Feldherren Belisar.
Die Ostgoten, einst treue Verbuendete der Hunnen, zogen unter ihrem Koenig Theoderich dem
Grossen pluendernd durch den Balkan. Dann eroberte Theoderich, inzwischen von Ostrom zum
Patricius Italiens ernannt, Ravenna ("Rabenschlacht"), Rom und damit Italien
gegen den Soeldnerfuehrer Odowaker. Dass ravennatische Ostgotenreich bestand von 493 bis
552 und wurde von dem ostroemischen Feldherren Narses besiegt, nachdem man Belisar hatte
vertreiben koennen.
(lest Felix Dahns "Ein Kampf um ROM"!!!!!!!) Die
merowingischen Franken hatten am laengsten Bestand. Sie setzten sich waehrend Attilas
Gallienfeldzug und der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen die ripuarischen
Franken durch. Koenig Chlodwig begruendete nach seinem Sieg ueber den roemischen Dux
Syagrius das fraenkische Reich und besiegte die Alemannen, die einst erfolgreich gegen
Attila gekaempft hatten (496). Nach dem Sieg bei Vouille (507) fielen Chlodwig Teile des
Burgunderreiches zu, welches 532 ganz den Franken zufiel. Auch der franzoesische Teil des
westgotischen Reiches wurde von ihnen erobert. Die Merowinger wurden durch die Karolinger
beerbt, deren beruehmtester Spross Karl der Grosse 800 zum ersten deutschen Kaiser
gekroent wurde.
Die Macht der Franken verfiel erst um 919 und wurde von den Saechsischen
Kaisern uebernommen.
2.
Zeittafeln
374
Die Hunnen brechen vom Hunger getrieben aus
den Steppen Russlands hervor. Unterwerfung der Alanen.
375
Hunnen und Alanen unterwerfen das ostgotische
Schwarzmeerreich unter Ermanerich. Kurz spaeter Unterwerfung der Gepiden.
395 - 430
Die Hunnen ueberschreiten nach dem Tode des
roem. Kaisers Theodosius die Donau und unternehmen Feldzuege gegen Byzanz, Italien und
Gallien. Ostrom wird tributpflichtig.
435/436
Vom roem. Heerfuehrer Aetius herbeigerufen,
vernichten die Hunnen das Burgunderreich (sagenhafter Tod Koenig Gunthers).
451
Gallienzug und Niederlage auf den
Katalaunischen Feldern.
455
Rueckzug nach Bulgarien/Russland.
Koenig Attila:
ca. 396
Geburt Attilas. Sein Onkel ist der amtierende
Hunnenkoenig Rugila.
410
Attila als Geisel am roemischen Hof zu
Ravenna.
415
Die von den Hunnen vertriebenen Westgoten
gruenden unter Athaulf das Tolosanische Reich der Westgoten (Hauptstadt Toulouse).
429
Die Vandalen gruenden unter Geiserich ihr
Afrkanisches Reich.
434
Nach dem Tode Rugilas werden Attila und sein
Bruder Bleda Koenige der Hunnen.
435/436
Vernichtung der Burgunder.
ca. 445
Nach der Ermordung seines Bruders wird Attila
Alleinherrscher ueber die Hunnen und deren gotische und gepidische Verbuendete.
447 - 450
Krieg gegen Ostrom auf dem Balkan.
451
Gallienzug Attilas. Bei der Schlacht auf den
Katalaunischen Feldern muessen seine germanischen Hilfsheere eine empfindliche Niederlage
hinnehmen. Attila und seine Hunnen fliehen zurueck nach Paionnien.
452
Einfall in die norditalienische Po-Ebene.
Viele Staedte fallen, unter anderem Mailand. Papst Leo bringt Attila von einem Zug gegen
Rom ab.
453
Tod Attilas in seiner Hochzeitsnacht (Heirat
der Germanin Ildico).
Vertreibung der Hunnen /
Germanenreiche:
454
Niederlage der Hunnen durch die Ostgoten unter
Ardarich.
455
Rueckzug nach Suedrussland. Spaeter, mit
anderen Nomadenstaemmen Gruendung des bulgarischen Reiches.
469
Die letzte grosse hunnische Armee unter
Attila-Sohn Dengizik wird vor Ostrom besiegt.
486
Der Merowinger Chlodwig gruendet nach seinem
Sieg ueber den roem.
Dux Syagrius das fraenkische Reich.
493
Theoderich der Grosse gruendet das Ostgotische
Reich in Italien.
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