Die ddr von 1949-61
Die Deutsche Demokratische Republik
DDR
von 1949 bis 1961
Von
Andre_cb6
Klasse 10a
Inhaltsverzeichnis
Seite
Einleitung 3
Die DDR in den fünfziger Jahren 4
Klassenkampf" von oben" 5
Der 17. Juni 1953 erschüttert das politische System 6
Der "Neue Kurs" 7
Kurzes Tauwetter 1956 8
Ein letzter Schritt zum Sozialismus? 9
Die DDR am Abgrund 10
Im Schatten der Mauer: Die sechziger Jahre 11
Quellenangabe 12
Einleitung
Vor dem Hintergrund dieser stürmischen Entwicklung übermittelte der sowjetische Staats- und Parteichef am 27. September 1949 der in Moskau wartenden SED-Delegation seine Zustimmung zur DDR-Gründung. Zehn Tage hatten Pieck, Grotewohl und Ulbricht auf die erlösende Nachricht warten müssen. Sie eilten nach Berlin zurück. Jetzt ging alles sehr schnell.
Von der Dynamik der Ereignisse überrollt, ließen sich die Vorsitzenden der Blockparteien CDU und LDP nicht nur die Zustimmung zur DDR-Gründung abringen, sondern auch zur Verschiebung der Volkskammerwahlen auf das Jahr 1950. Zugesicherte Minister- und Staatssekretärsposten erleichterten den widerstrebenden Politikern ihre Entscheidung.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit zeigte sich das wahre Demokratieverständnis der SED-Führung. Als der SED-Parteivorstand Anfang Oktober zusammentrat, um die Gründungsvorbereitungen für den ersten "Arbeiter-Bauern-Staat" abzusegnen, tönte der Parteipropagandist Gerhart Eisler: "...
wenn wir eine Regierung gründen, geben wir sie niemals wieder auf, weder durch Wahlen noch andere Methoden". "Das haben einige noch nicht verstanden", lautete Ulbrichts spontaner Kommentar dazu.
Am 7. Oktober war es schließlich soweit: Der Volksrat, ein pseudoparlamentarisches Gremium, das aus dem im Mai 1949 auf der Grundlage von Einheitslisten gewählten 3 Volkskongress hervorgegangen war, erklärte sich zur "Provisorischen Volkskammer". Vier Tage später wählte das selbsternannte Parlament Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten und Wilhelm Pieck zum Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik.
Die DDR in den fünfziger Jahren
Das formal weiterbestehende Mehrparteiensystem in der DDR konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SED, beauftragt und kontrolliert von ihrer sowjetischen Schutzmacht, zur allein bestimmenden Kraft in der DDR wurde.
Die Strukturen in Gesellschaft und Wirtschaft wurden immer mehr dem sowjetischen Modell angeglichen. Der III. Parteitag der SED im Juli 1950 wählte Walter Ulbricht zum Generalsekretär. Kurze Zeit später begann auf allen Ebenen eine weitreichende Parteisäuberung, der auch hohe Parteifunktionäre zum Opfer fielen. Ein Jahr nach Gründung der DDR hatte die SED ihre Position so weit gefestigt und die Bevölkerung eingeschüchtert, dass die "Wahlen" zur Volkskammer bei einer Beteiligung von 98 Prozent 99,7 Prozent "Zustimmung" für die Einheitsliste erbrachten. Mit der Aufnahme der DDR in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im September 1950 und dem Beginn des ersten Fünfjahrplans im Januar 1951 wurde die Ostintegration der DDR vorangetrieben.
Und dennoch stand die Entwicklung in der DDR nach wie vor unter dem Vorbehalt einer - wenn auch immer unwahrscheinlicher erscheinenden - Einigung der einstigen Alliierten. Stalin, der die Gründung der DDR im Herbst 1949 in einem Grußtelegramm als "Wendepunkt in der Geschichte Europas" bezeichnet hatte, da "die Existenz eines friedliebenden demokratischen Deutschland neben dem Bestehen der friedliebenden Sowjetunion die Möglichkeit neuer Kriege in Europa" ausschließen würde, hatte seine deutschlandpolitischen Ziele der Nachkriegszeit noch nicht zu den Akten gelegt. Als zum Jahreswechsel 1951/52 die militärische Integration der Bundesrepublik in die westliche Allianz vorbereitet wurde, leitete die Sowjetunion Mitte Februar 1952 eine neue deutschlandpolitische Initiative ein. Am 10. März forderte Moskau die Westmächte zum wiederholten Male auf, die "schleunigste Bildung" einer gesamtdeutschen Regierung einzuleiten. Die als Stalin-Note in die Geschichte eingegangene Initiative sah ein neutralisiertes Deutschland mit eigenen Streitkräften in den Grenzen von 1945 vor, aus dem sich die Siegermächte ein Jahr nach Abschluss des Friedensvertrages zurückziehen sollten.
Die ablehnende Reaktion der Westmächte verdeutlichte zwei Wochen später, dass die Westintegration der Bundesrepublik nicht mehr aufzuhalten war. Vor diesem Hintergrund verordnete Stalin den in Moskau weilenden SED-Führern Pieck, Grotewohl und Ulbricht Anfang April einen abrupten Kurswechsel. Jetzt galt es, die Sicherheitsbelange der Sowjetunion am Status quo auszurichten. "Volksarmee schaffen - ohne Geschrei. Pazifistische Periode ist vorbei" und "Demarkationslinie gefährliche Grenze", notierte sich Wilhelm Pieck nach den Gesprächen mit Stalin am 1. und am 7.
April, der eine umfassende militärische Aufrüstung der DDR angeordnet hatte. Auch sollte die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft durch die "Schaffung von Produktiv-Genossenschaften im Dorfe" vorangetrieben werden. Allerdings: "Niemand zwingen. Nicht schreien Kolchosen - Sozialismus. Tatsachen schaffen", mahnte der sowjetische Parteichef, der die SED-Führer einige Jahre zuvor schon einmal mit den ungestümen "Teutonen" verglichen hatte. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, gleichzeitig eine härtere innenpolitische Gangart in der DDR zu verlangen: "Prozesse durchführen", "kein Pazifismus" notierte sich Pieck und das Versprechen, "Erfüllt euch mit Kampfgeist, wir werden euch helfen".
Klassenkampf "von oben"
Im Juli 1952 war es schließlich soweit. Auf der 2. SED-Parteikonferenz proklamierte Walter Ulbricht den "Aufbau des Sozialismus" in der DDR. Er rief den Teilnehmern der Konferenz zu: "Wir werden siegen, weil der große Stalin uns führt". Die Delegierten erklärten den "Sturz der Bonner Regierung" zur Voraussetzung für die deutsche Einheit. Etwaigen Widerspruch in der Gesellschaft wollte man mit einer "Verschärfung des Klassenkampfes" begegnen.
Um den "feindlichen Widerstand zu brechen und die feindlichen Agenten unschädlich zu machen", forderte die SED entsprechend der sowjetischen Weisungen dazu auf, "die Heimat und das Werk des sozialistischen Aufbaus durch die Organisierung bewaffneter Streitkräfte zu schützen". Die Abriegelung der innerdeutschen Grenze und die Auflösung der fünf Länder zugunsten von 14 Verwaltungsbezirken - letzteres kam der zentralistischen SED-Politik entgegen - stellten weitere Etappen bei der Umformung der DDR nach sowjetischem Vorbild dar. Darüber hinaus beschloss die Parteikonferenz nicht nur die Gründung Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG), sondern auch von "Produktionsgenossenschaften des Handwerks".
Die Beschlüsse der II. Parteikonferenz hatten dem über der SED schwebenden Damoklesschwert einer plötzlichen deutschlandpolitischen Übereinkunft Moskaus mit den Westmächten viel von seiner Bedrohung genommen. Doch der Preis, den die Berliner Partei- und Staatsführung für die weitere Integration ihres Protektorats in den Ostblock zahlen musste, war hoch.
Die Kosten für den ostdeutschen Militärbeitrag zum sowjetischen Sicherheitssystem und der damit einhergehende forcierte Ausbau der Schwerindustrie sollten den jungen Teilstaat binnen Jahresfrist politisch und wirtschaftlich vor die Zerreißprobe stellen.
Mittels der Steuer- und Abgabenschraube versuchte die Parteiführung, nicht nur ihren enormen Finanzbedarf aus dem Mittelstand zu pressen, sondern diesen auch in die Genossenschaften zu drängen. Trotz der halbherzigen Mahnung, "Überspitzungen" bei der Kollektivierung der Landwirtschaft zu vermeiden, tobte im Herbst 1952 auf dem Lande der "Klassenkampf". Wer von den Groß- und Mittelbauern das festgesetzte "Soll" unterschritt, sah sich rasch als "Schieber" oder "Spekulant" kriminalisiert. Bis Ende Januar 1953 wurden gegen mehr als 1.200 Bauern Strafverfahren angestrengt.
Auch bei dem Versuch, das private Handwerk zum Beitritt in die Produktionsgenossenschaften zu bewegen, setzte die SED mehr auf das Wirtschaftsstrafrecht als auf Überzeugungsarbeit. Ab Oktober 1952 sorgte das "Gesetz zum Schutz des Volkseigentums" selbst bei kleinsten Diebstählen für drakonische Strafen. Zwischen Juli 1952 und Mai 1953 verdoppelte sich die Zahl der Gefängnisinsassen auf über 66.000. Doch der "Klassenkampf" der SED beschränkte sich nicht allein auf den wirtschaftlichen Bereich. Nachdem zum Jahreswechsel 1952/53 Schauprozesse gegen Funktionäre der Blockparteien für Aufsehen gesorgt hatten, ging die SED Anfang 1953 zum offenen Terror gegen die kirchliche Jugendarbeit über.
Seit Sommer 1952 war die SED-Politik zu einem kalten Krieg gegen die gesamte Bevölkerung eskaliert. Längst regte sich auch in der Arbeiterschaft der Unmut gegen die in ihrem Namen ausgeübte Herrschaft. Mit Einsparungen und Plädoyers zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität allein ließen sich der zusätzliche Finanzbedarf ebenso wenig decken wie durch die immer drückendere Steuer- und Abgabelasten für den Mittelstand. So setzte die SED-Führung in ihrer Not zunehmend auf Preissteigerungen, strich Subventionen und erhöhte die Akkordsätze. Gleichzeitig verschlechterte sich die Versorgungslage stetig. In der Bevölkerung gärte es.
Trotz des flächendeckenden Informationsapparates der Partei und des 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit verkannte die SED die Situation völlig. Noch Ende Mai erhöhte sie die Arbeitsnormen in der Industrie und im Bauwesen. Es bedurfte der Anweisung der sowjetischen "Bruderpartei", um den forcierten Aufbau des Sozialismus in der DDR zu stoppen. Obwohl in der Parteispitze der KPdSU nach Stalins Tod im März 1953 ein Machtkampf entbrannt war, bewies man dort genügend Weitsicht, um den verhängnisvollen Charakter der SED-Politik zu erkennen. Als die Partei am 9. Juni auf Anweisung der sowjetischen Besatzungsmacht einen "Neuen Kurs" verkündete und "eine Reihe von Fehlern" eingestand, ohne jedoch die Normenerhöhung zurückzunehmen, brachte sie das Fass zum Überlaufen.
Der 17. Juni 1953 erschüttert das politische System
Mit derlei halbherzigen Schritten ließ sich die aufgebrachte Bevölkerung nicht mehr beruhigen. Am 16. Juni legten die Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee ihre Arbeit nieder und zogen in einem Protestmarsch durch die Ost-Berliner Innenstadt. Wer nach einem Auslöser für das große Ereignis unter dem sommerlichen Gewitterhimmel Berlins sucht, der findet ihn wahrscheinlich in jener ominösen 'Dampferfahrt', die in vielen Quellen genannt, deren konkreter Ablauf jedoch erst nach Öffnung der ostdeutschen Archive rekonstruiert werden konnte.
Am Samstag, dem 13.
Juni, verwandelte sich ein geselliger Betriebsausflug von fünf- bis sechshundert Arbeitern und Angestellten der Baustelle des Krankenhauses Friedrichshain in der Gaststätte "Rübezahl" am Müggelsee in eine hochpolitische Streikversammlung. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich am Montag die Nachricht von dem zwei Tage zuvor ausgerufenen Streik auf der Krankenhausbaustelle. Als Volkspolizisten am Morgen des 16. Juni das Krankenhaus umstellten, legten auch die Bauarbeiter der Stalinallee die Arbeit nieder. Ein Beteiligter erinnert sich: "Die Situation unserer Kollegen wurde kurz bekannt gegeben. Innerhalb ganz kurzer Zeit kamen die Kollegen, in Arbeitskleidung, so wie wir waren, in Holzpantinen und nur mit Hemd usw.
bekleidet, zusammen. Dann haben wir uns formiert zu einem Zug von etwa 300 bis 500 Leuten und sind auf der Straße zum Krankenhaus marschiert." In den folgenden Tagen kam es in über 250 Städten zu Streiks und Demonstrationen. Rasch gesellten sich zu den ökonomischen Forderungen der Ruf nach Demokratie, Einheit und freien Wahlen. Die Partei- und Staatsführung erwies sich als ohnmächtig. Die sowjetische Besatzungsmacht musste Panzer schicken und im ganzen Land den Ausnahmezustand verhängen, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen.
Für die SED-Führung ein Schock: "Es war doch ein Stoß in die Herzgegend - mit welcher Liebe haben wir die Partei aufgebaut - zu erkennen, dass uns Teile der Partei im Stich ließen, dass uns die Jugend im Stich ließ! Das tut doch weh. (...) Was ist denn mit der höchsten Instanz unserer Partei hier los? Wir sitzen da, als hätten wir uns in die Hosen gemacht." Vier Tage nach dem Arbeiteraufstand am 17.
Juni 1953 fasste der damals 74jährige, einstige Sozialdemokrat Otto Buchwitz, der nur noch repräsentative Funktionen innehatte, die Stimmung in der SED-Führung zusammen. Die Statthalter Moskaus fürchteten die Rache des Volkes, aber auch die Abrechnung der eigenen Parteibasis. Kein anderes Ereignis in der Geschichte der DDR hat die von der SED gehegte Mär vom Arbeiter- und Bauernstaat deutlicher entlarvt als die Rebellion der Arbeiter in jenen Junitagen. Der spontane und ohne Führung ausgebrochene Widerstand konnte in den folgenden Wochen zwar gebrochen werden, doch dauerten die Unruhen noch bis in den Juli hinein an. In der Zeit nach dem 17. Juni wurden zwischen 8.
000 und 10.000 Bürger festgenommen. Mindestens fünfzig Menschen hatten ihr Leben verloren. Bis 1989 versuchte die SED in der politischen Propaganda und Geschichtsschreibung, den Aufstand als von außen gelenkte "faschistische Provokation" zu denunzieren. Doch schon im Dezember 1953 musste der Leiter der Staatssicherheit, Ernst Wollweber, vor der Parteiführung einräumen, "dass es uns bis jetzt nicht gelungen ist, nach dem Auftrag des Politbüros die Hintermänner und die Organisatoren des Putsches vom 17. Juni festzustellen".
Der "Neue Kurs"
In den Monaten nach dem 17. Juni 1953 verfolgte die SED-Führung eine doppelte Strategie. Einerseits erfolgte die Abrechnung mit Funktionären, die während des Aufstandes politisch "geschwankt" hatten. Dabei gelang es Ulbricht, seine ärgsten Widersacher, darunter den Staatssicherheitsminister Wilhelm Zaisser sowie den Chefredakteur des "Neuen Deutschland" Rudolf Herrnstadt, zu entmachten. Andererseits bemühte sich die Staats- und Parteiführung, die Bevölkerung durch die Verbesserung der Lebensverhältnisse zu beruhigen. In seinem Buch "Durch die Erde ein Riss" erinnert sich der Schriftsteller Erich Loest: "Täglich wurden Verordnungen und Bestimmungen bekannt gegeben: Rückkehr zu den Normen des 1.
April, Erhöhung der Mindestrente von 65 auf 75 Mark, der Witwenrente von 55 auf 65 Mark. Die Anrechnung der Kuren auf den Urlaub wurde aufgehoben. [...] Verstärkter Wohnungsbau, mehr Reparaturen an Wohnungen, 30 Millionen zusätzlich für sanitäre Einrichtungen in Volkseigenen Betrieben, 40 Millionen zusätzlich für Feierabendheime und Kindergärten! Was als wichtige, längst fällige Verbesserung empfunden wurde: Die täglichen Stromabschaltungen in den Haushalten sollten aufgehoben werden.
[...] Der Benzinpreis fiel von 3,00 Mark auf 1,80 Mark. [..
.] Lebensmitteltransporte aus der Sowjetunion rollten an, dreitausend Waggons in einer Woche, beladen mit Butter, Schmalz, Speiseöl und Fischkonserven, die SU versprach für das Jahr 1953 fast eine Million Tonnen Getreide." Dennoch gab sich die Parteiführung offenbar nicht der Hoffnung hin, mit diesen Maßnahmen das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen zu können. Fieberhaft begann sie mit dem Ausbau des Spitzelsystems der Staatssicherheit, um solche Unruhen in Zukunft frühzeitig unterdrücken zu können. Auch ihren Führungsanspruch schränkte die SED in keiner Weise ein.
Dass die Beruhigung der Bevölkerung allenfalls in Ansätzen gelang, belegen die Flüchtlingszahlen.
1954 verließen 184.000 und 1955 252.000 Menschen für immer die DDR. Im Vergleich zu den 331.000 Bürgern, die der DDR im Krisenjahr 1953 den Rücken kehrten, stellte dies allerdings einen spürbaren Rückgang dar.
Im Sommer 1955 zerstreuten die Sowjets die Befürchtungen der SED-Spitze, die Schutzmacht könnte die Existenz der DDR für ein wie auch immer geartetes neutrales Deutschland opfern.
Auf einer Kundgebung verkündete der Erste Sekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow, die "Zwei-Staaten-Theorie", nach der eine Wiedervereinigung Deutschlands nur unter Wahrung der "sozialistischen Errungenschaften" der DDR erfolgen könnte. Der "Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR" vom September gleichen Jahres garantierte der DDR formal die volle Souveränität. Im Januar 1956 trat die DDR dem Warschauer Pakt bei.
Zehn Jahre nach Kriegsende war der östliche Teil Deutschlands fest in den kommunistischen Machtbereich integriert. Dem Bürger, der die SED-Politik ablehnte, blieb nur die Anpassung an die Verhältnisse oder die Übersiedlung in den Westen, einen Weg den jährlich Zehntausende wählten. Angesichts der Präsenz sowjetischer Truppen schien eine Wende zum Besseren auf absehbare Zeit wenig wahrscheinlich.
Kurzes Tauwetter 1956
Doch der Eindruck, dass Walter Ulbricht im Auftrage Moskaus unangefochten an der Spitze einer einheitlichen, alles beherrschenden Partei das Schicksal der DDR bestimmte, erwies sich als trügerisch. Als die Flüchtlingszahlen 1955 wieder deutlich anstiegen, reifte innerhalb der SED-Führung die Einsicht, dass mit der bloßen Intensivierung überkommener Propagandaformen der Abwanderung kein Einhalt zu gebieten war. Es war die Zeit des politischen "Tauwetters", das damals im gesamten Ostblock Hoffnungen auf umfassende Reformen weckte. Der XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 löste nicht nur in der Sowjetunion heftige Reaktionen aus. Die Enthüllungen Chruschtschows über die Verbrechen Stalins stürzten die gesamte kommunistische Bewegung in eine Krise.
Eilfertig erklärten jene SED-Funktionäre, die bereits zu Weimars Zeiten dem "großen Stalin" gehuldigt hatten: "Was die Würdigung Stalins anbelangt, so müssen wir unsere bisherigen Anschauungen einer Revision unterziehen... In den letzten fünfzehn Jahren seiner leitenden Arbeit sind Fehler und Irrtümer in seinem Wirken aufgetreten, durch die der Sache des Sozialismus Schaden entstanden ist." Dies mag insbesondere in den Ohren jener bitter geklungen haben, die in den dreißiger Jahren in die Mühlen des Stalinschen Terrors geraten waren. Tausende Genossen, die im "Vaterland der Werktätigen" Schutz vor den Verfolgungen des Nationalsozialismus gesucht hatten, verschwanden damals in sowjetischen Lagern.
Die wenigen, die das Gulag überlebt hatten und oft erst nach Jahren nach Deutschland zurückkehren durften, waren in der DDR zum Schweigen verpflichtet worden.
Bis Oktober 1956 erfolgte die Entlassung von insgesamt rund 21.000 Häftlingen. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Männer und Frauen, die in den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren in tatsächlicher oder vermeintlicher Opposition zur Politik der SED gestanden hatten. Zugleich wurde ein Teil der innerparteilichen Gegner Ulbrichts rehabilitiert, die zu Beginn der fünfziger Jahre sowie nach dem 17. Juni 1953 entmachtet und zum Teil aus der Partei ausgeschlossen worden waren.
Ehemalige Spitzenfunktionäre wie Anton Ackermann, Franz Dahlem, Elli Schmidt oder Hans Jendretzky sollten ihren alten Einfluss jedoch nicht wieder zurückerlangen.
Die Kritik an der stalinistischen Herrschaftspraxis der SED wurde immer lauter und richtete sich bald auch gegen deren führenden Repräsentanten, Walter Ulbricht. Während der größte Teil der Bevölkerung der Entwicklung weitgehend unbeteiligt gegenüberstand, gärte es in der Partei und unter den Intellektuellen. Vor allem jene Teile der jungen Generation, die Mitte der fünfziger Jahre an den Hochschulen und Universitäten studierten und die, die humanistischen Ideale des Sozialismus ernst nahmen, litten unter dem Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der DDR. Sie suchten einen "dritten Weg" zwischen dem Kapitalismus der Bundesrepublik und dem stalinistischen Sozialismus der DDR. Um den Parteiphilosophen Wolfgang Harich und den Leiter des Aufbau-Verlages, Walter Janka, formierte sich eine Oppositionsgruppe, die in ihrer programmatischen "Plattform" klarstellte: "Wir wollen auf den Positionen des Marxismus-Leninismus bleiben.
Wir wollen aber weg vom Stalinismus." Die Harich-Gruppe forderte die Wiederherstellung der Meinungsfreiheit, Rechtssicherheit, die Abschaffung der politischen Geheimpolizei und innerparteiliche Demokratie. Die "sozialistische" Demokratisierung der DDR sollte die Grundlage für die Wiedervereinigung schaffen, für die Harich in geheimen Gesprächen die westdeutsche SPD gewinnen wollte.
Nach dem Aufstand in Ungarn im Herbst 1956, der nur durch den Einmarsch der Sowjetarmee niedergeschlagen werden konnte, gewann Ulbricht wieder Auftrieb. Die Destabilisierungstendenzen im Ostblock führten zu einem jähen Ende des "Tauwetters". Mit der Verhaftung Wolfgang Harichs und Walter Jankas sowie weiterer Mitstreiter, die zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt wurden, signalisierte Ulbricht, dass er Diskussionen über "dritte Wege" nicht dulden würde.
Vor der Parteiöffentlichkeit verborgen, setzten sich die Auseinandersetzungen innerhalb der Parteispitze noch bis 1958 fort. Im Frühjahr 1958 gelang es Ulbricht, seine schärfsten Kritiker und Konkurrenten in der Parteiführung, darunter das Politbüromitglied Karl Schirdewan und den Staatssicherheitsminister Ernst Wollweber, zu entmachten.
Ein letzter Schritt zum Sozialismus?
Auf dem V. Parteitag der SED (Juli 1958) war die Position Ulbrichts unangefochten. Die Delegierten beschlossen die "Vollendung" des sozialistischen Aufbaus. Bis 1961 sollte die DDR die Bundesrepublik wirtschaftlich ein- und schließlich überholen.
1958/59 erfolgte eine für die Bevölkerung spürbare Konsolidierung der DDR-Wirtschaft. Erholungs- und Ferienheime der Gewerkschaft, Kulturhäuser, Kinderhorte und Polikliniken wurden als "Errungenschaften" des Systems angenommen. Der Ausbau der Konsumgüterindustrie zeitigte erste Erfolge. Die letzten Lebensmittelkarten wurden endlich abgeschafft. Der Lebensstandard der Bevölkerung stieg. Viele Menschen begannen, sich mit dem System zu arrangieren, das vor allem Arbeitern bisher ungekannte Aufstiegschancen bot.
Die Flüchtlingszahlen sanken 1959 mit 143.917 auf den tiefsten Stand seit 1949. Die Parteiführer fühlten sich auch durch die internationale Lage in ihrem Selbstvertrauen gestärkt. Die Sowjetunion hatte 1957 mit dem "Sputnik" den ersten künstlichen Satelliten in den Weltraum gebracht und damit nicht nur ihren Vorsprung in der Raketentechnik demonstriert, sondern auch zu verstehen gegeben, dass sich nun auch das amerikanische Festland in der Reichweite östlicher Atomwaffen befand. Schließlich glaubte man sich auch durch die Bewältigung einer neuerlichen Berlin-Krise aufgewertet. Zwar war der Vorstoß der Sowjetunion im November 1958 gescheitert, den Abzug der Westmächte aus Westberlin zu erzwingen; Moskau hatte ultimativ die Umwandlung Westberlins in eine "freie und entmilitarisierte Stadt" gefordert.
Doch an der Krisensitzung der Außenminister der Großmächte in Genf nahmen erstmals auch Delegationen der DDR und der Bundesrepublik beratend teil. Demgegenüber war die sozialistische Umgestaltung der Wirtschaft und Gesellschaft seit dem Juni Schock des Jahres 1953 ins Stocken geraten. Das Arrangement vieler Menschen mit dem Staat als Zustimmung fehldeutend, glaubte die Parteiführung, den Transformationsprozess im Jahre Zehn der DDR abschließen zu können. Wenn es gelang, die letzten Reste der "kapitalistischen Basis" in der DDR zu beseitigen, würde sich die sozialistische Idee endlich auch im "Überbau", also im Denken und Handeln der Bevölkerung, durchsetzen. So kündigte die SED den zerbrechlichen "Burgfrieden" zwischen Partei und Bevölkerung auf. Bauern wurden wieder zum "freiwilligen" Eintritt in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genötigt, widerstrebende Hofbesitzer von der Staatssicherheit verhaftet.
In den Städten und Gemeinden wurden zahlreiche Handwerker in Produktionsgenossenschaften gepresst. Der Anteil des privaten Handwerks am handwerklichen Gesamtprodukt sank von 93 Prozent im Jahre 1958 auf 65 Prozent 1961.
Gleichzeitig gelang es Ulbricht aber, seine Position weiter auszubauen. Nach dem Tode Wilhelm Piecks im September 1960 übernahm er den Vorsitz des neugeschaffenen Staatsrates. Als Generalsekretär der SED und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates vereinte er damit alle entscheidenden Funktionen der DDR in seiner Person.
Die DDR am Abgrund
Der Preis, den die SED für die vermeintlich letzte große Etappe der "sozialistischen Umgestaltung" bezahlen musste, war hoch.
Die Versorgungsschwierigkeiten, die aus der überstürzten Kollektivierung der Landwirtschaft erwuchsen, und der verschärfte politische Kurs der SED, ließen den Strom der Bürger, die ihrem Staat für immer den Rücken kehrten, zu einer neuerlichen Massenflucht anwachsen. Die DDR brauchte eine Atempause, eine ökonomische Konsolidierung und gesellschaftliche Befriedung, sonst drohte der Kollaps.
In großen Teilen der DDR-Bevölkerung verstärkte sich im Frühsommer 1961 die Überzeugung, dass die SED und ihre Schutzmacht Sowjetunion etwas unternehmen würden, um das Ausbluten ihres westlichen Vorpostens zu verhindern. Immer neue Gerüchte über das "Wie" kursierten, und viele Bürger wurden nach einer internationalen Pressekonferenz mit Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 hellhörig. Auf die Frage einer Journalistin der Frankfurter Rundschau, ob die DDR plane, eine "Staatsgrenze am Brandenburger Tor" zu errichten, hatte dieser geantwortet: "Ich verstehe ihre Frage so, dass es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten.
Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht. [...] Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Im Juli stieg die Zahl der Flüchtlinge auf 30.
415, in den ersten beiden Wochen des Monats August gar auf 47.433 an.
Doch für die meisten ging das Leben weiter wie bisher. Zu viele Krisen hatte man in Berlin bereits er- und überlebt. Und so widmete man sich dem Sommerschlussverkauf oder besuchte den auf dem Marx-Engels-Platz gastierenden Zirkus Busch. West-Berliner Kulturbeflissene freuten sich auf die "Hochzeit des Figaro", auf "La Traviata" oder "Madame Butterfly", die von der Deutschen Staatsoper nach der Spielpause für Ende August angekündigt worden waren.
Ost-Berliner konnten im Westteil der Stadt mit DDR-Geld Westzeitungen bzw. -Zeitschriften kaufen sowie die Theater und Kinos besuchen. In der Nacht zum 13. August feierte das DDR-Fernsehen mit einer Sendung aus dem "Rafena-Werk" in Radeberg den "millionsten" Fernsehapparat, der in der DDR hergestellt worden war. Doch eben in dieser Nacht, im zwölften Jahr der DDR, sollte sich alles schlagartig ändern.
Im Schatten der Mauer: Die sechziger Jahre
Das Unvorstellbare geschah in den frühen Morgenstunden des 13.
August 1961. Um 2 Uhr morgens gingen bei der West-Berliner Polizei die ersten Meldungen über die Absperrung des Ostteils der Stadt ein. Passanten und Anwohner hatten beobachtet, wie Pioniereinheiten im Schutz schwerbewaffneter Volkspolizisten und NVA-Soldaten damit begannen, die Straßen zu den Westsektoren mit Stacheldraht und Spanischen Reitern abzuriegeln. Eine Viertelstunde später riss der Lärm von Presslufthämmern die Anwohner der Friedrich-Ebert-Straße aus ihrem Schlaf. SED-Betriebskampfgruppen errichteten Barrikaden aus Asphaltstücken und Pflastersteinen. Um halb drei wurde die West-Berliner Polizei in Alarmzustand versetzt.
Eine Stunde später rollten Panzer durch den Ostteil der Stadt. Sie bezogen an zentralen Punkten, Unter den Linden, am Alexanderplatz und an der Oberbaumbrücke, Stellung. Immer enger wurde der Absperrungsring um West-Berlin. Noch gelang es einzelnen Flüchtlingen, die Grenzbefestigungen an unübersichtlichen Stellen zu durchbrechen. Einige durchschwammen kurz entschlossen Kanäle und Gewässer. Fassungslos strömten die Berliner in den Morgenstunden zu Tausenden an die inzwischen hermetisch abgeschlossene Grenze, wo sie sich, getrennt durch Stacheldraht und schwerbewaffnete Volkspolizei, hilflos gegenüberstanden.
In den folgenden Tagen ersetzten Bautrupps die provisorischen Befestigungen durch eine feste Mauer. Die DDR war abgeriegelt, die Spaltung Deutschlands nun auch "architektonisch" vollzogen. Die Westmächte reagierten verhalten. Die von US-Präsident Kennedy am 25. Juli formulierten wesentlichen Punkte der amerikanischen Berlin-Politik - die Anwesenheit der westlichen Truppen und der freie Zugang nach Berlin - waren von den Ereignissen des 13. August nicht angetastet worden.
Quellenverzeichnis
www.google.de\ DDR von 1949-1961
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