Glutenfreies brot
Problemanalyse
Zöliakie ist eine angeborene
Stoffwechselkrankheit, die auf einer Überempfindlichkeit gegenüber Weizen-, Roggen- und
Hafereiweißen, insbesondere Klebereiweißen (Glutenen) beruht. Die Krankheit wird im
Kindesalter Zöliakie, im Erwachsenenalter Sprue genannt. Die Erkrankungshäufigkeit liegt
in der Bundesrepublik bei 1:1000. Demnach kann man in den alten Bundesländern mit etwa
60.000 Zöliakiekranken rechnen.
Traditionelle gesäuerte Misch- und
Roggenbrotsorten können von den Zöliakiekranken nicht verzehrt werden, da sie unter der
Verwendung der obengenannten, klebereiweißhaltigen Getreidesorten hergestellt werden.
Sie
müssen deshalb auf diätetische Produkte zurückgreifen, bei denen diese Hauptrohstoffe
durch glutenfeies Reis- oder Maismehl ersetzt sind.
Die derzeit auf dem Markt befindlichen glutenfreien Brote bzw. Fertigmehlmischungen weisen folgende Defizite
auf:
a) Der im Weizen enthaltene Kleber und die im
Roggenmehl vorhandenen Pentosane und Hexosane bilden bei der Teigbereitung eine
elastische, tragfähige Gerüstmatrix, die dem Teig soviel Stand verleiht, daß Teiglinge
ausgeformt und frei geschoben werden können. Traditionelles Brot kann deshalb in Form von
Laiben oder Kipfen angeboten werden.Mais- und Reismehl enthalten keine derartigen
Gerüstbildner. Die handelsüblichen glutenfreien Brote werden deshalb in Kästen
gebacken, wodurch ein eher unbefriedigendes kuchenähnliches Aussehen zustandekommt.
b) Der Geschmack der angebotenen glutenfreien
Brote muß als unbefriedigend angesehen werden. Die Ursache hierfür ist wohl in zwei
Aspekten zu suchen:
* Infolge der fehlenden
Eiweißfraktion in Mais- bzw. Reismehl und aufgrund der mangelhaften Amylaseaktivitäten
kommt es während des Backvorganges kaum zu Maillard-Reaktionen, d.h. es werden kaum die
für Roggenbrot typischen Geschmackskomponenten wie HMF oder Maltol gebildet. Auch die
unbefriedigende Krumen- und Krustenbräunung hat hierin wohl ihren Grund.
* Die Herführung eines
natürlichen Sauerteigs auf Reis- bzw. Maismehlbasis scheint nicht befriedigend geglückt
zu sein - stattdessen wird mit Hilfe reiner Milchsäure künstlich gesäuert. Hier fehlen
dann die im natürlichen Sauerteig vorhanden komplexen Geschmackskomponenten, die den
Geschmack eines natürlich gesäuerten Brotes prägen.Offensichtlich um dieses Manko
auszugleichen, sind die handelsüblichen glutenfreien Brote entweder stark gewürzt oder
sie enthalten Kastanienmehl, das allerdings infolge seiner stark nachhängenden Bittere
abzulehnen ist.
Die Aufgabenstellung mußte also sein, ein
Brot zu entwickeln, das in
* Form
* Krumen- und Krustenbeschaffenheit und
* Geschmack
einem traditionell hergestellten natürlich gesäuerten Brot möglichst nahe kommt.
Herstellung eines glutenfreien Vollsauers
Zur Herstellung eines Vollsauers auf
Reismehlbasis wurde eine Zweistufenführung angewandt, da durch das eingeschränkte
Nahrungsangebot für die Hefe eine spezielle Führung zur Hefevermehrung uninteressant
ist.
Es ergeben sich auch Vorteile gegenüber der Dreistufenführung infolge der
Arbeitsersparnis, der einfachen Berechnung der Mehl-/Wassermengen und der langen
Abstehtoleranz des Grundsauers.Um eine unerwünschte Sauerteigflora, die durch die
zufällige Mikroflora der Umgebung entstehen kann, zu vermeiden, muß mit intakten
Sauerteigkulturen gestartet werden. D.h. es wird ein Reisgrundsauer mit Roggensauer
angestellt. Der vorhandene glutenhaltige Roggenanteil verringert sich bei der Fortführung
des Reissauerteiges exponentiell und stellt infolge seiner hohen Verdünnung nach kurzer
Zeit kein Problem mehr für die Zöliakiekranken dar.
Es wurde eine gute Gärtätigkeit
und ein befriedigender pH-Abfall auf 4,6 festgestellt.Bei der Weiterführung des
Sauerteigs zeigte sich jedoch eine abnehmende Gärtätigkeit. Dies ist wohl auf den
abnehmenden Roggenmehlanteil und den darin enthaltenen Nährstoffen bzw. Enzymaktivitäten
(Amylasen) zurückzuführen. Aus diesem Grund mußte der Rezeptur eine N-Quelle in Form
von Molkenpulver und eine sofort verfügbare Kohlenhydrat-Quelle in Form von Dextrose
zugefügt werden.
Herstellung eines freigeschobenen Brotes
Die fehlenden Pento- und Hexosane bzw.
der fehlende Kleberanteil im Reismehlbrot
macht es notwendig, daß andere gerüstbildende Substanzen zugesetzt werden, die
diese Aufgabe übernehmen können. Hierzu kommen zwei Substanzklassen in Betracht:
a) Polysaccharide
Üblicherweise wird hier Guarkernmehl eingesetzt, das bereits in niedrigen Konzentrationen
stark viskositätserhöhend wirkt. Es kann zur Verdickung von Teig herangezogen werden,
weil es vollständig kaltlöslich ist. Allerdings verliert es in der Hitze an Viskosität,
weshalb hier unterstützend ein zweites Verdickungsmittels eingesetzt wurde. Es eignet
sich kaltlösliche Stärke, wie z.B.
Ultra Tex 2 von der Fa. National Starch, eine
glutenfreie Wachsmaisstärke.
b) Proteine
Hier wurde Molkenpulver eingesetzt, da dieses zudem eine N-Quelle (Molkenproteine) und
eine KH-Quelle (Lactose) für die Gärtätigkeit der Hefen und für das Zustandekommen der
Maillard-Reaktion darstellt.
Das mit diesen Zusätzen gebackene Brot war
herkömmlichen Produkten in Form (freischiebbar), Krusten- und
Krumenbeschaffenheit (weniger kuchenähnlich) und Geschmack
(natürliche Säuerung) überlegen
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