Die farbe rot
Einführung
· Rot ist die erste Farbe überhaupt, der der Mensch einen Namen gab, demnach die älteste Farbbezeichnung in Sprachen der Welt, z.B. ist aus diesem Grund in manchen Sprachen das Wort für "farbig" identisch mit dem Wort für "rot", wie beim spanischen "colorado".
· Neben Blau und Gelb ist Rot eine der Ur - bzw. Grundfarben.
· Die Symbolik der Farbe ist bis heute geprägt durch zwei elementare Erfahrungen: Rot ist das Blut, Rot ist das Feuer.
Diese Erfahrungsbereiche hatten und haben immer noch in allen Kulturen eine existentielle Bedeutung, was dazu führt, daß die Symbolik der Farbe immer noch tief im Bewußtsein der Menschen verankert ist.
Geschichte der Farbe
--> Das Blut und die Lebenskraft
· Blutopfer waren in den frühen Kulturen durchaus üblich, wobei den Göttern nicht nur Tiere, sondern auch das "unschuldige" Blut von Kindern und Jungfrauen geopfert wurde, da es als besonders rein galt (Bsp.: Das schwedische Volk opferte sogar seinen kostbarsten Besitz - ihren König - um sich vor Hungersnöten oder Seuchen zu schützen).
· Zur Zeit der Christenverfolgung hielt sich das Gerücht, jeder Christ würde bei seiner ersten Abendmahlsfeier ein Kind erdolchen, das auf dem Altar unter dem Opfermehl versteckt sei und der Wein, der beim Abendmahl als Symbol für das Blut Christi steht, sei demzufolge das Blut dieser ermordeten Kinder. Allerdings richtete sich diese Verleumdung später, als das Christentum als Staatsreligion anerkannt wurde, gegen die Juden. Noch heute wird fremden Religionsgemeinschaften unterstellt, wegen des Blutes grausame Morde zu begehen.
· Beispiele für die Kraft des Blutes:
- Im Blut besonders schöner und kräftiger Tiere wurden früher Neugeborene gebadet
- Hochzeitspaare wurden mit Blut übergossen, um die Kräfte des Tieres auf die Menschen zu übertragen
- Römische Gladiatoren tranken das Blut aus den Wunden ihrer sterbenden Gegner, um deren Stärke zu übernehmen
- Griechen ließen Blut in die Gräber fließen, um den Verstorbenen im Jenseits Kraft zu geben
· Vor allem frisches Menschenblut war ein beliebtes Mittel gegen schlimme Krankheiten, denn es wurde nach dem Analogiezauber "Similia similibus" - "Gleiches mit gleichen" gehandelt. Hierbei wurden dementsprechend rote Krankheiten, wenn nicht mit Blut, mit anderen roten Mitteln behandelt, da die Symbolik des Blutes auf die Farbe übertragen wurde (z.B. wurden rote Ausschläge mit Rosenblättern behandelt, blutstillende Verbände waren aus rotem Stoff), denn die Kraft des Roten sollte die Krankheit vertreiben.
· Wenn auch das magische Denken in der heutigen, aufgeklärten Zeit verschwunden ist, so ist dennoch das Blut die Essenz der Lebenskraft.
--> Das göttliche Feuer
· Ebenso alt wie der Glaube an die Kraft des Blutes ist die Verehrung des Feuers als göttliche Kraft.
· Die Menschen stärkten sich bei dem Gedanken, dass das Feuer die Kälte und die Mächte der Dunkelheit vertreibt. Jede Flamme richtet sich nach oben zum Himmel, darin erkannte man, dass sich die Flamme dahin zurückrichtet, wo sie entstand - bei einem Blitzschlag, den die Götter geschickt haben.
· Das Feuer ist Sinnbild des Göttlichen und repräsentiert Gott selbst, da z.B. in allen Religionen die Götter als Feuerwolke erscheinen und auch Mose Gott als brennenden Dornbusch sah.
· In Ländern, in denen ständige Hitze das Leben der Menschen bedroht und schwerer macht, gilt Rot als Farbe des Dämonischen, da z.
B. in Ägypten Rot das Symbol für "böse" und "zerstörerisch" war; es entsprach der Guthitze in der Wüste.
· In kalten Ländern, wo man sich nach Hitze sehnt, hat die Farbe Rot nur positive Bedeutungen, so ist z.B. bei uns das "Rotwild" nur Wild mit rötlichem Fell, aber in Rußland zählt der Bär zu "rotem Wild", weil dort sein Fell so teuer ist.
--> Krieger, Richter, Märtyrer
· Die Farbe Rot ist auch die Farbe des Krieges und auch Mars, dem Kriegsgott, war die Farbe Rot geweiht; der Planet Mars ist der "rote" Planet.
· Rot entspricht deshalb der Farbe des Krieges, da die Menschen glaubten, die der Farbe zugesprochenen Eigenschaften lassen sich auf Menschen übertragen; so entstand der Glaube, dass Rot Kraft gibt, denn auch die Krieger trugen rote Kleidung oder bemalten sich mit roter Farbe, z.B. trugen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Soldaten rote Uniformen, die die Stärke des Heeres demonstrieren sollten. Erst als nicht mehr Mann gegen Mann kämpfte, sondern mit Gewehren aus Hinterhalten geschossen wurden, bekamen die Uniformen Tarnfarben.
· Rot ist außerdem die Farbe der Justiz, so wurde Blut mit Blut vergolten in früherer Rechtssprechung und auch noch in manchen heutigen Ländern.
In mittelalterlichen Städten wurden rote Flaggen gehisst, wenn Gerichtstag war; die Richter unterschrieben mit roter Tinte Todesurteile und auch der Henker trug rote Kleidung.
· Auch heute noch tragen hohe Richter rote Talare, so z.B. die des Bundesverfassungs- und Verwaltungsgerichtes.
· Auch als kirchliche Farbe erinnert Rot an vergossenes Blut, denn während der Passionszeit, die an die Leiden Christi erinnert, sind die Gewänder der katholischen Priester, die Altargedecke und der Kanzelschmuck rot.
Symbolhaftigkeit
--> Das männliche und das weibliche Rot / Das reine und das unreine Rot
· Rot ist eine männliche Farbe, da sie als Symbol für Kraft, Aktivität und Aggressivität steht, als Gegensatz zum passiven Blau und dem unschuldigen Weiß.
· Auch in China gehört Rot zu den männlichen Farben; dort sind nämlich Schwarz und Weiß die weiblichen Farben. Rot kann auch konträr zu Gelb stehen: Auf ägyptischen Fresken sind Frauen mit gelblicher, die Männer mit roter Haut gemalt.
· In allen Kulturen steht Rot für das Männliche - obwohl man dennoch bei der Frage nach der typischen weiblichen und männlichen Frage an die Babyfarben Rosa und Hellblau denkt.
· Es gibt aber auch ein weibliches Rot: Das dunkle Rot. Das männliche Blut galt früher als das leuchtende Blut, das im Kampf vergossen wird, das weibliche Blut symbolisiert das dunkelrote Blut der Fruchtbarkeit (z.B.
wurde Menstruationsblut auf Äcker gegossen, um das Land fruchtbarer zu machen).
· Das leuchtende Rot und das dunkle Rot ergänzen sich wie die Gegensätze männlich - weiblich; das klare Rot symbolisiert das Herz und die Aktivität, das dunkle Rot den Bauch und ist auf sich bezogen, ruhig und eine Farbe der Nacht.
--> Die Farbe des Adels und der Reichen
· Bis zur Zeit der französischen Revolution gab es überall Kleiderordnungen, die offiziell bestimmten, wer welche Kleidung tragen durfte.
· Je mehr Stoff für ein Kleidungsstück gebraucht wurde, desto teurer und vornehmer war es; es galten nur die "reinen" Farben als schön und es war ein Privileg der höheren Stände, das die unteren Klassen sich nicht leisten konnten und durften.
· Reine Farben waren deshalb so teuer, da bei der Herstellung die Naturfarbe von Unreinheiten befreit und anschließend gefärbt werden mußte, was sehr teuer war.
· Die Farben der Kleidung richteten sich nach dem Stand; der Adel trug das teure Rot, danach folgte Grün, leuchtendes Blau, dunkles Blau, Braun und Grau.
· Der Glaube, dass Rot Stärke und Macht verleiht, konnte sich nur deshalb bestätigen, da der Adel den unteren Schichten rote Kleidung verbat. Wer unstandesgemäß Rot trug, wurde hingerichtet, denn keiner durfte sich luxuriöser kleiden, als es seinem Berufsstand entsprach.
--> Die roten Fahnen der Freiheit, der Arbeiterbewegung und des Kommunismus
· Rot ist die häufigste Farbe in Flaggen, da man sie besser sieht und bestimmte Rottöne lichtbeständiger waren als andere Farben.
· Als Blutfahne im Krieg tauchte die rote Flagge in der Geschichte immer wieder auf, z.B. wurde sie 1792 zur Freiheitsfahne erklärt und wurde 1834 bei den Aufständen der Weber in Lyon zum Zeichen der Arbeiterbewegung.
In der russischen Revolution 1907 wurde diese Fahne als Symbol des Sozialismus und Kommunismus.
· Das russische Wort für "rot" ist gleichbedeutend mit dem Wort "gut" oder "schön", so bedeutet z.B. der "Rote Platz" in Moskau auch der "Schöne Platz", die "Rote Armee" auch die "Herrliche Armee".
· Bei uns hingegen ist die Zuschreibung des politischen Rot oft abwertend gemeint, z.B.
spricht der Antikommunismus von der "Roten Gefahr" und je nach politischer Gegnerschaft sind die "Roten" auch Sozialdemokraten, Linksradikale oder Terroristen.
· Rot wurde im dritten Reich als Propagandafarbe eingesetzt und auch das Hakenkreuz, das Rot als Grundfarbe trug, erinnert an das Hitler-Regime. Hitler wählte diese Grundfarbe bewußt, nämlich, um die Massenpartei zu etablieren und die Sympathien der Arbeiter auf sich zu lenken; er stellte somit einen psychologischen Bezug zur Farbe der Arbeiterbewegung her.
Assoziationen
Positiv:
das Glück, die Lebensfreude, die Energie, die Dynamik, die Aktivität, die Liebe, die Sexualität, die Erotik, die Wollust, die Verführung, die Kraft, das Feuer, die Hitze, die Wärme, die Begierde, das Blut
Negativ:
der Haß, die Wut, der Zorn, die Aufregung, die Aggressivität, das Laute, der Lärm, die Unmoral, die Gefahr, das Verbotene
Symbolik in Redewendungen:
rot werden
ein rotes Tuch für jemanden sein
rote Zahlen schreiben
etwas/einen Tag im Kalender rot anstreichen
der rote Faden
keinen roten Heller
Rot signalisiert Gefahr (Straßenverkehr -> Verkehrszeichen, Stopschilder, Notbremsen, Alarmknöpfe)
Verbote: Rote Lämpchen an der Tür zu Operationsräumen oder Aufnahmestudios
International haben alle Verbotsschilder drei einheitliche Elemente: Einen roten Rand , einen roten Schrägbalken und alle Verbotsschilder sind rund.
Rot ist die Farbe der Korrektur, z.B.
bei Klausuren in der Schule
Bedeutungen der Farbe Rot für unterschiedliche Künstler:
- Kandinsky: Ausdruck der Ideen der Freude
- Franz Marc: Eine Materie, die brutal und schwer ist
- Picasso: Im Zusammenhang seiner Heimat Spanien; Blut und Symbol d. Lebens
- Miró: Ausdruck und Symbol von Blut, Feuer und Tod
- Yves Klein: Leben
- Max Ernst: Passion, also die Leidenschaft
- Otto Piene: Feuer und Licht
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com