Kunst des mittelalters
Mittelalterliche Kunst
Abgrenzung zu den angrenzenden Epochen:
Mit mittelalterlicher Kunst bezeichnet man die Kunst aus dem Zeitraum zwischen ca. 500 n. Chr. bis 1500 n. Chr.
Vor dem Mittelalter lag die Antike, die im alten Griechenland oder auch im Römischen Reich bedeutende Kunstwerke hervorgebracht hatte, die von hohem künstlerischem Können zeugen.
Erhalten geblieben sind uns aus dieser Zeit überwiegend Skulpturen, aber teilweise auch Wandmalereien. Die Darstellungen waren sehr wirklichkeitsgetreu (naturalistisch), allerdings wurden die Menschen idealisiert, d.h. sie wurden schöner dargestellt, als sie in Wirklichkeit aussahen.
Diese Darstellungsweise wird ca. 1000 Jahre später mit Beginn der Neuzeit ab ca.
1500 n. Chr. wiederentdeckt werden. Die Epoche, in der diese Darstellungsweise wieder populär wird, nennt man Renaissance, was soviel wie Wiedergeburt bedeutet. Wiedergeboren wird die künstlerische Darstellungsweise der Antike.
Mittelalter:
das "mittlere Zeitalter" zwischen Altertum und Neuzeit.
Der Beginn kann annähernd mit dem Zerfall des römischen Weltreiches seit dem 4. Jahrhundert und dem gleichzeitigen Aufstieg des Christentums (312 Mailänder Toleranzedikt Konstantins des Großen, mit dem das Christentum als Religion offiziell anerkannt wird) festgelegt werden.
Grundlage aller kulturellen Bereiche des Mittelalters ist das Christentum, dessen Konzept in starkem Gegensatz zum Religionsverständnis der Antike steht: der anthropomorphen Götterwelt der Griechen und Römer (Götter in menschlicher Gestalt, mit menschlichen Tugenden und Lastern) und dem Polytheismus (Vielzahl von Göttern) der Antike steht das die Wirklichkeit transzendierende (überschreitende) Religionsverständnis des Christentums mit der Konzentration auf den einen Gottvater, der sich mit dem Sohn und dem Heiligen Geist zur Dreieinigkeit verbindet, gegenüber. Von hier aus wird die in Antike und Mittelalter grundverschiedene Aufgabe der Kunst verständlich: wo Götter in Menschengestalt auf der Erde leben, hat auch religiöse Kunst die Aufgabe, die sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen abzubilden.
Das Christentum dagegen, das das irdische Dasein lediglich als Durchgangsstadium zum Leben in einem sinnlicher Erfahrung entzogenen Jenseits betrachtete, musste ein völlig andersartiges Verhältnis zur Kunst entwickeln: da das Leben im Diesseits nur von zweitrangiger Bedeutung war, hatte es auch keine Bedeutung für eine wirklichkeitsgetreue Darstellung.
Das Jenseits dagegen entzog sich konkreter Darstellungsmöglichkeit.
Die allmähliche Reduzierung der abbildenden Qualitäten, die in der römischen Kaiserzeit bis an die Grenzen des Naturalismus vorgestoßen waren, ist einer der überraschendsten Prozesse der abendländischen Kunstgeschichte. Ziel der mittelalterlichen christlichen Kunst ist eine Art von "Zeichensprache", in der Figur, Raum und Landschaft lediglich noch Hinweisfunktion auf eine höhere, der Abbildbarkeit entzogene Realität haben. Dieser Prozess ist keineswegs Folge einer Zerstörung und Verschüttung des antiken Erbes durch die Erschütterungen der Völkerwanderungszeit, sondern bewusste Abkehr.
Die Einführung des Goldgrundes als räumlich irrealer Folie in die Malerei steht am eindrücklichsten für die der Antike polar entgegengesetzte Gesinnung. 1)
Wichtigste Epochenmerkmale:
Dargestellt werden fast ausschließlich religiöse Themen, d.h.
Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Kampfszenen, Sagen, Einzelheiten aus dem Leben des Adels und der Mönche.
Technik: flächige Farbigkeit, weitgehender Verzicht von der Illusion von Körper- und Raumhaftigkeit. Farbe dient nicht nur der Gegenstandscharakterisierung, sondern kann auch symbolische Bedeutung haben. So kennzeichnet z.B.
ein Gold- oder Purpurgrund das Überirdische, den Himmelsbereich.
Gewänderfalten werden stilisiert. Die Größenverhältnisse werden mehr von Bedeutung und Gewicht als von der natürlichen Gestalt bestimmt (Bedeutungsperspektive) Deshalb werden der Weltherrscher am größten, Engel und Menschen jeweils kleiner oder Kaiser und Fürsten größer als deren Untergebene dargestellt. 2)
Bildanalyse des Bildes "Verkündigung an die Hirten"
Dargestellt wird die "Verkündigung an die Hirten", Pergament auf Leinwand, ca. 1010, Künstler unbekannt, da der Künstler als Individuum mit kreativer Aussagekraft nicht zählt, sondern als Handwerker begriffen wird. Der übergroße Verkündigungsengel (Bedeutungsperspektive) steht auf stilisierten Felsen im Zentrum des Bildes und verkündet den Hirten die Geburt Christi.
Er bildet in etwa die vertikale Bildhalbierende. Sein Blick und sein Unterarm gehen in Richtung auf den rechten im Bildvordergrund, d.h. am unteren Bildrand stehenden Hirten, der in seltsamer Körperhaltung den Kopf zum Verkündigungsengel dreht. Dieser Hirte hat einen roten Umhang um. Sämtlichen Gewändern fehlt fast vollständig eine Farbmodulation.
Eigenschatten sind nur gering vorhanden, Schlagschatten fehlen vollständig, Links vom Verkündigungsengel im Bildmittelgrund sitzen zwei Hirten, auch ihr Blick ist auf den Engel gerichtet. Weiterhin sind noch 5 Schafe zu sehen. Der Hintergrund ist nicht landschaftlich ausgestaltet, sondern ist golden, bis auf einen kleinen Abschnitt im oberen Bereich, der rosa gehalten ist. Aufgrund der bedeutungsperspektivischen Darstellung und der fehlenden Modulation entsteht keine Illusion von Tiefenräumlichkeit. Ein "Bildbühnenraum " ist kaum vorhanden.
Die Farbigkeit orientiert sich annähernd an den realen Gegenstandsfarben.
Durch die geringen Farbabstufungen entsteht der Eindruck von Lokalfarben, sicherlich muss man hier auch von Symbolfarben sprechen, denn der Goldgrund steht für das "Himmlische Jerusalem"
Wir sehen, dass das Bild in etwa symmetrisch angelegt ist. Engelsflügel und die Enden des Gewandes gehen symmetrisch von der Figur weg.
Die Figuren sind kaum individualisiert. Als Körper sind sie klar von ihrer Umgebung abgegrenzt, z.T. sogar konturiert.
Insgesamt wirkt das ganze Bild noch recht starr.
Erst ca. 200 Jahre später wird es das große Verdienst von Giotto di Bondone sein, den Goldgrund durch einen Landschaftshintergrund zu ersetzen, die Menschen stärker zu individualisieren und dem ganzen Bildaufbau mehr Dynamik zu verleihen. Der Bildbühnenraum hat sich bei ihm vergrößert. Die Größenverhältnisse der dargestellten Objekte entsprechen stärker der Realität. Insgesamt orientiert sich Giottos Darstellungsweise stärker an der Realität.
Heiligenscheine sind bereits perspektivisch verkürzt.
Die Farbmodulation ist differenzierter gestaltet. Der Gewänderfaltenwurf bildet Eigenschatten. Schlagschatten fehlt jedoch nach wie vor, sodass keine Lichtquelle auszumachen ist.
Wichtige Künstler:
Giotto di Bondone 1266-1337 (Italien),
Hubert van Eyck 1370-1426 (Niederlande),
Meister Bertram 1345-1415 (Deutschland),
Konrad Witz 1400-1447 (Deutschland),
Hieronimus Bosch 1460-1516 (Deutschland)
Geschichtlicher Hintergrund
800 Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt
1096 1. Kreuzzug
1152- 1190 Blüte der Stauferzeit 3)
Naturwissenschaft und Technik/ Philosophie
Amerika ist noch nicht entdeckt, die Erde ist noch eine Scheibe und steht im Zentrum des Universums.
Rom wiederum ist das Zentrum auf Erden. Das Leben wird als irdisches Jammertal betrachtet, das es zu durchschreiten/ zu durchleiden gilt, um ins paradiesische Jenseits zu gelangen. Das Leben ist auf Jenseits hin ausgerichtet, sodass die realen schlechten gesellschaftlichen Verhältnisse nicht hinterfragt werden.
In der Architektur werden großartige technische Leistungen vollbracht. Während der Romanik (ca. 1000-1250) entstehen gewaltige Kirchenbauten.
Noch beeindruckender ist der Kirchenbau zur Zeit der Gotik (ca. 1150-1500), in der die großartigen gotischen Kathedralen entstehen. Diese Leistung ist sowohl vom technischen als auch vom materiellen Aufwand heute nur Vergleichbar mit der Raumfahrt.
In seinem Roman "Die Säulen der Erde" beschreibt Ken Follet in sehr anschaulicher Weise das Leben im Mittelalter und die Schwierigkeiten eines Kathedralenbaus.
Mittelalterliche Literatur:
Althochdeutsche Literatur 750 - 1100
Hauptsächlich geistliche Dichtung; Hildebrandslied: 2. Hälfte des 8.
Jh.: Hildegard von Bingen
Mittelhochdeutsch 1100 - 1400
Um 1200 Nibelungenlied; Hartmann von Aue; Wolfram von Eschenbach
Minnesang: Walter von der Vogelweide
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