Zeittafel von egon schieles leben:
Egon Schiele und die Beutekunst der Nazis
FETTE BEUTE – Hitlers Kunstraubzug
Die Sammlung Leopold ist nur eine von vielen internationalen Kollektionen, auf die der Schatten der NS-Verbrechen fällt. Kunstraub war in der Zeit der Nationalsozialisten allerhöchste Führersache und diente vorrangig dem Zweck, Bestände für Hitlers geplantes “größtes Museum der Welt” in Linz zu sichern.
Ein Sonderfall beim NS-Kunstraub war jedoch die sogenannte entartete Kunst, die aus allen deutschen Museen entfernt wurde. Nachdem die Nazis in sie in einer Wanderausstellung als abschreckendes Beispiel durch die Gaue geschickt hatten, suchten sie sie devisenbringend im Ausland zu verhökern. Hauptumschlagplatz war damals die Luzerner Galerie Fischer, die 1939 125 Gemälde und Skulpturen “moderner Meister aus deutschen Museen” anbot.
Laut einem Artikel im US-Magazin “Time” befinden sich “Dutzende, wenn nicht Hunderte von Bildern und Grafiken, die von den Nazis gestohlen wurden” in amerikanischen Privatsammlungen und Top-Museen.
Das Blatt nennt in diesem Zusammenhang das Metropolitan Museum, an das die belgische Regierung und ein deutscher Sammler Ansprüche stellen, das Boston Museum of Fine Art mit fraglichen Bildern von Degas, Cezanne und Picasso, das Fogg Museum der Harvard University und das Philadelphia Museum of Art.
Zeichnungen aus Kallirs Ausstellung in der Galerie St. Etienne in NY befinden sich heute unter anderem im Santa Barbara Museum of Art, im Allen Memorial Art Museum in Ohio, im MOMA in NY und in einer Reihe von Privatsammlungen.
Auch im Louvre lagert deutsche Beutekunst.
Hier finden sich kostbare Gemälde, Grafiken und Zeichnungen in großer Zahl, die die Franzosen 1945 nach Westen gebracht haben.
Auf die Spur dieser bisher in den Kriegswirren verschollen geglaubten Kulturschätze ist die Direktorin des Wuppertaler Von der Heydt-Museums, Sabine Fehlemann, durch einen irrwitzigen Zufall gekommen: Ein Fax aus dem Louvre landete im vergangenen April als "Irrläufer" im Wuppertaler Museum.
Das unerwartete Schreiben gab detaillierte Auskunft über eine Aktstudie Auguste Renoirs, die seit 1945 nach der Kriegs-Auslagerung des Wuppertaler Kunstbesitzes als verloren galt. Eindeutig zeigten die markante Louvre-Registriernummer "REC 55", daß die Bleistift-Vorstudie zu Renoirs Gemälde "Die Badenden" mit einem Kunstkonvoi der französischen Militärverwaltung nach Paris gebracht worden war..
Und keines dieser Bilder sei - wie die Franzosen wohl zunächst vermutet hatten - von den deutschen Besatzern in Frankreich aus Museen oder gar jüdischem Besitz geraubt worden. Mittlerweile spürte die Wuppertalerin in Louvre-Verzeichnissen auch kostbare Arbeiten aus den Museen in Wien, Salzburg, Frankfurt, Düsseldorf, Krefeld und Essen auf. "Mit gutem Gewissen eingezogen, mit schlechtem Gewissen behalten", interpretiert sie die Haltung ihrer Pariser Kollegen, die noch zu keinem Gespräch über die Eigentumsansprüche bereit waren.
Nationalsozialismus und “entartete Kunst”
Worte, die alles sagen: Bemerkungen des “Führers” Adolf Hitler im Katalog der Ausstellung entartete Kunst, München 1937:
“Wer nur das Neue sucht um des Neuen willen, verirrt sich nur zu leicht in das Gebiet der Narreteien, da das Dümmste, in Stein und Material ausgeführt, natürlich um so leichter das wirklich Neuartigst zu sein vermag, als ja in früheren Zeiten nicht jedem Narren genehmigt wurde, die Umwelt durch die Ausgeburten seines kranken Hirns zu beleidigen.”
“Und was fabrizieren sie? Mißgestaltete Krüppel und Kretins, Frauen, die nur abscheuerregend wirken können, Männer, die Tieren näher sind als Menschen, Kinder, die, wenn sie so leben würden, geradezu als Fluch Gottes empfunden werden müssten! Und das wagen diese grausamsten Dilettanten unserer heutigen Mitwelt als Kunst unserer Zeit vorzustellen, d. h. als den Ausdruck dessen, was die heutige Zeit gestaltet und ihr den Stempel aufprägt.”
“Durch bewußte Verrücktheiten [angespielt wird auf Dada und Expressionismus] sich auszuzeichnen, um damit die Aufmerksamkeit zu erringen, das zeugt nicht nur von einem künstlerischen Versagen, sondern auch von einem moralischen Defekt.”
Die Sammlung Leopold Die Sammlung Leopold ist die weltweit bedeutendste ihrer Art: Unter den 5300 Exponaten befinden sich Schlüsselwerke der Moderne, unter ihnen 20 wichtige Werke Klimts und konkurrenzlose 200 Bilder von Egon Schiele, angefangen von Frühwerken wie zum Beispiel “Selbstbildnis mit Palette” 1905 bis hin zum “Kauernden Paar”, 1918 gefertigt.
Rudolf Leopold, heute 72, begann als nahezu mittelloser Augenarzt in den fünfziger Jahren zu sammeln. Er wählte unter anderem deswegen die Moderne als seinen absoluten Schwerpunkt aus, weil er sich Werke alter Meister nicht leisten konnte. Egon Schieles Marktwert war damals kaum wahrnehmbar, durch klugen Ankauf und Früherkennung der Qualität Schieles konnte Leopold sich aber durch ihn ein Vermögen erwerben.
Die Sammlung ging im Jahr 1994 in eine Stiftung über. Damals wurde sie auf mehr als 7 Milliarden Schilling geschätzt. Republik und Nationalbank brachten insgesamt 2,2 Milliarden Schilling Kaufpreis auf, dafür ist die Stiftung quasi im Besitz der Republik.
Für sie wird im Museumsquartier eine Halle gebaut.
1. Zeittafel von Egon Schieles Leben:
1890
Egon Schiele wurde am 12.6 in Tulln geboren. Sein Vater Adolf Eugen Schiele war dort Stationsvorstand.
1901
Besuch des Realgymnasiums Krems
1902
Realgymnasium Klosterneuburg (bis 1905)
1904
Tod des Vaters
1906
Akademiestudium bei Christian Griegenkerl, Historien- und Portraitmaler (bis 1909)
1907
Bekanntschaft mit Gustav Klimt
1908
Beteiligung an der Ausstellung im Kaisersaal des Stiftes Klosterneuburg (12.
5.-30.6.)
1909
Nach dem Sommersemester verließ Schiele die Akademie. Er beteiligte sich an der “Internationalen Kunstschau 1909”. Im Dezember kam es unter seiner Beteiligung zur Ausstellung der “Neukunstgruppe”, deren Mitglieder zumeist ehemalige Griepenkerl-Schüler waren.
Hier machte Schiele die Bekanntschaft mit Arthur Roessler, der ihn an die Sammler Carl Reininghaus und Dr.Oskar Reichel sowie an die Verleger Eduard Kosmack weiterempfahl.
Schiele machte Entwürfe für die “Wiener Werkstätte”, die zumeist jedoch nicht angenommen wurden.
1910
Beteiligung an der “1.Internationalen Jagdausstellung” (7.5.
-16.10.) und an der Ausstellung in Klosterneuburg. Bekanntschaft mit Heinrich Benesch.
1911
Kollektivausstellung in der Galerie Miethke (24.4.
-14.5.)
Publikationen über Schiele: Albert Paris Gütersloh: “Versuch einer Vorrede”; Arthur Roessler, Aufsatz in “Bildende Künstler”.
Im Mai Atelier in Krumau in Südböhmen (Geburtsort seiner Mutter). Wegen der freien Lebensgemeinschaft mit dem Modell Wally Neuzil und wegen des Zeichnens nach sehr jungen Modellen dort angefeindet, kehrte Schiele am 5.8.
nach Wien zurück, übersiedelte danach nach Neulengbach.
Es begann die Verbindung zu dem Münchner Kunsthändler Hans Goltz, die durch Vermittlung Roesslers zustande kam.
Aufnahme in die Münchner Vereinigung “Sema”.
1912
Am 13.4. kam es zur Verhaftung Schieles in Neulengbach.
Prozeß in St.Pölten. Die Abklagepunkte Entführung und Verführung einer Minderjährigen wurden fallengelassen, jedoch wurde Schiele zu drei Tagen Haft wegen “Verbreitung unsittlicher Zeichnungen” verurteilt;
Am 3.5. entlassen. Schiele reiste nach Triest, Kärnten und München.
Im Oktober bezog er sein Atelier in der Hietzingen Hauptstr.101 (bis 1918).
1913
Beteiligung an der 34.Ausstellung der wiener Secession. Ausstellung des Bundes österreichischer Künstler in Budapest (März)..
Beginn der (durch Roessler angebahnten) Tätigkeit für die Berliner Zeitschrift “Die Aktion”, in der Zeichnungen und Gedichte von Schiele erschienen.
1914
Beteiligung an zahlreichen Ausstellungen im Ausland: Münchner Sezession, “Internationale Sezession” in Rom, Werkbundausstellung in Köln, sowie in Brüssel und Paris.
Schiele nimmt Unterricht in der Technik der Radierung bei Robert Philippi (März-April).
Von Anton Josef Trcka entsteht eine Serie von Portraitfotografien nach Schiele.
1915
Heirat mit Edith Harms (17.6.
)
1916
Ausstellungen: Berliner Sezession (im Rahmen der “Wiener Kunstschau” eröffnet 8.1.) gleichzeitig Münchner Sezession, Galerie Goltz in München, sowie Dresden. Die Zeitschrift “Die Aktion” bringt ihr Schiele-Heft. Aufsatz von Leopold Liegler in “Die graphischen Künste”.
Schiele ist im Militärdienst als Bewachungssoldat in Atzgersdorf, seit 3.
5. in Mühling bei Wieselburg, Niederösterreich, als Schreiber im Lager für kriegsgefangene russische Offiziere.
1917
Anfang Januar wird Schiele nach Wien versetzt, hier in der k.u.k. Konsumanstalt für die Gagisten im Felde.
Mit Karl Grünwald kann er nach Tirol reisen. Im Mai Kriegsausstellung im Kaisergarten im Prater. Ausstellungen in München (Glaspalast, Sezession); im Herbst und Winter Beteiligung an Ausstellungen österreichischer Kunst in Amsterdam, Stockholm und Kopenhagen. Herausgabe einer Mappe mit 12 Lichtdrucken nach Zeichnungen von Schiele durch den Wiener Buchhändler Richard Lanyi. Seit Dezember Mitarbeit Schieles an der Zeitschrift “Der Anspruch”.
1918
Großer Erfolg der Kollektivausstellung im Rahmen der 49.
Ausstellung der Wiener Secession, der auch zu einer Reihe von Portraitaufträgen führt. Ablehnung von zwei Entwürfen Schieles für Lithographien durch die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
Seit 5.Juli unterhält Schiele ein zweites Atelier für großformatige Arbeiten. Ende Juli Reise nach Kovácspatak, Ungarn. Edith Schiele erkrankt an der spanischen Grippe und stirbt am 28.
10. Von derselben Krankheit befallen, in der Wohnung der Familie von Edith in Pflege, starb Egon Schiele am 31.10.1918.
Schiele gehört zweifelsohne zu den teuersten Künstlern der Welt. Kämpfte er zeit seines Lebens mit Armut und mangelnder Beachtung, so erschwingen seine Werke heute Preise in unerschwinglichen Höhen und faszinieren Menschen auf allen Teilen des Globusses.
Meiner Meinung nach sind die Menschen erst jetzt bereit dazu, Schiele zu verstehen und zu geniessen.
Zweifelsohne war er am Anfang des 20. Jahrhunderts seiner Zeit voraus, wurde er doch als Pornograph und kranker Mensch abgetan. Seine anstössigen Motive standen im prüden Blickwinkel der damaligen Bevölkerung weit vor seinem zeichnerischen Geschick. Heutzutage haben ihn die Menschen jedoch (so glaube ich zumindest) verstehen gelernt und können seine Werke von einer objektiveren Warte aus betrachten.
Typische Gestaltungsmerkmale Schieles
Semantik: Schieles Hauptthema ist eindeutig der Mensch, immer ausgemergelt, hager, mit langen, knöchernen Fingern dargestellt, meist nackt und von einer leichten Obersicht gezeichnet/gemalt.
Syntaktik: Schieles bevorzugte materielle bildnerische Mittel waren natürlich einfach Papier und Bleistift, sonst verwendet er die üblichen Malutensilien wie zum Beispiel Öl, Leinwand, Holz, Karton, Aquarellfarben etc.)
Ideelle bildnerische Mittel: S. liebt die Linie über alles, auch seine Gemälde wirken grafisch; fast so, als hätte er Zwischenräume freigelassen und sie später einfach wie bei einem Malbuch in ein und derselben Farbe ohne Schattierungen angemalt. Seine Farben beschränken sich auf braune, erdige und schmutzige Töne, nur selten verwendet er, außer bei seinen Jugendwerken, zum Beispiel reines Rot oder gar helles Blau.
Sigmatik: Schieles Figuren hängen oft einfach im Raum ohne einen festen Halt, und es sieht so aus, als würde er absichtlich auf bewußt gesetzte Richtungen verzichten, nur manchmal (z.B.
Bildnis Heinrich und Otto Benesch) zeichnen sich geometrische Formen ab (in dem Fall hauptsächlich Dreiecke).
Zeittafel: Erwerbsketten “Tote Stadt III” “Bildnis Wally”
1911
Schiele malt die “Tote Stadt III”, Öl und Deckfarbe auf Holz, 37,7 /29,8 cm, dritte Fassung des Motivs einer Häusergruppe in Krumau.
Noch im selben Jahr setzt sich Arthur Roessler erfolgreich für eine Ausstellung des Bildes beim Münchner Galeristen Hans Goltz ein.
1912
Schiele fertig die “Wally”, auch genannt “Bildnis Valerie Neuziel”, Öl auf Holz, 32,7/39,8 cm.
Als erster Besitzer scheint Emil Toepfer auf.
1917
Der Verleger Richard Lanyi kauft das Bild.
1920
Wahrscheinlich um diese Zeit verkauft Lanyi (er wird später, 1938, im KZ ermordet) das Werk an die Besitzerin der Galerie Würthle, Lea Bondi-Jaray.
1925
Roessler hat die “Tote Stadt III” mittlerweile selbst erworben und sie in der Folge an den Rechtsanwalt und Schiele-Nachlaßbetreuer Alfred Spitzer verkauft. Noch im selben Jahr wird auch sie in der Galerie Würthle ausgestellt. Etwa um diese Zeit kauft es der erfolgreiche Kabarettist Fritz Grünbaum.
1938
Fritz Grünbaum wird im KZ Dachau ermordet.
Lea Bondi-Jaray flüchtet nach London, ihre Galerie wird vom Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz “arisiert”.
1945
Die umfangreiche Schiele-Sammlung von Grünbaum ist verschollen – lediglich die Tote Stadt taucht nach dem Krieg in dem Auktionshaus Gutekunst & Klipstein, später Klipstein und Kornfeld, später Kornfeld in Bern in der Schweiz wieder auf. Von dieser erwirbt es die New Yorker Galerie St. Etienne, die dem nach dem Anschluß geflüchteten Sammler und Händler Otto Kallir (vormals Otto Nirenstein) gehört.
Lea Bondi erhält ihre Galerie zurück, die “Wally” fehlt jedoch.
1946
Welz teilt Bondi mit, das Bild sei konfisziert und in der Österreichischen Galerie deponiert worden. Aufzeichnungen dazu sind bis heute nicht aufgetaucht.
“Bei Wally gibt es einen dunklen Fleck zwischen 1945 und 1950”, so Klaus Schröder, geschäftsführender Leiter und Sprecher der Sammlung Leopold.
1950
Das Bild scheint offiziell wieder auf, und zwar in einem Kaufvertrag über elf Bilder, die der Arzt Robert Rieger aus dem Besitz seines in Theresienstadt ermordeten Vaters Heinrich Rieger der ÖG verkauft hatte. Lea Bondi versucht über ihren Wiener Anwalt Ansprüche zu stellen, die ÖG verweist aber auf den Kaufvertrag.
Später jedoch taucht ein Brief auf, in dem Robert Rieger an Otto Kallir schreibt, das Bild sei nie im Besitz seines Vaters gewesen.
1954
Leopold erwirbt im Tauschweg die “Wally”.
1960
Otto Kallir tauscht das Bild mit Rudolf Leopold gegen einige Schiele - Zeichnungen
1.
12. 1997
Die “Yale Daily News” schreiben erstmals über die Ausstellung in New York: “Egon Schiele shocks New York`s MOMA” Unter anderem bezeichnen sie Schieles Arbeiten als “glamouros and mysterious”, stellen ihn aber zweifelsfrei als sexbesessenen Pornographen dar. Außerdem heißt es: “In general, Schiele`s works describe a life of alienation and detachment. Even in his pieces that seem loving, he can`t seem to escape these desperate themes.”
9. 1.
1998
Zum ersten Mal ist von den Besitzansprüchen, die zwei Familien an den Gemälden stellen, in den Printmedien die Rede; die OÖN schreiben: “Vor dem Rücktransport nach Europa wurden zwei Schiele-Bilder im Wert von etwa 95 Millionen Schilling in New York beschlagnahmt. Anspruch erheben die jüdischen Familien Reif (Kathleen und Rita Reif, Fritz Grünbaums Erben) und Bondi (im Namen der übrigen Erben Lea Bondis Neffe, Henry S. Bondi). Da es sich um eine “sehr sensible Materie” handle, hat die Leopold-Stiftung eine Kommission einberufen, zu der auch ein Experte des Jüdischen Weltkongresses beigezogen wird.”
Unterrichtsministerin Gehrer bezeichnet die Beschlagnahmung der Bilder als “schweren Schlag gegen den internationalen Kunstaustausch und den internationalen Leihverkehr”. Man solle sich fragen “auf welcher Vertrauensbasis es überhaupt noch zum Kulturaustausch kommen kann”.
Weiters heißt es da: “Der kaufmännische Direktor der Leopold-Museum-Privatstiftung, Klaus Albrecht Schröder, berichtete, daß der New Yorker Staatsanwalt Morgenthau für die Beschlagnahme der beiden Bilder ein Strafrechtsverfahrengegen Unbekannt eingeleitet habe. Der Vorwurf lautet auf Diebesgut.
10. 1. 1998
Der Standard bringt Interviews mit den Kontrahenten im “Schiele-Fall”. Rita Reif spricht zu den Vorkommnissen ihre Genugtuung aus: “Ich wäre sehr dankbar, wenn dies ein Präzedenzfall für die ganze Welt werden könnte.
” Rudolf Leopold jedoch meint: “Ich finde die Beschuldigung, das Bild [..die “Tote Stadt III] geraubt zu haben, lachhaft!” Auf die Frage, ob er sich nicht gewundert hätte, daß das Bild im Nachlass Rieger gewesen sei, antwortet Leopold: “Nein. Lea Bondi hatte doch ihre Wiener Galerie Würthle zurückerhalten. Warum sollte ich daran zweifeln, daß der Erbe Rieger nicht der rechtmäßige Besitzer gewesen sein könnte?”
In den OÖN zitiert man die “New York Times”: “Das ist ein verheerendes Eingreifen für die Kunstwelt!”
12. 1.
1998
Die für diesen Termin festgesetzte erste Anhörung wird auf den 15. Jänner verschoben.
Im profil wird erstmals das amerikanische Recht erklärt, demzufolge die Bilder beschlagnahmt wurden: “ [ In den USA] gilt nicht das österreichische, auch in den meisten anderen europäischen Ländern geltende Recht, wonach ein Erwerb rechtens ist, solange er in gutem Glauben erfolgte, sondern das “to break the chain”, das “Brechen der Kette”, wonach jeder unrechtmäßige Erwerb die Rechtmäßigkeit der folgenden Erwerbshandlungen aufhebt.”
15. 1. 1998
Das erste offizielle Treffen zwischen Morgenthau und den Vertretern des MOMA wird neuerlich vertagt.
Die Zeitschrift NEWS macht den Vorfall zu einer hochpolitischen Causa: “Ortet man drüben ein Land von Ariseuren und Kunsträubern, so hört man hierzulande schon wieder das Argument von der Verschwörung an der Ostküste.”. Im Interview mit Jane Kallir werden die Folgen des Prozesses angedeutet: “ Wenn in NY gegen Leopold entschieden wird, heißt das, daß auch jedes andere Beutegut der Nazis von ursprünglichen Besitzern oder ihren Rechtsnachfolgern eingeklagt werden kann.” Leopold selbst deutet die konkreten Folgen an: “ Zwei Drittel der Werke Schieles wären heute ihren Vorbesitzern nicht mehr lückenlos zuzuordnen”.
(Weiters versucht die Zeitschrift die Erwerbskette genau zurückzuverfolgen, jedoch möchte ich diese nicht in meine Arbeit einbeziehen, schon vom seitenverkehrten Abdruck der Bilder genügend abgeschreckt)
Der Artikel gipfelt in der Behauptung von NEWS, Leopold wäre in den USA schon zum “zweiten Waldheim” geworden, die er jedoch aufs Heftigste zurückweist.
17.
1. 1998
Eine entscheidende Wende tritt ein. Standard: “Jüngste Recherchen haben ergeben, daß Kathleen und Rita Reif keine Erbansprüche an die “Tote Stadt III” stellen dürfen, die einst Fritz Grünbaum gehörte: Grünbaums Schwägerin Mathilde Lukasc, die das Gemälde 1956 verkaufte, beantragte 1954 in Wien die Todeserklärung ihrer Schwester Elisabeth, die 1942 deportiert worden war. Sie legte hierfür Grünbaums Testament bei, nach dem die Ehefrau die Alleinerbin ist. Lukasc zog ihren Antrag zwar aus unbekannten Gründen zurück, doch war sie die nächste Anverwandte von Grünbaums Witwe – und damit die Erbin. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Emil Rosner, ein Cousin Grünbaums, 1962 die Todeserklärung von Elisabeth Grünbaum erhielt.
”
Die Causa ist mittlerweile wirklich zu einem Präzedenzfall geworden, und nach einem Interview in der New York Times, in dem Leopold eindeutig darauf hinweist, daß 16 weitere Gemälde den selben Weg gegangen wären und sich nun in Museen und Sammlungen befänden, reagiert man geschockt; “man werde zögern, noch Leihgaben in die USA zu geben” – so die OÖN.
22. 1. 1998
Während sich NEWS noch fragt: FALSCHE ERBIN?, liegt nun schon der Beschluß vor, daß die “Tote Stadt III” dem so bewiesen rechtmäßigen Besitzer Leopold zurückgegeben werden soll.
24. 1.
1998
Laura E. Drager, Richterin des Obersten New Yorker Gerichtshofes, gibt bescheid, daß sie am 5. März ihre Entscheidung bekanntgeben wird – dies geschieht jedoch nicht. Bis zum heutigen Tag ist keine Entscheidung gefallen – und es ist schon wieder auffällig ruhig um Rudolf Leopold geworden.
Mai 1998
Die Beschlagnahme der beiden Bilder wird vom New Yorker Supreme Court endgültig aufgehoben.
Quellen
>Artikel in Standard, die Presse, Oberösterreichische Nachrichten, NEWS, New York Times, Yale Daily News, profil, Newsweek, berliner-morgenpost
>Egon Schiele und seine Zeit – Österreichische Malerei und Zeichnung von 1900-1930.
Aus der Sammlung Leopold. Herausgegeben von Klaus Albrecht Schröder und Harald Szeemann. Prestel-Verlag
>Egon Schiele und sein Kreis. Heimo Kuchling. Verlag Berghaus 1982.
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