Impressionismus
IMPRESSIONISMUS
(Begriff nach Monets Bild „Impression, Sonnenaufgang“)
Zeit:
1890 bis 1910
Impressionismus war neben z.B. dem Symbolismus nur eine literarische Stilrichtung während der Jahrhundertwende
> eigentlich kein Epochenbegriff
Kritik an rein wissenschaftlichem Empfinden
Kunst: Abwendung von der Realität
Vertreter: Detlev von Liliencron, Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal
Impressionismus als Gegenströmung zum Naturalismus
Ablehnung der Wirklichkeit, die in Politik und Wirtschaft von Imperialismus und Kapitalismus bestimmt wurde
Mittelpunkt der Erzählung ist nicht mehr Bezug zu Wissenschaft und Technik, sondern es werden kurze flüchtige Reize und Eindrücke (Impressionen) mit sinnlicher Wirkung dargestellt
Naturalistisch/objektiv > Sensualistisch/subjektiv
Welt existiert nur in Sinnesreizen des Betrachters, lyrisches Ich wird zum Medium, dass Eindrücke vermittelt.
Themen
Äußere Handlung ist meist hintergründig
Umfassende Problematisierung von Kommunikationslosigkeit, Erotik und Tod
Mensch = Rolle = Lüge und Verstellung
Wenig soziale und gesellschaftliche Themen
Wertlegung auf Psyche des Menschen
Darstellungsmethoden und Sprache
meist Lyrik und Erzählung/Novelle
Aneinanderreihung von Bildern (Assoziation)
Sprunghafte, umgangssprachliche Erzählweise, Parataxe
Klangmalerei und Synästhesie (=Verbindung versch. Sinne)
Wichtigstes Darstellungsmittel: INNERER MONOLOG
Gibt Bewusstseinstrom der dargestellten Person ohne eine dritte erzählende Person wieder
Stummer Monolog; für den Leser bestimmt
Detaillierte Darstellung der Einzelheiten des Gedankenganges
Unvollständige, gebrochene Sätze
Keine geschlossene Form
Welt = Reflexion im Inneren (>Verinnerlichung)
„Impressionistische Formulierungen“
z.B.
„Die Bäume jagten vorbei“ > Aussage rein objektiv nicht wahr, kann aber dem momentanen subjektiven Eindruck Zugreisender o.ä. entsprechen
> Versuch den reinen und sinnlichen Eindruck ohne Vorwissen und Zusammenhänge sprachlich wiederzugeben
5. Ein Beispiel für den Impressionismus – Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“
Allgemeines
Arthur Schnitzler (1862-1931), geb. in Wien, 1890 Gründung „Junges Wien“, lässt sich schwer einer Epoche zuordnen
Entstehungszeit „Leutnant Gustl“: 1901
Textsorte: Erzählung/Novelle
Inhalt
Der junge Leutnant Gustl ist in einem Konzert und danach kommt es mit einem Bäckermeister zu einer Auseinandersetzung. Gustls Ehre wurde beleidigt und der einzige Weg das wieder gut zu machen ist Selbstmord.
Er wandert verwirrt umher und sucht nach einer Lösung für dieses Problem (seine Gedanken > innerer Monolog). Am nächsten Morgen sieht er ein, dass Selbstmord die einzige Lösung ist und will ein letztes Frühstück in seinem Stammcafè einnehmen. Dort erfährt er, dass den Bäckermeister der Schlag getroffen habe und er ist überglücklich, da seine Ehre wieder hergestellt war und er sich somit nicht umbringen musste!
Impressionistische Merkmale
innerer Monolog; detaillierte Reflexion von Gustls Innerem
äußere Handlung hintergründig, das Wesentliche spielt sich in seinem Kopf ab
Mensch = Rolle, Gustls Rolle als angesehener Offizier war mehr Schein als Sein
Der Charakter Gustls wird aus einer psychologischen Sichtweise her beschrieben (Schnitzler war mit S.Freud befreundet)
Themen nicht nur impressionistisch, aber impressionistischer Erzählstil
Textausschnitt „Leutnant Gustl“
„Wie lang' wird denn das noch dauern? Ich muß auf die Uhr schauen...
schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer sieht's denn? Wenn's einer sieht, so paßt er gerade so wenig auf, wie ich, und vor dem brauch' ich mich nicht zu genieren... Erst viertel auf zehn?..
. Mir kommt vor, ich sitz' schon drei Stunden in dem Konzert. Ich bin's halt nicht gewohnt... Was ist es denn eigentlich? Ich muß das Programm anschauen.
.. Ja, richtig: Oratorium! Ich hab' gemeint: Messe. Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche! Die Kirche hat auch das Gute, daß man jeden Augenblick fortgehen kann. – Wenn ich wenigstens einen Ecksitz hätt'! – Also Geduld, Geduld! Auch Oratorien nehmen ein End'! Vielleicht ist es sehr schön, und ich bin nur nicht in der Laune. Woher sollt' mir auch die Laune kommen? Wenn ich denke, daß ich hergekommen bin, um mich zu zerstreuen.
.. Hätt' ich die Karte lieber dem Benedek geschenkt, dem machen solche Sachen Spaß; er spielt ja selber Violine. Aber da wär' der Kopetzky beleidigt gewesen. Es war ja sehr lieb von ihm, wenigstens gut gemeint. Ein braver Kerl, der Kopetzky! Der einzige, auf den man sich verlassen kann.
.. Seine Schwester singt ja mit unter denen da oben. Mindestens hundert Jungfrauen, alle schwarz gekleidet; wie soll ich sie da herausfinden? Weil sie mitsingt, hat er auch das Billett gehabt, der Kopetzky...
Warum ist er denn nicht selber gegangen? – Sie singen übrigens sehr schön. Es ist sehr erhebend – sicher! Bravo! Bravo!... Ja, applaudieren wir mit. Der neben mir klatscht wie verrückt.
Ob's ihm wirklich so gut gefällt? – Das Mädel drüben in der Loge ist sehr hübsch. Sieht sie mich an oder den Herrn dort mit dem blonden Vollbart?... Ah, ein Solo! Wer ist das? Alt: Fräulein Walker, Sopran: Fräulein Michalek..
. das ist wahrscheinlich Sopran... Lang' war ich schon nicht in der Oper. In der Oper unterhalt' ich mich immer, auch wenn's langweilig ist.
Übermorgen könnt' ich eigentlich wieder hineingeh'n, zur ›Traviata‹. Ja, übermorgen bin ich vielleicht schon eine tote Leiche! Ah, Unsinn, das glaub' ich selber nicht! Warten S' nur, Herr Doktor, Ihnen wird's vergeh'n, solche Bemerkungen zu machen! Das Nasenspitzel hau' ich Ihnen herunter...“
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