Monatsbericht nr
Fotografieren ohne Automatik – Teil 2
Die Luft wird dünn im oberen Bereich der mechanischen Spitzenkameras. Insgesamt stellen sich nur noch sechs Hersteller dem Wettbewerb. Und es ist abzusehen, daß sich das Angebot über kurz oder lang noch weiter reduziert. Drei Modelle habe ich bereits im vergangenen Bericht vorgestellt.
Bei den heutigen Kameras ist nur noch die Nikon FM2 rein vollmechanisch. Die beiden anderen, die Canon F-1n und die Pentax LX, sind automatische Kameras, bei denen ein Teil der Verschlußzeiten jedoch mechanisch gebildet wird.
Einer der entscheidenden Vorteile mechanischer Kameras liegt in der Zuverlässigkeit bei extremen Witterungsbedingungen und der Unabhängigkeit vom Batteriestrom.
Vorteile, die Fotografen zu schätzen wissen, die in den entlegensten Winkeln der
Erde ihre Arbeit verrichten müssen. Trotz dieser Vorzüge wird oftmals die Bequemlichkeit einer automatischen Kamera gewünscht. Daß aber auch beides, Unabhängigkeit und Bequemlichkeit, unter einen Hut zu bringen ist, beweisen die Canon F-1n und die Pentax LX. Bei beiden Kameras werden die kurzen Verschlußzeiten, also die häufig genutzten, manuell und nur die langen elektronisch gebildet. Genau wie ihre mechanischen Konkurrenten sind auch diese beiden Modelle auf härteste Beanspruchung ausgelegt.
Die zweite Generation des SLR - Flaggschiffs von Canon ist inzwischen in die Jahre gekommen. Nach nahezu 15 erfolgreichen Jahren braucht die F-1n dennoch heute keine Konkurrenz zu scheuen. Obwohl ihr die EOS-1/EOS-1N, die professionelle Autofokusschwester, immer stärker den Rang abgelaufen hat, gibt es nach wie vor noch eine kleine Zahl von Fotografen, die der F-1n die Treue halten. Die Gründe:
Keine Abhängigkeit von Batterien oder Akkus, die insbesondere bei Kälte gerne den Dienst einstellen und AF-Betrieb zum Lotteriespiel machen können.
Das Konzept der F-1n war und ist einzigartig. Je nach Sucher beziehungsweise Sucher / Motor - Kombination verwandelt sie sich jeweils in eine Kamera mit Nachführmessung, Blendenautomatik oder Zeitautomatik.
In der Grundausstattung, mit dem Prismensucher FN, arbeitet die F-1n mit Nachführmessung. Mit dem Automatik - Sucher FN bietet die Canon Zeitautomatik. Wer Blendenautomatik bevorzugt, benötigt entweder den Motorantrieb AE FN oder den Power Winder AE.
Die F-1n arbeitet mit einem horizontal ablaufenden Titan - Schlitzverschluß, der auf mindestens 100000 Auslösungen ausgelegt ist. Die Verschlußzeiten von 1/2000 s bis 1/125 s, die Synchronzeit (1/90 s) und B werden mechanisch gesteuert und benötigen keinen Batteriestrom. Die langen Zeiten von 1/60 s bis 8 s werden stufenlos elektronisch gebildet und sind nur mit Batterie zu erzielen.
Bei allen Suchern wird die Blendenskala eingeblendet, die sich je nach Typ entweder rechts oder links vom Sucherbild befindet. Beim Automatiksucher FN wird bei Zeitautomatik die Verschlußzeitenskala unterhalb des Sucherbildes eingeblendet. Außerdem ist bei Blendenautomatik die Verschlußzeit und bei Zeitautomatik die Blende im Sucher zu sehen. Eine Belichtungskorrektur ist um ±2 Blenden in Drittelstufen möglich. Die Filmempfindlichkeit kann von ISO 6/9° bis
ISO 6400/39° eingestellt werden.
Zur weiteren Ausstattung gehören: Abblendtaste, Mehrfachbelichtungen, Okularverschluß, Feststellmöglichkeit für Auslöser, Batterieprüfknopf und Selbstauslöser mit zehn Sekunden Vorlauf.
Als Spannungsquelle dient eine 6 - Volt - Lithium - oder Silberoxidbatterie. Das Gehäuse der Canon F-1n kostet mit Standard - Prismensucher FN rund 3200,- DM/sFr.
Die Nikon FM2, die einzige rein mechanische Kamera im heutigen Vergleich, ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil im Nikon - Programm. Nikon - Kameras werden von Fotografen in aller Welt wegen ihres umfangreichen Zubehörs und den mehr als 60 Objektiven sowie der schon sprichwörtlichen Zuverlässigkeit geschätzt. Da macht
auch die FM2 keine Ausnahme. Sie wurde kompromißlos auf härteste Beanspruchung unter extremsten Bedingungen ausgelegt.
Der vertikal ablaufende Schlitzverschluß ist aus einer besonders leichten Aluminiumlegierung gefertigt. Nicht zuletzt durch diesen neuartigen Werkstoff konnte die Verschlußgeschwindigkeit auf 1/4000 s erhöht werden, wodurch sich auch, und das ist wesentlich relevanter, die Synchronzeit auf 1/250 s steigert. Insgesamt stehen Verschlußzeiten bis zu einer Sekunde sowie B zur Verfügung, die sich aus 14 Festzeiten bilden. Der Abgleich erfolgt mittels Plus-, Minus- und Null - Symbolen, die am rechten Sucherrand angeordnet sind. Ferner werden am Sucherrand Blende und Verschlußzeit angezeigt. Die Belichtung wird mittenbetont integral ermittelt.
Die Filmempfindlichkeitsskala reicht von ISO 12/12° bis ISO 6400/39°.
Die Ausstattung der FM2 ist spartanisch, aber effektiv. Selbstverständlich sind so wichtige Dinge wie Abblendtaste, Mehrfachbelichtungshebel, Batterieprüfung und ein mechanischer Selbstauslöser mit zehn Sekunden Verzögerung vorhanden.
Für den Belichtungsmesser wird eine Spannung von 3 Volt in Form einer Lithium - oder zwei Silberoxid - beziehungsweise Alkali - Mangan - Batterien benötigt. Die Rückwand kann gegen eine Datenrückwand ausgetauscht werden. Die Nikon FM2 ist in schwarz oder silber erhältlich und kostet rund 1200 DM/sFr.
Erwähnt werden sollte auch noch kurz die Nikon F3, deren Verschlußzeiten zwar elektromagnetisch gesteuert werden, die aber einen Notauslöser hat, der ohne Batteriestrom mit 1/60 s arbeitet. So kann im Fall des Falles mit Einschränkungen weitergearbeitet werden.
Seit etwas mehr als zehn Jahren ist die Pentax LX, eine SLR mit Zeitautomatik, nun in unveränderter Form auf dem Markt. Pentax, in der Vergangenheit immer für innovative Überraschungen im Kamerabau gut, hat auch mit der LX einmal mehr Zeichen gesetzt. So war die LX beispielsweise die erste Spiegelreflexkamera, deren Spezialversiegelung
an allen kritischen Stellen ein Eindringen von Sand, Staub und Feuchtigkeit ins Gehäuse verhindert. Die LX wird nahezu allen professionellen Ansprüchen gerecht.
Dazu gehört ihr extrem widerstandsfähiges Gehäuse aus einer strapazierfähigen Aluminiumlegierung und das umfangreiche Systemzubehör mit über 50 Wechselobjektiven, acht Wechselsuchern, zwölf austauschbaren Mattscheiben und vielem mehr.
Der horizontal ablaufende Titan - Schlitzverschluß wird bei den Verschlußzeiten von 1/2000 s bis 1/175 s (letztere ist auch gleichzeitig die Synchronzeit) mechanisch und bei den Zeiten von 1/60 s bis 4 s elektronisch gesteuert. Die Belichtung wird stark mittenbetont ermittelt. Bei Zeitautomatik steht eine Belichtungskorrektur von ±2 Blenden in 1/3 Stufen zur Verfügung.
Der Belichtungsabgleich wird über drei LEDs (rot, gelb, grün) vorgenommen, die sich rechts neben dem Sucherbild befinden.
Daneben, jedoch im Sucherbild, werden die Verschlußzeiten sowie die Belichtungskorrektur angezeigt.
Die Blende wird oberhalb des Sucherbildes eingespiegelt. Der Einstellbereich der Filmempfindlichkeit reicht von ISO 6/6° bis ISO 3200/36°.
Den professionellen Anspruch unterstreicht Pentax mit so interessanten Details wie beispielsweise Abblendtaste, Spiegelvorauslösung, Mehrfachbelichtungen, wechselbaren Suchern mit Dioptrienausgleich und einem Selbstauslöser, dessen Verzögerung zwischen zwei und zehn Sekunden eingestellt werden kann. Der Belichtungsmesser bezieht seine Energie aus zwei 1,5 Volt Silberoxid - Batterien, deren nachlassende Leistung durch blinkende LEDs im Sucher angekündigt wird. Das Gehäuse der Pentax LX kostet etwa 3200,- DM/sFr.
Zuverlässigkeit ist Trumpf
Alle Kameras, und das gilt auch für die drei Modelle aus dem vergangenen Bericht, verdienen das Prädikat «professionell» mit gutem Recht.
Sie haben sich im Laufe ihres Produktlebens zigtausendfach unter extremsten Bedingungen bewährt. Jede für sich ist der Mittelpunkt eines gut durchdachten, umfangreichen Systems mit vielseitigem Zubehör.
Weder an der Reichhaltigkeit des Systems, der optischen Qualität der Wechselobjektive noch an der mechanischen Zuverlässigkeit der Kameras gibt es das geringste auszusetzen. Es ist müßig, darüber zu debattieren, zu welcher Kamera es mehr Wechselobjektive, mehr austauschbare Mattscheiben oder den schnelleren Motor gibt.
Und genauso müßig wäre auch die Debatte, ob mechanische Kameras besser oder schlechter sind als elektronische. Beides hängt einzig und allein von der fotografischen Aufgabenstellung, den individuellen Bedürfnissen oder den Vorlieben für eine bestimmte Kameramarke ab.
Tatsache ist, daß mechanische Kameras nach wie vor ein fester Bestandteil im professionellen Bereich sind, obwohl damit zu rechnen ist, daß sich der eine oder andere Hersteller über kurz oder lang aus diesem Kamerasegment verabschieden wird.
Aber bis es so weit ist, daß alle mechanischen Kameras von der Bildfläche verschwunden sind, dürfen wir uns weiterhin an dieser feinmechanischen Präzision erfreuen.
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