Cicero - in verrem (verres-prozess)
Cicero - In Verrem
Welch unsagbares Verbrechen!
1.) Nun komme ich zu dem "Hobby", wie er es nennt, "Krankheit und Raserei", wie es seinen Freunde nennen und "Räuberei", wie es die Sizilianer nennen; ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Ich werde euch die Sachlage vorlegen, und ihr sollt sie nach ihrem eigenen Namen, und nicht nach dem dieses vornehmen. Erkennt zunächst den Tatbestand selbst, Richter; Dann werdet ihr vielleicht mit wenig Mühe fragen, mit welchem Namen ihr glaubt, dass es genannt werden muss. Ich leugne, dass es in ganz Sizilien, das so reich ist, das eine so alte Provinz ist und das so viele Städte und reiche Familien aufweist, irgendein silbernes Gefäß gab, irgendein Gefäß aus Korinth oder Delphi, dass es irgendeinen Edelstein oder irgendeine Perle gab, dass es irgendetwas aus Gold oder Elfenbein gab, irgendein Götterbild aus Erz, Marmor oder Elfenbein; ich leugne, dass es irgendein Bild weder auf einer Tafel, noch auf einer Leinwand gab, ohne dass er es aufgestöbert oder inspiziert hat, und das, was ihm gefallen hat, geraubt hat.
2.
) Ich scheine viel zu sagen: Aber gebt acht, auf welche Weise ich es sage. Ich erfasse alles, nicht um große Worte zu machen, oder nicht um dieses Verbrechen größer zu machen; wenn ich sage, dass dieser nichts von den Dingen dieser Art in der ganzen Provinz zurückgelassen hat, sollt ihr wissen, dass ich offen heraus spreche, und nicht nach Advokatenart. Noch klarer sollt ihr es wissen: er hat nichts im Haus von irgendjemandem, nicht einmal im Haus eines Gastgebers, nichts an den Gemeinschaftsorten, nicht einmal im Tempel, nichts bei den sizilianischen und nichts bei den römischen Bürgern, und schließlich nichts, was im vor Augen und Sinn gekommen ist, nichts privates, nichts öffentliches, nichts unheiliges und nichts heiliges von ganz Sizilien zurückgelassen. Selbst der "Nabel Siziliens" war ihm nicht heilig!
3.) Womit sollte ich wohl lieber beginnen als mit dieser Gemeinde, welche dir besonders durch Liebe verbunden war, oder mit welcher Gruppe von Menschen soll ich lieber beginnen, als mit deinen Entlastungszeugen selbst? Man kann leichter erkennen, wie du dich bei jenen benahmst, die dich hassen, die dich anklagen, die dich verfolgen, wenn sich herausstellen sollte, dass du bei deinen Mamertinern auf unredliche Art und Weise Beute gemacht hast. Gaius Heius ist der reichste Mamertiner an allen Dingen in der in der Bürgschaft, alle, die nach Messana gekommen sind, stimmen mir darin leicht zu.
Sein Haus ist vielleicht das beste in Messana, gewiss ist es aber das bekannteste, es ist weit geöffnet für uns und es ist das gastfreundlichste. Dieses Haus war vor dessen Ankunft so geschmückt, dass es der Stadt zum Schmuck diente, denn Messana selbst, das mit einer günstigen Hafenlage und Mauern ausgestattet war, ist jetzt ziemlich nackt und leer von diesen Dingen, wodurch dieser da erfreut wurde.
4.) Es war in dem Haus von Heius ein Heiligtum von großer Würde und Vorzüglichkeit, das von den Vorfahren übergeben worden war und sehr alt war; in jenem waren vier sehr schöne Statuen von höchster Kunstfertigkeit und Vorzüglichkeit, welche nicht nur die geistreichen und kunstverständigen Menschen erfreut, sondern auch jene, die dieser da Idioten nennt; eine von ihnen war die (Statue) Praxitelis; natürlich habe ich auch den Namen des Künstlers kennengelernt, während ich gegen diesen da ermittelte. Derselbe Künstler hat, denke ich, jenen Cupido, der in Thespia ist, wegen welchen Thespia besucht wird, auf dieselbe Art gemacht. Denn es gibt keinen Grund, etwas anderes anzusehen.
Und jener Mummius hat, obwohl er die Thespiaden, die bei dem Tempel der Felicitas sind, und aus jener Stadt die übrigen unheiligen Statuen wegschaffte, diesen Cupido aus Marmor nicht berührt, weil er heilig war.
5.) Aber damit ich zu jenem Heiligtum zurückkehre, die Statue, von der ich spreche war eine des Cupido aus Marmor, auf der anderen Seite eine des Herkules, die hervorragend aus Erz gemacht war. Es wurde gesagt, dass sie eine Statue des Myron sein, wie ich denke, und sicherlich (ist es so). Ebenso waren bei diesen Göttern kleine Altare, die jeden beliebigen Glauben vor dem Heiligtum anzeigen können. Darüber hinaus waren zwei eiserne Statuen, nicht sehr groß, aber von ausnehmender Schönheit, von mädchenhafter Haltung und Kleidung, die mit erhobenen Händen gewisse Opfer, die auf Art und Weise der Athener dargebracht wurden, auf dem Kopf trugen.
Diese selbst wurden Canephoren genannt.
6.) Aus dem Heiligtum des Heius hat Verres diese ganzen Statuen, von denen ich geredet habe, gestohlen; er hat nichts von dem zurückgelassen, sage ich, dennoch hat er nichts anderes außer einer uralten hölzernen Statue der Bona Fortuna (zurückgelassen), dieser wollte sie nicht in seinem Haus haben. Beim Glauben an Götter und Menschen! was bedeutet das, was für eine Sache ist das? was für eine Schamlosigkeit ist das? Bevor diese Statuen, die ich meine, von dir geraubt worden sind, ist niemand mit Befehlsgewalt nach Messana gekommen, der sie nicht angesehen hat. Wird Verres alles, was ihm gefällt, rauben, wird es keinem gestattet sein, etwas zu besitzen, wird sein Haus alle Schätze aufnehmen? Berührte deshalb keiner das oben genannte, damit er es stehlen kann, ließ Gaius Claudius Pulcher deshalb die Statuen zurück, damit Verres sie stehlen kann? Aber verlangt jener Cupidus nicht nach dem Haus eines Kupplers und einer Mätressenwirtschaft; er hielt sich gerne in jenem väterlichen Heiligtum auf. Tyrannisch gegen eine ganze Gemeinde
7.
) Jene Sache war besonders ironisch, da er nicht selbst in die Stadt gehen wollte, weil die Stadt einen schwierigen und steilen Aufstieg hatte; nachdem er als arbeitsamer und pflichtbewusster Prätor nach Haluntium gekommen war, hat er befohlen, den Haluntiner Archagathus zu rufen, der nicht nur zu Hause, sondern auch in ganz Sizilien ein berühmter Mensch war. Er gab ihm den Auftrag, dass dies alles, was an verziertem Silbergeschirr und an korinthischen Geschirr in Haluntium was, sofort aus der Stadt ans Meer getragen wurde. Archagathus stieg in die Stadt hinauf. Der berühmte Mann, der von den Seinen geliebt und geschätzt werden wollte, trug schwer daran, dass ihm von diesem da die Aufgabe gegeben worden war, und er wusste nicht, was er machen sollte; er verkündete öffentlich, was ihm befohlen worden war; er befahl, dass alle heraustragen, was sie besitzen. Die Furcht war sehr groß, denn der Tyrann selbst ging nicht wieder weg; er erwartete Archagathus und das Silber beim Meer unterhalb der Stadt in der Sänfte liegend.
8.
) Welcher Auflauf, glaubt ihr, welches Geschrei und ferner welche Weinen der Frauen gab es in der Stadt? wenn jemand das sehen würde, würde er sagen, dass das trojanische Pferd hineingeführt worden wäre, und dass die Stadt erobert worden wäre. Die Gefäße ohne Deckel wurden hinausgeschafft, andere Dinge aus den Händen der Frauen entrissen, die Türflügel von vielen aufgebrochen und die Türriegel weggerissen. Was glaubt ihr denn? Wenn einst einmal die Schilde von Privatmännern im Krieg beschlagnahmt worden sind, dann haben die Menschen diese ungern hergegeben, auch wenn sie glaubten, dass die Schilde zum öffentlichen Wohl gegeben werden; damit ihr nicht glaubt, dass irgendeiner das Silbergeschirr ohne größten Schmerz aus seinem Haus hervorgeholt hat, damit es ein anderer raubt. Alles wurde weggetragen. Die Brüder aus Cibra werden gerufen; sie missbilligten weniges. Die Reliefstreifen und Reliefplatten dieser Dinge, die sie billigten, wurden heruntergerissen.
So kehrten sie Halunter, nachdem die kostbarsten Kleinodien weggerissen worden waren mit purem Silber nach Hause zurück.
9.) Ich komme nun schon nicht mehr zu dem Diebstahl, nicht zu der Habsucht und nicht zu der Begierde, sondern zu einem derartigen Verbrechen, in welchem mir alle Schandtaten enthalten und inbegriffen scheinen; Bei diesen sind die unsterblichen Götter verletzt worden, der Ruf und das Ansehen des Namens des römischen Volkes geschmälert worden, die Gastfreundschaft mit Füßen getreten und verraten worden, alle uns sehr befreundeten Könige durch das Verbrechen dieses da abspenstig gemacht wurden, und die Völker, die unter deren Herrschaft und Weisungsbefugnis stehen. Denn ihr wisst, dass die syrischen Könige, die jugendlichen Söhne des Königs Antiochus, neulich in Rom waren; sie waren nicht wegen dem syrischen Reich gekommen, denn jenes hatten sie ohne Meinungsverschiedenheit in Besitz, wie sie es vom Vater und von den Vorfahren empfangen hatten, sondern sie glaubten, dass sich das ägyptische Reich ihnen selbst und ihrer Mutter Selene gehöre. Nachdem diese wegen dem Senate nicht tun konnten, was sie wollten, weil sie durch die Zeitumstände des Staates gehindert worden sind, sind sie nach Syrien in ihr Heimatland aufgebrochen. Der eine von ihnen, der Antiochus genannt wurde, wollte den Weg nach Sizilien machen, und so ist er währen dieser da Prätor war nach Syrakus gekommen.
Selbst Freunde blieben nicht verschont
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