Felix 2 ausgabe b übersetzung
L77 Die Schule besuchen- sinnvoll oder nicht? (ab Z.7)
(...) Außerdem fürchte ich, dass die Sitten der Jungen durch das annehmen verdorben werden,. Es ist überliefert, dass auch unsere Vorfahren die Kinder zu Hause erzogen haben.
QCO: Aber wir wissen, dass auch zu Hause die Sitten verdorben werden, wenn nicht die Eltern für gute Sitten sorgen. Manchmal schadet auch jener Hauslehrer den Kindern, durch das liefern schlechter Beispiele; auch die Schandtaten schlechter Sklaven nützen den Kindern nicht.
AP: Ich werde kurz darlegen, warum Quintilianus will, dass die Kinder in die Schule geschickt werden: Die Jungen sollen nicht nur in die Schule kommen um das Wissen zu vermehren, sondern auch um den Gemeinschaftssinn zu lernen und starke, Freundschaften zu schließen. Ich füge hinzu, dass der Wetteifer der Schüler den Geist erregt. Weil es ein Junge für schändlich halten wird, von einem anderen übertroffen zu werden, wird er zur Vermeidung dieser Schandtat auch den Lerneifer vermehren.
L78 So sollen Lehrer sein
Ein Lehrer, der erfahren ist im lehren, soll zuerst die Begabungen deren erforschen, die er zur Ausbildung übernommen hat.
Er soll sorgfältig bei sich überlegen, auf welche Weise der Geist jedes einzelnen behandelt werden muss: die einen müssen immer ermahnt werden, die anderen ertragen Befehl ungern; die furcht vor dem Lehrer hält die einen zurück und zerbricht die anderen. Es ist aber zu wünschen, dass ein Lob den Jungen anstachelt und Ruhm ihn erfreut.
Der Lehrer selbst soll weder diese Dinge übersehen, die man verbessern muss, noch soll er böswillig beim tadeln der Worte der Schüler sein! Er soll weder die Stimmen der Jungen unterdrücken, noch zurückweisen! Er soll gerne antworten, wenn die Kinder fragen und die nichtfragenden soll er von selbst aufrufen! Auch dies soll vom Lehrer beachtet werden, dass verschiedene dinge von Schülern aufgenommen werden müssen, denn die Abwechslung belebt den Geist.
Von den Eltern freilich ist große Sorgfalt anzuwenden, dass die Jungen einem geeigneten Lehrer zur Unterweißung übergeben werden; denn die Lehrer müssen nicht nur das Wissen der Jungen vermehren, sondern auch ihre Charakter pflegen.
Aber die Schüler müssen gemahnt werden, dass sie die Lehrer lieben und ihnen ähnlich sein wollen. Außerdem sollen sie einsehen, dass die Worte der Lehrer von ihnen beachtet werden müssen! Auch wenn der Lehrer abwesend ist sollen sie mit großer Sorgfalt lernen! Sie sollen ihr Gedächtnis immer trainieren, dass es nicht geschwächt wird.
L80 Kalt ist’s in Germanien
Weil die Germanen Gegenden bewohnten, die nach Norden hin blickten, wurden sie von Gewändern, die für sehr kalte Gegenden geeignet waren, geschützt. Die allg. Kleidung war von allen eine Art von Mantel, für die reicheren ein Besserer, für die ärmeren ein Schlechterer. Es ist deshalb nicht sonderbar, dass die Reichen besser vor der Kälte geschützt waren als die Armen.
Diese, die in weiter entfernten Gebieten, (das heißt jenseits des Rheins oder der Donau) wohnten, waren auch mit dem Pelzen wilder Tiere bedeckt. Dieses war für diese mehr notwendig, als anderen, die diesseitige Orte bewohnten.
Die Frauen und die Männer hatten dieselbe äußere Erscheinung; aber die Frauen wurden mit Leinenmäntel verhüllt, deren äußeres mit Purpur geschmückt waren.
Cornelius Tacitus berichtet in einem gewissen Buch, welches über die Sitten der Germanen geht, dass die Töchter und Söhne der Geringsten mit den Edelsten zwischen demselben Vieh auf demselben Boden spielten, bis das Alter die Edlen von den Sklaven und die Höheren von den Niedrigeren trennte. Es wurde sogar für die größte Schande gehalten, die Anzahl der Kinder zu begrenzen. Je größer die Zahl der Verwandten war, desto angenehmer war das Greisenalter,
L 81
Auf der Reise, die wir die wir durch die Zeit machen, gelangte unser Omnibus nach Mogonaticum, in die Hauptstadt Obergermaniens und hielt in der Nähe jener Stadt. Es ist das 110. Jahr nach Christus.
Während wir zu Fuß durch die Straßen gehen, hören wir den Lärm der Arbeiter, die Rufe der Verkäufer und Käufer, manchmal das Gebell von Hunden. Denn auf dem Marktplatz sind zu dieser Zeit zahlreiche Bürger.
Ein gewisser Rinoldus, ein Stoffhändler, steht vor seinem Laden, als Käufer erwartender (als ob er Käufer erwartet?).
Felix unser Wegbegleiter, geht sofort zu ihm und sagt auf lateinisch: „Sei gegrüßt, Herr! Was verhandelst du? Und was sagst du über Geschäfte?“ Rinoldus grüßt lateinisch zurück: „Das beste! Ich danke dir, was du suchst!“ Und ein Begleiter fährt fort: „Die Geschäft sind niemals besser gewesen.“
In kurzer Zeit kommen wir alle bei ihm zusammen, alle begierig danach zuzuhören. „Ich bin vom Stamm der Chatti“ ,sagt Rinoldus, „und nachdem ich 20 Jahre lang im römischen Heer Kriegsdienst geleistet habe, habe ich 12000 Sesterzen erhalten.
Mit diesem Geld habe ich wenig später diesen Laden eröffnet.“ Dann fragt Felix: „Ist der Krieg endlich beendet worden?“ „So ist es. Germanen und Gallier leben nun in Frieden mir den Römern. Es gibt für alle Kinder die Möglichkeit die lateinische Sprache zu lernen. Unsere Häuser sind entsprechend den Beispielen aus Rom erbaut worden, wie z.B.
meines, welches mit Fußbodenheizung und warmen Badezimmer ausgestattet wurde.“
Dann sagt Felix: „Wie verhalten sie sich im Gottesdienst?“ Jener sagt: „Das bezieht sich auf die Frömmigkeit. Die Römer hindern uns in keiner Weise. Aber obwohl ich Germane bin, verehre ich besonders Merkur, weil er der Schutzherr der Händler ist. Dessen kleine Statue –die von außerordentlicher Schönheit ist- ich auf dem Altar neben den Hausgötter aufgestellt habe.“
Felix: „Und wo findest du Material?“ Auf dies Rinoldus: „Wolle, die ich mit großem Aufwand aus Untergermanien einführe, wird hier gewebt.
Aber die Stoffmuster werden in Rom hergestellt. (...)
L81,2 „Wir haben keine Lehrer“ (ab Z.5)
(.
...) „Weshalb keine? Es wäre gerecht, dass eure Kinder hier lieber lernen als anderswo. Denn wo würden sie angenehmer Leben als in der Heimat oder besser erzogen werden als unter den Augen der Eltern oder mit geringerem Aufwand als zu Hause.
Es wäre besser Geld zusammenzutragen, die Lehrer anzuwerben und was auch immer ihr jetzt für weitentfernte Wohnungen und Wegegeld ausgebt, diesen Löhnen hinzuzufügen, welche die Lehrer fördern.
Ich, der ich noch keine Kinder habe, bin sicherlich bereit für meine Heimat(stadt) gleichsam wie für eine Tochter oder eine Mutter den dritten Teil zu geben, was ihr sammeln werdet. Daher sprecht sorgfältig über das, was ich euch vorgeschlagen habe. Ich will, dass dieses möglichst viel ist, was ich beitragen muss. Ihr leistet wohl nichts ehrenhafteres für eure Kinder, nichts angenehmeres für eure Heimat(stadt). Wer auch immer hier geboren ist, soll hier den Lehrern zur Erziehung übergeben werden; sofort von Geburt an sollen sie den heimatlichen Boden lieben. Oh wenn ihr doch möglichst gute Lehrer herbringen möget, dass die Studien von hier aus zu den benachbarten Städten hinübergetragen werden und bald sehr viele Kinder in unsere Stadt eilen, um zu lernen.
“
L82 Der Sprung in den Kanal
Cäsar lies seine Legion in Gallien zurück, damit er die Küsten und Häfen schützte. Sobald er eine zum Segeln geeignete Zeit bekam, segelte er mit den übrigen Truppen und der Reiterei nach Britannien. Am Tag darauf kam Britannien ins Blickfeld der Römer. Wie Cäsar vermutet hatte, hatten die Britanier an höheren Stellen in der Nähe der Küste, bewaffnete Truppen aufgestellt.
Nachdem die Römer einen offenen und flachen Strand gefunden hatten, ließen sie die Schiffe an diesem Ort landen. Aber die Britannier versuchten, nachdem sie den Plan der Römer erkannt hatten, sie daran zu hindern, die schiffe zu verlassen.
Als Cäsar sah, dass seine Soldaten zögerten, ermahnte er sie mit großer/lauter Stimme. Endlich rief der Adlerträger der 10. Legion, nachdem er die Götter beschworen hatte: „Springt herab, Kameraden, wenn ihr nicht den Adler den Feinden ausliefern wollt!“ Nachdem diese Worte gesprochen waren, stürzte er sich vom Schiff und begann den Adler gegen die Feinde zu tragen. Weil sie die Schande nicht dulden wollten, ermunterten auch die Soldaten sich gegenseitig auf, dass sie gemeinsam von den Schiffen herunterspringen und dem Adlerträger folgen.
L83
Nachdem einst der Legat Suetonius sich auf der Insel Mona aufhielt, haben mehrere Soldaten der Römer diese Gelegenheit genützt: sie drangen in das Gebiet der Icenier ein.
Kurz darauf hat der Legat erfahren, dass jene auch Venta, die Hauptstadt der Icenier, in ihre Gewalt gebracht hatten.
Zu dieser Zeit war Boudicca Königin der Icenier. Weil viele Menschen sich über die Ungerechtigkeiten, die von den Römern empfangen hatten, beklagten, trieb die Königin ihren Stamm so an: „ Lasst uns an den Römern für jene Untaten Rache nehmen! Lasst uns die Veteranen angreifen, die in der Stadt C. wohnen!“ Sie glaubte, dies sei eine einfache Sache, weil jene keinen Anschlag vermuteten. Wie mitten im Frieden wurden die ahnungslosen von einer Vielzahl von Barbaren umstellt.
Nachdem dieser Aufstand verkündet worden war, wollte der Legat Suetonius den Veteranen helfen. Nicht zögernd brach er von der Insel Mona mit einer Legion auf und gelangte in Eilmärschen zu den seinen.
Dort wählte er, aus furcht vor einem Anschlag der Feinde, mit höchster Sorgfalt einen Platz für das Lager aus.
Durch die Ankunft der Römer wurden die Britannier nicht eingeschüchtert, sondern sie freuten sich. Denn sie hatten ein so großes Vertrauen zum Sieg, dass die Ehefrauen, wie Zeugen des Sieges, ihre Männer, die in die Schlacht zogen, begleiten.
Kaum hatte Suetoinus die Schlachtreihe aufgestellt, als Boudicca, ein gellendes Kriegsgeschrei anhebend, mit einem Waagen auf das Feld, das in der Nähe des Lagers der Römer war, fuhr. Alle Britannier folgten mit großer Schnelligkeit der Königin.
Als dieser Angriff gemacht worden war, ermunterte der röm.
Feldherr seine Soldaten: „Ich hoffe, ihr werdet eure Pflichten gut verrichten. Zögert nicht! Folgt mir!“ Nachdem er diese Worte gesagt hat, treibt er sein Pferd an und rückt gegen die Feinde vor.
L84
Die röm. Anführer hatten in B. großen Ruhm errungen. Dort hatten sie mehrere Kolonien gegründet, besonders von Veteranen, wie zum Beispiel Londinum und Cambodunum.
Diese Stadt hatten die Britannier während der Rebellion Boudiccas angegriffen, wie wir oben zeigten. Viele Straßen und Kanäle gaben den Einwohnern die Möglichkeit mit Pferden und Schiffen zu reisen. Außerdem hatten die Römer, dadurch dass sie viel umherzogen viele orte gefunden, an denen nicht nur Eisen und Blei sondern auch Silber und Gold vorkommen.
Kaiser Hadrian glaubte, dass diese Gegenden, die nach Norden hin gelegen sind, vor den Barbaren nicht sicher sind. Denn jener alte Damm, der vor vielen Jahren errichtet worden war, schien zu wenig stark zu sein um die Grenzen zu schützen. Deshalb befahl er, dass die Grenze mit einer hohen Mauer zu befestigen wird.
Er wollte mit dieser Mauer und vielen Posten, die Barbaren am Überschreiten der Grenze abhalten.
Und so wurde es gemacht. Innerhalb fünf Jahren wurde eine sehr lange Mauer, die den Namen vom Kaiser selbst herleitet und „Hadrian Wall“ genannt wird, durch jenen Teil Britanniens gezogen.
L86
Der Feldherr D. hatte sich daran gewoehnt, Vieh zu opfern und in deren Leber die zukuenftigen Dinge zu erforschen. Einst haben gewisse Christen, als sie an einem solchen Opfer teilgenommen haben, ein Kreuzzeichen auf ihre Stirn gemacht.
Als sie die Daemonen auf diese Weise verstrieben haben, wurde das Opfer gestoert.
Die zitternden Opferschauer opferten wieder, aber die gewohnten Zeichen tauchten nicht auf. Immer wieder zeigten die geschlachteten Opfertiere nichts, solange bis ein gewisser Opferschauer den Verdacht schöpfte, dass die Opfer deswegen nicht antworteten, weil an dieser göttlichen Sache gottlose Menschen teilnahmen.
Als der Kaiser dies erfahren hatte, hat er zornig befohlen nicht nur die zu opfern, die an dem Opfer teilgenommen hatten, sondern alle, die im Palast waren. Weil ihm viel daran lag, dass auch die Soldaten zu dem verbrecherischen Opfer gezwungen wurden, befahl er, dass mit Schlägen gegen die vorgegangen wurde, die nicht gehorchten.
Damals jedenfalls machte D.
nichts weiter gegen das Gesetz oder die Religion Gottes. Später aber wurde er von denen, welche die Christen am meisten hasten, zur Verfolgung unserer Leute aufgestachelt. Ich erinnere mich gut, welche Verbrechen durch seine Wut begangen wurden
L87 Ein Tag und die Ewigkeit
Ein gewisser Abt, von dem wir wissen mit wie viel Sehnsucht er über das ewige Leben nachgedacht hat, stellte u.a. Überlegungen über die Freuden des Paradies an. Aber er verstand nicht, auf welche Weise die Heiligen ohne Überdruss sich so lange an einem Ort aufhalten konnten.
Einst ist jenem Mann ein sehr schöner Vogel erschienen, während er in der Nähe der Abtei spazieren geht; durch dessen außerordentlich lieblichen Gesang wurde er so erfreut, dass er lange Zeit mit ihm spielte. Am Abend aber als er zur Tür der Abtei zurückgekehrt war, fand er alles verändert. Weder kannte er den Pförtner, noch wurde er selbst von ihm erkannt. Deshalb verwirrt sagte er: "Ich verlange, dass du die Tür dem Abt dieses Klosters aufmachst, von dem du weißt, dass er vor kurzem in den Wald hinausgegangen ist." Niemandem aber in dem Kloster war jener bekannt. Die Mönche aber haben sich über diese Sache gewundert, nach deren Wahrnehmung der Abt in höchstem Masse erregt wurde.
Deshalb beschlossen sie das Buch anzuschauen, in dem - wie sie wussten - die Namen aller Äbte geschrieben waren. Und sie fanden, dass 300 Jahre vorbeigegangen waren, seitdem jener Abt des Klosters war.
Was also zeigt der Herr durch diese Geschichte? 1000 Jahre im ewigen Glück werden ohne Überdruss wie 1 Tag sein, der vorbeigegangen ist; und es ist mehr Gott von Angesicht zu Angesicht zu sehen, als mit einem Vögelchen zu spielen.
L88
Einst wohnte neben einem bestimmten Staat ein gewaltiger Drache, der oft das Volk, das gegen ihn bewaffnet war, vertrieben hatte und durch seinen Hauch eine Seuche gebracht hatte. Deshalb geschah es, dass die Buerger diesem Tier jeden Tag einen durchs Los ausgewählten Menschen opferten.
Einmal aber traf es sich schlecht, dass die einzige Tochter des Koenigs durch das Los dem Drachen bestimmt wurde.
Auf jede erdenkliche Weise bemühte sich der Koenig zu verhindern, dass seine Tochter auf diese grausame Weise starb. Das Volk aber, das fürchtete, dass alle Buerger durch den Hauch des Drachen untergingen, erlaubte dem Koenig nicht, seine Tochter zu retten. Voller Angst und mit vielen Tränen umarmte der Vater das Mädchen und rief: "Wehe mir, meine allerliebste Tochter, was soll ich tun? Ach wenn ich doch schon gestorben wäre!" Dann ist jene aus der Stadt hinausgegangen.
Als der glückliche Georg diese im Vorbeigehen zufällig sah, fragte er, was sie habe. Und jene antwortete: "Du guter Mann, flüchte schnell, dass du nicht mit mir stirbst!" Georg antwortete ihr: "Fürchte dich nicht, Tochter, weil ich dir im Namen Christus helfen werde. Von hier werde ich nicht weggehen, bis du mir sagst, was du hast.
" Und jene sagte: "Lieber Soldat, es genügt, wenn ich alleine sterbe. Und du handelst nicht klug, wenn du mir hilfst. Schau du zu, dass du nicht mit mir umkommst." Aber sie überredete Georg nicht, zu fliehen.
Während sie sich unterhielten, erschien plötzlich der Drache. Georg bestieg sofort sein Pferd und indem er sich mit dem Kreuz schützte und sich Gott anvertraute, griff er mutig den Drachen an, der gegen ihn herankam.
Es gelang ihm, mit der Lanze das Tier schwer zu verletzen und zu Boden zu werfen. Dann führte er den Drachen in die Stadt und sagte zu den Bürgern: "Vergesst diese Tat nicht! Fürchtet euch nicht! Dazu nämlich schickte mich der Herr, dass ich euch vom Drachen befreite. Glaubt an C. und jeder einzelne von euch soll getauft werden und ich töte diesen Drachen."
So brachte er den Koenig und alle Buerger dazu, dass sie getauft wurden; den Drachen aber hat der seelige G. mit seinem Schwert getötet.
L90,1
Die Gladiatoren brachten beim Trainieren ihrer Körper große Disziplin auf. Denn nur dies ist eine nützliche Übung, die sehr ähnlich ist dieser Tätigkeit der, für die man trainiert; ja es ist sogar am besten, wenn sie härter ist als der echte Wettkampf.
Die Gladiatoren werden mit schwereren Waffen trainiert, als sie kämpfen. Der Trainer/Lehrer hält jene länger in den Waffen als sie vom Gegner festgehalten werden. Boxer und Ringer ermüden zwei oder drei Gegner, damit sie um so leichter einzelnen Wiederstand leisten. Die Läufer durchlaufen, weil innerhalb einer kurzen Strecke über die Geschwindigkeit entschieden wird, der Übung wegenoft diese Strecke, weil sie diese einmal im Wettkampf einmal durchlaufen werden.
So wird die Arbeit/Mühe, worin die Menschen sich üben, absichtlich vervielfacht, damit es umso leichter ist, wenn um den Sieg bis zur Entscheidung gekämpft werden muss.
M.T.C. versucht zu erklären, auf welche Weise die Gladiatoren so viel Schmerzen mit so viel Tapferkeit erleiden können: "Groß ist die Macht der Gewohnheit. Die Boxer, die von Schlagringen getroffen werden, seufzten nicht einmal.
Jener, der bestens trainiert ist, will lieber Schläge ertragen, als sie in schändlich zu vermeiden. Oft sehen wir, dass diese nichts lieber wollen, als den Herren und das Publikum zufrieden zu stellen. Welcher mittelmäßige Gladiator hat geseufzt, wer hat jemals seine Miene verändert? Niemand von ihnen stand ängstlich da, niemand unterlag dem Gegner schändlich. Und wenn er besiegt worden ist: Wer von ihnen hat seinen Hals zurückgezogen, nachdem ihm befohlen worden war, den Todesstoss zu erhalten?"
L90,2: So verhalten sich Sportfans
Es waren Circusspiele, aber ich werde durch diese Art von Schauspiel keineswegs berührt. Nichts war neu, nichts war verschieden, nichts war da, was nicht genug wäre einmal gesehen zu werden.
Umso mehr wundere ich mich, dass tausende von Männern so immer wieder wünschen, rennende Pferde und Menschen, die auf Wagen stehen, zu sehen.
Wenn sie wenigstens durch die Schnelligkeit der Pferde oder die Kunst der Menschen begeistert werden würde, dann wäre in diesem Schauspiel etwas Vernünftiges.
Nun aber begünstigen sie ein Trikot, und lieben ein Trikot. Wenn direkt beim Rennen und beim Wettkampf diese Farbe dorthin und jene hierhin vielleicht übertragen wird, dann werden auch der Einsatz und die Begeisterung mitübertragen. Plötzlich werden sie jene Pferde und Wagenlenker verlassen, deren Namen sie rufen. So viel Beliebtheit, soviel Ansehen in einem einzigen so wertlosem Trikot.
L91: Sind das nach „Spiele“?
Ich halte nichts die guten Sitten so gefährlich ist, wie in irgendeinem Schauspiel zu sitzen; denn dann schleichen sich durch das Vergnügen Fehler.
Ich bin der Meinung, dass ich auch von den Spielen grausammer und unmenschlicher nach Hause zurückkehre.
Neulich bin ich in eine Mittagsvorstellung hinein geraten, wobei ich unterhaltsammeSpielen erwartete, von welchen die Augen erfreut werden sollten. Doch es wurde mit Schwert und Feuer gekämpft; das Ende der Kämpfenden war immer der Tod. Die Gladiatoren hatten nichts, mit dem sie sich schützen konnten; nackt erhielten sie am ganzen Körper gegenseitig Hiebe. Dieses jedenfalls, soweit ich weiß, ziehen die Meisten den anderen Kämpfen vor. Am Morgen also werden die Menschen den Löwen und Bären, am Mittag den Zuschauern vorgeworfen.
“Viele kämpfen in der Arena, weil sie entweder einen Diebstahl begangen haben, oder Menschen getötet haben. Weil sie ein Verbrechen begangen haben, sind sie es würdig, dass sie aughängt werden." - Was also? Weil sie töteten, verdienten es jene, dass sie dies erlitten. Aber was für einen Grund gibt es, dass du Elender das anschaust? - "Bring ihn um! Warum läuft er so furchtsam in das Schwert? Warum stirbt er zu wenig gern?“
Aus diesem Gespräch kann man erkennen, dass die Masse gemieden werden muss; denn es fehlen nicht Leute die schlechte Beispiele geben und an uns Fehler weitergeben.
L92 Ideale Treffpunkte: Theater und Zirkus
Der Dichter Ovid lobt die Stadt Rom, weil dort viele schöne Mädchen zu finden seien. Auch den jungen Männern zeigt er, an welchen Stellen sie vor allem die Mädchen suchen sollen: Im Theater wirst du sicherlich ein Mädchen finden, mit dem du flirten kannst, das du lieben und umarmen willst.
Denn wie die Bienen, nachdem sie duftende Wiesen erreicht haben, durch Blüten fliegen, so eilen die geschmücktesten Frauen zu den viel besuchten Spielen. Sie kommen um die Spiele zu sehen; und sie kommen damit sie auch selbst angeschaut werden.
Auch der Zirkus bietet einer neuen Liebe viele Vorteile: Dort braucht man nicht die Finger, durch welche du heimlich mit einem Mädchen sprichst; denn ganz nahe bei deiner Herrin –wobei dich keiner hindert- kannst du dich hinsetzen und ein Gespräch anfangen. Und es ist nicht schwer zu erkennen, ob das Mädchen mit dir flirten will.
Zuerst mögest du eifrig erkundigen, wessen Pferde auf der Rennbahn sind und für welche jene schwärmt. Beeile dich den selben Beifall zu klatschen denen sie klatscht.
Und du weißt genau, dass es viele Dinge gibt, durch die du irgendeine Pflicht leisten kannst: Einigen war es schon nützlich einem Mädchen ein Sitzkissen angeboten zu haben, auf dem sie bequem sitzt; manche bewegen die Luft mit einem kleinen Fächer, damit sie das Herz(die Aufmerksamkeit) und die Gunst des Mädchens auf sich lenken.
An diesen Orten also wählst du wohl diese leicht aus, der du sagst: "Du allein gefällst mir!"
L93: Politik- nichts für Phlilosophen?
Raphael, weil er nicht begierig nach Stärke war, wollte er weder dem König noch einem gewissen Fürsten zur Hilfe sein.
Diesem warf Morus vor: Er stimme einem derartigen Plan nicht zu. Denn wer wisse nicht, dass dieser klüger über die Leitung des Staates sprechen könnte, als die Meisten, die jetzt in der Versammlung des Königs anwesend seien?
Raphael antwortet: Der Morus täusche sich gewaltig. Er sei keinem Fürsten in irgendeiner Sache von Nutzen, weil sich die Fürsten öfter mit den militärischen Bemühungen beschäftigen, als hinsichtlich des Friedenspläne zu fassen. Er aber werde weder geleitet von der Begierde Kriege zu führen, noch von dem Ehrgeiz geleitet.
Und er setzte fort: Weil diese Dinge so seinen, habe Platon, jener sehr berühmte Philosoph in einer Fabel dargelegt, warum sich viele weise Männer vom Einschlagen der politischen Laufbahn enthalten würden.
Darauf erklärt Raphael: „Die Weisen, wenn sie sehen, dass das Volk auf den Straßen von Regengüssen ständig überschüttet wird, versuchen sie die Menschen zu überreden, dass sie schnell vom Regen zurückweichen und die Häuser aufsuchen. Aber sie verbrauchen vergeblich Worte. Deshalb wollen sie selbst nicht in der Öffentlichkeit auftreten, weil sie wissen, dass sie nichts bewirken werden, wenn sie herauskommen. Sie wollen nicht zusammen mit diesen nass werden. Weil sie eine fremde Dummheit nicht gänzlich heilen können, wollen sie selbst wenigstens im Trockenen und im Sicheren sein.
“
L94 Ist gemeinsammer Besitz utopisch
R. sprach folgendes: Er frage selbst, ob private Dinge überhaupt nötig seien, damit die Menschen glücklich Leben würden. Damit Morus folgendes leichter einsehe, werde er alles kurz und möglichst wahr darlegen: die Bürger Utopiens hätten erreicht, dass der Reichtum gleich unter allen aufgeteilt werde, obwohl dies nicht leicht erreicht werden könne. Jene hätten Überfluß an allen dingen, obwohl kein Privateigentum bei ihnen da sei. Denn er meine, dass das öffentlich Wohlergehen bewirkt werden könne, wenn die Bürger, nachdem eigene Sachen beseitigt seien, in höchster Gleichheit leben würden.
Und R.
fügt hinzu: Denn allein diese Gemeinde, in der alle mit höchster Bemühung sich den öffentlichen Geschäften widmen würden, werde rechtmäßig und verdientermaßen Staat genannt.
Dann unterbrach Morus, obwohl er von dessen Worten heftig bewegt worden sei, ruhig und freundlich: Es scheine ihm dagegen, dass dort, wo alles gemeinsam sei, niemals angenehm gelebt werden könne. R. solle auch dies überlegen: Wie sei eine reichliche Menge vorhanden, wenn jeder einzelne die Arbeit möglichst oft meide und im Vertrauen auf fremden Fleiß träge werde? Sei freilich dieses gem. Leben, ohne irgendeinen Handel mit Geld nicht besonders sinnlos? Warum sollen all der Adel, die Pracht, der Glanz, jede Erhabenheit, die wahre Schmuckstücke der Bürger seien, vernichtet werden? Er selbst gestehe, dass es im Staat der Utopier gewisse dinge gebe, die in unserer Bürgerschaft fehlen; trotzdem stimme er nicht allem zu, das gesagt wurde.
L95,1
Zuerst wurde das Goldene Zeitalter von den Göttern gesät, welchen die Menschen ohne Gesetze zuverlässig und Pflichtbewusst pflegten.
Strafe und Angst gab es nicht und drohende Worte wurden nicht auf den Tafeln, die in der Öffentlichkeit aufgestellt waren, gelesen. Und nicht fürchtete die demütig bittende Menschenmenge die Worte eines Richters, sondern die Menschen waren ohne Schutzherr sicher.
Weder war eine Pinie gefällt worden, noch Schiffe gebaut worden, damit die Menschen einen fremden Erdkreis besuchen konnten. Die Menschen kannten keine Küsten außer ihre eigenen. Noch umringten nicht überflüssige Gräben die Städte, noch gab es keine Trompete, kein Schwert. Ohne Soldaten übten die Völker sicher eine angenehme Freizeit aus.
Das Land selbst, das noch nicht bebaut war, brachte von sich aus Getreide und lebensnotwendige Dinge hervor. Die Menschen waren nämlich mit den speisen zufrieden, die von selbst und ohne dass jemand dies erzwang gewachsen waren. Der Frühling war ewig, sanfte Winde bewegten Blumen, die ohne Samen entstanden waten. Bald trug die ungepflügte Erde Früchte. Flüsse von Milch und Nektar flossen.
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