Übersetzung vom cursus continus
Lektion 1
Im Circus Maximus
"Sei gegrüßt, Caesar!" ruft das Volk.
"Sei gegrüßt, Caesar!" ruft auch Marcus Domitius.
Er freut sich sehr, denn gerade tritt der Kaiser ein, Marcus Ulpius Troianus Caesar, Konsul, Tribun, Vater des Vaterlandes. Nun spricht der Kaiser einige Worte. Die Menge schreit nicht mehr, sie schweigt und hört zu. Dann schreit sie wieder, denn die Bilderprozession kommt:
Schau, Iuppiter und Iuno, schau, Apollo und Diana, schau, Mars und Venus!
Sobald das Götterbild der Venus kommt, applaudiert Marcus.
Er ist nämlich verliebt und sieht da Cornelia sitzen.
Schau! Auch Cornelia applaudiert!
Nun freut sich Marcus und lacht, denn die Schau gefällt ihm.
Lektion 2
Afra lernt es!
"Schau, das Forum Romanum!" ruft Domitilla und ihre Freundin Drusilla sagt: "Schau, ein breiter Weg!"
"Schau, das Kolosseum!" ruft Iulia.
Afra schweigt jedoch.
"Warum sagst sie nichts?" fragt Drusilla, "warum ist sie nicht fröhlich?"
Darauf Cornelia: "Sie ist eine neue Sklavin. Sie schweigt immer, denn sie kann kein Latein.
"
"Sie kann kein Latein" ruft Domitilla, "und warum nicht?"
Niemand bringt es ihr bei!
Und zu Afra: "Schau, das Forum Romanum!"<br />
Afra zögert und antwortet darauf: "Forum Romanum."<br />
Iulia freut sich: "Nun hört Afra, sie schweigt nicht mehr. Domitilla ist eine gute Lehrerin."<br />
Wiederum Domitilla zu Afra: "Schau, der hohe Tempel, schau, der breite Weg!"<br />
"Eine hohe Straße", antwortet Afra.<br />
Cornelia und Drusilla lachen; Domitilla sagt aber: "Der Weg ist nicht hoch, der Tempel ist hoch; eine Straße ist breit und viele Straßen sind breit."<br />
Die Freundinnen freuen sich und machen weiter: "Der Tempel ist hoch.
..die Tempel sind hoch...da steht ein fröhlicher Sklave.
..da stehen viele Sklaven...<br />
Schau! Nun kommt der berühmte Senator Titus Servilius, jetzt viele Senatoren, nun kommen die Konsulen! Sie sind fröhlich und lachen.
"<br />
Und Afra: "Viele Senatoren kommen fröhlich."<br />
Wiederum freuen sich die Freundinnen, klatschen und rufen: "Gut gemacht, Afra, gut gemacht!"<br />
Nun ist sogar Afra fröhlich.<br />
<br />
Lektion 3<br />
Hochbetrieb in den Thermen<br />
Marcus: Sei gegrüßt, Titus! Was tust du?<br />
Titus: Nichts tue ich, wie du siehst: Ich studiere und lese.<br />
Marcus: Was sagst du, Freund? Niemand tut nichts, während er studiert und liest - wie Vater, ein gebildeter Mensch, zu sagen pflegte. Studieren und Lesen jedoch macht nicht immer Spaß; deshalb frage ich dich: Warum kommst du nicht mit mir und spielst mit mir Ball auf dem Sportplatz? Sicherlich sind Gaius und Lucius da und spielen.<br />
Titus: Ich komme schon; ich bin ein guter Freund.
<br />
Marcus: Schau! Hier stehen Gaius und Lucius. - Seid gegrüßt, Freunde! Was tut ihr und warum spielt ihr nicht?<br />
Lucius: Was fragst du? Wir tuen nichts, denn das Spielen ist nicht erlaubt, weil heute so viele Menschen auf dem Sportplatz sind: Es ist nicht mehr erlaubt einzutreten.<br />
Marcus: Warum suchen wir nicht das kalte Bad auf? Da sind sicherlich wenige Leute.<br />
Titus: Warum zögert ihr zu kommen? Fürchtet ihr etwa das kalte Bad? Seid ihr etwa feige, Freunde?<br />
Gaius: Was sagt ihr, Marcus und Titus? Warum schweigt ihr nicht und nehmt euch in Acht? Denn wir brauchen nicht besorgt zu sein, wir sind nicht ängstlich, wir zögern auch nicht vor dem kalten Bad, denn dort macht es Spaß, wo nicht so viele Menschen sind.<br />
Marcus: Klatsche Beifall, Freund! Du bist sicherlich nicht ängstlich!<br />
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Lektion 4<br />
Was für eine Stadt!<br />
Cornelia liebt Rom und das städtische Leben; deshalb lobt sie oft das Forum, die breiten Straßen, die hohen Tempel und den berühmten Zirkus. Afra aber schweigt und überlegt viel, während sie Cornelia zuhört:<br />
"Wie groß ist Rom! Wie viele Gebäude stehen hier, wie viele Straßen und Viertel sehe ich hier! Und wie viel Geschrei wir hören! Die Herren schreien, während sie die Sklaven rufen, die Kaufleute schreien, während sie Wein, Öl und Oliven anpreisen, die Bettler schreien, während sie Geschenke fordern.
Soviel Geschrei ertrage ich nicht, so viele Menschen machen mich besorgt. Warum macht es Cornelia immer Spaß, unter Menschen zu sein? Warum pflegt sie es, viele Stunden spazieren zu gehen? Warum kommen so viele Menschen nach Rom?"<br />
Während Afra überlegt, kommt ein schmutziger Mensch an Cornelia heran, um eine kleine Gabe zu fordern. Cornelia lacht und verweigert die Gabe, aber Afra lacht nicht über den schmutzigen Menschen. Sie hat ein As und versucht, den schmutzigen Menschen zu beschenken. Jetzt sieht der Mensch den As, lacht sehr und rennt in den Tempel der Fortuna.<br />
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Lektion 5<br />
Warten auf dem Kapitol<br />
Marcus steht schon eine Stunde auf dem Kapitol vor dem Iunotempel und wartet auf Cornelia.
<br />
Plötzlich sieht er: Dort kommt sie, ohne Afra, ohne Mutter, ohne Freundinnen! Marcus freut sich und ruft: "Sei gegrüßt, Cornelia! Was machst du?" <br />
Aber Cornelia flüstert: "Warum schweigst du nicht, Marcus? Schau! Dort kommt der Vater mit dem Onkel Aulus aus dem Jupitertempel und dort steht Megaera vor Afra! Megaera ist ein schlimmes Weib; sie beobachtet mich immer mit großer Sorgfalt, sie hört alles."<br />
Schon tritt Megaera heran und fragt: "Was ist, Cornelia? Warum stehst du an allen Stellen? Warum beeilst du dich nicht zu kommen? Wir suchen schon den Forum auf." <br />
"Ich liebe dich aus ganzem Herzen!" flüstert Marcus und "in meinem ganzen Leben...", während Cornelia mit Megaera vom Kapitol zum Forum herabsteigt.
<br />
Marcus bleibt auf dem Kapitol und betrachtet die berühmten Götterbilder. Er hofft nämlich: Vielleicht Cornelia... Aber er hofft vergeblich. Cornelia kommt nicht mehr vom Forum, daher ist Marcus traurig und fragt: "Warum verderben die Götter Megaera nicht? Warum vernichten sie nicht alle bösen Sklavinnen und alle bösen Menschen?<br />
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Kapitel 6<br />
Auf Leben und Tod<br />
Im Kolosseum warten viele Menschen auf die Gladiatoren.
Während sie eintreten, herumstehen und grüßen, feuern die einen mit großem Geschrei den berühmten Gladiator Barbatus an, die anderen Syrus: "Höre, Syrus! Greife Barbatus mit dem Schwert an! Du bist frei von Furcht, hoffe also auf den Sieg, kämpfe, strenge dich an, halte durch! Alle beobachte dich nämlich!"<br />
Aber Syrus steht, wartet, zögert den Barbatus anzugreifen - und Barbatus beobachtet Syrus. Deshalb ruft die Menge wiederum: "Kämpft endlich! Warum zögert ihr? Vor was nehmt ihr euch in Acht? Fürchtet ihr euch denn vor den Schwerten? - O Götter hört! Vernichtet alle schlechten Gladiatoren nicht nur in Rom sondern an allen Orten!" Endlich greift Barbatus Syrus mit seinem Schwert an und die Menge ruft wiederum: "Nimm dich in Acht Syrus! Nimm dich in Acht Barbatus!"<br />
Weder schreit Marcus noch noch freut er sich über den Kampf, denn er ist nicht frei von Sorgen. Während Syrus und Barbatus versuchen sich gegenseitig mit dem Schwert zu verwunden, denkt Marcus über die Fortuna, die so ungerechte Göttin nach: "Warum ist Cornelius reich, warum hat Vater Domitius keinen Reichtum? Warum liebe gerade ich Cornelia so sehr? Warum bin ich nicht einmal ohne Cornelia bei den Spielen fröhlich?" <br />
Plötzlich ruft das Volk: "Er hat etwas abbkommen! Er hat etwas abbkommen!" Syrus liegt da, Barbatus freut sich über den Sieg, die Menge ist fröhlich und lobt den Sieger mit großem Geschrei. Aber Marcus geht aus dem Kolosseum. Während er über Wege spaziert, fragt er sich selbst: "Warum bist du heute so traurig, Marcus? Empfindest du etwa den Schmerz des Todes des Syrus? Gefallen die Schauspiele etwa nicht ohne Cornelia?"<br />
Aber sieh da! Afra tritt heran und ruft: "Sei fröhlich, Marcus! Ich habe einen Brief!" "Von Cornelia..
.?" fragt Marcus und Afra lacht: "Cornelia!" Schon ist Marcus frei von Sorgen, schon freut sich Marcus über das Leben und die Liebe.<br />
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Lektion 7<br />
Ein Brief für Marcus<br />
Schon hat Marcus den Brief, schon liest er:<br />
"Cornelia sendet ihrem Marcus viele Grüße. Ich bin traurig, weil ich nicht mehr mit Afra spazieren gehen und nicht oft schreiben kann. Aber Megaera sieht alles, hört alles und beobachtet alles. Sie sagt, ein Mädchen kann nicht alleine spazieren gehen.
Denn viele üble Dinge können sich auf dem Forum und viele sich auf den Straßen ereignen. Bleibe also, schweige und sei zufrieden. Hier kannst du lesen und studieren. Deshalb können wir nicht zusammenkommen, wir müssen warten: Ich bitte aber die Götter oft auf diese Weise: "Gute Götter, die ihr alles geben und alles verweigern könnt: Befreit...
" Dennoch können wir den Brief aber nicht beenden: Schon kommt Megaera! Leb wohl!<br />
"Vernichtet Megaera!", sagt Marcus, "und befreit Cornelia von der schlechten Frau, alle Götter und Göttinnen!"<br />
Dann sucht er den Tempel der Venus auf und betet au diese Weise vor dem Tempel: "Oh Venus, ich rufe dich, denn du alleine kannst Cornelia von Sorgen befreien. Du beschützt alle Menschen, wenn sie lieben. Was ist das Leben ohne dich? Denn wer vermittelt Liebe außer dir? Wen also kann ich rufen, wenn ich Schmerz empfinde, außer dich? Von wem kann ich Hilfe erhoffen, wenn nicht von dir? Machen dir die Opfer von Cornelia etwa nicht oft Freude? Suche ich deinen Tempel etwa nicht oft auf? Machen dich die Opfer etwa nicht zufrieden? Erwartest du Tauben? Erwartest du ein weibliches Lämmchen? Ich habe keinen Überfluss an Reichtum, ich habe kein Geld. Dennoch verspreche ich ein Lämmchen und bete so: Höre, Venus, große Göttin! Von dir alleine erhoffe ich Hilfe!"<br />
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Lektion 8<br />
Guter Rat für Alexander<br />
Titus: Sei gegrüßt Marcus! Warum kommst du so spät? Nimm dich in Acht vor dem Zorn des Diodotus!<br />
Lucius: Du bist ein Sohn der Fortuna: Der Lehrer liest nämlich ein Buch seines Seneca. Das Buch gefällt ihm sehr, wie du siehst; deshalb kümmert sich Diodotus nicht um dich. Wir aber diskutieren eine neue Redeübung.
<br />
Marcus: Was diskutiert ihr? Erzählt, Freunde!<br />
Titus: Wir erörtern die Beschlüsse des Alexander der Große, des Königs Mazedoniens.<br />
Marcus: Was geht das mich an? Ich kümmere mich nicht um die Beschlüsse von Königen und Kaisern.<br />
Lucius: Du kümmerst dich um nichts, außer um hübsche Mädchen; du erwartest immer Briefe von deiner Cornelia.<br />
Marcus: Nimm dich in Acht, elender Mensch und sage nichts über meine Cornelia. Du bist voll elenden Neides, weil ich ein hübscher Junge bin und weil ein hübsches Mädchen mich liebt. Aber erzähle, Titus: Was hat euer Alexander im Sinn?<br />
Titus: Er ist nicht "unser Alexander", ebensowenig wie deiner - aber heute will er über den Ozean fahren.
<br />
Marcus: Über den Ozean! Fürchtet er etwa nicht den Zorn des Dio ... ehem der Götter und Göttinnen?<br />
Lucius: Höre auf die Worte des Lehrers: "Alexander versucht, weil er begierig nach Ruhm ist, mit wenigen Männern über den Ozean zu segeln. Ihr jedoch, Jungen, seid des Königs Ratgeber, eures Freundes."<br />
Gaius: Wir können den König an die Gefahren des großen Ozeans erinnern.
Er ist voller Ungeheuer...<br />
Titus: ...
in den Büchern gelehrter Menschen lesen wir nichts über die im Ozean gelegenen Länder.<br />
Lucius: Deshalb kann der König weder Städte, noch Felder finden...<br />
Gaius: ..
.und er ist schon Herr so vieler Länder und so vieler Völker...<br />
Marcus: Nun bin ich reich an guten Ratschlägen, meine Freunde: Nun kann ich sicherlich Alexander ermahnen.<br />
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Lektion 9<br />
Menschenräuber?<br />
".
..ich ging durch die Subura und suchte Afra überall, denn Afra ist oft in der Subura. Welches Geschrei hörte ich dort, wieviele Menschen sah ich! Bald trat ich in die Läden der Kaufleute ein, bald stand ich bei den Handwerkern, bald las ich die Preise vor den Läden - ich kann nämlich schon lesen, wie du weißt. Plötzlich hörte ich die Stimme des Galliers, meines Freundes. Er fragte nämlich die Menschen, da er seinen Herrn suchte - aber der Herr war dennoch nicht in der Subura.
Ich habe den Gallier mit großer Freude begrüßt; dann gingen wir beide durch die Straßen und Gassen und suchten, ich Afra, der Gallier seinen Herrn..."<br />
"Erzähle schnell!", sagte Marcus: "Hat Afra meinen Brief?" "Sie hat ihn; ich habe meine Pflicht gut erfüllt. Dann habe ich mich sofort beeilt zu dir zurückzukehren. Du hast dich nicht so sehr beeilt, denn ich habe viele Stunden auf dich gewartet.
Bist du und der Gallier etwa nicht in einer Gaststätte gewesen?" "Wir sind nicht dort gewesen, denn der Gallier hat mich verlassen, da er den Zorn seines Herrn fürchtete; daher war ich allein in der Subura.<br />
Aber höre: Ich ging gerade durch die Argiletusstraße, durch ein finsteres Stadtviertel, als ich plötzlich großes Geschrei hörte: "Wohin gehst du, Gauner? Ich habe dich überall gesucht!" Und schon hielt mich ein starker Mann fest; ich aber fürchtete mich sehr, denn auf der Argiletusstraße sind böse Menschen. Schon haben sie viele armselige Sklaven festgehalten und auf die Äcker weggeführt..." "Aber du bist ihm entronnen, wie ich sehe.
" "So ist es, denn die Götter haben meine Wünsche erhört. Ein schlechter Mensch schloss mich in ein Gefängnis ein, aber nach einigen Stunden bin ich entronnen und weggegangen. Bin ich etwa nicht der Sohn der Fortuna?" "Vielleicht bist du der Sohn des Sisyphus."<br />
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Lektion 10<br />
Gut gemacht, Marcus!<br />
"Höre, Marcus, hört Mutter und Domitilla! Lucius, der Sohn des Calpurnius Macrus, hat ein Trauerspiel geschrieben; in der Tat hat er ein großes Thema gewählt:<br />
Er hat heute vom Stolz und vom Tod des Coriolanus vorgelesen. Du aber, Marcus, hast du schon überhaupt von Coriolanus gehört?" "Ich habe schon gehört, Vater, denn ich habe die Bücher des Livius gelesen und bei Diodotus haben wir schon den berühmten Feldherren Coriolanus behandelt: Nachdem er die Truppen der Volscer besiegt hatte, hat er einen Triumph gefeiert: Dann haben alle den Sieger mit fröhlichem Geschrei gelobt. Aber sobald er den Neid des Volkes und der Tribunen hervorgerufen hatte, verlies er die Heimat, unterstützte die Volscer und er bereitete einen Krieg vor.
.."<br />
"Es ist genug, Marcus; du kannst in der Tat gut von Coriolanus erzählen. Das habe ich eben gesehen und freue mich. Aber was habt ihr bei Diodotus gemacht? Was habt ihr vorgetragen?" "Titus beschuldigte Coriolanus, weil er sein Vaterland verraten hat und weil er mit den Truppen der Volscer Rom umzingelte. Ich habe aber die Worte der Mutter gebildet und unter anderem Folgendes gesagt: "Du hast die Legion aus Rom vertrieben, du hast unsere Soldaten geschlagen, du.
.."<br />
"Ich lobe dich, Marcus, denn du hast vieles gelernt und vieles verstanden. Du bist ein guter Sohn, wenn du auch keine Tragödien schreibst." Dann sagte er zu Domitilla und zu seiner Mutter: "Ist unser Marcus etwa nicht gebildet? Freut ihr euch etwa nicht? Schau! Heute lacht Marcus, heute ist er nicht traurig!<br />
In der Tat ist Marcus froh, sobald er die Wörter seines Vaters hörte und sagt: "Ich freue mich, weil du mich gelobt hast, Vater. Ich versuche immer, ein guter Sohn zu sein.
" Aber still für sich sagt er: "Du hast meine Wünsche gehört, Venus, und du hast mir geholfen. Schon lobt Vater mich, schon freut er sich. Vielleicht tadelt er meine Liebe nicht mehr, vielleicht sogar der Vater Cornelias..."<br />
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Lektion 11<br />
Ein junger Mann macht Geschichte<br />
Als 19 jähriger, ihr Jungen, hat Gaius Oktavianus nach einem persönlichen Plan und mit Privatvermögen Truppen aufgestellt.
Damals drohten dem römischen Volk, dem ewigen Rom, dem Forum, den Tempeln und dem Kapitol große Gefahr, denn Brutus und Cassius - aber was sehe ich? Titus hört meinen Worten nicht zu; Titus versucht,viel mit seinen Freunden zu erzählen. Los, sage mir, Titus: Was kannst du uns über Brutus und Cassius erzählen?" Titus zögert ein wenig, dann antwortet er dem Lehrer: "Brutus und Cassius bereiteten mit einigen anderen einen Anschlag gegen den Diktator Cäsar vor. <br />
Aber nachdem sie Cäsar getötet hatten, waren sie bei fast allen Menschen, Männer und Frauen, verhasst. Deshalb verließen sie Rom, haben sich nach Griechenland zurückgzogen und dort Truppen erworben. <br />
Damals war M. Antonius der Feind des C.
Iulius Octavianus, des Erben Cäsars; es war Krieg in Italien, der Aufstand Roms, solange bis Octavianus sich Antonius geneigt gemacht hat. Mit Antonius hat er Brutus und Cassius besiegt und die Kriege beendet..." <br />
"Vieles", sagte Diodotus, "ist dir bekannt, Titus, aber dennoch nicht alles. Deshalb muss ich euch das Übrige erzählen, Jungen, ihr aber hört zu: Marcus Antonius hat Kleopatra, der Königin Ägyptens, einige Provinzen des römischen Reiches zugestanden; er lebte wie ein König mit der Königin in Alexandria.
Wiederum drohten dem Reich große Gefahren, aber Octavianus befreite die Menschen von der Furcht und gab den Ländern einen lang andauernden Frieden. Deshalb teilten die Senatoren Oktavianus viele Ehren zu: Sie nannten ihn den Vater des Vaterlandes und Augustus..."<br />
"..
.und weihten einen Altar, den Frieden des Augustus!" <br />
"Was? Wessen Stimme habe ich gehört? Wem ist es erlaubt, während den Worten des Lehrers zu schreien? Gefällst du dir so sehr, Titus? Versuchst du uns zu verwirren? Nimm dich in Acht! Aber weil ich eben vieles vom Kaiser Augustus erzählt habe, ist dir deine Kühnheit jetzt ungestraft."<br />
<br />
Lektion 12<br />
Kein Glück im Kaiserhaus<br />
Kaiser Augustus, der dem römischen Volk nach den vielen Kriegen Frieden gab, wurde von der Fortuna nicht immer und überall begünstigt. Von den Ehefrauen, die er heiratete, hatte er keinen Sohn, obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte. Seine Enkel aber, die er sehr mochte, verlor er beide, Gaius Caesar in Asien und Lucius Caesar in Massilia.<br />
Später hat er den Agrippa Postumus und den Tiberius adoptiert.
Von diesen verstieß er bald den Agrippa, dessen Verhalten schlecht war. Diesen schaffte er später auf eine kleine Insel, auf der er ein schlechtes Leben lebte. Augustus hatte eine Tochter, die er mit großer Sorgfalt erzog: Iulia. Zuerst gab er diese dem Sohn seiner Schwester, dann, sobald dieser gestorben war, seinem Freund Marcus Agrippa zur Frau. Mit diesem lebte Iulia einige Jahre und gebar zwei Töchter und drei Söhne, Gaius Caesar, Lucius Caesar, Agrippa Postumus, von denen wir schon erzählten.<br />
Nachdem auch Marcus Agrippa gestorben war, gab Augustus Iulia dem Tiberius zur Frau, weil sie ihn nicht liebte.
Bald hat Tiberius sie verlassen und suchte die Insel Rhodos auf; dann lebte Iulia mit Vergnügen mit ihren Freunden, denn dann war sie frei. Dem Augustus aber gefielen ihre Sitten nicht; deshalb schaffte er sie auch auf eine kleine Insel weg.<br />
Obwohl ihn das römische Volk und die Senatoren wiederum und wiederum für sie baten, zeigte er ihr keine Nachsicht und immer wenn er von ihr und von ihrer Tochter Iulia erzählte, pflegte er sie seine "Krebsgeschwüre" zu nennen.<br />
<br />
Lektion 13<br />
Altar des Friedens<br />
"Schau, der Friedensaltar", sagt Diodotus, "das berühmte Werk, das gelobte Werk, das von Augustus erbaute Werk. Hier sehen wir den Kaiser Augustus und seinen Freund Agrippa, dort die Julia, die von ihrem Vater Agrippa und danach Tiberius in die Ehe gegeben wurde - diese Julia, von deren Schicksal ich schon erzählt habe. Oh wie froh war sie, als sie von Tiberius verlassen worden war, dem nicht geliebten Mann, wie unglücklich, als sie von ihrem verletzten Vater auf eine kleine Insel verbannt wurde, weggeschafft aus Italien.
Schau! Hier sind Lucius und Gaius Cäsar, die von Agrippa abstammenden Jungen, dort ist Tiberius, der Kaiser, der von vielen getadelt und von wenigen gelobt wurde! +++ Wir sehen von der Menge der Götter die Mutter Erde, die den Menschen alles Gute gibt. Dort aber sind die Söhne des Mars und der Rea Silvia, die der König Amulius, ein schlechter Mensch, an einem entfernten Ort aussetzte. Eine Wölfin fand die ausgesetzten Jungen; von dieser sind sie gerettet und eine Zeit lang ernährt worden - aber schau! Schon nähert sich Faustulus. Faustulus, der die Jungen, die von der Wölfin gerettet und ernährt wurden, mit sich nahm und aufzog, war Hirte. Von diesem waren den Jungen die Namen Romulus und Remus gegeben worden. Nachdem diese lange unter Hirten gelebt hatten, wurden sie zufällig zu ihrem Großvater geführt.
Dieser war Numitor, der Vater der Rea Silvia, der von seinem Bruder Amulius aus dem Königreich vertrieben wurde. Oh welch großes Verbrechen, welch großes Unrecht. Sobald sie vom Vater die Verbrechen des Amulius gehört hatten, griffen die Brüder aber sofort zusammen mit einer großen Schar an Hirten Alba Longa, eine benachbarte Stadt, an. Dort wurde der König Amulius von ihnen getötet und das Königreich ist Numitor zurückgegeben worden. Zu dieser Zeit beschlossen Romulus und Remus an dem Ort, wo sie ausgesetzt und erzogen worden waren, eine Stadt zu gründen. Aufgrund der Vogelschau wurde Romulus die Herrschaft übergeben.
Nachdem dieser von Remus verlacht und herausgefordert worden war, tötete er den Bruder. Er nannte die Stadt aber, die gerade gegründet war, nach seinem Namen Rom."<br />
<br />
Lektion 14<br />
Ein Held auf der Flucht<br />
Troja war eine starke Stadt, die in Asien lag; diese Stadt wurde von den Streitkräften der Griechen lange belagert.<br />
Paris nämlich, der Sohn des König Priamus hatte Helena, die Göttin des König Menelaos aus Griechenland über das Meer in seine Heimat entführt. Vergeblich hatten die Anführer der Griechen die Auslieferung der Entführten verlangt: Die Trojaner hatten ihnen immer wieder die Frau verweigert. Daher kämpften die Griechen zehn Jahre lang mit höchsten Kräften mit den Trojanern, bis Troja, durch List und nicht durch Gewalt erobert, sogar mit Stadtmauern und Türmen zerstört wurde.
Dann entkam Aeneas mit wenigen Gefährten, da er von den Göttern selbst gewarnt und gerettet worden war und suchte Italien auf. Die Göttin Venus nämlich, die Mutter des Aeneas, hatte ihren Sohn ermahnt: Nach dem Willen des Jupiter persönlich wurde den Trojanern in Italien eine neue Heimat bestimmt. Aeneas aber wurde durch widrige Winde über die Meere in die Gegend Afrikas getrieben, in der von der Königin Dido gerade Carthago gegründet worden war. Auch Dido hatte ihre Heimat verlassen, weil ihr Gatte Sychaeus von ihrem eigenen Bruder, der begierig nach Reichtum war, ermordet worden war.<br />
Damals war auch Dido selbst in höchster Gefahr gewesen. Dann war auf sie selbst ein Anschlag verübt worden.
Deshalb hatte sie die Flucht ergriffen und suchte ein neues Vaterland. Aeneas aber war kaum nach Carthago gegangen, als sich Dido in diesen hübschen und tüchtigen Mann verliebte. Aeneas selbst liebte die Königin auch und blieb lange bei ihr.<br />
<br />
Lektion 15<br />
Das hölzerne Pferd<br />
...
schon stehen die Tore Trojas offen, schon macht es den Menschen Spaß, die verlassenen Orte und das Lager der Griechen zu sehen. Vor allem aber staunen sie über das hölzerne Pferd: die einen glauben, dass dieses Pferd eine Opfergabe sei, die anderen beabsichtigen es aus Furcht ins Meer zu stürzen. Schau, mit vielen Begleitern eilt der Priester Laocoon herbei und ruft schon von weitem: Oh, ihr Elenden. Meint ihr etwa, dass die Geschenke auf List verzichten? Wisst ihr etwa nicht, dass Odysseus den anderen Griechen an Klugheit überlegen ist? Ist es euch etwa nicht bekannt, dass er immer mit List, Hinterhalt und Betrug kämpft? Ich glaube, dass in dem Pferd selbst Soldaten versteckt sind, ich fürchte die Griechen selbst, wenn sie Geschenke geben. Während Laocoon die Menschenmenge so warnt, während er sagt, dass er sich vor dem Anschlag der Griechen fürchtet, zogen einige Hirten einen Mann, den sie erst gefunden hatten mit großem Geschrei zum König. Dieser leugnet nicht, ein Grieche zu sein; er erzählt, dass Odysseus ihm einen Hinterhalt bereitet hatte, dass er aber durch Flucht sein Leben rettete und dass er sich in den Wäldern verborgen hatte.
Deshalb sagt der König Priamus von Mitleid bewegt: "Ich glaube auch, dass dir von Odysseus ein Hinterhalt bereitet worden ist. Es ist offensichtlich, dass du in Gefahr warst. Nun aber erzähle uns von dem Pferd!" Auf der Stelle bestätigt der schlechte Mensch, dass die Griechen, die durch die Götterspuüche gemahnt wurden, der Göttin Minerva ein Pferd aufstellten. Schon glaubten viele Trojaner seinen Worten, schon versuchten sie, das Pferd mit aller Macht in die Stadt zu ziehen, als plötzlich zwei Schlangen, von Minerva geschickt, erschienen und Laocoon angriffen, welcher mit seinen Söhnen beim Altar gestanden hat. Wir ergriffen die Flucht, Laocoon und dessen Söhne aber sind von den Schlangen überwältigt worden. Sofort schrie die Menschenmenge, dass der Priester von den Göttern selbst bestraft wurde und sie beeilte sich, die Stadtmauern einzureisen<br />
<br />
<br />
Lektion 16<br />
<br />
Blick in die Zukunft<br />
<br />
Vergil überlieferte seine Erinnerungen, dass Dido von Aeneas verlassen wurde und sich selbst den Tod gegeben hatte;<br />
und dass Aeneas aber mit Schiffen nach Italien gekommen war.
Dort stieg er mit der <br />
Seherin Sibylle in die Unterwelt herab und fragte seinen Vater an seinem glückseligem Wohnsitz über <br />
das Schicksal seines Volkes. Dieser grüßte seinen Sohn mit höchster Freude, führte ihn mit sich und sagte :,, Nun werde ich dir diese Seelen zeigen, die Gott zu ihrer Zeit zum Licht rufen wird und werde dich dein Schicksal lehren.<br />
Du wirst jene Könige sehen, die in Alba Longa <br />
regieren werden, und die Burgen auf Berge stellen werden. Du wirst die Städte Nomentum und Gabii und Fidena sehen.<br />
Diese werden dann Namen sein, nun sind es Orte ohne Namen. Schon werde ich dir <br />
alles verraten, du aber wirst hören und erstaunt sein- aber schau: Dort kommt jener Romulus, welcher<br />
Rom gründen wird und nach seinem Namen benennen wird, der die Stadt mit Mauern <br />
umgeben wird und der der erste der römischen Könige sein wird- und hier ist jener Augustus, der die <br />
Ägypter besiegen wird und die Grenzen des Reiches ausdehnen wird und mit höchster Freude <br />
der Völker wird er mit dem Erdkreis Frieden geben.
Willst du etwa Tarquinius sehen, den stolzen <br />
König und Brutus, der Tarquinius aus der Stadt vertreiben und im freien Staat <br />
der erste Konsul sein wird? Willst du etwa jenen Scipio sehen, der einen Triumph über <br />
Hannibal feiern wird, und jenen großen Caton und die übrigen berühmten Konsulen und <br />
Feldherren? Denn du, Aeneas, wirst Gründer des neuen Volkes sein, und <br />
diesem Volk, dem römischen Volk werden die übrigen Völker gehorchen. Die römischen<br />
Befehle werden gerecht sein und den Völkern Frieden und Sitten geben. Besiegte werden <br />
geschont werden, die Stolzen aber werden bezwungen."<br />
<br />
Lektion 17<br />
<br />
Der Trick des Tyrannen <br />
<br />
Jener Tarquinius, dessen Beinamen der Stolze war, belagerte lange Zeit Gabii, die <br />
benachbarte Stadt. Als er diese weder durch Kraft noch durch Belagerung erobern konnte, <br />
wandte er List und Betrug an. Jener nämlich zog sich nach Rom zurück, baute <br />
(legte Grundsteine für Tempel) und täuschte vor, dass er mit den öffentlichen Aufgaben beschäftigt sei.
Sextus aber, <br />
dessen Sohn, floh nach vorheriger Absprache nach Gabii und sagte dort, dass der Grund für <br />
seine Flucht die Grausamkeiten seines Vaters gewesen sind. Zu euch, Männer Gabiis, sagte <br />
er, flüchte ich mich, bei euch wünsche ich zu bleiben, weil mir kein Anderer Zuflucht ist, <br />
weil ich nirgends sicher vor meinem Vater bin außer bei den Feinden. Dieser nämlich, vor <br />
dessen Fallen ich eben erst geflohen bin, wird mich töten, wenn er kann. Die Gabiner <br />
nehmen den Sohn des Königs fröhlich auf und ziehen ihn bei öffentlichen Beschlüssen hinzu <br />
und als sie dessen Klug- und Kühnheit bemerken, machen sie ihn zum Anführer des Krieges. <br />
Schon errangen die Soldaten der Gabiner, mit denen sie Rom angegriffen hatten, Siege und <br />
zerstörten die Dörfer und das Land der Römer, schon glaubten sie, dass der Anführer Sextus <br />
ihnen von den Göttern geschickt wurde. Dieser aber schickte, nachdem er sah, dass er bei den <br />
Gabinern alles konnte, eine heimliche Botschaft zu seinem Vater und fragte, was er tun solle.
<br />
Tarquinius antwortete dem Boten nichts, sondern spazierte mit diesem durch den Garten und <br />
fällte die höchsten Mohnstauden mit dem Schwert. Als diese Sextus gemeldet worden sind, <br />
erkannte er sofort den Beschluß seines Vaters und klagte die anderen Fürsten des Staates beim <br />
Volk wegen Hochverrats an, die einen vertrieb das Volk, die anderen tötete er heimlich, bis er <br />
in die Stadt durch persönliche Hilfe seines Vaters ohne Kampf einziehen konnte.<br />
Lektion 18
Geschriebenes recht für Rom
Die Tribune verhandelten mit heftigen Worten mit den Senatoren und einer von diesen, C.
Terentilius Arsa sagt: "Schnelle Hilfe ist Nötig, denn die Uneinigkeiten der Patrizier und der
Plebejer sind von uns nicht beendet, wenn ihr nicht Gesetze geschrieben habt. Was, wenn das
Volk durch die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten durch das Urteil wieder wütend aus der
Stadt geht? Was, wenn es nicht mehr den Wörtern eines Mannes glaubt? Ich nenne jenen
Menenius Agrippam der die Gemüter der Menschen durch eine Geschichte bewegte. In kurzer
Zeit werden die schnellen Reiter der Feinde kommen und die von einem großen Teil des
Volkes zurückgelassene Stadt zerstören! Schon schreien die Fürsten des Feindes bei allen
Völkern Etrurias, dass sogar die großen Imperien sterblich sind.
Sie werden nämlich sehen,
dass uns zwei ungeheure Gefahren bevorstehen, Aufstand und Zwietracht, die schon viele und
große Städte zerstört hatten. Nehmt euch also in Acht, Patrizier! Gesteht dem Volk
geschriebene Gesetze zu, die allen Bürgern nützlich sind. Die von dessen Worten bewegten
Patrizier hatten für das allgemeine Wohl gesorgt und Gesetze zugestanden. Nachdem man
sich unter den Patriziern und den Tribunen über die Gesetze geeinigt hatte, sind sofort drei
Abgesandte nach Griechenland geschickt worden. Dort hatte jener berühmte Solonis Gesetze
und andere griechische Bürgerrechte niedergeschrieben. Nach vier oder fünf Monaten kamen
die Abgesandten mit den griechischen Gesetzen zurück.
Diese waren von zehn klugen
Menschen verbessert worden und, nachdem die Arbeit vollendet worden war, hatten sie mit
großer Erwartung den Menschen zehn Tafeln im Forum ausgestellt. Im folgenden Jahr sind
jenen zehn Tafeln zwei Neue hinzugefügt worden. Deshalb pflegte n die Römer diese Tafeln
,Die zwölf Tafeln" zu nennen, gewissermaßen als Grundstein aller öffentlichen und privaten
Rechte.
Lektion 19
Hannibal ad portas
Bei Canne wurde von Hannibal, dem Anführer der Karthager, fast das ganze römische Heer
vernichtet, und ebenso große Teile der Bürger und Verbündeten. Unter den Gefallenen waren
sowohl der Konsul, als auch die Quästoren des Konsuls und viele Militärtribune, außerdem
ein großer Teil des Senats. Gefasst wurden durch diesen Kampf dreitausend Soldaten und
1500 Reiter.
Aus dem römischen Lager waren an die 4000 Menschen und wenige Reiter
entkommen, die genug Kräfte und Mut hatten. Nach Rom wurde aber mitgeteilt, dass keine
Bürger, keine Verbündeten von der Niederlage entkamen, sondern mit den Anführern des />
Heeres und den völlig vernichteten Truppen. Niemals war innerhalb der römischen
Stadtmauern soviel Furcht und Aufruhr, niemals soviel Geschrei der Frauen. Darauf riefen die
Prätoren Publius Furius Philus und Manius Pomponius von den Behörden den Senat in die
Curia Hostilia. Lange Zeit fanden die Senatoren, lange Zeit fanden die Behörden keinen Rat,
keine Hilfe, und hielten es für gewiss, dass Hannibal nach der Niederlage des römischen
Heeres bald Rom mit einem Angriff überfällt. In dieser gefährlichen Lage stärkte Quintus
Fabius Maximus, der viel Klugheit und Standfestigkeit besaß, den Mut* der Senatoren sagte
unter anderen: "Niemand hörte von jener Niederlage schon sicher.
Wir aber wissen, dass üble
Gerüchte oft gefördert werden. Ich glaube, dass ein Teil des Heeres entkommen war und von
so vielen Soldaten einige übrig geblieben waren. Daher beseitigt die Furcht in der Stadt, haltet
die Frauen von der Öffentlichkeit fern, stellt Ruhe über die Stadt her, stellt Wächter an die
Tore, zwingt die Menschen nicht auf Rettung zu Hoffen, wenn die Stadt und die Mauern nicht
beschädigt sind!"
* Eigentlich müsste hier Plural hin, aber von "Mut" gibt es keinen Plural und die anderen Bedeutungen passen
nicht so gut
Lektion 20
Scipios Triumph
"Schau, ich sehe schon die Spitze des Zuges!"
"Schon ertönen die Trompeten, schon die Lieder der Soldaten!"
"Toll, was tragen die Soldaten, welche Bilder von Städten, Gegenden und Flüssen?" "Dies ist Karthago selbst, der Name jener Stadt aber ist Utica." "Und welchen Berg sehe ich dort?"
"Diesen Berg nennen die Sizilianer Aetna...
"
"Schau! Scipio selbst ist anwesend!"
"Afrikaner! Afrikaner!"
"Was rufen die Menschen? Mit welchem Namen rufen sie Scipio?"
"Weißt du nicht, dass der Sieger des großen Krieges von den Vätern Africanus gerufen wurde? Diesem Mann verdanken wir unser Wohl und unsere Freiheit, durch dessen Tapferkeit wurden die Punier besiegt..."
"Hoch, Africanus! Du hast Rom aus höchster Gefahr gerettet! Du bist der Schmuck und das Licht des römischen Volkes...
"
"Schweige und schaue! Sind diese Elefanten keine schrecklichen Tiere?"
"Sicherlich sind unsere Soldaten durch die starken Körper dieser Tiere sehr erschreckt worden..."
"Siehst du dieses Gold, siehst du soviel Silber? Dies ist die Kriegsbeute! In der Tat hatte Karthago Überfluss an Reichtum...
"
"Und welche gefesselten Menschen sehe ich hinter dem Wagen des Feldherren?"
"Dies sind die vornehmen Gefangenen - aber deren Los wird schlimm sein."
<br />
Lektion 21
Arme Delia!
Chloë: Hallo Delia, was machst du? Warum bist du so traurig? Warum weinst du?
Delia: (schweigt)
C: Bist du nicht etwa Delia, die neue Sklavin der Atia?
D: Nur in Rom werde ich Delia genannt.
C: Mit welchem Namen wirst du tatsächlich genannt und woher kommst du?
D: Ich werde Melissa genannt und wohnte in Assus. Eine kleine Stadt wird so genannt. Ich segelte von da mit einigen Gefährten zur Insel Pyrrha, als wir plötzlich von Piraten angegriffen wurden. Die Matrosen kämpfen, aber werden überwältigt; einige werden getötet; ich aber werde mit den Übrigen gefangen genommen und nach Delus gebracht.
C: Deshalb wirst du hier Delia genannt; in Delos pflegen viele Sklaven gekauft zu werden.
D: Nun bin ich eine Sklavin der Atia. Die Herrin ist barsch und hartherzig. Oft werden wir von ihr hart und heftig getadelt und manchmal befiehlt sie, dass wir bestraft und geschlagen werden.
C: Und warum werdet ihr geschlagen?
D: Gerade wird Psecas geschlagen und bestraft, weil er die Haare der Herrin schlecht geordnet hat. Er schrie jämmerlich, ich aber entkam gewaltig erschrocken.
Nun fürchte ich den Zorn der Herrin sehr, denn sogar ich wurde manchmal getadelt, bestraft und heftig geschlagen.
C: Wenn du mir gehorchst, wirst du weder getadelt noch bestraft werden: Bitte um die Nachsicht deines Herrn! Dieser nämlich ist nachsichtig und niemals hat er seine Sklaven grausam behandelt, weil er von ihnen geliebt und nicht gefürchtet werden will. Nicht einmal ihm selbst gefällt im Übrigen das schlechte Verhalten seiner Frau: Neulich wurden die Sänftenträger von ihr bestraft - sie hatten nämlich gesagt, dass diese zu spät gekommen seien, als plötzlich der Herr kam und sie tapfer verteidigte.
D: In der Tat ist der Herr mutig, wenn er den Zorn der Atia nicht fürchtet...
Lektion 22
Denk auch an mich!
Die Mutter grüßt den C. Gracchus.
Du bemühst dich darum, unsere Feinde in Schranken zu halten. Du nämlich sagst, dass es schön sei diese zu bestrafen. Aber hüte dich davor, dass du den Staat verwirrst! Hüte dich davor, dass du durch Hass und Zorn beeinflusst wirst und nicht durch Vernunft. Also sollen die Feinde leben und gesund sein.
Die römischen Völker sollen nicht mit großem Verlust bestraft werden.
Lasst uns zulassen, dass sie sich über ihre Verbrechen freuen. Von den Göttern selbst sollen sie bestraft werden. Du aber sollst deiner Mutter glauben, dass mir niemand so viel Mähe bereitet hat außer denen, die deinen Bruder getötet haben.
Es gehört sich aber, dass du dafür sorgst, dass ich möglichst wenig Unruhe im hohen Alter habe und dass das, was du zu tun gedenkst, mir gefällt und dass du es für ein Unrecht hälst, etwas gegen meine Meinung zu tun.
Siehst du etwa nicht, welcher kleine Teil des Lebens mir übrig ist? Kann dich nicht einmal dieser kurze Zeitraum dazu bringen, dass du mir gehorchst und ruhig bist? Du sollst so leben, dass auch ich sorglos sein kann und nicht immer beunruhigt werde! Weißt du etwa nicht, was für ein Mann Tiberius Gracchus, dein Bruder, war, was er wollte und wie schändlich er ermordet wurde? Mache mich nicht kinderlos, verwirre nicht alles! Aber wenn du auf keine Weise bewegt werden wirst, dann sollst du der Leidenschaft gehorchen und das Tribunat anstreben, sobald ich tot sein werde.
Dann sollst du endlich tun, was du wünschst, wenn ich nichts mehr merken werde. Und dennoch soll Iupiter es nicht zulassen, dass du hart bleibst und dass dir ein so großer Wahnsinn in den Sinn kommt.
Und wenn du hart bleibst, fürchte ich, dass du für dein ganzes Leben so viel Mühe bekommst, dass du dir zu keiner Zeit gefallen kannst.
Du wirst es nämlich sehr bedauern, weil du durch deine Schuld unglücklich bist.
Lebe wohl!
Lektion 23
Tapferer Junge!
Die Gesandten der Latiner kamen zu ihm, als Marcus Cato bei seinem Onkel, Marcus Drusus, lebte, um von ihm erzogen zu werden, um das römische Bürgerrecht zu bekommen, da er Volkstribun war.
Obwohl er von Quintus Poppedius, dem Führer der Latiner, jedoch von Drusus Gastfreund gebeten worden war, ihn beim Onkel zu unterstützen, lehnte Cato mit starrer Miene ab.
Poppedius trug ihn, der darauf wieder und oft gebeten worden war, in den oberen Teil des Hauses und sagte: "Ich werde dich sofort hinunterwerfen, wenn du nicht..." Nicht einmal auf diese Weise konnte der Junge dazu gebracht werden, den Latinern zu gehorchen. Darauf sagte Poppedius: "Lasst uns den Göttern danken, weil dieser so klein ist, wenn er nämlich schon Senator wäre und gegen uns aussagen würde, wäre es uns nicht einmal erlaubt, auf das Bürgerrecht zu hoffen."
Als Marcus Cato später in der toga praetexta zu Sulla gekommen war, um ihn zu begrüßen und er in der Halle die Köpfe der Geächteten gesehen hatte, fragte er durch den schrecklichen Anblick bewegt, warum niemand einen so grausamen Tyrannen tötet.
Und als jener geantwortet hatte, dass den Menschen nicht der Wille, sondern die Möglichkeiten fehlen, bat er heftig, dass ihm ein Schwert gegeben werden. "Ich werde ihn leicht töten, weil ich auf seiner Liege mich niederzulassen pflege." Als der Erzieher dieses gehört hatte, erkannte er den festen Mut des Jungen und er entsetzte sich vor dem Plan, dass er ihn später niemals an Sulla heranführte außer gründlich durchsucht.
Vielleicht aber wäre jener von dem Jungen getötet worden, wenn diesem ein Schwert gegeben worden wäre. Aber selbst jener Marius, der Feind und Gegner Sullas, wäre sicherlich durch Furcht abgeschreckt worden und hätte über seine Flucht nachgedacht, wenn er an seiner Stelle gestanden hätte.
Lektion 24
Cäsar und sein Glück
Caesar führte sein Heer niemals auf gefährlichen Wegen, bevor er die Beschaffenheit der Gegend erkundet hatte.
Das Wohl der Soldaten nämlich bereitete ihm immer große Sorge. Durch die Begierde nach Ruhm veranlasst, beachtete er aber sein Wohl oft zu wenig. Als ihm gemeldet worden war, dass bestimmte Lager in Germanien belagert wurden, kam er in gallischer Kleidung durch die Wachposten der Feinde den seinen zu Hilfe.
Im Winter suchte er von Brundisium aus zwischen den Flotten der Feinden mit gewissen Begleitern Dyrrachium auf. Nachdem er dort lange vergeblich auf seine Truppen, die er in Italien zurückgelassen hatte, gewartet hatte, bestieg er selbst heimlich allein ein kleines Schiff.
Als gewaltige Wellen dieses erfassten, ermahnte er die Matrosen, die sich in Todesfurcht befanden, so: "Caesar segelt mit euch und Caesars Glück!" Er wurde nicht einmal durch Aberglauben und eine gewisse Furcht vor Vorzeichen jemals abgeschreckt: Als er an der Küste Afrikas hingefallen war, sagte er: "Ich halte dich fest, Afrika.
"
Als er nach der Schlacht bei Pharsaliam mit einem kleinen Lastschiff den Hellespontus überquerte, floh er nicht vor einem gewissen L. Cassius, der mit zehn feindlichen Schiffen entgegenkam, sondern er ermahnte ihn, dass er sich ergebe und nahm den Flehenden bei sich auf.<br />
Die so große Kühnheit verwunderte alle. Als er aber bei einem bestimmten Gefecht in Alexandria ins Meer gejagt worden war, entkam er schwimmend den Feinden und schleppte mit den Zähnen seinen Feldherrenmantel, damit er von ihnen nicht erbeutet wurde.
Ihm wurde auch großer Ruhm zuteil, weil er manche Vorzeichen mit unglaublicher Schnelligkeit vollendete: Als er gehört hatte, dass der König die Herrschaft in Asien anstrebte und schon bestimmte Gebiete besetzt hatte, führte er drei Legionen gegen ihn, besiegte seine Truppen in einer Schlacht und schlug sie in die Flucht.
Diesen Sieg teilte er seinen Freunden mit den Worten mit: "Ich kam, sah und siegte!"
Lektion 25
Komm mit zum Frühlingsfest!
Licinia: Weißt du, welcher Tag heute ist?
Sextus: Der 15.
März, was fragst du?
L: Weil an diesem Tag das Fest der Anna Perenna stattfindet, nicht weit vom Tiberufer.
S: Ich kümmere mich nicht um solche Festtage, die nur das einfache Volk erfreuen.
L: Bei der Treue der Götter, gehören wir nicht selbst zum einfachen Volk?
S: Ja doch, aber ich glaube, dass wir durch andere Dinge erfreut werden als der große Teil des Volkes.
L: Ich weiß, dass du immer an ernste Dinge denkst; manchmal aber ist es angenehm auszuflippen, wie Horaz.2
S: Ich kenne jenen Ausspruch des Horaz, aber ich hasse die Menge und die Unruhe dieses Tages.
L: Warum hasst du die Menge? Überall wirst du frohe Gesichter sehen, denn die Menschen wollen heute keine andere Sache außer Spaß: Sie singen Lieder, die sie in den Theatern gelernt haben.
..
S: ... und sie trinken unmäßig! Gehört es sich etwa für eine Frau, sich zu betrinken? Eine so schändliche Sache sei dir fern! Du wirst dich erinnern, dass der Wein auch immer deiner Mutter verhasst war!
L: Dennoch will ich zum Tiber gehen.
Komm mit mir, Sextus! Wenn du mit mir gehst...
S: Ich bin nicht allzu sehr beunruhigt - aber höre: Du wirst nichts trinken! Nicht mal ein bisschen von diesem Wein!
L: Ich werde gänzlich auf Wein verzichten. Aber lasst uns schnell weggehen!(Ein wenig später sieht Sextus Titus Clodius mit seiner Ehefrau auf der Straße und fragt:)
S: Hallo, wohin geht ihr?
T: Zum Tiber, Sextus, wohin alle gehen: Schon mein Vater ging, wie du weißt, jedes Jahr dorthin, obwohl er die Unruhe gehasst hatte; nun gehen wir und zu einem anderen Zeitpunkt werden die Söhne gehen.
S: Ich gehe auch gerne dort hin; denn manchmal ist es angenehm, auszuflippen.
L: Sieh mein Sextus, der eben kaum bewegt werden konnte, dass er mit mir geht!
Lektion 27
Das Urteil des Paris
Iupiter, der Vater der Menschen und Götter wollte einst dem Peleus, einem sehr tapferen Mann, die Göttin Thetis zur Frau geben.
Daher lud er alle Götter und Göttinnen außer der Discordia auf den Olymp ein. Er glaubte nämlich, dass sie alles verwirren und durcheinander bringen würde.
Als diese dennoch anwesend war, wurde sie, als sie in den Festsaal eintreten wollte, von den Wächtern zurückgehalten. Deshalb warf die von Zorn Bewegte von der Tür aus einen goldenen Apfel in die Mitte und sagte: Die Schönste der Göttinnen möge diesen Apfel empfangen!"
Sofort wollte Iuno den Apfel ergreifen, aber auch Minerva und Venus kamen heran, um die Auszeichnung der Schönheit für sich zu beanspruchen.
Als jene drei Göttinnen heftig stritten, befahl Iupiter, weil er der Zwietracht ein Ende machen wollte, Mercur, dem Götterboten, dass er sie zu Paris, dem Sohn des Königs Priamos führe, damit dieser über diese Angelegenheit urteile.
Zu diesem sagte Iuno, die Königin der Götter: "Gib mir diesen Apfel, junger Mann und ich werde dich zum Mächtigsten aller Menschen machen.
Du sollst dir sicher sein, dass du alle Völker regieren und Reichtum im Überfluss haben wirst. Dann versprach Minerva, die Göttin der Weisheit und der guten Künste, dem Paris, dass er durch ihre Wohltat der Weiseste von allen sein werde.
Schließlich versprach Venus, die Göttin, die die Liebe gewinnt, dass sie ihm die schönste aller Frauen in der Welt geben werde.
Paris zögerte ein wenig, dann verschmähte er aber die Geschenke der Iuno und der Minerva und gab den Apfel der Venus. Von dieser unterstützt segelte er nach Sparta, um die Gattin des Königs Menelaos, jene wunderschöne Helena, entweder mit Gewalt oder mit List zu entführen.
Und in der Tat gelang es ihm, die Königin mit zwei Sklavinnen und gewaltigen Schätzen zu rauben. Dieses Unrecht aber brachte seine Heimat und sein Volk ins Verderben.
Lektion 28
Orpheus und Eurydike
"O ihr Götter der Unterwelt: Ich bin nicht zu euch herabgestiegen um euer Reich zu sehen, nicht, um den Zerberus, das entsetzliche Untier, zu binden.<br />
Grund für mein Kommen ist die Gattin, die ich eben verlor. Damit ihr sie mir zurückgebt, bin ich als Bittender hier! Wenn sie die Jahre, die ihr zustehen, vollendet hat, wird sie euch gehören; wenn sie ihr Leben gelebt hat, wird sie, ohne sich zu sträuben, dorthin eilen, wohin wir Sterblichen alle streben. Ihr übt nämlich die längste Herrschaft über die Menschheit aus.
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Wenn ihr mir die Gattin zurückgebt, werde ich euch ewig dankbar sein und euere Güter in meinen Liedern stets preisen. Wenn sie mir aber verweigert wird, wenn meine Bitten nicht erhört werden, werde ich nicht ans Tageslicht zurückkehren. Freut euch dann am Tod von uns beiden!"<br />
Danach rührte Orpheus mit lieblichem Gesang das Herz Proserpinas; auch den König der Toten rührten die Worte des Sängers.<br />
Weinend standen die toten Seelen, und weder Tantalus schnappte nach dem entfliehenden Wasser noch wälzte Sisyphus seinen Felsblock noch quälten die Geier den Tityos, indem sie seine Leber zerfleischten. Damals sah man zum ersten Mal Tränen in den Augen der Furien, die über das traurige Geschick des Orpheus Schmerz empfanden!<br />
Ihm, der auf solche Weise flehte, gab Proserpina die Gattin unter folgender Bedingung: "Wenn du auf dem Rückweg dich umschaust und Eurydike ansiehst, bevor du noch dieses Reich verlassen hast, wirst du sie sogleich verlieren!"<br />
Schon schreitet Orpheus davon mit der Gattin, die wegen ihrer Verletzung langsamer geht, schon nähern sie sich dem Rande der Erde, als jener voll heißem Verlangen sich umsieht - und sogleich entschwindet Eurydike, seine geliebte Gattin!<br />
Als Orpheus zurückkehrte, wies ihn Charon ab und setzte ihn kein zweites Mal über. Trotzdem, so berichten die Dichter, blieb er sieben Nächte dort und weinte und klagte.
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Lektion 29 <br />
Ein Frevler wider Willen: Ödipus <br />
Lange glaubte Ödipus - so hatte Periboia, die Gattin des Polybos, das Findelkind genannt - , er sei der Sohn des Königs. Eines Tages aber beschimpfte ihn einer von den Gleichaltrigen, der auf seine Stärke neidisch war, als "Bastard"- und die anderen lachten. Sogleich befragte Ödipus Periboia nach seiner Herkunft.<br />
Da die Frau nichts Bestimmtes verriet, entschloss er sich, nach Delphi zu gehen, um das Orakel zu befragen. Auf seine Frage erhielt er folgende Antwort: "Hüte dich davor, deinen Vater zu töten und deine Mutter zu heiraten." Als Ödipus diese Worte vernommen hatte, machte er in seiner Bestürzung einen weiten Bogen um Korinth und fuhr mit seinem Wagen nach Theben.
In einem Hohlweg kam ihm ein alter Mann entgegen, der auf einem Wagen saß. Als dessen Sklaven riefen, er solle ihrem König den Weg frei machen, zögerte Ödipus ein wenig - und siehe: Schon erschlug einer von ihnen eins seiner Pferde!<br />
Wütend, weil das Pferd erschlagen worden war, tötete der junge Mann nicht nur den allzu rabiaten Sklaven, sondern auch jenen Alten, ohne zu wissen, wer er war - es war aber Laios, sein eigener Vater!<br />
Als die Sonne unterging, erblickte Ödipus nicht weit von den Mauern Thebens ein seltsames Wesen, das auf einem Berg saß; die Sphinx, die den Kopf eines Mädchen und den Leib eines Löwen hatte.<br />
Diese gab gewöhnlich den Leuten, die nach Theben reisten, ein Rätsel auf. Lösten sie das Rätsel nicht, tötete sie sie grausam. Während Ödipus noch staunte, sagte die Sphinx: "Welches Lebewesen hat am Morgen vier Beine, am Mittag zwei und am Abend drei?"<br />
"Der Mensch", erwiderte Ödipus. Als sie die Lösung vernahm, stürzte sich die Sphinx von ihrem Felsen in die Tiefe.
Ödipus aber wurde, weil er die Stadt von dem Ungeheuer befreit hatte, von den Thebanern zum König gemacht und nahm seine Mutter Iokaste zur Frau.<br />
Viele Jahre hatte er glücklich gelebt, als plötzlich die Thebaner von einer schweren Seuche heimgesucht wurden. Da die Seher versicherten, die Stadt werde von de Göttern bestraft, weil ein schreckliches Verbrechen begangen worden sei, versprach König Ödipus, nach dem Schuldigen zu suchen. Und tatsächlich fand er ihn, nachdem er viele Menschen befragt hatte: Sich selbst!!<br />
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Lektion 30
Antigone
Schon zu Lebzeiten des Ödipus hatten dessen Söhne Eteokles und Polyneikes miteinander gestritten, wem nach dem Tod des Vaters die Herrschaft zufallen solle.<br />
Nachdem dieser sich, als seine Untaten endeckt waren, des Augenlichts beraubt hatte, übertrug er die Herrschaft seinen Söhnen für jeweils ein Jahr.<br />
Dann floh er, geführt von seiner Tochter Antigone, aus Theben.
Als ein Jahr vergangen war, forderte Polyneikes die Herrschaft von seinem Bruder Eteokles. Der aber verweigerte sich, den Thron zu räumen. Daher rief Polyneikes Verbündete zusammen, stellte ein großes Heer auf und zog mit sieben Heerführern nach Theben, um die Stadt mit Gewalt zu nehmen. In dieser Hoffnung getäuscht, maß er sich im Zweikampf mit Eteokles. Nachdem beide Brüder in diesem Kampf gefallen waren, wurde Kreon zum König ernannt.<br />
Der ließ Eteokles mit höchsten Ehren bestatten, den Leichnam des Polyneikes aber, weil er seine Heimat verraten hatte, den Vögeln und Hunden vorwerfen.
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Außerdem stellte er Wachen auf, denn er wollte verhindern, dass ihn jemand heimlich bei Nacht bestatten wage.<br />
Antigone aber, die nach dem Tod ihres Vaters nach Theben zurückgekehrt war, versuchte, obwohl sie das Gebot des Königs kannte, trotzdem, den Bruder eigenhändig mit Erde zu bedecken.<br />
Während sie das tun wollte, wurde sie von Leuten, die die Leiche bewachten, festgenommen und zum König geführt.<br />
Als Kreon fragte: "Auf wessen Veranlassung hast du meine Weisungen mißachtet?" Sie erwiderte: "Auf niemands Veranlassung, ich muss aber den Geboten der Götter mehr gehorchen als den deinen."<br />
Kaum hatte er diese Worte vernommen, da geriet Kreon in höchsten Zorn und ließ das Mädchen lebendig begraben, ohne dass einer seiner Untertanen sich widersetzte, ohne dass einer es verhinderte. Haemon allein, der Sohn des Königs, öffnete das Grab und wollte Antigone retten, doch umsonst: Das Mädchen hatte schon selbst seinem Leben ein Ende gemacht.
Da es tot war, suchte auch Haemon den Tod, und seine Mutter wurde, als sie vom Schicksal ihres Sohnes hörte, vom Schmerz dahingerafft.<br />
Kreon aber bedauerte, nachdem er alle seine Angehörigen durch eigene Schuld verloren hatte, zu spät seinen Starrsinn.
Lektion 31
Das Damoklesschwert
Viele Jahre lang war jener Dionysius Tyrann von Syrakus, der eine Stadt von höchster Schönheit und ein überaus reiches Staatswesen unterdrückt hielt.<br />
Und doch schrieben zuverlässige Gewährsleute, derselbe Mann sei unvorstellbar energisch und von scharfem Verstand gewesen, aber doch auch bösartig von Natur und ungerecht. Da das so war, war er unweigerlich bedauernswert. Er traute nämlich keinem seiner Untertanen, sondern vertraute den Schutz seiner Person Sklaven an und wilden Barbaren, Menschen von höchster Verwegenheit.
Da er auch die Rednerbühne nicht zu betreten wagte, sprach er gewöhnlich von einem hohen Turm aus zum Volk.<br />
Doch dieser Tyrann wußte selbst zu beurteilen, wie glücklich er war, denn als ein gewisser Damokles im Gespräch seinen Wohlstand erwähnte und auch seine Schätze, seine Macht, dem Glan seiner Herrschaft und seine Herrschaft und die Grösse seines Palastes pries, sagte er: "Willst du also, mein Damokles, da dir ja dies alles Freude macht, das selbe Leben führen wie ich und mein Glück kennenlernen?"<br />
Und als Damokles versicherte, genau das wolle er, lies er ihn auf eine goldene Liege legen. Dann befahl er, dass einige Knaben von ausnehmender Schönheit an den Tisch traten und Wein von bestem Geschmack und Speisen aufgetragen wurden, die viel gekostet hatten.<br />
Schon hielt sich Damokles für glücklich, als er plötzlich heftig erschrak: Von oben drohte ihm nämlich ein messerscharfes Schwert, und es war zu erkennen, dass eben dieses Schwert an einem Pferdehaar hing!<br />
Daher sah er weder jene hübsche Jungen mehr an noch das wunderbar gearbeitete Silbergeschirr, streckte auch die Hand nicht mehr an dem Tisch aus, sondern bat nur noch darum, weggehen zu dürfen. "Zur Genüge", sagte er, "hast du mir, Tyrann, nämlich gezeigt, von welcher Art das Leben der Tyrannen ist. Deine Schätze und Reichtümer sind mir das nicht wert, dass ich ein derartiges Leben führen möchte.
" <br />
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Lektion 32 <br />
Lob der Demokratie <br />
Wir haben einen Staat von solcher Art, dass wir nicht voll Neid auf die Gesetze anderer Städte schauen; vielmehr geben wir eher selbst manch einem ein Beispiel als dass wir uns an anderen ein Beispiel nehmen. Und mit Namen wird unsere Staatsform genannt, weil nicht von wenigen, sondern vom Volk alle Macht ausgeht. Gleiche Rechte haben alle Bürger, und niemand wird durch die Niedrigkeit seiner Herkunft behindert, wenn er nur in irgendeinem Bereich dem Staat nützen kann. Da wir in allen Dingen auf Freiheit bedacht sind, hüten wir uns davor, irgendjemands Worte und Taten argwöhnisch unter die Lupe zu nehmen und sind auch niemanden böse, wenn er etwas nach Lust und Laune tut, falls nicht irgendein Gesetz es verbietet.<br />
Unsere Stadt steht allen offen, wir weisen keine Fremden aus und halten niemanden von irgendeiner Instruktion oder Vorführung fern, nicht einmal dann, wenn es wahrscheinlich ist, dass er von unseren Feinden geschickt wurde, um irgendwelche Dinge auszuspionieren. Ich weiß, dass bei bestimmten Völkern Griechenlands die Jungen streng erzogen werden, da man glaubt, dass auf diese Weise ihre Leistungsfähigkeit enorm gesteigert werde.
Wir aber sind nicht derselben Ansicht: Wir führen ein angenehmes Leben, wir lieben alles, was schön ist; trotzdem nehmen wir dieselben Gefahren auf uns wie andere: Ohne jede Furcht ziehen wir den Feinden entgegen und erringen meistens den Sieg über sie.<br />
Es wird sich aber, wenn jemand die Sache genauer ins Auge fasst, herausstellen, dass diejenigen seelisch gefestigter sind, die sowohl die Freuden wie die Schrecken des Daseins kennen und weder Kämpfen noch Gefahren aus dem Weg gehen.<br />
Darum, so glaube ich, kann niemand bezweifeln, dass diese Stadt unerschüttlicher ist als alle anderen, zumal da ihre Meere, alle Länder offenstehen. Aus diesem Grund werden wir die Bewunderung sowohl der Menschen unserer eigenen Epochen als auch der künftigen hervorrufen und wünschen uns keinen Dichter, nicht einmal Homer, als Lobredner. <br />
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Lektion 34
"Gerechtigkeit ist Dummheit!" <br />
L: Hallo, Titus, was gibt's Neues? Hast du auch heute den Karneades gehört?<br />
T: Ich wollte, ich hätte ihn nicht gehört; ich bin nämlich ganz durcheinander, nachdem ich ihn gehört habe.<br />
L: Warum? Erzähle mir davon; ich gebe nämlich keine Ruhe, bis ich alles erfahren habe.
<br />
T: Du scheinst zu wissen, wie sehr dieser Karneades, sobald er nach Rom gekommen war, durch den Ruf seiner Beredsamkeit die Herzen aller auf sich zog.<br />
L: Gestern jedenfalls, während er über die Gerechtigkeit sprach, war Cato persönlich anwesend.<br />
T: Er war da, und sobald Karneades ausgeredet hatte, soll er ihn gelobt haben.<br />
L: Das ist freilich etwas Großes, denn Cato, so scheint es, mag die Griechen nicht.<br />
T: Vielleicht waren sie ihm nicht verhaßt, ehe er Karneades zum zweiten Mal hörte. Nun haßt er sie bestimmt, doch höre: Heute hat jener äußerst raffinierte Mensch alles, was er kurz vorher erörtert hatte, umgestoßen.
Alles, was er über die Gerechtigkeit gesagt hatte, hat er völlig auf den Kopf gestellt. Er bestritt nämlich, daß sie die Grundlage aller Staaten sei, sondern meinte vielmehr:,,Ein jeder, der die Gerechtigkeit hochhält, ist dumm, und ,,ein jedes Volk, das weit und breit seine Herrschaft ausübt, hat sich seine Macht durch viele Verbrechen und Ungerechtigkeiten verschafft." Als er das sagte, lärmten viele, denn es sah so aus, als habe Karneades über die Herrschaft des römischen Volkes gesprochen. Er aber erklärte, sobald für Ruhe gesorgt war: ,,Sicher ist es gerecht einen Menschen nicht zu töten. Was wird also ein gerechter Mensch dann machen, wenn sein Schiff Schiffbruch erlitten hat und irgendeiner, der an Kräften unterlegen ist, eine Planke erwischt hat?Wird er ihn nicht von der Planke wegstoßen, um das eigene Leben zu retten? Wenn er vernünftig ist, wird er es tun. Er selbst wird nämlich umkommen, wenn er es nicht tut.
Alle die aber, die ihr eigenes Leben nicht schonen, während sie fremdes schonen, sind meiner Meinung nach zwar gerecht, aber töricht..."<br />
L: Welch ein Frevel! Ich halte mich kaum noch zurück!<br />
T: Sei ruhig, mein Freund! Karneades wird diese verhängnisvollen Worte noch bereuen, wenn er, aus Rom vertrieben, in seine Heimat reist.<br />
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Lektion 35 <br />
Ein Genie wird entdeckt <br />
Protagoras trug als junger Mann Lasten, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Einst begegnete ihm, als er viele Holzscheite trug, die nur von einem kurzen Seil umgeben waren, jener weltberühmte Philosoph Demokrit und sah voll Staunen, wie der junge Mann, obwohl er eine solche Last zu tragen hatte, mit leichtem Schritt daherging.
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,,Wohin", so fragte er, ,,trägst du diese Scheite?" Und jener entgegnete: ,,Ich trage sie nach Abdera, in die Stadt, um mein Leben zu fristen. Ich bin es gewöhnt, fast täglich Holz dorthin zu tragen."<br />
Und wer hat diese Ladung so sachverständig zusammengestellt? Offensichtlich nämlich läßt sie sich von dir leicht tragen, obwohl sie unhandlich zu sein scheint." ,,Ich habe sie selbst zusammengestellt, um sie leichter zu tragen." Darauf riet Demokrit dem Protagoras, seine Arbeit, auch wenn er es eilig habe, ein wenig aufzuschieben und sich auszuruhen. ,,Später", meinte er, ,,wirst du deine Last lieber tragen.
Nun aber berichte, wer du bist und was du treibst!"
Nachdem Protagoras das alles vorgetragen hatte, bat ihn Demokrit, die Scheite, die er hergetragen hatte, auseinander zunehmen und auf dieselbe Weise neu zu packen.
Als er das gut erledigt hatte, meinte Demokrit: ,,Hebe diese Scheite da nicht mehr auf! Trag sie nicht weg, wohin du sie tragen wolltest! Auch wenn niemand dich unterwiesen hat, besitzt du meiner Meinung nach eine einzigartige Begabung und derartigen Verstand, dass du zusammen mit mir viel Großes schaffen kannst." So wurde Protagoras selbst von Demokrit weggebracht und erlernte die Philosophie.
Ihm soll später von seinen Schülern eine unglaubliche Menge Geld geboten worden sein, weil er versprach, er könne sie lehren, wie sie in der Debatte
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