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Von: Janine Glahn <glahn@inf.fu-berlin.de>         Emilia Galotti - Ein Stück über die Gewalt?   Im folgenden Text werde ich anhand der Person des Prinzen, Odoardos und Emilias das Moment der Gewalt in dem Drama "Emilia Galotti" von G. E. Lessing in seiner unterschiedlichen Ausprägung nachweisen. Dazu werde ich mich zunächst mit den drei Personen im einzelnen Befassen.

Beginnen werde ich mit der Person des Prinzen. Der Prinz hat aufgrund seiner politischen Stellung ein recht kühles und zum Teil willkürliches, d. h. von seinen Launen abhängiges Verhältnis zur Gewalt, was die Vollstreckung von Urteilen, insbesondere Todesurteile, betrifft. Auf der anderen, der menschlichen Seite, ist er jedoch leicht zu beeinflussen, was ihn aber nicht daran hindert auch in diesem Zusammenhang die Gewalt als Mittel zum Zweck zu gebrauchen bzw. gebrauchen zu lassen.

So beauftragt er seinen Kammerherrn Marinelli, alles zu tun, um die Vermählung Emilia Galottis, in die der Prinz verliebt ist, mit dem Grafen Appiani zu verhindern. Allerdings ist diesbezüglich Eile geboten, da der Prinz erst am Tage der Hochzeit davon erfährt. Der erste Versuch, die Heirat durch einen dringenden und "ehrenhaften" Auftrag an Appiani, der sofort auszuführen sei, zu verhindern, scheiterte daran, daß der Graf Appiani den Auftrag aufgrund seiner bevorstehenden Hochzeit ablehnte. Daraufhin läßt Marinelli den Hochzeitszug in der Nähe des Lustschlosses des Prinzen überfallen. Dabei sollte Emilia zum Schein auf das Lustschloss gerettet und der Graf Appiani getötet werden. Diese Art der Gewaltausübung ist für die Person des Prinzen charakteristisch.

Er gibt lediglich den Auftrag zur Gewalt, die eigentliche Gewalttat wird jedoch von einer anderen Person ausgeführt. Ganz im Gegensatz zum Prinzen ist der bürgerliche Odoardo ein tugendhafter Mann, der nach den christlichen Gründsätzen handelt und der Gewalt nach Möglichkeit aus dem Wege geht. Das erklärt unter anderem auch, weshalb Odoardo am Schluß so lange zögert, Emilia den Dolch in die Brust zu stoßen.Wahrscheinlich spielt es auch eine nicht zu unterschätzende Rolle, daß er Emilias Vater ist, aber dieser Aspekt ist hier weniger von Bedeutung, da die Tat überhaupt nicht dem Wesen Odoardos entspricht. Odoardo Galotti repräsentiert in dem vorliegenden Drama die antihöfische Welt, d.h.

das Bürgertum mit seiner bürgerlich-familiären Wertvorstellung, durch die sich das neue emanzipierte Bürgertum von der politisch mächtigen aber moralosen höfischen Welt abgrenzen möchte, da es diese als Bedrohung ihrerselbst und ihrer moralischen Werte ansieht. Die zuvor erwähnten bügerlich-familiären Wetvorstellungen werden durch das zum Teil recht schroffe und herrische Verhalten Odoados innerhalb der Familie ausgedrückt. Doch selbst bei der Behauptung seiner innerfamiliären Position bemüht sich Odoardo stets Konflikte und Gewalt zu vermeiden, wie man es auch aus dem Gespräch zwischen Claudia und Odoardo im 2.Aufzug, 4.Auftritt erkennen kann.   Emilia spielt in diesem Drama bezüglich der Gewalt eine ganz andere Rolle.

Sie ist in diesem Stück diejenige Person, wegen der ihr Verlobter ermordet wird und gleichzeitig ist sie auch noch die, die am meisten unter der Gewalt, die von anderen ausgeübt wird, zu leiden hat. Emilia Galotti ist ein junges, äußerst frommes und naives Mädchen, das sich den Wünschen des Vaters beugt und selbst am Tage ihrer Hochzeit noch zum Beten in die Kirche geht. Dennoch ist der Mittelpunkt, um den sich die Gewalttaten in dem vorliegenden Stück drehen. Letztlich wird sie sogar selbst die Zielscheibe der gewalt und droht ihrem Vater sich selbst die erlösende Gewaltat anzutun, um unschuldig und mit Würde zu sterben. Das hieße jedoch für sie sich vor zu versündigen und stellt somit einen weiteren Grund für Odoardo dar, die Schuld des Mordes an der eigenen Tochter auf sich zu nehmen. Zum Schluß will ich noch darauf eingehen, inwieweit das Ende des Dramas einen Sieg über die Gewalt darstellt.

Diese Aussage erscheint zunächst etwas widersprüchlich, da Gewalt eigentlich kein Sieg über Gewalt sein kann. Andererseits wird Emilia durch den Dolchstoß aus der Gewalt des Prinzen befreit, d.h. der prinz kann ihr keinerlei Gewalt mehr antun. Ferner halte ich den Schluß gewissermaßen für einen Sieg über die Gewalt, da der Prinz am Ende durch den Gebrauch von Gewalt viel weiter von seinem Ziel, Emilia zu besitzen, entfernt wurde, als er es sich jemals gedacht hätte. Immerhin zeigt der Schluß, wie sich der Bürger der Gewalt des Feudaladels entziehen kann.


Doch richtet er Gewalt nicht gegen den Verursacher, sondern gegen sich selbst. Damit bleibt er sich selbst treu, seinen Werten und Grundsätzen, koste es ihn auch das Leben.       janine glahn <glahn@inf.fu-berlin.de>  

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