Facharbeit / deutsch
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„Jugend ohne Gott“
von Ödön von Horváth
Das Verhältnis des Lehrers zu seinem Umfeld und zu Gott.
1.2 Zusammenfassung des Romans
Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“ handelt von einem 34-jährigen Gymnasiallehrer, der eine Jungenklasse zur Zeit des Nationalsozialismus unterrichtet. Während einer Korrektur von Aufsätzen stösst er auf einen Satz eines Schülers, der ihm schwer zu schaffen macht, nämlich dass alle Neger feig, faul und hinterlistig seien. Als er schon im Begriff ist, diesen Satz durchzustreichen, erinnert er sich, diese Aussage schon einmal im Radio gehört zu haben und somit lässt er sie stehen. Bei der Rückgabe der benoteten Arbeiten am nächsten Tag spricht der Lehrer den Schüler, der diesen rassistischen Satz geschrieben hat, trotzdem darauf an und versucht ihm klar zu machen, dass auch Neger Menschen sind.
Schon am nächsten Tag sucht der empörte Vater dieses Schülers den Lehrer auf und kritisiert seine angeblich vaterlandsfeindliche Einstellung.
Wenige Tage später liegt ein Beschwerdeschreiben der Aufsichtsbehörde beim Direktorat vor, welches dem Lehrer verbietet die Schwarzen weiterhin vor den Schülern zu verteidigen, weil es von den Behörden so vorgeschrieben wird. Schliesslich erhält er auch noch von seinen Schüler einen Brief, in dem sie ihm mitteilen, dass sie ihn als Lehrer nicht mehr akzeptieren und eine neue Lehrkraft fordern.
Nach diesem Zwischenfall fährt die ganze Klasse in der Osterwoche in ein Zeltlager, in dem die Jungen auf den Militärdienst vorbereitet werden sollen. Dort trifft er im Dorf einen Pfarrer, mit dem er sich über Gott und die Kirche unterhält.
Schon am ersten Tag muss eine Wache die ganze Nacht über rund um das Lager aufgestellt werden, da der Lehrer einen Überfall von einer Kinderbande auf eine alte, blinde Frau beobachtet hat.
Eines Nachts bemerkt der Lehrer, während er die Wache kontrolliert, wie der Schüler Z von einem unbekannten Mädchen einen Brief erhält.
Als sich die Schüler am nächsten Tag ausserhalb des Lagers befinden, beschliesst der Lehrer das Tagebuch von Z zu lesen, um sich dieses nächtliche Zusammentreffen erklären zu können. Er erfährt, dass es sich bei dem Mädchen um eine gewisse Eva handelt, die eine Räuberbande anführt und ein Liebesverhältnis mit Z hat. Am Schluss liest der Lehrer, dass jeder, der das Tagebuch lese, sterben werde. Weil der Lehrer beim Aufbrechen des Kästchens, in dem sich das Tagebuch befindet, das Schloss beschädigt hat, kann er es nicht mehr schliessen und somit ist seine Spionage zum Auffliegen verurteilt. Da es zwischen den Schülern Z und N, welche beide im selben Zelt schlafen, immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen ist, wird N verdächtigt, das Tagebuch gelesen zu haben.
Der Lehrer jedoch schweigt, anstatt das Missverständnis aufzuklären.
Einige Tage später kehrt N nicht mehr von einem Streifzug zurück und wird ermordet aufgefunden. Man vermutet, dass Z und Eva an dem Mord beteiligt sind.
Beim Prozess nimmt Z die Schuld auf sich, weil er vermutet, dass Eva die Mörderin ist. Anschliessend wird der Lehrer in den Zeugenstand gerufen und gesteht, dass er das Kästchen aufgebrochen und das Tagebuch gelesen habe. Mit dieser Aussage wird Z entlastet.
Eva behauptet, ein Unbekannter, dessen Beschreibung auf den Schüler T passt, habe ihr den Stein entrissen und N damit erschlagen. Um dies zu beweisen, beobachtet der Lehrer, mit Hilfe eines Klubs von Schülern, den Schüler T, der sich einige Zeit später das Leben nimmt.
In seinem letzten Schreiben gesteht er den Mord an N und schreibt, dass der Lehrer ihn in den Tod getrieben habe, weil er wisse, dass er N getötet habe.
Das Mädchen wird wegen „Verbrechens des meuchlerischen Mordes“ verurteilt und Z wegen Irreführung der Behörde und Diebstahlsbegünstigung zu einer kleinen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Verfahren gegen den Lehrer wird eingestellt und er nimmt eine Stelle an einer Missionarschule in Afrika an, welche ihm der Pfarrer angeboten hat.
2.
Hauptteil
2.1 Das Verhältnis des Lehrers zu seinem Beruf und zu den Schülern
Der Lehrer sieht den Beruf als „Pflicht“, denn er weiss, dass er für seine Anstellung beim Städtischen Gymnasium dankbar sein sollte: “Danke Gott, dass du zum Lehrkörper des Städtischen Gymnasiums gehörst (...).“.
Er ist sich jedoch auch im Klaren, dass er seine humanistische Einstellung verraten muss, da sie nicht der des Gymnasiums entspricht. Ihre Aufgabe besteht nämlich darin, den Individualismus und die Kreativität der Jungen abzubauen und sie zu Kampfmaschinen auszubilden. Der Lehrer darf nichts dagegen unternehmen, da es ihm untersagt ist, seine eigene Meinung zu vermitteln. Ansonsten würde er seine Stellung und somit seine Existenz gefährden. Der Lehrer kann sich in seiner Arbeit nicht selbst verwirklichen, da das gesamte Bildungssystem staatlich überwacht wird und ihm vorgeschrieben wird, wie er die Schüler zu erziehen hat: “Sie vergessen das geheime Rundschreiben 5679 u/33!“. Die Jungen werden vom Staat wie Maschinen gesteuert, um sie so zu Rassenhass und unbedingtem Gehorsam zu erziehen.
Die Schüler wissen, dass es die Aufgabe des Lehrers ist, sie moralisch zum Krieg zu erziehen, sie merken jedoch auch, dass das dem Lehrer missfällt, da es nicht seinem Weltbild entspricht und sie nutzen dies, um seine Stellung zu gefährden. Sie kennen nichts ausser der radikalen Ideologie und lassen auch kein anderes Weltbild an sich heran: „Dass diese Burschen alles ablehnen (...) ohne es zu kennen. Aber das Schlimmste ist, dass sie es überhaupt nicht kennen lernen wollen!“.
Der Lehrer beklagt sich über ihre geistlose Verrohung, denn „alles Denken ist ihnen verhasst“. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie keine eigene Meinung haben, sondern sie „sind überzeugt, sie hätten recht.“.
Aus diesem Grund verstehen die Schüler auch die Ansichten des Lehrers von Fairness und Gleichberechtigung nicht: „Sie schämen sich nicht. Ich rede eine andere Sprache.“.
Ebenso auf Unverständnis stösst er, als er nach der Korrektur der Aufsätze den Schüler N darauf aufmerksam macht, dass auch Neger Menschen sind: „Er sah mich einen Augenblick starr an und dann glitt ein unangenehmer Zug über sein Gesicht.“. Durch diesen Vorfall wandelt sich das angespannte Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler in offene Feindschaft, welche ihm die Freude an seinem Beruf nimmt und seine Existenz bedroht: „Sie möchten mich ruinieren, meine Existenz und alles (...).
“. Aus Unverständnis wird Hass, aber auch Angst: „(...) ich verachte euch (..
.). Ich werde mir wegen euch keine Disziplinarstrafe zuziehen, geschweige denn mein Brot verlieren (...).
“. Der Lehrer weiss, dass er machtlos ist, denn der Staat steht hinter den Schülern und nicht hinter ihm, da er mit seiner politisch entgegengesetzten Meinung in der Minderheit ist: „Wenns auch weh tut, was vermag der einzelne gegen alle? Er kann sich nur heimlich ärgern. Und ich will mich nicht mehr ärgern!“.
Als der Lehrer sieht, wie die Jungen im Zeltlager mit den Waffen umgehen, ist er entsetzt über ihre Aggressionsbereitschaft: „Sie wollen Maschinen sein, Schrauben, Räder (...
) doch noch lieber als Maschinen wären sie Munition (...).“. Er beginnt an seinen erzieherischen Fähigkeiten zu zweifeln: „Was wird das für eine Generation? Eine harte oder nur eine rohe?“.
Er äussert sich jedoch nicht darüber, denn er weiss, dass das in einem autoritären Staat, in dem kritische Äusserungen verboten sind und somit keine Meinungsfreiheit herrscht, Folgen für ihn haben kann:„Ich werde mich hüten als städtischer Beamter, an diesem lieblichen Gesange auch nur die leiseste Kritik zu üben!“ .
Es sind aber nicht die Schüler, die die Schuld trifft, sondern die Eltern, welche entweder Anhänger des Nationalsozialismus sind oder stillschweigende Gegner. Sie lassen es zu, dass die Jugend orientierungslos, verfügbar und zu allem fähig ist. Es
findet kein wirkliches Familienleben statt, denn da die Jungen keine Gefühle zeigen dürfen, erhalten sie von ihren Eltern auch keine Wärme und Zuneigung. Den Jungen wird von klein auf nicht nur die faschistische Ideologie nahe gebracht, sondern auch, dass jegliche humanistischen Züge schwach und verachtenswürdig sind und somit reagieren sie auf alles mit Hohn und Zynismus: „Er lacht mich aus.“.
2.2 Das Verhältnis des Lehrers zu seinen Eltern
Da der Lehrer zu seinen Eltern nur schriftlichen Kontakt hat, erscheint das Verhältnis zu ihnen sehr distanziert und standardisiert. Sie führen ein einfaches Leben und werden vom Lehrer „meine alten Eltern“ genannt.
Da sowohl der Vater als auch die Mutter ihm zum Geburtstag genau dieselben Wünsche übermitteln, kommen ihm diese nachgeplappert und gedankenlos übernommen vor. Sie tragen auch dazu bei, dass der Lehrer seine Stellung beim Gymnasium nicht verlieren will, da er sie finanziell unterstützen muss und er sie nicht enttäuschen will.
Als der Lehrer den Pfarrer besucht, erinnert ihn ein Bild von der Kreuzigung Jesus an seine Eltern und bezeichnet sie als „fromm“.
Man erfährt jedoch auch, dass seine Kindheit nicht sehr harmonisch war: „Die Mutter keift, der Vater schimpft. Sie streiten sich immer.“.
2.3 Das Verhältnis des Lehrers zu Gott und zum Pfarrer
Zu Beginn des Romans hat der Lehrer eine sehr geringschätzige Meinung von Gott. Oft ist er sich selbst nicht sicher, ob er überhaupt an Gott glaubt oder nicht: „Es war im Krieg, da habe ich Gott verlassen.
Es war zuviel verlangt von einem Kerl in den Flegeljahren, dass er begreift, dass Gott einen Weltkrieg zulässt.“24. Im Grunde genommen glaubt er aber immer an Gott, er kann nur nicht verstehen, wie Gott ein solches Elend erlauben kann. Er schafft es jedoch nicht, seinen besorgten Eltern, die von seinem Einkommen abhängig sind und nicht wissen, wie sie weiterleben sollen, wenn ihr Sohn seine Stelle als Lehrer verliert, zu schreiben „Gott wird schon helfen“. Erst in betrunkenem Zustand schreibt er diesen Satz zu Ende.
Der Lehrer will es nicht wahr haben, dass er an Gott glaubt, obwohl er ihn nicht mag: „Ich will nicht an ihn glauben! Nein, ich will nicht.
“. Die Entscheidung an Gott zu glauben oder nicht, ist die einzige Freiheit, die ihm im autoritären Staat geblieben ist.
Als er während des Zeltlagers den Pfarrer im Dorf trifft, wird er von ihm ins Pfarrhaus eingeladen und unterhält sich dort mit ihm über die Bedeutung der Kirche und über Gott. Der Pfarrer bezeichnet Gott als „das Schrecklichste auf der Welt“. Auch dem Lehrer erscheint Gott als „erbärmlich“. Für ihn ist ein Gott, der straft und eine Kirche, die „immer auf der Seite der Reichen steht“ weder gut noch gerecht.
Durch dieses Gespräch beginnt der Lehrer seinen Weg vom Schweigen zum Reden. Man erkennt deutlich, dass der Lehrer nicht nur auf der Suche nach Gott ist, mit dem er einen Gewissenskonflikt führt, sondern auch nach der Wahrheit. Er durchlebt einen Wandel, der seine Vorstellung von Gott ändert. Dieser Wandel
führt von Unglaube über die Annahme eines schrecklichen und ungerechten
Gottes zur Erkenntnis, dass Gott Wahrheit und Gerechtigkeit ist.
Durch das Aufbrechen des Kästchens gerät er in Widersprüche, Zweifel und Schuld und befreit sich, in dem er sich auf seine humanistische Bildung besinnt. Um dem schrecklichen Gott einen „Strich durch die Rechnung“ zu machen, beschliesst er
zu gestehen, dass er das Kästchen aufgebrochen hat und nicht der Schüler N.
Er schiebt es jedoch immer wieder hinaus, bis er schliesslich im Gerichtssaal steht und nur er beweisen kann, dass der Schüler Z unschuldig ist.
In einigen Situationen glaubt der Lehrer Gott vor sich zu sehen und empfindet sein Erscheinen als „furchtbar“.
Gott begegnet ihm in der Person eines kleinen Buben im Lager, der die ganze Wahrheit über den Mord an N kennt, jedoch von niemandem beachtet wird. Ein weiteres Mal begegnet er ihm während des Prozesses in einem Zigarettengeschäft. Der Lehrer hört jedoch nur seine Stimme, die ihm ins Gewissen redet und ihn auffordert die Wahrheit zu sagen, um den Kreislauf von Schuld und neuem Unrecht zu durchbrechen. Er würde Gott durch Lug und Egoismus „kränken“, da dieser die Wahrheit, Gerechtigkeit und den Einsatz für das Wohl anderer symbolisiert.
Auch der Lehrer empfindet die Lüge als „Mutter aller Sünden“.
Als der Lehrer sich im Gerichtssaal überwindet, dem Richter die ganze Wahrheit zu offenbaren, fühlt er sich „wunderbar leicht“ und verliert sowohl die Furcht vor Gott als auch die Angst vor persönlichen Nachteilen wie öffentliche Schande oder Verlust seines Arbeitsplatzes. Durch sein ehrliches und selbstloses Handeln wird nicht nur der Unschuldige entlastet, sondern auch Eva ermutigt, ihre Falschaussage zu revidieren und ebenfalls die ganze Wahrheit zu erzählen:„Weilhalt der Herr Lehrer auch die Wahrheit gesagt hat.“. Der Lehrer wird zudem bei der Suche nach dem richtigen Mörder von einem Klub mit dem Leitsatz: „Wahrheit und Gerechtigkeit“ unterstützt.
Der Lehrer findet zu Gott zurück: „Heute glaube ich an Gott (.
..).“ und gewinnt den Respekt des Pfarrers, der ihm eine Stelle als Lehrer in Afrika bei den „Negern“ anbietet. Zum Geburtstag des Oberplebejers hängt er zwar seine Fahne noch hinaus, er hat jedoch Distanz zu dem bekommen, was ihm früher wichtig erschien und ihn beeinflusste: „Wie entfernt ist alles geworden! Wie winzig sind plötzlich die grossen Gebieter und wie arm die reichen Plebejer! Wie lächerlich!“. Er legt viel mehr Wert darauf, dass er mit einem „höheren Herrn“ gesprochen hat, nämlich
mit Gott.
3. Schluss
3.1 Zusammenfassung / Ergebnis
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich der Lehrer zu Beginn des Romans sehr stark von der Gesellschaft distanziert, weil er sich mit dem Nationalsozialismus nicht abfinden will. Da er im nationalsozialistischen Deutschland lebt und keine Kritik erlaubt ist, kann er nur passiven Widerstand leisten.
Er will nicht verstehen, wie sich die Schüler ohne jeglichen Widerstand beeinflussen und moralisch deformieren lassen. Die Bezeichnung der Schüler mit einzelnen Buchstaben verschafft den Eindruck, dass die Namen der Schüler ohnehin keine Rolle spielen, da sie alle Werkzeuge des Nationalsozialismus sind und keine eigenen Willen haben.
Ihre Haltung gegenüber ihm empfindet er als Hass und befürchtet, dass sie ihn ruinieren.
Das Gespräch mit dem Pfarrer könnte man als Wendepunkt bezeichnen, denn dadurch ändert der Lehrer seine Einstellung zu Gott und beginnt den Weg zurück zu ihm.
Durch seine Wahrheitsliebe demonstriert er seinen Mitmenschen, dass Gerechtigkeit sowie Ehrlichkeit wichtiger sind als das eigene Wohlergehen und die Meinung der Umwelt.
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