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  Felix mitterer:

Felix Mitterer:„Kein Platz für Idioten“ / „Sibirien“     Wir wollen euch heute mit unserem Referat einen der wichtigsten und euch allen bekannten deutschsprachigen Dramatiker der Gegenwart näher bringen- Felix Mitterer.   Geboren ist er als 13. Kind einer verwitweten Kleinbäuerin, am 6.Feb.1948 in Achenkirch in Tirol. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde er an ein kinderloses Landarbeiterehepaar verschenkt und wuchs bei seiner Adoptivfamilie in der Gegend von Kitzbühel und Kirchberg auf.

Diese- ebenfalls unterprivilegiert- schaffte es, ihm ab 1962 nach Abschluss der Volksschule den Besuch der Lehrerbildungsanstalt Innsbruck zu ermöglichen. 1966 brach er sie wieder vorzeitig ab und war danach 10 Jahre lang beim Zollamt Innsbruck tätig. In dieser Zeit verfasste Mitterer seine ersten Texte im Rundfunk, in Literaturzeitschriften und in Zeitungen. Seit 1977 lebte er als freiberuflicher Schriftsteller in Tirol, wechselte aber 1995 nach Castlelion in Irland. Neben Kinderbüchern, wie die „Superhenne Hanna“, und Erzählungen ist er vor allem für seine Volksstücke bekannt. Das Volksstück kann definiert werden als Form des Schauspiels FÜR das Volk und ÜBER das Volk.

Beispiel dafür ist: „Kein Platz für Idioten“ - auf das wir später noch näher eingehen werden.   Zum Teil an alte Traditionen anknüpfend, zum Teil neue dramatische Formen (Fernsehspiel, Straßentheater...) suchend, ist Felix Mitterer neben Wolfgang Bauer, Helmut Qualtinger und Thomas Baum, ein hochrangiger Vertreter der Literatur nach 1945. Zu den wichtigsten seiner Stücke zählen „Stigma“ (1982), „Die wilde Frau“(1986), „Verlorene Heimat“(1987), „Kein schöner Land“ (ebenfalls 1987) , „Verkaufte Heimat“ (1989)- in dem er das Schicksal der Deutschen in Südtirol schildert- und natürlich auch „Sibirien“(1989), welches wir ebenfalls behandeln werden.

Bedeutend sind weiters „Ein Jedermann“ (1990), das im Theater an der Josephstadt aufgeführt und von Otto Schenk initiiert wurde, und der populäre, dreiteilige Fernsehfilm „Die Piefke-Saga“. Für seine hervorragende Arbeit und seine außerordentliche Leistung wurde Felix Mitterer auch mit Auszeichnungen belohnt; Einige davon sind: 1983 Peter- Rosegger- Literaturpreis des Landes Steiermark 1988 Kunstpreis des Landes Tirol 1992 Adolf- Grimme- Preis   Sein großartiger Erfolg lässt sich unter anderem wahrscheinlich durch sein früh- entdecktes Interesse am Lesen, das für ihn eine Art Flucht vor dem ärmlichen Leben darstellte, begründen!   Kein Platz für Idioten   Im Jahre 1974 wurde Felix Mitterer Zeuge, wie ein Wirt in einem tiroler Fremdenverkehrsort eine Mutter mit ihrem behinderten Kind aus seinem Gasthaus verwies, weil er befürchtete, sein Geschäftsgang leide durch dessen Anwesenheit. Aus diesem Anlass schrieb Mitterer ein Hörspiel, das 1975 vom ORF-Studio Tirol produziert und ein Jahr später im österreichischen Rundfunk erstmals gesendet wurde. Die Sprecher waren fast ausschließlich Mitglieder der Volksbühne Blaas in Innsbruck, eines Theaters mit den besten Volksschauspielern des Landes. Von Helene Blaas, der Direktorin dieser Volksbühne, kam schließlich auch der Vorschlag, aus dem Hörspiel ein Theaterstück zu machen. Nachdem Felix Mitterer dem Werk noch einen Akt hinzugefügt hatte, kam es am 15.

September 1977 an der Volksbühne Blaas zur Uraufführung. Wie im Hörspiel übernimmt der Autor selbst wieder die Hauptrolle, nämlich die eines behinderten Buben, die er auch bei über 200 weiteren Vorstellungen verkörperte.   Mitterer schildert in 3 Akten, wie eine bäuerliche tiroler Dorfgemeinschaft auf die Existenz des geistig behinderten Sebastian Möllinger reagiert. Der Junge wird von seinen Eltern gehasst. Als unterprivilegierte Bauern sind diese auf pausenloses Arbeiten der Familienmitglieder angewiesen, auch auf die Hilfe von Sebastian, der jedoch nicht einmal imstande ist, einfache Arbeiten, wie Holz zu hacken, am Hof auszuführen. Herr und Frau Möllinger sehen ihren Sohn als Last und beschimpfen ihn sogar in seiner Gegenwart.

Erst als ein Bekannter der Familie namens Plattl-Hans in den Hof einzieht, um der Familie bei den Arbeiten zu helfen, findet der Behinderte jemanden, der ihn in Schutz nimmt und hinter ihm steht. LESEPROBE Ich möchte euch jetzt eine Stelle aus dem ersten Akt vorlesen, aus der besonders gut die schlechte Beziehung zwischen Frau Möllinger und ihrem Sohn hervorgeht. Die Bäurin und der Plattl Hans unterhalten sich in der Bauernstube; der Junge hockt unter dem Tisch und belauscht sie. Kurz nach diesem Gespräch fasst Plattl-Hans den Entschluss, sich ab sofort um den Jungen zu kümmern. Sebastian schließt den Alten sofort ins Herz. Durch ihn gelang er zum ersten Mal in das Zentrum des Dorfes, wohin die beiden jeden Sonntag essen gehen, bis der Bürgermeister sie bittet, sein Gasthaus nicht mehr zu besuchen, und dass nur aus Angst vor Schädigung des spärlichen Tourismus.


Die gespannte Situation eskaliert schließlich im letzten Akt: Der Junge, dessen Sexualerziehung der alte Landarbeiter vergessen hat. kommt neugierig ahnungslos einem Mädchen zu nahe. Die gesamte Dorfgemeinschaft, die nur auf eine Möglichkeit gewartet hat, Sebastian loszuwerden, erreicht endlich ihr Ziel: Als Sexualverbrecher abgestempelt wird er in eine Nervenheilanstalt eingewiesen.   Seit das Theaterstück "Kein Platz für Idioten" (1977) herauskam, gab es von verschiedensten Seiten immer wieder die Anregungen, aus dem Stoff einen Film zu machen, was Felix Mitterer 1992 letztendlich auch verwirklichte. Das Drehbuch bot ihm nun die Gelegenheit, einige Szenen und Figuren zu verändern, sowie das ganze Beziehungsgeflecht zwischen den Personen enger zu knüpfen.   Mitterer störte an seinem Stück, dass der Vater des behinderten Buben selbst nicht auftritt.

Die Mutter erzählt lediglich von ihm und dem Druck, den er auf sie ausübt, vom Schuldbewusstsein, das er ihr eingeflößt hat. Dadurch ist Zuschauern diese Person oft als zu böse dargestellt erschienen. Sie behandelt ihren Sohn auf brutale Art und Weise. (Die Mutter schlägt ihn und lässt ihn bei seinen Anfällen am Boden liegen in der Hoffnung, dass er nie wieder aufwacht.) Sie wie auch der Vater schämen sich für ihren Sohn und verheimlichen ihn vor der Öffentlichkeit, indem sie ihn wie ein wildes Tier in den feuchten, dunklen Keller sperren. Im Drehbuch tritt nun der Vater in den Vordergrund.

Während er seinen Sohn verabscheut, liebt die Mutter ihn, zeigt dies aber nicht, da sie unter dem Druck ihres tyrannischen Ehemannes steht. Die Charaktäre des behinderten Buben und des Alten sind im Theater und im Film gleich. Jakob Staudinger, wie der spastische Bub im Film heißt, ist stark verängstigt und eingeschüchtert. Er hat keine Chance, sich zu entwickeln, bis er die liebevolle Zuwendung von Plattl-Mich, so der Name des Alten im Film erfährt. Plattl-Mich ist ein sehr einfacher Mensch, der als ehemaliger Hufschmied sein Zubrot als Knecht am Hofe der Möllinger b.z.

w. Staudinger verdient. Er fühlt sich in gewisser Weise solidarisch mit dem Behinderten. Auch Mich galt sein Leben lang als Außenseiter und wurde von niemandem unterstützt. Obwohl der Bürgermeister sich scheinbar für ihn eingesetzt und ihm eine Wohnung zur Verfügung gestellt hat, weiß der alte Mann, dass ihm nie etwas gutes getan wurde. Seine Frau starb an den Folgen der Feuchtigkeit der gespendeten Wohnung.

Außerdem ist Plattl-Mich sich bewusst, dass die Obhut um Wastl mehr Vorteile für die Eltern mit bringt als ihm: Die Eltern wollen ihn endlich loswerden. Im Gegensatz zu ihnen erkennt der Alte, der für den Jungen die Stelle eines neuen Vaters einnimmt, was dem Jungen fehlt, nämlich Liebe und Zärtlichkeit. Durch diese neue Erfahrung verbessert sich der Zustand des Behinderten schlagartig: Seine Anfälle werden seltener und Sebastian lernt sogar lesen und schreiben. Zwei weitere Personen im Stück sind Die Gäste des Wirtshauses Adi und Lois. Adi, ein sehr streitsüchtiger Mann, wiegelt andere Leute gegen den behinderten Jungen auf, so auch den Wirt, der auf Adis Vorschlag hin diesem und seinem Freund ein Lokalverbot erteilt. Lois ist im Hörspiel der Vernünftigere und Verständnisvollere.

Im Film übernimmt er auch die Rolle des Vaters des belästigten Mädchens.   Nicht nur einige Personen, sondern auch der Inhalt des Films weicht etwas vom Theaterstück ab. Von den vielen Unterschieden zwischen den beiden Fassungen möchte ich die zwei markantesten herausgreifen: Im Film verübt der Vater einen Mordversuch an seinem Sohn, indem er beim Holzhacken den Baum auf ihn stürzen will. Der Plan läuft jedoch schief. Herr Staudinger wird selbst getroffen und ist ab jenem Zeitpunkt querschnittsgelähmt. Der zweite Punkt, in dem sich die Fernsehversion vom Theaterstück unterscheidet ist der Schluss: Im Film kommt es am Ende zu einer Rauferei zwischen dem Vater des belästigten Mädchens und Jakob, in dem Mich eingreift und an den Folgen eines Sturzes stirbt.

    Nun zu „SIBIRIEN“ - ein Monolog, der nur durch 1 Schauspieler gekennzeichnet ist. Unterbrochen wird das Stück durch Lieder aus Operetten und aus einem musikalischem Lustspiel, wie zum Beispiel „Des is a Wein, mit dem bin ich per Du“ oder „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe“. Das gesamte Buch stützt sich auf den erschütternden Erfahrungsbericht einer Schwester eines Pflegeheims, der unter dem Titel „Arbeit mit alten Menschen“ herausgegeben wurde und erschienen ist. Die Uraufführung fand am 6. August 1989 in der „Hohe Munde- Garage“ In Telfs statt. Es wurde aber such im Rahmen der Volksschauspiele unter der Regie von Klaus Peymann inszeniert mit „Fritz Mulier“ in der Hauptrolle.

Die Fabel des Werkes ist kurz und bündig: Ein alter Mann, der von seiner Familie in ein Pflegeheim abgeschoben wird, vergleicht sein Leben dort mit der Kriegsgefangenschaft in Sibirien. Deshalb auch der Titel! Die Gefühlskälte seiner Mitmenschen macht ihm allerdings mehr zu schaffen als damals die extreme Kälte jener Gegend. An dieser Stelle möchte ich direkt mit einer Leseprobe anschließen, die diesen Zusammenhang vortrefflich verdeutlicht- Seite 39 f.  Die Handlung etwas ausführlicher: Als der Protagonist nach einer Hüftoperation und dem damit verbundenen längeren Krankenhausaufenthalt endlich nach Hause darf und er voller Freude das „Daheim“ erwartet, kommt die große Enttäuschung: er wird- um es mit seinen eigenen Worten auszudrücken- „in einer Nacht- und Nebelaktion in das Altersheim deportiert“. Ohne ihn auf irgendeine Weise vorgewarnt oder ihm Erklärungen geliefert zu haben, möchten sich sein Sohn, dessen Frau und die 3 Kinder somit von seiner Last befreien, das von ihm finanzierte Haus für sich alleine haben und mögliche Pflichten gegenüber dem Opa einfach abgeben. Dieses selbstsüchtige Verhalten seiner Angehörigen kränkt ihn zutiefst.

Seit dem Tod seiner teuren, geliebten Frau Agnes Jahre zuvor waren sie die einzigen, denen er Vertrauen schenkte, die für ihn da waren. Aus seiner anfänglichen Wut wird Hass, schließlich bloße Verzweiflung. Schließlich legt der alte Mann seinen ganzen Stolz ab. Er entschuldigt sich für sein cholerisches Verhalten und verspricht, sich in allen Hinsichten zu bessern, wenn sein Sohn ihn doch nur wieder heimholen würde. Aber all sein Betteln und Flehen bleibt unerhört, sein Wunsch unerfüllt. Nicht einmal seinen für ihn über alles wichtigen Hund darf er bei sich haben.

Über das exakte Alter oder den Namen des Hauptcharakters erfahren wir nichts; der Autor hält sich nicht mit belanglosen Fakten auf, sondern konzentriert sich stattdessen auf das Wesentliche, zum Beispiel auf die Betonung der Tatsache, dass mit dieser Einlieferung der konstitutionelle Verfall, der geistige Niedergang ihren Anfang nehmen. Dabei wird aus dem agilen, rüstigen Senior, der noch völlig klar bei Verstand ist, mit der Zeit ein psychisch labiles Wrack. Zuerst bemüht sich der Mann noch mit allen Kräften, gegen die vielen Ungerechtigkeiten anzukämpfen und sich gegen das ständige „Im- Bett- Liegen-Müssen“ zu wehren, gewisse Rechte zu fordern. Auch die typischen Alterserscheinungen, wie Gedächtnisverlust, versucht er zu unterdrücken beziehungsweise hinauszuzögern, zum Beispiel strengt er sich krampfhaft an, durch Singen dem Schrumpfen vorzubeugen- eher erfolglos. Doch der Abstieg lässt nicht lange auf sich warten. Die raue, grausame und absolut inhumane Behandlung der alten Menschen kann natürlich nicht ohne Einfluss auf deren Verhalten sein.

. Als letzten Ausweg sieht der Protagonist den Brief an den Bundespräsidenten, in dem er seiner Empörung Ausdruck verleiht, von den schrecklichen Zuständen schreibt und er es mit dem Wort „Altenvernichtung“ auf dem Punkt bringt. Damit erreicht er etwas! Der Politiker stattet dem Heim gemeinsam mit seiner Gattin einen Besuch ab, um sich persönlich von der Gewichtigkeit und von der Tragik der Situation ein Bild zu machen. Doch dieses kleine Stückchen Erfolg wird dem alten, einsamen Mann nicht mehr richtig bewusst; zu diesem Zeitpunkt hat er die Kontrolle über sich und seine Würde, bereits verloren, er kann sich nicht mehr wirklich beherrschen. Schließlich scheidet er- zum hilflosen, gebrochenen Greisen mutiert - aus dem Leben. Einige seiner letzten Worte: „Aber nun muss ich wohl nachgeben.

Der Kampf ist zu Ende. Mein Tod macht mir nichts aus, aber mein langes Sterben hat mich betrübt. Das Sterben auf diese Weise, in dieser Anstalt, zu dieser Zeit!“       Die THEMATIKEN unserer beiden Bücher sind sehr eng miteinander verflochten; die Grundaussagen gleich. Sowohl in „Kein Platz für Idioten“ als auch in „Sibirien“ werden anhand zweier extremer Beispiele die Missstände der heutigen Zeit, die damit verbundene Behandlung von Außenseitern bzw. der Umgang mit Randgruppen als zentrale Problematik dargestellt. Zitat des Autors: “Die Opfer sind die Andern- und diese Anderen, die Ausgestoßenen, sind ein durchgehendes Thema meiner literarischen Arbeit“.

  Seine Intention ist es, die Leute wachzurütteln und sie zum nach- und umdenken zu bewegen. Er macht dem Leser bewusst, dass Menschlichkeit daran erkennbar ist, wie man sich in der Gegenwart von sozial- Ausgegrenzten verhält; dass erst dann eine bessere Gesellschaft im Sinne der Humanität entstehen kann, wenn wir aufgeschlossener und verständisvoller gegenüber den Mitmenschen werden, wenn wir Reichtum und Luxus zu Gunsten von Nächstenliebe zurückstecken. Der Appell, den Mitterer an uns richten möchte, lautet: Vorurteile ab- und stattdessen Respekt aufzubauen. In beiden Werken kommt eindeutig zum Ausdruck, dass Außenseiter vor allem zwei Dinge brauchen: Zuwendung und genügend Zeit, die man für sie investiert. Denn einfach JEDER Mensch hat ein Recht darauf; er besitzt – unabhängig von seiner physischen Lage- gute und auch schlechte Eigenschaften und Fähigkeiten, die es zu entdecken gilt. Schonungslos und mit großem dramatischen Können greift der Verfasser zu solchen hochbrisanten Themen und nimmt Stellung für die Außenseiter unserer pseudotoleranten Gesellschaft: für Behinderte, für Alte.

  Der Titel Kein Platz für Idioten sagt schon sehr viel aus. Nicht nur in bäuerlichen Dörfern, in denen die Bewohner hart arbeiten müssen, um sich über Wasser zu halten, sondern auch in Gegenden, wo man vom Tourismus lebt sind Behinderte nicht erwünscht. Man gibt sich nicht einmal die Mühe, diese zu lehren und auszubilden. Im Gegenteil- vielmehr grenzt man sie aus, beschimpft sie und nennt sie Idioten. Der Autor zeigt, dass wirtschaftliche Interessen oft vor menschliche Schicksale gehen. Die Fremdenverkehrsgemeinde stellt sich gänzlich gegen den Behinderten, weil sie befürchtet, sein Anblick würde Touristen von dem Dorf fernhalten.

Der Autor will uns mit Kein Platz für Idioten auffordern, den Umgang mit Behinderten noch einmal zu überdenken. Der Leser soll sich die Frage stellen, ob nicht wir - die gesund sind - es sein sollten, die als Idioten bezeichnet werden, weil wir Behinderten nicht einmal die Chance geben, zu zeigen, was wirklich in ihnen steckt, weil wir es nicht der Mühe wert finden, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, weil wir nur auf unseren eigenen Vorteil bedacht sind und diese in ein Heim stecken ohne Rücksicht auf ihre Gefühle. Nach dem Kennenlernen von Sebastian Möllinger sollte jeder selbst entscheiden, ob dies der richtige Weg ist.   Die in „Sibirien“ behandelte Problematik wurde bereits im Inhalt deutlich. Der gesamte Monolog ist eine Anklage und greift die vielen Missstände, die in sogenannten Pflegeheimen vorherrschen, auf. Als Synonyme für diese im Werk dargestellte, schreckliche Anstalt verwendet die Hauptfigur auch die Wörter „Getto“ oder „Totenfabrik“.

Hier werden die Heiminsassen degradiert zum Kind und behandelt wie ein Tier: nicht nur vernachlässigt, sonder auch geschlagen, beschimpft, verspottet und mit Spritzen zur Ruhe gebracht, (also) narkotisiert. Randalierer haben keine Chance. Für die Pfleger sind die Pensionisten eine Plage, auf ihre Gefühle nehmen sie keine Rücksicht, Kritik wird nicht geduldet! Man macht ihnen unweigerlich klar: “Seid froh, dass ihr überhaupt hier sein dürft!“ Auch der Protagonist muss bald einsehen, dass man im Aufbegehren nichts erreichen kann, dass man sich fügen und damit jedes Recht auf Selbstbestimmung ablegen muss., denn ein Überleben in einer solchen Anstalt ist nur durch ein enormes Maß an Diplomatie möglich- und durch Bestechung. Weiters wird der Egoismus der Jüngeren angeklagt. Diese nehmen die Wohnung und das Sparbuch des renitenten Querulanten an sich und sind froh, ihn endlich loszuwerden.

Dabei merken nur die wenigsten, welche tragischen Zustände tatsächlich herrschen. „Den Schein zu wahren“ lautet die oberste Prämisse. Und dies wird auch erfolgreich durchgezogen, denn eigentlich ist niemand so wirklich bereit, der traurigen Wahrheit ins Auge zu blicken!   Zwei berührende Bücher, die sicherlich die Krönung und den Höhepunkt der Arbeit Mitterers darstellen. Sie haben uns wirklich angesprochen, da sie absolut tatsachengetreu und ohne jegliche Beschönigungen schildern , was Realität ist. Auch durch seine Sprache macht sich der Schriftsteller den Menschen leicht zugänglich: sie wirkt vertraut und familiär, sowohl in „Kein Platz für Idioten“ als auch in „Sibirien“; die Art des Schreibens ist jedoch völlig konträr. Ist im ersteren die Dramaform und der Dialekt kennzeichnend, ist das zweite in Prosa, genauer gesagt in Form eines Monologes, verfasst.

Im Gegensatz zum ersten bedient sich der Autor hierbei der Schriftsprache. Er setzt bewusst zahlreiche Wiederholungen ein, mit der Absicht, dadurch den geistigen Zustand des Senioren, seine Verwirrungen, seine Senilität deutlich zu machen. In „Kein Platz für Idioten“ hat der Mundartstil den Effekt, die bäuerliche Atmosphäre noch besser zum Ausdruck zu bringen. Ordinäre Begriffe, Schimpfwörter sind aber wieder in beiden Texten fixe Bestandteile und typisch für Mitterer. Diese leichte Verständlichkeit der Sprache, wie auch die einladende Länge der Stücke fanden wir sehr positiv. Außerdem beherrschte es der Autor glänzend, seine beabsichtigte Aussage zu vermitteln und uns somit zu einem Reflektieren über die tragischen Inhalte zu bewegen.

  Uns imponierte vor allem die ungehemmte Art Felix Mitterers, sich immer wieder der Herausforderung zu stellen und unbequeme Themen aufzugreifen; Aus anderen Werken sind uns zum Beispiel auch die Unterdrückung der Sexualität durch die Religion, Verfolgung von Hexen und Juden und Ausgrenzung von Andersdenkenden bekannt. Damit stieß er vielfach schon auf Widerstand und entfachte Skandale, was ihn aber nicht weiters beeinflusste- und was wir wiederum bewundernswert finden. Bei unserer näheren Auseinandersetzung mit den Grundaussagen ist uns bewusst geworden, dass sich in letzter Zeit im Umgang mit körperlich Beeinträchtigten und älteren Menschen einiges zum Positiven gewendet hat, zum Beispiel gibt es verstärkt Einrichtungen und Unterstützung für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Der erste Schritt für die nötige Sensibilisierung ist getan! Andererseits ist auch noch genügend vorhanden, das zu verbessern ist. Beginnen muss man dabei jedoch bei sich selbst, muss seine Einstellung gegenüber Outsidern, Unterprivilegierten, Asozialen etc. ändern und mehr Toleranz entwickeln.

Denn leider finden wir in der heutigen Gesellschaft noch viel zu viele Missstände, als dass wir sagen könnten, dass die von uns behandelten Stücke ihre Aktualität verloren hätten.     

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