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Fjodor M. Dostojewskij
Schuld und Sühne
Autor:
Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
geb. 11.11. 1821 in Moskau
gest. 09.
02. 1881 in St. Petersburg
Er stammte aus einer verarmten Adelsfamilie (Sohn eines Arztes). Von 1838-1843 studierte er an der Militäringenieurschule in St. Petersburg und war seit 1844 als freier Schriftsteller tätig. Sein Erstlingswerk war der Briefroman „Arme Leute“.
Durch den Kritiker Belinstkij wurde Dostojewskij Anhänger der später „utopischer Sozialismus“ genannten Bewegung und beteiligte sich am geheimen Kreis um Petraschewskji. Seine Frühwerke („Der Doppelgänger“, „Weiße Nächte“) waren jedoch frei von dieser Tendenz und zeigen psychologische Vertiefung.
1849 wurde er jedoch als Verschwörer verhaftet und zum Tode verurteilt, aber auf dem Richtplatz zu vier Jahren Verbannung nach Sibirien begnadigt. Die „Aufzeichnungen aus dem Totenhaus“ beschreiben diese Zeit aus seinem Leben.
1859 durfte er nach mehrjährigem Militärdienst in die Hauptstadt zurückkehren und war jetzt überzeugter Christ und Gegner des atheistischen Sozialismus.
Weiters setzte sich Dostojewskij für einen patriarchalischen Zarismus ein und vertrat panslawistische Ansichten.
Er verstarb am 09.02. 1881 in St. Petersburg und gilt neben Leo Tolstoi als der bedeutendste Naturalist Rußlands.
In seinen großen Romanen sind die unterdrückten, leidenden Menschen seiner Heimat die Helden und werden zu Märtyrern der Menschheit gemacht. Die meisten Romane führen den Leser in eine Welt des Elends der Zuchthäuser und der Verbrecher.
Religiös-philosophische Themen finden sich in seinen Werken ebenso wie politisch-gesellschaftliche Ideen. Dostojewskij gibt in seinen Romanen nicht nur ein klares Bild der Außenwelt, sondern durchleuchtete auch die menschliche Seele mit all ihren Abgründen.
Er übte besonders auf Maxim Gorki und Friedrich Nietzsche einen großen Einfluß aus.
Zu seinen wichtigsten Werken zählen:
Novellen: Der Sanfte (1876)
Romane: Schuld und Sühne (1866) Die Brüder Karamasow (1879-1880)
Die Dämonen (1872) Der Idiot (1868)
Schuld und Sühne
An und für sich war der Alkoholismus als zentrales Thema dieses Romans gedacht und er sollte unter dem Namen „Der Trinker“ erscheinen. Dostojewskij ging es darum, Randexistenzen zu zeigen, vor denen die Gesellschaft die Augen verschloß. Der Verleger lehnte das Werk jedoch ab, weil er das Thema für nicht literaturfähig hielt.
Dostojewskij zog die Konsequenzen und verlegte das Problem des Alkoholismus in eine Nebenhandlung und suchte sich zudem einen neuen Verleger. Der neue Held des Romans war nun Rodion Romanowitsch Raskolnikow, der die Gerechtigkeit Gottes hinterfragt.
Relativ am Anfang gibt es drei verschiedene Handlungsstränge. Neben dem Haupthandlungsstrang um Raskolnikow, gibt es einerseits die Marmeladow-Handlung und die Awdotja-Handlung. Diese drei Handlungsstränge verflechten sich mit Dauer des Romans jedoch immer mehr und sind bald nicht mehr zu trennen.
Raskolnikow ist ein Student der Rechte, der jedoch aus Geldmangel sein Studium aufgeben muß.
Schließlich bringt er eine Pfandleiherin Aljona Iwanowna und ihre Schwester Lisaweta um. Es ist aber nicht ein ganz normaler Mord, sondern ein „philosophischer“. Es ist der Versuch sich über die moralischen Grundsätze der Gesellschaft hinwegzusetzen und dadurch zum Übermenschen, dem „Napoleon“, zu werden. Nach seiner Tat wird er krank und verfällt zusehends dem Irrsinn. Statt Genugtuung stellt sich bei Raskolnikow das Gefühl totaler Vereinsamung ein. Verfolgt wird er von Porfiri Petrowitsch, der in ihm den Mörder sieht, ihn aber trotzdem nicht belasten kann.
Schließlich legt Raskolnikow ein Geständnis ab und wird aufgrund mildernder Umstände zu nur 7 Jahren Zwangsarbeit nach Sibirien verbannt. Auch dort kommt er noch nicht zur Einsicht, daß seine Tat „böse“ war. Auch hier zieht er sich von den Mithäftlingen zurück. Regelmäßig bekommt er Besuche von Sofja, die er mehr oder weniger gleichgültig über sich ergehen läßt. Doch als sie ihn einmal nicht besuchen kann, weil sie krank ist, da merkt er, daß er sie liebt und jene Liebe ermöglicht die „Wiedergeburt“, die Neuwerdung seines Wesens.
Marmeladow-Handlung:
Marmeladow ist ein Beamter der dem Alkohol verfallen ist.
Er ist verwitwet und hat aus erster Ehe eine Tochter namens Sofja, die ihren Körper verkauft, um die Familie, aber auch die Trunksucht ihres Vaters, zu finanzieren. Sie muß aufgrund ihres „liederlichen Lebenswandels“ die elterliche Wohnung verlassen. Er heiratet die ebenfalls verwitwete, aus gutem Hause stammende Katerina.
Zur Verflechtung mit der eigentlichen Geschichte kommt es durch das Aufeinandertreffen Marmeladows mit Raskolnikow in einer Kneipe.
Die weitere Verflechtung kommt erst nach dem Mord zustande. In seinem Fieberwahn läuft Rodion aus seiner Wohnung davon und wird Zeuge, wie der wieder einmal betrunkene Marmeladow von einer Kutsche überfahren wird.
Er hilft mit ihn in seine Wohnung zu bringen, wo er stirbt. Der schwindsüchtigen Frau gibt er Geld, das er selbst sehr nötig hätte, damit sie das Begräbnis bezahlen kann.
Am nächstem Tag kommt es zu einem Aufeinandertreffen von Raskolnikow und Sofja, der Tochter des Verstorbenen, die ihn im Namen der Mutter zum Begräbnis und dem anschließenden Gedächtnismahl einladet.
Beim Gedächtnismahl kommt es zu einem Eklat. Katerina Iwanowna und ihre Kinder werden auf die Straße gesetzt, wo sie der innerhalb einiger Stunden an der Schwindsucht stirbt.
Sofja wird immer mehr zu einem wichtigen Teil vom Leben Raskolnikows.
Er macht ihr ein Geständnis und erzählt ihr von dem Mord. Sie ist es auch, die ihn schließlich zu einer Selbstanzeige überreden kann. Als er dann nach Sibirien verbannt wird, reist sie ihm nach. Ihre Liebe zu ihm und die Liebe zu ihr, die er durch das Ausbleiben, ihrer Besuche im Gefängnis erkennt, führen zur Läuterung und Wandlung seines Wesens.
Awdotja-Handlung:
Awdotja ist die Schwester Raskolnikow, die mit der Mutter (Pulcheria) auf dem Land wohnt. Sie arbeitet dort als Gouvernante bei Swidrigailow und seiner Frau Marfa Petrowna.
Der Arbeitgeber ist der jungen, schönen Awdotja sehr zugetan, doch sie weist ihn jedes Mal ab. Auch das Angebot mit ihr auf und davon zu gehen, lehnt sie ab.
Awdotja soll sich mit dem reichen Advokaten Pjotr Petrowitsch Luschin verheiraten, doch Raskolnikow ist strikt dagegen. Schließlich kann er seine Schwester und seine Mutter, die nach Petersburg gereist sind, vom schlechten Charakter des Mannes überzeugen und kann somit die Vermählung verhindern.
Swidrigailow kommt nun auch nach Petersburg (seine Frau Marfa ist unter dubiosen Umständen gestorben) und wohnt nun genau neben Sofja.
Luschin wohnt im selben Haus wie Marmeladow.
Vor dem Gedächtnismahl ruft er Sofia zu sich um nach einem Gespräch steckt er ihr scheinbar unbemerkt einen Hundert-Rubel-Schein zu, bezichtigt sie dann des Diebstahls. Dies führt schließlich auch zum Eklat beim Gedächtnismahl.
Swidrigailow lauscht einem Gespräch von Raskolnikow und seiner Nachbarin und erfährt somit vom Mord, wird ihn aber nicht anzeigen.
Auch seiner Schwester mach Raskolnikow schließlich ein Geständnis.
Am Schluß erfährt man noch, daß er sich mit einem 16-jährigen Mädchen verheiraten soll. Er gibt diesem Mädchen bzw.
den Eltern Geld und erzählt ihnen, daß er eine Reise nach Amerika machen will. In Wirklichkeit bringt er sich aber um.
Raskolnikow erfährt im Polizeibüro vom Tod des Swidrigailow und überlegt, ob es nicht besser wäre sich nicht auch selbst zu töten, doch ein weiteres Zusammentreffen mit Sofja verhindert dies.
Als er nach Sibirien verbannt wird, bleibt sein Freund Rasumichin bei seiner Schwester und seiner Mutter. Sein Freund und seine Schwester heiraten, seine Mutter stirbt ebenfalls.
Um diesen Roman besser zu verstehen, muß man sich Dostojewskijs Weltanschauung betrachten.
Von Gott geschaffen, wird der Kosmos von Christus und der Gemeinde regiert, von bösen Mächten aber bekämpft, die zwischen Gott und Mensch den Pfahl der Entzweiung zu treiben suchen. Das Böse offenbart sich als furchtbare Macht, die den haltlosen Menschen zu Anschauungen drängt, die bei Dostojewskij leitmotivisch für die Trennung von Gott stehen und zugleich den Zeitgeist repräsentieren: Kapitalismus, Materialismus und Egoismus.
Man sieht also, daß dieser Roman nicht nur theologisch-philosophische, sondern auch gesellschaftliche Ideen beinhaltet.
Weiters muß man die „Napoleon-Idee“ betrachten. Hierbei geht es um die Idee vom Übermenschen, welche die Frage einschließt, inwieweit eine große Persönlichkeit an Recht und Gebunden zu sein. Diese Idee und diese Ansichten verarbeitete Dostojewskij, indem er den Studenten Rodion Raskolnikow einen Artikel namens „Über das Verbrechen“ verfassen ließ, in dem er genau diese Problemstellung behandelt.
Diese steht natürlich im Gegensatz zum christlichen Glauben.
Der Mord:
Zunächst handelt es sich um eine soziale Tat, denn er will mit dem erbeuteten Geld Gutes tun, doch wächst sie sich bald zur Rebellion gegen Gott aus. Es soll außerdem die menschliche Eigenmacht unter Beweis stellen.
Er möchte beweisen das er über den Dingen steht und nicht zu den niedrigen Leute gehört. Mit dem Mord an der Pfandleiherin Aljona Iwanowna möchte er seinen Auserwähltheitsanspruch beweisen.
Dabei handelt es sich nicht um irgendein Verbrechen, sondern um Schuld, um die wissentliche Trennung von Gott (.
..). Allein die Bereitschaft des betreffenden Menschen zur Sühne verhilft zum Wiedereintritt ins Leben.
Im weiteren Verlauf trifft Raskolnikow mit vielen Menschen zusammen. Rasumichin, Luschin, der für Materialismus und Egoismus steht oder Porfiri Petrowitsch, der durch den Aufsatz „Über das Verbrechen“ in Raskolnikow den Mörder sieht, ihm aber nichts beweisen kann.
Sehr wichtige Personen, die beide aus einer der Nebenhandlungen stammen, sind Sofja und Swidrigailow, die jeweils für ein Lebensprinzip stehen. So bildet zum ersten Mal in Dostojewskijs Werken die christliche Trichotomie, also die Dreiteilung des Menschen in Leib (Swidrigailow), Geist (Soja) und Bewußtsein (Raskolnikow) das Menschenbild.
Sofja ist im Allgemeinen eine sehr wichtige Person. Demütig vor Gott, ohne Rücksicht auf die eigene Person, bewußt für das Elend anderer, rebelliert Sofja nicht, sondern opfert sich.
All diese Personen aktivieren in Raskolnikow den inneren Umgang mit der Schuld.
Sie kann schließlich Raskolnikow zu einer Selbstanzeige überreden.
Raskolnikow soll nicht gegen seinen Willen überführt werden, sondern aus einer freien Entscheidung heraus die Schuld auf sich nehmen.
Als Raskolnikow vom Selbstmord Swidrigailows erfährt übererlegt er noch einmal, ob es nicht der leichtere Weg wäre, sich der Verantwortung durch Selbstmord zu entziehen. Doch er legt dann doch ein Geständnis ab, jedoch nicht aus Überzeugung, sondern aus Resignation. Er selbst sieht sich als „Schwächling“ und „unbedeutenden Menschen“.
Im Gefängnis entzieht er sich wieder seiner Umwelt und erst ein Traum offenbart ihm die eigentliche Schuld. Zudem ermöglicht die Liebe die Läuterung des Menschen, da er erkennt, daß allein in dem Geist Rettung zu finden ist.
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