Franz kafka: amerika
Franz Kafka: Amerika
Eine Arbeit von Martina Lattmann © Juni 2001
Wenn Du diese Arbeit benutzen solltest, würde ich mich sehr über ein e-mail von Dir freuen ;-) Danke und viel Glück! tiniweeny@hotmail.com
„kafkaesk“: als Kafkaesk, also den Werken Franz Kafkas entsprechend, wird manchmal etwas bezeichnet, das abstrus, dunkel, verworfen, mit dem Verstande kaum nachvollziehbar scheint.
Ich möchte euch nun anhand des Werkes „Amerika“ von Franz Kafka, dieses Wort erläutern.
Biographie:
1883 wurde Franz Kafka in Prag geboren, dort verbrachte er auch den grössten Teil seines kurzen Lebens. Er stammte aus einer jüdischen Familie.
Kafka führte nach seinen Studien ein denkbar trostloses Dasein als mittlerer Angestellter und Junggeselle, der noch bei seinen Eltern wohnte.
Innerhalb der Familie galt der skrupelhafte, introvertierte Schriftsteller als Aussenseiter, besonders sein Vater brachte nicht das geringste Verständnis für die Interessen seines Sohnes auf.
Tagsüber sass er 6 Stunden im Büro einer Arbeiter-Unfall-Versicherung, verfolgte den Sekundenzeiger der Wanduhr und verfasste irgendwelche Gutachten, um nachts für seine eigentliche Leidenschaft gerüstet zu sein: Sein Leben war zielstrebig auf das Schreiben hin ausgerichtet. Nur beim Schreiben konnte er sich auf eine zutiefst befriedigende Weise ausleben, alles andere ordnete er dieser Tätigkeit unter. Und wenn man ihn daran hinderte, wurde er depressiv.
Im Laufe der Jahre zog er sich zunehmend in die Literatur zurück, die Literatur war für ihn der einzige Ausweg aus der Realität.
rbt er im jungen Alter von 41 Jahren in Wien an
Lungentuberkulose und Nervenzusammenbrüchen.
Romanfragment:
1912 hat K. dieses Werk begonnen, 1913 erschien 1. Kapitel (der Heizer) als gesonderte Erzählung erschienen. Später nahm er die Arbeit an der Geschichte wieder auf, liess jedoch gewisse Stellen aus. Daraus entstand ein Buch mit 8 Kapiteln namens „der Verschollene“, später „Amerika“ genannt.
Titel: Was würdet ihr von diesem Titel erwarten?
Ich denke, der Titel des Buches weckt im Leser gewisse Erwartungen.
„Amerika“ lässt in uns Europäern gleich die Vorstellung von uneinge-schränkter Freiheit aufkommen: Amerika steht für das Land der 1000 Möglichkeiten. Es weckt Hoffnungen auf einen Neuanfang des Lebens, auf
Abenteuer und Erlebnisse.Gerade zu Kafkas Lebenszeiten, in der Kriegsstimmung herrschte, hatte der Titel wohl noch eine bedeutendere Wirkung auf den Leser als heute. Es war die grosse Zeit der Auswanderungsbewegung von Europa nach Nordamerika. Der Begriff Amerika war für alle zentral. Nun werden wir sehen.
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Nacherzählung
Der sechzehnjährige Karl Rossmann wird von seinen Eltern nach Amerika geschickt, weil ein Dienstmädchen ihn verführt und ein Kind von ihm bekommen hat. Bei der Ankunft des Schiffes im New Yorker Hafen vergisst Karl seinen Regenschirm unter Deck und läuft zurück, um ihn zu holen. Er verirrt sich auf dem Schiff. Dabei trifft er auf einen Heizer, der ihm in seinem Zimmer erzählt, wie ungerecht er von seinem Vorgesetzen behandelt wird.
Karl zeigt sich bereit ihm zu helfen und folgt ihm zum Kapitän. Karl hält für den Heizer eine Verteidigungsrede, jedoch erfolglos. Ein Senator Jakob, der während der Szene anwesend ist, gibt sich als Karls Onkel zu erkennen. Er nimmt Karl bei sich auf.
Karl verbringt bei seinem Onkel in New York einige Zeit. Der Onkel überschüttet Karl mit teuren Geschenken und verwöhnt ihn mit einem grossen Zimmer: Er kauft ihm einen Schreibtisch bester Sorte, ein Klavier, Englisch- und Reitlektionen.
Man hat aber das Gefühl, dass der Onkel dem Karl immer distanziert bleibt. Bei einem Geschäftsessen lernt Karl Herrn Pollunder kennen, der Karl spontan auf sein Landhaus einlädt. „Scheinbar freudig“ gibt ihm der Onkel die Erlaubnis die Einladung anzunehmen. Bereits am nächsten Tag holt Pollunder Karl ab und die beiden fahren aufs Landhaus.
Beim Essen im Landhaus des Herrn Pollunder lernt Karl die Tochter Klara kennen. Später führt Klara, die zwar schon verlobt ist, Karl in eine Zimmer hinauf.
Zu direkten sexuellen Handlungen kommt es zwischen den beiden zwar nicht, jedoch ereignet sich im Zimmer ein merkwürdiger Kampf mit deutlich sexuellen Untertönen, in dem Karl der Unterlegene bleibt.
Als Karl wieder hinunter ins Esszimmer flüchtet, überreicht ihm Pollunder einen Brief von seinem Onkel. Im Brief schreibt der Onkel, dass er enttäuscht sei von ihm, weil er diese Einladung angenommen habe. Karl zeigt keine grossen Emotionen. Er weiss, dass ihm nicht vergeben wird. Ihm bleibt also nichts anderes als alleine aufzubrechen.
In einem Wirtshaus verbringt er die Nacht mit zwei Vagabunden, Robinson und Delamarche. Am nächsten Tag ziehen die 3 miteinander weiter, auf der Suche nach Arbeit. Als der Abend einbricht, entscheiden sie sich die Nacht auf dem Gras zu verbringen. Da sie ziemlich hungrig sind, schicken Delamarche und Robinson Karl in ein Hotel „Occidental“ nebenan um etwas zu essen zu holen. Bald muss Karl jedoch feststellen, dass die beiden ihn nur ausnützen und bestehlen wollen. Im Hotel trifft er die Oberköchin, die ihm glücklicherweise gleich eine Stelle als Liftboy anbietet.
Karl nimmt diese natürlich sofort an. Er verlässt also Delamarche und Robinson.
Im Hotel erfüllt Karl seinen Dienst tadellos. In den zwei Monaten, die Karl im Hotel verbringt, knüpft er keine engeren Freundschaften. Zwar sucht die Sekretärin namens Therese immer wieder den Kontakt zu Karl, doch er geht nicht gross darauf ein.
Nach zwei Monaten erscheint plötzlich der völlig betrunkene Robinson im Hotel und lädt Karl ein, sich ihm und Delamarche wieder anzuschliessen.
Karl weigert sich. Da behauptet Robinson plötzlich nicht mehr gehen zu können und übergibt sich in den Treppenschacht. Da bittet Karl einen Kollegen den Lift zu bedienen und schafft Robinson in den Schlafsaal der Liftboys. Aufgrund dieses Vorkommnisses wird Karl vom Oberkellner entlassen, und auch die Oberköchin, die ihn bislang geschützt hat, kann ihm nicht helfen. Bevor er aber das Hotel verlassen kann, ergreift ihn der sadistische Oberportier und durchsucht seine Taschen. Karl flieht und lässt seine Jacke mit allen seinen Ausweispapieren zurück.
In einem Taxi sucht Karl mit Robinson das Weite. Der Wagen hält vor einem Haus, das Robinson und Delamarche gemeinsam mit einer Sängerin namens Brunelda bewohnen. Brunelda ist Delamarches Liebhaberin. Karl kann den Rest des Fahrgelds nicht bezahlen. Ein Polizist kommt hinzu und will ihn wegen seiner fehlenden Ausweispapiere verhaften. Karl aber flieht.
Dank Delamarche gelingt es Karl sich im Hintereingang des Hauses zu verstecken. Bald merkt er aber, dass Delamarche ihn wie einen Gefangenen und Diener der üppigen Brunelda halten will. Karl wird von den beiden ständig befohlen und muss mit Robinson auf dem Balkon übernachten. Wie lange er bei Brunelda und Delamarche bleibt und was er alles treibt, weiss man nicht, denn Kafka hat hier einen Teil ausgelassen.
Im nächsten Kapitel beschreibt Kafka, wie Karl ein Plakat liest, auf dem das Naturtheater von Oklahoma Personal sucht. „Das grosse Theater ruft euch, jeder ist willkommen, versäumt die Gelegenheit nicht, auf nach Clayton!“ Karl entscheidet sich kurzerhand den Zug nach Clayton zu nehmen, um sich zu bewerben.
Als er dort ankommt, trifft er per Zufall eine Bekannte, die als Engel verkleidet Posaune bläst. Obwohl es Schwierigkeiten gibt, weil Karl ja keine Ausweispapiere hat, bekommt er eine Stelle als technischer Arbeiter und wird von den Zirkusleuten mitgenommen.
Fragment 1: Im Zimmer wird Brunelda von Delamarche gewaschen. Karl und Robinson müssen Hilfsdienste leisten. Sie gehen zur Zimmerwirtin, um Frühstück zu holen. Nur mit Mühe können sie sie überreden, ihnen wenigstens die Frühstücksreste zu überlassen.
Hier hört die Geschichte für den Leser auf. Nach einer Lücke bereitet das letzte fragmentarische Kapitel einen anderen Schluss vor:
Fragment 2: Brunelda will das Haus verlassen und Karl schiebt sie in einem Handkarren durch die Strassen. Brunelda ist unter einer grauen Decke versteckt. Gegenüber Passanten behauptet Karl, er würde Äpfel transportieren. Schliesslich kommen sie bei einem Unternehmen an, dessen Verwalter sie unfreundlich begrüsst.
Interpretation & Textauszüge:
Im folgenden möchte ich euch zuerst diese Kurve zeigen.
„Wie könntet ihr diese Kurve interpretieren?“
Europa
Onkel
„Vagabund“
Naturtheater ???
Brunelda
Liftboy
Die Kurve soll darstellen, wie Karl 3 mal einen Aufstieg und Fall erlebt.
Ebenso stellt man fest, dass Karl während des Buches in der Gesellschaft absteigt, nämlich vom eher wohlhabenden Europäer zum Vagabunden und einfachen Arbeiter.
à 1. Auszug Anfang
EUROPA: Karl Rossmann ist von Anfang an das Opfer der Situation: bereits im ersten Satz wird uns mitgeteilt, dass Karl von den Eltern nach Amerika geschickt worden ist, weil ein Dienstmädchen ihn verführt und ein Kind von ihm bekommen hat. Wenig später erfahren wir allerdings, dass es schon eher Vergewaltigung war, die bei dem jungen Karl nichts als Ekel und Abscheu erregt hat. Dass ihn die Eltern deshalb nach Amerika geschickt haben, ist offensichtlich eine grobe Ungerechtigkeit, die Karl jedoch gar nicht also solche wahrzunehmen scheint.
Er nimmt sein Schicksal geduldig auf sich.
à 2. Auszug Heizer
HEiZER: Wie an seinem Engagement für den Heizer erkennbar wird, hat Karl ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Doch bleibt dieses Empfinden naiv. Er zeigt kein Verständnis für die sozialen Bedingungen der Situation.
Mit dem Motiv der ungerechten Behandlung und dem verzweifelten Versuch, Recht zu bekommen, stellt der Zwischenfall mit dem Heizer das Thema dar, das den gesamten Roman durchzieht.
Im folgenden ist es Karl, der ungerecht behandelt wird, ohne dass es ihm möglich wäre, sich Gerechtigkeit zu verschaffen. Zum Beispiel beim
ONKEL: Der kleinste Fehler, den Karl begeht, macht das Kartenhaus, in dem er sich befindet, kaputt; Dort, als Karl die Einladung Pollunders annimmt und der Onkel ihn deswegen wegschickt.
Das heisst, von da an beginnt für Karl ein neuer Lebensabschnitt, denn er reist nun als Einzelgänger und Vagabund weiter und hat keine Verbindung mehr zu seinen alten Verwandten und Bekannten.
R&D: Karl ist nun mit zwei Vagabunden unterwegs. In einer Quelle habe ich gelesen, dass deren Namen (Robinson, Delamarche) ein Kafkamotiv andeuten, nämlich „der Einzelne auf dem Weg“, was das Bruch prägt
à Auslegung Namen
HOTEL: Im Hotel muss Karl wie eine Maschine funktionieren und nur weil er für 2 Minuten seine Arbeitsstelle verlässt, wird er entlassen. Hier wird wieder die Ungerechtigkeit angefochten, wie vorhin erwähnt!
à 3.
Auszug Plakat
THEATER: Am Ende, beschreibt Kafka das Naturtheater Oklahoma wie ein Paradies: Jeder ist willkommen, egal welcher Herkunft und Vergangenheit. Zum ersten mal bringt er im Buch Landschaftsbeschreibungen, ausserdem erwartet ihn ein Engelschor bei der Ankunft, er trifft eine alte Verwandte wieder.
Hier erkennt man also ein religiöses Motiv.
Dieser offene Schluss bringt nach so vielen Enttäuschungen in Amerika plötzlich wieder Hoffnung auf ein besseres Leben.
Schlussinterpretation:
Karl will sich in der kapitalistischen Welt von Maschinen und Rationalisierung als einfacher, funktionierender Arbeiter einordnen, was ihm aber nicht gelingt! Die Beschreibung des Einzelnen mit der Realität des Lebens wird hervorgehoben. Karl lebt wie ein Schema, das sich nach unbegreiflichen Dingen bewegen muss.
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1. Auszug: Der erste Absatz des Buches:Als der sechzehnjährige Karl Rossmann, der von seinen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr, erblickte er die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht.
2. Auszug: Beim Kapitän:
„Was wird jetzt mit dem Heizer geschehen?“ fragte Karl vorbei an der letzten Erzählung des Onkels. Er glaubte in seiner neuen Stellung alles, was er dachte, auch aussprechen zu können. „Dem Heizer wird geschehen, was er verdient“, sagte der Senator, „und was der Kapitän für gut erachtet.
Ich glaube, wir haben von dem Heizer genug und übergenug, wozu mir jeder der anwesenden Herren sicher zustimmen wird.“
„Doch darauf kommt es doch nicht an, bei einer Sache der Gerechtigkeit“, sagte Karl. Er stand zwischen dem Onkel und dem Kapitän und glaubte, vielleicht durch diese Stellung beeinflusst, die Entscheidung in der Hand zu haben.
...
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„Missverstehe die Sachlage nicht“, sagte der Senator zu Karl, „es handelt sich vielleicht um eine Sache der Gerechtigkeit, aber gleichzeitig um eine Sache der Disziplin. Beides und ganz besonders das letztere unterliegt hier der Beurteilung des Herrn Kapitäns.“
Auszug: Karl vor dem Plakat des Naturtheaters Oklahoma:
Für Karl stand aber doch in dem Plakat eine grosse Verlockung. „Jeder war willkommen“, hiess es. Jeder, also auch Karl.
Alles, was er bisher getan hatte, war vergessen, niemand wollte ihm daraus einen Vorwurf machen. Er durfte sich zu einer Arbeit melden, die keine Schande war, zu der man vielmehr öffentlich einladen konnte. Und ebenso öffentlich wurde das Versprechen gegeben, dass man auch ihn annehmen würde. Er verlangte nichts Besseres, er wollte endlich den Anfang einer anständigen Laufbahn finden, und hier zeigte er sich vielleicht. Mochte alles Grosssprecherische, das auf dem Plakate stand, eine Lüge sein, mochte das grosse Theater von Oklahoma ein kleiner Wanderzirkus sein, es wollte Leute aufnehmen, das war genügend. Karl las das Plakat nicht zum zweiten Male, suchte aber noch einmal den Satz: „Jeder ist willkommen“ hervor.
Vergleich Kafka:
Was sofort auffällt, ist, dass Kafka sich in vielen Bereichen mit Karl identifiziert. Nur schon der Name „KARL“ und „KAFKA“ könnten dies andeuten. Wie schon in der Biografie erwähnt, kam Kafka mit der modernen Welt nicht zurecht. Ebenso wenig wie Karl...
Sprache & Stil:
Kafkas Sprache ist durchaus einfach und ohne Symbolik. Man findet weder viele Metaphern, noch Verschlüsselungen des Textes à siehe Auszüge; Der Text ist sehr klar. Ich hatte den Eindruck, er sei unkompliziert, aber dennoch durchdacht. Kafka versteht es, auf anspruchslose Weise Psychologie und Charaktereigenschaften zu beschreiben.
Durch Ruhe und Überlegung, ohne auffälligen Humor oder Witz, sondern mit Ernst scheint dieses Werk verfasst zu sein. Oft wählt Kafka die Form der direkten Rede à siehe Auszüge; hingegen treten selten Beschreibungen von Natur oder Umgebung auf.
Für jeden Leser ist dieses Buch darum gut verständlich, obwohl sich bei gründlichem Vertiefen manche interessanten Hintergründe oder Interpretationen finden lassen. Genau dies war wohl die Absicht Kafkas, als er einen solchen Schreibstil wählte: ein Werk für das Volk sollte es werden.
Meine Meinung:
Das Buch fand ich ziemlich langweilig und merkwürdig, doch beim Analysieren habe ich gemerkt, dass man in der Geschichte enorm viele Hintergründe und Interpretationen findet. und dies machte das Werk doch irgendwie interessant.
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