Friedrich schiller: maria stuart
Guido Ullrich
K12
Friedrich Schiller: Maria Stuart
Allgemeines:
Trauerspiel in 5 Aufzügen (klassisch!)
Uraufführung 14. Juni 1800 in Weimar
Schiller war zu diesem Zeitpunkt 41 Jahre alt und auf dem Zenit seiner Karriere, 5 Jahre vor seinem Tod
Das Drama basiert auf wahren geschichtlichen Begebenheiten
Schiller arbeitet diesen Geschichtlichen Hintergrund zu einem klassischen Drama auf, hat aber Detailveränderungen vorgenommen, um es dramatischer wirken zu lassen
Ort und Zeit: England im Jahr 1587
Hauptpersonen:
Elisabeth, Königin von England, erzprotestantisch
Maria Stuart, Königin von Schottland, katholisch
Graf von Leicester
Graf von Shrewsburry
Baron von Burleigh
Mortimer, Neffe von Marias Kerkermeister
Gang der Handlung:
Maria Stuart wird des Mordes an ihrem Ehemann (König von Schottland) bezichtigt und wird von ihrem Volk vom Thron verjagt
Sie flieht nach England, um dort Schutz zu suchen
Elisabeth, Königin von England, sieht in Maria eine gefährliche Rivalin, die es insgeheim auf den Thron von England abgesehen hat. Ausserdem vermutet sie hinter einem Mordanschlag auf sie Maria als Urheberin
Maria wird 1568 in England festgenommen und inhaftiert ® seit 19 Jahren in Gefangenschaft
Maria ist sehr attraktiv und zieht immer wieder Jünglinge an, die sich für sie opfern
Auch Mortimer (Neffe ihres Kerkermeisters); (er ist Puritaner und streng katholisch)
Er will sie mit Hilfe von „12 edlen Jünglingen des Landes“ gewaltsam befreien
Maria verweist Mortimer mit seinem Plan an Graf von Leicester, der in der Gunst Elisabeths steht® mächtig
Baron von Burleigh verkündet Maria das Todesurteil
Stolz und selbstbewusst erkennt sie es jedoch nicht an, weil es nur durch Verschwörung und Korruption zu Stande kam
Maria
Kann sich für keines von Beiden entscheiden
Graf von Leicester
Vertritt beide Meinungen
Baron von Burleigh
Staatsnotwendigkeit, Maria zu töten
Graf von Shrewsburry
Erweist sich als Anwalt Marias
Über das Todesurteil herrscht im englischen Königshaus ebenfalls keine Einstimmigkeit:
Elisabeth versucht Mortimer für sich zu gewinnen, dass er Maria heimlich umbringt, nicht wissend, dass er auf Marias Seite steht
Zum Schein nimmt er den Mordauftrag jedoch an, um dadurch Maria noch effektiver beschützen zu können
Er offenbart sich dem Graf von Leicester, wie Maria es ihm geraten hatte
Dieser offenbart sich nun ebenfalls:
Gesteht, Maria einst geliebt zu haben; Besitz und Macht waren ihm aber zu gering
® Hinwendung zu Elisabeth
Diese hält ihn aber 10 Jahre lang hin und wendet sich schließlich dem König von Frankreich zu
® Leicester wendet sich wieder Maria zu
® Auch er will sie befreien
Mortimers Plan (gewaltsame Befreiung) scheint ihm jedoch zu gewagt und er hat Angst, zu tief in die Sache verstrickt zu werden.
® Seine Mithilfe beschränkt sich auf die Organisation eines Treffens zwischen Maria und Elisabeth, um das Maria bereits schriftlich gebeten hatte
Treffen findet statt; endet jedoch völlig anders als erwartet:
Maria hält ihre Hass- und Rachegefühle, die sich während der langen Haft angestaut haben zurück und verdeutlicht, dass sie keinerlei Herrschaftsansprüche über England erhebt
Aber Elisabeth beleidigt Maria: Maria hätte jeden ihrer bisherigen Liebhaber getötet
Maria kann sich nun nicht mehr zusammenreißen und beleidigt nun ihrerseits Elisabeth: sie beschimpft sie als Bastard, listige Gauklerin und als „alte Jungfer“
Bastard: Elisabeths Vater war Heinrich VIII (nach Johannes Böhm ein „Lustmolch“) und ihre Mutter, Anna Boylen, eine Maitresse, also Bürgerliche. So ist Elisabeth nicht reinrassigen Adels und hätte somit den Thron von England entweiht
® Maria hat damit ihr Todesurteil besiegelt
Graf von Leicester gerät in eine gefährliche Lage, da man in Marias Unterlagen einen Brief findet, der beweist, dass Leicester mit ihr engen Kontakt hatte
® Er ist gezwungen Mortimer zu verhaften, um sich rechtfertigen zu können, dass er als Einziger von der Verschwörung wusste
Mortimer, nun verraten, begeht Selbstmord
® Alle Beweise vernichtet
Endkampf um Maria
Shrewsburry rät Elisabeth davon ab, Maria zu töten
Aber Elisabeth ist dazu gezwungen, wenn sie ihre Adeligkeit in der Öffentlichkeit wahren will
Jedoch will sie die Verantwortung nicht alleine tragen:
® Sie übergibt dem Staatssekretär das unterzeichnete Todesurteil, sagt ihm aber nicht klar, ob er es weiterleiten soll oder nicht
Hinrichtung: Maria bleibt würdevoll
Elisabeth freut sich
Sie stellt den Baron von Burleigh und den Staatssekretär als „voreilige Vollstrecker“ hin und lässt sie verhaften.
Leicester flieht nach Frankreich
Shrewsburry verabschiedet sich aus dem Hofdienst
Beziehung zur Klassik:
Der Höhepunkt des Stückes ist im dritten Akt, erreicht durch illusionserzeugende Verzögerungen, Täuschung und dramatische Ironie
® Symmetrische Form
Dramaturgisch perfekt:
von Anfang an ist das Todesurteil entschieden, aber der Verlauf der Handlung lässt immer wieder an Marias Rettung denken
Gleichmäßige Spannungskurve:
spiegelbildliche Kontraste:
1.
Akt: die zum Tode verurteilte Maria; Hoffnungslosigkeit
2. Akt: Elisabeth im Glanz der Werbung des französischen Königs; mächtig, prachtvoll
3. Akt: Zusammentreffen der beiden Frauen und sofortiges Ausenandertreten
Wende: Maria fühlt sich ab jetzt als Siegerin, Elisabeth als Besiegte
4. Akt: Elisabeth triumphiert physisch über Maria durch Unterzeichnung des Todesurteils
5. Akt: Maria triumphiert menschlich-moralisch über Elisabeth
Dies entspricht genau Schillers Dualistischem Weltbild:
Der Mensch zwischen Idee und Leben, Hoffnung und Angst, Leben und Tod, Freiheit und Zwang, Glück und Leid, Frieden und Krieg, Form und Stoff, Kunst und Wirklichkeit, insgesamt als das Zusammenwirken von Gegensätzen (Dialektisches Weltbild)
Ringen mit dem Schicksal:
Der Mensch ist der Spielball in den Händen der übernatürlichen Kräfte, die sein Dasein bestimmen.
Schillers Grundsatz der Tragödie als Theodizee wird von Maria wiedergegeben:
Obwohl Maria der Elisabeth nicht gewachsen ist und an ihr scheitert (Tragödie), bewahrt ihr Inneres (geistiges Ideal) sie vor dem Untergang.
Das Geistige verlässt den physischen Körper und wird dadurch erhöht. Sie scheitert nicht, sondern sie trotzt ihrem Schicksal und siegt letztendlich über Elisabeth, da diese nur ihren physischen Körper beeinflussen können.
Erhabenheit oder die Überwindung der Schuld:
Der Mensch verfügt über ein Äußeres (Taten, Triebe, Begebenheiten, Aussehen, Handlungen) und über ein Inneres (geistiges Ideal). Das Zusammenwirken beider gibt dem Menschen seine Individualität. Das Äußere ist den über-natürlichen Mächten unterworfen. Der Sinn dieser Zerstörungen der Natur und den Katastrophen (Verhängnis des Menschen) ist es, den Durchbruch des reinen Geistes im Menschen zu veranlassen, wobei der Geist sich zur Idee der Freiheit erheben mag.
Es ist ein Schritt aus der Welt der Erscheinungen heraus in die Ideenwelt, aus dem Bedingten (dem Wahrscheinlichen, Realen, Menschlichen) ins Unbedingte (Totalität, Freiheit, Abstraktheit). Der physische und der moralische Mensch scheiden voneinander, wobei der Mensch mit seiner Vernunft und ihren Ideen das Unbedingte zwar ungefähr vor Augen hat, es jedoch mit seinem Verstand und seinen Begriffen nicht erfassen kann. Die Erhabenheit ist die Überwindung des sinnlichen, physischen Todes, wobei das geistige Ideal erhöht wird und über die übernatürlichen Kräfte siegt.
Das Stück weist trotz aller Grausamkeiten eine Art „Happy End“ auf:
Das Gute siegt über das Böse: Maria muss zwar ihr Leben opfern, jedoch siegt sie letztlich über Elisabeth
Maria erträgt Schmerz und Leid mit Würde
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