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  Gedichtanalyse : friedrich nietzsche - vereinsamt

Gedichtanalyse : Friedrich Nietzsche – Vereinsamt   Gliederung : Einleitung mit Darstellung der Problematik   Hauptteil Form (darin kurze Inhaltsangabe) Interpretation Deutung   Schlussteil mit eigener Meinung und Bestätigung/Widerlegung der eingangs genannten Problematik     A) In dem Gedicht „Vereinsamt“ von Friedrich Nietzsche aus dem Jahre 1887 wird der Verlust der Heimat und die Einsamkeit eines Subjekts mit Hilfe einer Naturbeschreibung in Worte gefasst. Im Hinblick auf die zeitlichen Umstände und die Person des Autors scheint es, dass das Gedicht vom Epochenumbruch und den dadurch auftretenden Problemen für den Menschen Nietzsche geprägt ist. Es lässt sich darüber spekulieren, ob das Gedicht autobiographische Züge aufweist.   B) Das in sechs Strophen gegliederte Gedicht ist sowohl im Versmaß, als auch im Reimschema auf strenge Regelmäßigkeit bedacht. Es handelt sich in allen sechs Strophen um einen Kreuzreim ABAB und um männliche Kadenzen. In der jeweils ersten und dritten Zeile liegt ein 2-hebiger Jambus vor, in der jeweils zweiten und vierten Zeile ein 4-hebiger Jambus.

Auffallend sind die zahlreichen Enjambements und die Verwendung von Gedankenstrichen, durch die das Gedicht beim Sprechen zum Teil unregelmäßig und nicht rhythmisch erscheint. Bei der Wortwahl Nietzsches fällt auf, dass im ganzen Gedicht ein harter Klang zu finden ist, wie zum Beispiel in der Alliteration in Zeile 14: „Zur Winter-Wanderschaft verflucht“. Dieser harte Klang korrespondiert mit den Begriffen, die Nietzsche für seine Naturbeschreibung nutzt. Worte wie „Winter“, „Wüste“, „Krähen“ und „Rauch“ rufen beim Leser eine Vorstellung von Kälte und Härte hervor. Im Gegensatz dazu steht die „Heimat“, die hier mit Wärme und Trost assoziiert wird. Beim Aufbau des Gedichtes wird klar, dass Nietzsche mit der ersten und der letzten Strophe versucht, einen Rahmen um das Gedicht zu spannen.

So sind die beiden Strophen nahezu identisch, nur in der jeweils vierten Zeile ist ein Unterschied zu finden: „Wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat! (S.1 Z.4)“ und „Weh dem, der keine Heimat hat! (S.6 Z.4)“. Dadurch, dass die zweite und dritte Strophe mithilfe der Zeitform der Vergangenheit einen Rückblick darstellen und in der vierten und fünften Strophe mithilfe der Zeitform der Gegenwart ein die aktuelle Situation beschrieben wird, wird klar, dass eine Konzentration auf die Mittelachse des Gedichtes vorliegt.

In den letzten beiden Zeilen der dritten Strophe wird der weiter zurückliegende Grund für die Situation des Subjekts genannt, nämlich ein schwerwiegender Verlust, und zu Beginn der vierten Strophe wird ein Ausblick auf die Zukunft gegeben, denn das Subjekt ist zur „Winter-Wanderschaft (S.4 Z.2)“ verflucht und kann nicht mehr zurück in die Heimat. Im Bezug auf die Krähen, die an mehreren Stellen des Gedichtes auftauchen verwendet der Autor lautmalende Wörter wie, „schwirren (S.1 Z.2)“, „schnarr(S.

3 Z.1)“, der Fachbegriff dafür lautet Onomatopoesie. Der Rahmen des Gedichtes, also die erste und letzte Strophe sind aus der Sicht eines Dritte geschrieben und beschreiben die Situation, schreiende Vögel die zur Stadt ziehen, bald einsetzender Schnee und die Schlussfolgerung, dass es einem Heimatlosen in dieser Situation sehr schlecht gehen muss. Die zweite bis fünfte Strophe stellen einen Monolog des lyrischen Ichs dar. In der zweiten Strophe sagt das lyrische Ich von sich selbst, dass es starr steht, schon sehr lange zurückblickt und doch hat entfliehen müssen. In der nächsten Strophe wird die Kälte der Natur beschrieben, „Wüsten stumm und kalt(S.

3 Z.2)“ und der Grund für das Entfliehen genannt, nämlich ein schwerwiegender Verlust. In der vierten Strophe wird nun nochmals auf die Situation des lyrischen Ichs in der kalten Winterlandschaft eingegangen. Das lyrische Ich steht bleich und ist aufgrund des schweren Verlustes zur „Winter-Wanderschaft verflucht(S.4 Z.2)“.

In der nächsten Strophe wird nun gesagt, dass das lyrische Ich nur in dieser unmenschlichen Wüste seinen Schmerz betäuben kann, da es sein „blutend Herz in Eis und Hohn(S.5 Z.4)“ verstecken kann oder sogar muss.   Es lassen sich also zwei zentrale Begriffe aufgreifen, mit denen sich das Gedicht befasst. Das ist auf der einen Seite die Natur und auf der anderen Seite das Subjekt. Die Natur wird mit zwei Hauptbegriffen dargestellt und zwar Winter und Wüste.

Diese beiden Begriffe werden dann durch zwei Adjektive erweitert, nämlich „kalt“ und „stumm“. Die hier beschriebene Natur wird hier als menschenfeindlich und als Sinnbild für die Einsamkeit des Subjekts dargestellt. Bis auf die Krähen fehlt jeder Hinweis auf das Leben in der Natur. Vielmehr kann sie mit Adjektiven wie karg, trübe, trostlos, bedrückend, leer und endlos beschrieben werden, was auch auf die Situation des Subjekts zutrifft. Die Krähen nehmen eine gesonderte Stellung ein, so werden sie in der klassischen Literatur als die Begleiter der Einsamen bezeichnet und haben auch in diesem Gedicht eine ähnliche Bedeutung. Hervorgehoben wird die Einsamkeit des Subjekts dadurch, dass die Krähen auch in Richtung Stadt ziehen und somit selbst die Begleiter des Einsamen diesen verlassen.


Der Begriff der Heimat bzw. der Stadt ist auch von zentraler Bedeutung in diesem Gedicht, denn sie ist auf der einen Seite das Gegenteil der hier beschriebenen Natur, denn es geht denen gut, die Heimat haben und auf der anderen Seite ist es das, was das Subjekt sich am sehnlichsten wünscht, worauf es aber verzichten muss. Das Subjekt, um das es sich in diesem Gedicht handelt, bezeichnet sich selbst als „Narr“ und führt einen inneren Monolog mit sich. Anscheinend hat es etwas falsch gemacht und daraus könnte die Einsamkeit resultieren. Ein genauer Grund für die Flucht in die Kälte wird nicht genannt es ist nur die Rede von einem schweren Verlust, der die Heimkehr unmöglich macht. Die Bedeutung dieses Verlustes ist sehr umfassend, denn es „macht nirgends halt(S.

3 Z.4)“, sondern nötigt ihn nur dazu, „nach kältern Himmeln(S.4. Z.4)“ zu suchen. Auch wird das Subjekt als starr und bleich beschrieben, zweifellos fällt es nicht in der beschriebenen Natur auf und fügt sich in diese ein.

Im Gegensatz zur Starrheit des Subjekts stehen die Vögel, die fliegen und die „Winter-Wanderschaft“, zu der es verflucht ist. Wenn zu Beginn des Gedichtes gesagt wird, dass denen wohl ist, die Heimat haben und es am Ende des Gedichtes heißt: „Weh dem, der keine Heimat hat (S.6 Z.4)“, dann wird deutlich, wie schlecht es dem Subjekt geht, da es jede Hoffnung auf eine Heimat verloren hat. Statt einer Heimat ist es dazu gezwungen, sich in Eis und Hohn, also der hier dargestellten Natur zu verstecken, ohne jede Hoffnung auf eine Rückkehr.   Zur Deutung muss man sicherlich sagen, dass sie eng mit der Biographie von Friedrich Nietzsche verknüpft ist.

Dazu werde ich jedoch später kommen. Über das Subjekt lässt sich sagen, dass der Verlust, den es erlitten hat, von existentieller Bedeutung für das Subjekt ist. Er wirft nicht nur um, was vor dem Verlust war, sondern ist auch für die weitere Existenz des Subjekts von Bedeutung. Die Begriffe der Stadt und Heimat stehen für die menschliche Gemeinschaft und das soziale Leben. Somit wird auch noch einmal die Bedeutung des Verlustes für das Subjekt klar, das Ausscheiden aus dem sozialen Leben und der menschlichen Gemeinschaft, also die totale Einsamkeit (in der einen selbst die Krähen verlassen) ist wohl der schwerste Verlust, den ein Subjekt erleiden kann. Somit stellt dieser Verlust einen Umbruch dar, der das bisherige völlig spaltet.

Erkennen und beweisen lässt sich dies auch durch die Konzentration auf die Mittelachse innerhalb des Gedichtes. Auch hier wird das Gedicht in zwei Teile geteilt und das Wesentliche geschieht in der Mittelachse des Gedichtes. Auch sollte die Naturbeschreibung nicht nur als solche angesehen werden, sondern meiner Meinung nach auch als Darstellung der Gefühle des Subjekts. Ein Subjekt, dass aus der menschlichen Gemeinschaft “ausgeschieden“ ist, wird sich ähnlich oder gleich fühlen, nämlich leer und verlassen. Wenn hier von „Ausscheiden“ die Rede ist, dann meine ich mehr eine Flucht, denn die Ursache für den Verlust und das „Ausscheiden“ liegen zum Teil beim Subjekt, wie in Strophe vier beschrieben und daher keineswegs nur bei anderen oder bei etwas anderem. Genauer definieren lässt sich der Verlust jedoch nicht, da im Gedicht selber nur von etwas verloren gegangenem die Rede ist.

Bezieht man das Gedicht auf die Situation von Friedrich Nietzsche, dann wird klar, aus welchen Gründen Nietzsche dieses Gedicht geschrieben hat. Verwirrung hat bei Nietzsche die sich durch den Jahrhundertwechsel verändernde Situation hervorgerufen, so verloren die alten Werte an Bedeutung und neue Werte und die Wissenschaft gewannen an Bedeutung. Gleichzeitig rückte der Glauben in den Hintergrund und wich teils der Wissenschaft, teils anderen Ideologien. Man könnte in dieser Hinsicht sicherlich von einem Verlust des Glauben sprechen. Dazu kommt Nietzsches persönliche Situation, als Dichter und Philosoph haben ihn solche Veränderungen mehr beeinträchtigt, als gewöhnliche Bürger. Dieser Verlust mag Nietzsche, der in einem streng religiösen Elternhaus aufgewachsen ist, in den Wahnsinn oder zumindest in einen Nervenzusammenbruch getrieben haben, woraufhin er seine Lehrtätigkeit hat aufgeben müssen und ein unstetes Wanderleben in der Schweiz und Italien begann.

Ein Verlust und eine darauf folgende Wanderschaft werden auch in dem hier vorliegenden Gedicht beschrieben, somit lassen sich deutlich Parallelen zwischen Gedicht und Biographie finden!   C) Wie in der Deutung bewiesen wurde, hat dieses Gedicht viele Parallelen zu Nietzsches Biographie und kann deshalb durchaus als autobiographisch bezeichnet werden. Doch bewahrt es trotz allem einen allgemeinen Charakter und grenzt es nicht zu sehr auf Nietzsche selbst ein. Ein wie hier beschriebener Verlust ist in gewisser Hinsicht jedem schon einmal widerfahren oder wird einem widerfahren. Als Grund hätte sich auch gut ein Todesfall, beispielsweise der Eltern, anführen lassen und einen solchen Verlust erlebt jeder einmal zwangsläufig. Daher hat mir das Gedicht gut gefallen, drückt es doch einen schwerwiegenden Verlust in passenden Worten aus. Inwiefern ein jeder Verlust so ausweglos wie hier beschrieben ist, lässt sich sicher diskutieren, doch glaube ich, dass selbst der Verlust des Glaubens oder einer geliebten Person nicht so ausweglos sein kann.

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