Gedichtinterpretation zu "das göttliche" v
            
Gedichtinterpretation zu "Das Göttliche" v. Johann Wolfgang Goethe
(auch als attatchment: Goethe.wps; Zensur: 14 Punkte,1)
 
Der Grundgedanke dieses klassischen Gedichts von J.W.Goethe ist, daß 
sich der Mensch einem bestimmten Ideal nähern, oder die Annäherung an 
diesen Idealzustand anstreben soll. Seine These, der Mensch solle "Edel 
.
./Hilfreich und gut.." sein,  da es das einzige sei,wodurch er sich von 
".. /Allen Wesen, /Die wir kennen.
." unterscheidet, formuliert Goethe 
grob in der ersten Strophe, und baut sie in den folgenden neun weiter 
aus. Er belegt sie mit Beispielen und versucht sie seinem Leser 
begreifbar zu beweisen. Dabei konzentriert er sich
mehr auf die Inhalte, die er vermitteln will, als daß er Wert auf einen 
formellen Aufbau mit strengem Reim und Rhythmus legt. Die verwendete 
freie Reimform bewirkt zudem einen fließenden Wohlklang der Verse und 
Strophen.
Um dieses Gedicht verstehen und richtig interpretieren zu können, ist es 
wichtig etwas über Goethes Weltbild und Religionsanschauung zu wissen.
 
Goethe war  Pantheist und in seinen jungen Jahren entschieden durch den 
niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza beeinflußt. Dessen Lehren 
beschreiben 'Gott' als die einzige, unteilbare, unendliche Substanz. 
'Gott' und die Natur wären demnach gleichzusetzen, da alles was ist, 
Teil dieser Substanz sein
muß. Ein jenseitiger Gott läßt sich daher ebensowenig denken wie ein der 
absoluten Substanz nicht integriertes Ding. Hier ist eine Parallele zum   
humanistisches Denken erkennbar. Denn
beide Theorien setzen die vorbehaltlose Akzeptanz und Toleranz der Natur 
voraus, da der Mensch, als Teil von ihr, nicht ohne sie existieren kann.
 
In Goethes Welt- und Religionsvorstellungen fließen jedoch auch Teile 
der griechischen Mythologie, mit der er sich intensiv beschäftigte, mit 
ein. Des öfteren tauchen auch in seinen 
späteren Werken Bilder auf, die dem der griechischen Götter 'auf ihrer 
Wolke' ähneln. Ein Beispiel dafür ist auch in "Das Göttliche". Dort 
preist er in der zweiten Strophe die "..unbekannten /Höhern Wesen.
." Im 
Pantheismus Spinozas wäre der Plural nicht möglich, da sich ein einziges 
höheres 'Wesen' aus allem anderen existierenden zusammensetzt. Diese 
"Höhern Wesen" stehen bei Goethe für, den Göttern der Antike ähnliche 
Figuren, welche die Merkmale des humanistischen Denkens perfektioniert 
in sich vereinen. Goethe betrachtet sie
als den Idealzustand, den der Mensch anstreben sollte, um anderen ein 
Vorbild sein zu können. Mit den ersten beiden Versen ("Denn unfühlend 
/Ist die Natur..
") erweiterter in der dritten Strophe seine These. Dabei 
steht "unfühlend" eher für unparteiisch, wie sich aus den
folgenden Versen der dritten und vierten Strophe erkennen läßt:
...
Es leuchtet die Sonne 
Über Bös und Gute,
Und dem Verbrecher
Glänzen wie dem Besten
Der Mond und die Sterne.
 
Wind und Ströme 
Donner und Hagel
Rauschen ihren Weg
Und ergreifen
Vorüber eilend
Einen um den andern.
...
Er beschreibt, hier in Beispielen, die Neutralität der Naturgewalten und 
wie sich keiner aufgrund guter oder schlechter Charaktereigenschaften 
ihren positiven oder negativen Auswirkungen entziehen kann. Hierbei 
werden "Wind und Ströme /Donner und Wasser" im
Oberbegriff Natur akkumuliert, um eine stärkere Bildhaftigkeit zu 
erreichen. Die folgende,fünfte Strophe ist in ihrem Inhalt den 
vorhergehenden ähnlich, nur daß sich Goethe nun nach der naturellen, 
materiellen Ebene einer höheren, gedanklichen zuwendet.
 Er verwendet den 
abstrakten Begriff "Glück" und personifiziert ihn indem er ihn aktiv 
handeln läßt ("../Tappt unter die Menge/.."). Er schildert, wie sich 
auch das Glück nicht von menschlichen Werten wie Schuld und Unschuld 
leiten läßt, sondern zufällig auftritt ähnlich den Naturgewalten.
 Die 
Verbindung des Jugendlichen mit dem Unschuldigen (".. des Knaben 
/Lockige Unschuld ..")und der Schuld mit dem Alter ("..
den kahlen 
/Schuldigen Scheitel.") zeigt Goethes Sympathie
für das humanistische Gedankengut. Dieses enspicht der Auffassung, daß 
der Mensche von Geburt an gut ist, abder im Verlauf seines Lebens 
sündigen wird. Durch die Alliteration "Schuldiger Scheitel" in der 
letzten Zeile der fünften Strophe wird die Aussagekraft zusätzlich 
gesteigert.
Die sechste, siebente und achte Strophe ist den Errungenschaften, 
Fähigkeiten und Rechten des Menschen gewidmet, der jedoch trotz all 
seiner errungenen Erkenntnisse irgendwann stirbt (Metapher: "..
 
/Müssen 
wir alle /Unseres Daseins /Kreise vollenden."). Goethe stellt den
Menschen bewußt  als Krone der Schöpfung dar, indem er allein ihm mit 
dem Oximoron "../Vermag das Unmögliche..
" die Fähigkeit zubilligt, alles 
erreichen zu können, was er will.
Doch wie steht es mit den "Höhern Wesen"? Vermögen sie überhaupt das 
Unmögliche, wenn "..allein der Mensch.." es vermag? Was würde sie über 
den Menschen stellen, wenn er das Unmögliche vermag, und sie nicht? Da 
er den "Höhern Wesen" diese Fähigkeit nicht extra einräumt, eröffnet 
sich eine weitere Deutungsmöglichkeit, in welcher der Mensch  diese
höheren Wesen repräsentiert.
 Der selbstbewußte, strebende Mensch wird 
hier zum Vorbild seiner selbst. Ein weiteres Beispiel für diese 
Deutungvariante ist in der achten Strophe enthalten, in der er allein 
dem Menschen das Recht zu richten ("Er allein darf /Den Guten
lohnen, /Den Bösen strafen, /Heilen und Retten,.."), und die Fähigkeit 
Zusammenhänge zu erkennen und diese für sich auszunutzen zugesteht 
("../Alles Irrende, Schweifende /Nützlich verbinden.
.").
Die Klimax "..unterscheidet, /Wählet und richtet..
" (7.Strophe,Vers 3,4) 
beschreibt die Fähigkeiten der einzelnen Entwicklungsstadien des 
Menschen ,der erst unterscheiden lernt und später, in der weiteren 
Entwicklung seiner Persönlichkeit nicht nur aus dem Unterschiedenen 
wählt, sondern es auch wertet. Bei voller Entfaltung kommt eine weitere 
Fähigkeit hinzu: "../Er kann dem Augenblick /Dauer verleihen." Was 
Goethe meint, ist die Fähigkeit einen Augenblick durch Personen und 
deren Taten unsterblich in den Gedanken aller festzuhalten.
 Dies wäre 
durch für alle Menschen wichtige und wertvolle, aber auch
durch negativ in Erinnerung bleibende Taten möglich. In der neunten 
Strophe greift Goethe das Thema der Unsterblichkeit wieder auf: 
...
Und wir verehren 
Die Unsterblichen, 
Als wären sie Menschen,
Täten im Großen,
Was der Beste im Kleinen
Tut oder möchte.
.
..
Er realisiert, daß "Die Unsterblichen" (Menschen, die durch ihre Taten 
in den Gedanken anderer unvergessen - also unsterblich - sind) so 
behandelt werden, als wären sie lebende Menschen. Des weiteren erkennt 
er, daß es nicht jeder schaffen kann, 'unsterblich' zu werden,
auch wenn er dasselbe ".. /Tut oder möchte.
" Daraus, daß Goethe auch in 
anderen seiner Werke diese Thematik behandelt (z.B.: Faust II,
Die Grablegung: "..Zum Augenblicke dürft ich sagen: /Verweile doch, du 
bist so schön!..
"), schließe ich, daß sie ihn sehr beschäftigte und 
unterstelle ihm den Wunsch, selbst unsterblich sein zu wollen. Dieser 
Wunsch verwirklichte sich, denn noch heute ist Goethe als Dichter
weltberühmt. 
Die letzte Strophe ist der ersten ähnlich, doch folgt der Forderung nach 
Güte und Hilfsbereitschaft des edlen Menschen eine weitere nach Fleiß 
("../Unemüdet schaff er..
") und beharrlichem Einsatz für "..das 
Nützliche, Rechte..". Hier schließt sich der Kreis, mit der invertierten 
Forderung der zweiten Strophe (".
./Höhern Wesen, /Die wir ahnen! /.. 
gleiche der Mensch; .." - letze Strophe: "Der edle Mensch .
./Sei uns ein 
Vorbild /Jener geahnten Wesen!"), und festigt sich das Deutungsbild des 
edlen, hilfreichen,  guten,  humanistische
denkenden  Menschen, als Vorbild seiner selbst.
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