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  A. der inbegriff einer verschlafenen, unbedeutenden kurz - einer "erbärmlichen stadt" war bonn, bis es 1949 provisorische bundeshauptstadt wurde. allein schon das einstige bahnhofsgebäude - eine visitenkarte für alle ankommenden zeigte sich trostlos und a

        Hausaufsatz aus dem Deutschen   Klasse 11a   Bearbeitungszeitraum: 12.6. - 21.6.96         Literarische Erörterung zu Christoph Hein “Horns Ende”    Thema 2: Kruschkatz sagt über Bad Guldenberg, es sei eine “erbärmliche Stadt”. Erörtern Sie, wie Kruschkatz zu dieser Aussage kommt und inwiefern Sie Ihnen berechtigt erscheint!     Verfasser: Franz Bernt               © Franz X.

Bernt, Juni 1996 ® A. Der Inbegriff einer verschlafenen, unbedeutenden kurz - einer “erbärmlichen Stadt” war Bonn, bis es 1949 provisorische Bundeshauptstadt wurde. Allein schon das einstige Bahnhofsgebäude - eine Visitenkarte für alle Ankommenden - zeigte sich trostlos und alles andere als repräsentativ. Bonn erhielt wie Bad Guldenberg einen größeren Bahnhof, dazu Amtsgebäude, Flughafen, überhaupt eine verbesserte Infrastruktur und wurde schließlich zum Zentrum der bundesdeutschen Politik. Doch es besteht die Wahrscheinlichkeit, daß Bonn wieder zum verlassenen, möglicherweise “erbärmlichen Provinznest” herabsinkt, wenn Berlin mehr und mehr die Hauptstadtrolle übernimmt. B.

Dann könnte es einen “Hauch” Bad Guldenberg bekommen, denn so ähnlich hat man sich wohl den Schauplatz von Christoph Heins Roman “Horns Ende” vorzustellen. I. Schon die wirtschaftliche Lage Bad Guldenbergs zeugt vom “erbärmlichen” Zustand der Stadt. 1. Das ist aber nicht immer so gewesen. Seine Blütezeit hatte der nahe Leipzig gelegene Ort vor dem Krieg.

Vor allem der Industrielle Dr. Böger, Vater Dr. Spodecks, war an dem Aufschwung maßgeblich beteiligt. Der Stadt wurde eine große Zukunft vorhergesagt - wirtschaftlich wie politisch, als auch kulturell. 2. Doch der Krieg machte einen Strich durch all die Pläne für einen weiteren Aufstieg Bad Guldenbergs.

Im Gegensatz zu früher wirkt der Name Guldenberg nun regelrecht unpassend, weil eben gar nichts mehr “gulden” ist. Es kommen immer weniger Kurgäste in den Ort, was möglicherweise auch an den Zigeunern liegt, die alljährlich von Mai bis September mitten in der Stadt auf der Bleicherwiese kampieren. Als einziges zeugt noch der außerhalb der Stadt gelegene Bahnhof, “ein prächtiges Monument der Gründerjahre” (S.60 / Z.1) von der “großen lokalen Hoffnung” (S.60 / Z.

13), einer “Hoffnung auf Prosperität” (S.60 / Z.14). Nun waren “drei der vier Bahnhofsschalter geschlossen, und der Staub verriet, daß sie es seit Jahren waren” (S.60 / Z. 7-9).

Das fast überflüssige Gebäude ist nun nur noch Symbol für die wie Seifenblasen zerplatzten Träume und unerfüllten Wünsche vieler Guldenberger. II. Aber ebenso wie der Krieg einen Wendepunkt in der Geschichte der Stadt darstellt, leiden auch die Einwohner unter der veränderten Situation nach dem Krieg. 1. Besonders der langjährige Bürgermeister Kruschkatz bekommt dies zu spüren. a) Bis zu seinem Amtsantritt in Bad Guldenberg war er auf dem besten Weg, später einmal eine sehr hohe Position in der Partei zu bekleiden.

Zwar hat Kruschkatz im Gegensatz zu seinem “Ex-Parteigenossen” Horn keine höhere Schulbildung vorzuweisen, sondern nur ein paar Lehrgänge und ein verkürztes Studium, dennoch war er ebenso wie Horn Historiker an der Universität Leipzig. Doch der entscheidende Punkt im Leben der beiden ist das Parteiausschlußverfahren, an dem Kruschkatz maßgeblich mitgewirkt hat. Für jenen folgte daraus ein Karrierebruch und eine Strafversetzung nach Bad Guldenberg als Museumsdirektor. Zusätzlich wird ihm sein Doktortitel aberkannt. Kruschkatz' Karriere geht dagegen weiter, bis er auf Antrag des Bezirks Bürgermeister in eben dieser Stadt wird. b) Zwar hat er schon zu diesem frühen Zeitpunkt Bedenken, daß das Bürgermeisteramt in einem “lausigen Provinznest” seiner weiteren Karriere hinderlich sein könnte, er tritt es aber trotzdem an.

Er sagt einmal: “Ich wußte nicht, ob es der Anfang einer Sackgasse war, das Ende meiner Treppe. Damals war es für mich lediglich eine neue Stufe, und mich wollte sie so selbstsicher hinaufsteigen, wie ich zuvor alle Stufen erklommen hatte” (S.58 / Z. 2 - 6). Im Gegensatz zu seinen 12 Vorgängern, von denen kaum einer länger als ein Jahr amtierte, kann sich Kruschkatz trotz aller Intrigen 19 Jahre im Amt behaupten. Dennoch endet er schließlich als Versager, als Geschlagener und Gescheiterter.


Zwar beweisen 19 Jahre Bürgermeister einiges an Positivem, nämlich Stetigkeit und Konstanz, aber sie bedeuten für ihn auch und vor allem das Platzen berechtigter Hoffnungen auf eine weitere Karriere. 2. Aber nicht nur beruflich, sondern auch privat ist er Kurort für Kruschkatz eine einzige Misere. a) Denn dort verliert er das Liebste in seinem ganzen Leben: seine Frau Irene. Kruschkatz' Frau und auch Horn, an das Großstadtleben in Leipzig gewöhnt, fühlen sich in dem Provinzstädtchen wie verbannt. In gewisser Hinsicht teilt Kruschkatz also auch Horns Schicksal.

Im Gegensatz zu Leipzig fehlt es Bad Guldenberg einfach an kulturellem Niveau. Die einzige Abwechslung in dem Ort sind die “Donnerstagabende” bei Horn auf der Burg. Irene besucht die Vorträge regelmäßig. So verliert Kruschkatz seine Frau, um deren Wohlergehen er sich überhaupt nicht kümmert, da er seine Karriere über alles stellt, langsam, aber sicher an Horn. Er opfert sie gleichsam seinem Beruf. Obwohl Dr.

Spodeck ihn schon relativ frühzeitig darauf aufmerksam macht, ändert er sein Verhalten nicht. Irene hat schon von Anfang an eine starke Abneigung gegen Bad Guldenberg und ringt ihrem Mann das Versprechen ab, nicht in dieser Stadt begraben zu werden. Dieser kann sein Wort gerade noch einhalten, indem er sie kurz vor ihrem Tod nach Leipzig bringt und dort beerdigen läßt. b) Doch dies ist nicht die einzige menschliche Beziehung Kruschkatz' , die während seiner Zeit in Guldenberg Schaden nimmt. Zwar hat sich das Verhältnis zwischen Kruschkatz und Horn seit dem Parteiverfahren schon stark abgekühlt, dennoch bemüht sich Kruschkatz in Guldenberg, die Beziehung freundschaftlicher zu gestalten. Er versucht - allerdings vergeblich - Horn zu überzeugen, seine Fehler und die Notwendigkeit des Ausschlusses einzusehen.

Die Versöhnung der beiden Männer wäre nämlich die Voraussetzung für die Zuneigung Irenes zu ihrem Mann. Doch Horn blockt alle Anläufe des Bürgermeisters höflich, korrekt und sehr entschieden ab, ohne jemals auf den Grund des gespannten Verhältnisses einzugehen. Auch haben beide Männer eine völlig unterschiedliche Auffassung von der Gesellschaft. Für Horn ist das Individuum das Wichtigste. Er tritt kompromißlos für die Wahrheit und die ideale Gesellschaft ein, die nach seinen Vorstellungen pluralistisch, demokratisch, tolerant und individualistisch sein sollte. Kruschkatz dagegen vertritt strikt das Prinzip der Partei.

Die Gemeinschaft steht bei ihm an oberster Stelle, und sein Ideal einer Gesellschaft ist das eine geschlossenen und uniformen. Er ist ein typischer Vertreter der Fortschrittsgläubigkeit. 1957 kommt es dann zum Eklat, da Horn nach Ansicht der Partei und vor allem des Hardliners Bachofen immer revisionistischere und sektiererische Berichte verfaßt. Obwohl Kruschkatz im Prinzip ihre Gehalte kennt, will er bis zuletzt nichts gegen Horn unternehmen. Dem Urteil des zweiten Verfahrens entzieht sich Horn durch Selbstmord. c) Auch die übrigen Beziehungen Kruschkatz' sind nicht unproblematisch.

So ist sein Verhältnis zu Hausarzt Dr. Spodeck ebenso gespannt wie das zu Bachofen. Die gegenseitige Abneigung zwischen Dr. Spodeck und Kruschkatz hat ihren Ursprung schon in der unterschiedlichen Herkunft und Bildung der beiden. Der Arzt hat studiert und promoviert. Außerdem bekam er die Praxis von seinem Vater, dem “Baulöwen” Dr.

Böger, während Kruschkatz sich alles selber erarbeiten mußte. Auch ihre völlig unterschiedlichen Charaktere und Weltanschauungen tragen nicht zur Besserung der Beziehung bei. Besonderen Haß bei Dr. Spodeck ruft die Tatsache hervor, daß er mit ansehen muß, wie Kruschkatz seine Frau Irene vernachlässigt. Ebenso verschlimmert sich Kruschkatz' Verhältnis zu Hardliner Bachofen, seinem kommunistischem Stellvertreter. Dieser erkennt nach und nach die Schwächen des Bürgermeisters und versucht sie zu seinen Gunsten auszunutzen.

Schließlich geht er sogar zum offenen Schlagabtausch über und zwingt Kruschkatz somit sich gegen Horn zu stellen. Zu guter letzt wären da noch die Zigeuner. Kruschkatz bringt nie die Kraft - oder auch den Willen - auf, sie von der Bleicherwiese zu vertreiben. Dies wäre seine Pflicht, da ein Gesetz existiert, das Kampieren auf öffentliche Flächen in der Stadt untersagt. Diese Schwäche kreiden ihm die Bewohner und insbesondere Bachofen an, da ihrer Ansicht nach die Zigeuner die Stadt verschandeln und die Luft verpesten. Insgesamt bleibt Kruschkatz also jeglicher Erfolg in Guldenberg versagt: beruflich, gesellschaftlich und privat.

So wird Guldenberg für ihn immer mehr zum Inbegriff einer “erbärmlichen Stadt”, die ihn scheitern läßt und zur Endstation seines Lebens wird. III. Die Schilderung Guldenbergs mit seinen heruntergekommenen Häusern und leerstehenden Gebäuden vermittelt mir tatsächlich den Eindruck einer “erbärmlichen Stadt”. Auch das Fehlen jeglichen kulturellen Angebots macht mir Kruschkatz' Aussage verständlich. Trostlos mutet natürlich auch seine berufliche Stagnation an, 19 Jahre Bürgermeister und nicht weiter ! Aber diese Situation möchte ich etwas näher untersuchen. Zum ersten - ist das nicht eine Frage des Blickwinkels ? Nicht jeder bringt es schließlich zum Bürgermeister einer Stadt ! “Es ist nichts so klein und wenig, woran man sich nicht begeistern könnte “ sagt Hölderlin.

Warum kann Kruschkatz mit seiner bisherigen Karriere eigentlich nicht zufrieden sein ? Zum zweiten: Wenn er nun aber schon einmal unzufrieden damit ist, weshalb versucht er nicht etwas daran zu ändern ? Mit seinem Ehrgeiz und seiner Kompetenz hätte er sich vielleicht noch engagierter innerhalb der Partei einsetzen und so eventuell ein hohes Amt in einer größeren Stadt erhalten können. Stattdessen blieb er in Guldenberg und fristete das Ende seines Lebens im Altersheim dieser “erbärmlichen Stadt”. Auch die Zuneigung seiner Frau hätte er sich wahrscheinlich erhalten können, indem er sich mehr um sie gekümmert und ihr etwas geboten hätte, anstatt seinem Amt höchste Priorität zu geben. Ebenso scheint mir Kruschkatz' Wunsch machbar, das Vertrauen Horns wieder für sich zu gewinnen. Vorstellbar wäre zum Beispiel Horn als sein Stellvertreter anstelle des ungeliebten Bachofen. So könnte ich mir Kruschkatz' Situation um einiges erträglicher vorstellen.

C. So wie Christoph Hein den allmählichen Untergang des Provinzstädtchens Bad Guldenberg und das Scheitern aller Hauptpersonen - ausgenommen der Kinder - beschreibt, lassen sich Parallelen zum Zerfall der DDR ziehen. Ihr wurde genauso wie der fiktiven Kleinstadt in den Gründerjahren eine Riesenzukunft vorausgesagt. Aber auch hier folgt die Ernüchterung auf dem Fuß. Und der endgültige Zerfall ist uns allen ja noch in Erinnerung. Das Fantastische ist aber, daß der Roman schon einige Jahre vor dem Aus der DDR entstanden ist.

Christoph Hein nahm also mit “Horns Ende” praktisch schon die kommenden Ereignisse in der DDR vorweg.                       Verwendete Sekundärliteratur: Oldenbourg Interpretationen Christoph Hein, Horns Ende interpretiert von Bärbel Lücke                © Franz X. Bernt, Juni 1996 ®Thema 2   Gliederung:   A. Kleinstadtparallelen B. Bad Guldenberg - eine “erbärmliche Stadt” I. Situation der Stadt Bad Guldenberg 1.

Zukunft vor dem Krieg 2. Gegenwärtige Situation II. Bedeutung Bad Guldenbergs für Kruschkatz persönlich 1. beruflich a) Karriere vor Amtsantritt in Bad Guldenberg b) Stagnation seiner beruflichen Karriere in Bad Guldenberg 2. in privater Beziehung a) zu Irene b) zu Horn c) zu anderen III. Meine Wertung über Kruschkatz’ Urteil 1.

berechtigt im Hinblick auf Äußeres und fehlende Infrastruktur 2. nicht berechtigt a) beruflich b) im Verhältnis zu seinen Mitmenschen C. Parallelen zum DDR-Zerfall© Franz X. Bernt, Juni 1996 ®

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