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  Interpretation eines poetischen textes 20

Interpretation eines poetischen Textes 20.4.1998 Martin Schöbel   Franz Hodjak: Die Jacke    In seiner Kurzgeschichte “Die Jacke” aus “Zahltag” schreibt Franz Hodjak über den Totengräber Tzika, der dem Leser seine Geschichte und gleichzeitig die der Jacke erzählt, in der Hoffnung dadurch die Vergangenheit bewältigen und der “dunklen” Realität entfliehen zu können. Anfangs kommt Tzika in eine Kneipe, worauf er nach einiger Zeit von einem Bauarbeiter provoziert wird. Dieser reißt, in eine Konfrontation verwickelt, Tzikas Jacke an sich, “läßt sie fallen” und “trampelt darauf herum”.(Z.

40) In seiner Trauer um die Jacke entsinnt sich Tzika an die Herkunft der Flicken, von denen seine Jacke “übersät” ist. Jeder Flicken hat eine eigene Geschichte, die Tzika dem Leser im folgenden näherbringt. Ein Motiv in Hodjaks “Die Jacke” ist das des “Schlägertyps”(Z. 28-43). Er vertritt genau dieses Bild vom bulligen und grobschlächtigen Bauarbeiter, der jedoch nicht mit allzuviel Intelligenz “gesegnet” ist. Nicht nur in seiner äußerlichen Erscheinung, sondern auch in seinem Handeln wird er diesem Bild überaus gerecht.

Trotz dessen Provokation (Z.15: “Tzika,....,sing uns einen Psalm”), reagiert dieser nicht darauf und versucht den Anschein zu erregen, den Ruf überhört zu haben.

Doch der “Kumpel” lässt nicht locker und erhebt sich, nach zwei weiteren Rufen, um seine Überheblichkeit mit Taten unter Beweis zu stellen. In seinem Verhalten gleicht er weniger einem Menschen, denn mehr einer Katze, die, bevor sie die Maus tötet, mit ihr spielt (Z. 31: “mit Katzenschritten”). Ein ähnliches Motiv ist das der “schmierigen Kneipe”. Es fängt an bei der Kundschaft, die eigentlich nur aus Arbeitern besteht (Z. 2: “Alles Leute vom Bau,.

..” ), setzt sich fort bei der Atmosphäre ( “Der Raum bumsvoll”, Z.2, “Sie schließen Wetten ab”, Z. 13, “erhitzen”, “Streiten”, Z. 8, “Jeder versucht, alle zu überschrein.

”, Z. 10., “Fast kommts zu einer Prügelei.”, Z. 11) und artet schließlich in der Konfrontation zwischen dem “Bauarbeiter” und Tzika aus. Sogar die Bedienung trägt zu diesem “Kneipen-Image” bei: “Als Grit gesteht, welche Methode bei ihr am besten wirkt,.

...”) Ein anderes “Typen”-Motiv ist das des “Muttersöhnchens” Tzika. Daß er sehr still und verhalten wirkt, kommt daher, dass er nicht ein einziges Wort in der gesamten Geschichte von sich gibt; er denkt immer nur bei sich (Z. 80: “Gewöhnlich schweig ich”).

Auch will er so gar nicht in das “Kneipen-Bild” und in seinen Beruf als Totengräber hineinpassen, er, der gerne in der Kirche Psalme singt (Z. 19) und dessen einzige Freiheit darin liegt, das Grab “mal zehn Zentimeter tiefer zu legen”(Z. 111). Von der Tugend “Mut” scheint er schon in frühen Jahren verlassen worden zu sein: “Über die Brücke bin ich nie gegangen. Nicht mal in der Vorstellung hab ichs geschafft”( Z. 26).

Daß er mehr das Leben des unauffälligen, individualitäts- und ideenlosen Kleinbürgers führt, wird anhand folgender Zitate deutlich: “Seither schweig ich”, “Ich halt mich raus”, “Ich bin vorsichtig”, “Steck den Kopf in den Sand”, “Und ab und zu mach ich einer Frau den Hof. Doch (das) lohnt sich nicht” (Z. 108-117). Der einzige Versuch, seinen Willen nicht jemandem unterordnen zu müssen, nämlich als er sich weigert, eine Erklärung zu unterschreiben, nach der er seine Jacke als Geschenk “akzeptieren” müsste, scheitert kläglich an seinem kurzem Durchhaltevermögen (Z. 104-107). Ein weiteres Motiv, ein Zeitmotiv, das in Hodjaks Text vorkommt, ist das des “Zweiten Weltkriegs”.

Dieses Motiv tritt sehr häufig in literarischen Werken auf, repräsentativ für das Unrecht und für eine menschenverachtende Politik. Jedoch ist, meiner Meinung nach, nicht so sehr das “nationalsozialistische Regierungsbild” der damaligen Zeit gemeint, sondern das “kommunistische”. So wird Tzika scheinbar grundlos auf brutalste Weise unter Verwahrung gestellt und in ein “Loch” gesteckt. Erst nach vielen Tagen und Nächten des Leidens wird er, nachdem er eine Erklärung unterschreiben musste, deren einzelne Punkte in keinster Weise der Wahrheit entsprachen, freigelassen. Meiner Meinung nach bringt Hodjak dieses Motiv, um aufzuzeigen, daß unter der Regierung eines solchen Regimes sogar der Unschuldige, der “Brave” ohne weiteres zu einem Opfer dieser idealistischen Ideen werden kann.   Die Erzählform ist die Ich-Erzählung.


Stellvertretend für den ganzen Text lassen sich Beispiele in Zeile zwei, drei oder vier finden: “Ich komm rein...”, “Ich drück mich ...

” und “Meine Arme...”. Doch häufig steht ein “unsereins” anstatt dem “Ich”, was die eigene Gleichstellung Tzikas mit seinen “Landsleuten” ausdrücken soll. Er ist wie jeder andere kein richtiges Individuum, sondern eingebunden in ein “Kollektiv”.

Hodjak wählt meiner Meinung nach die “Ich”- beziehungsweise die “Wir”-Erzählung, um den Leser direkt in das Geschehen mit einzubinden. Die Erzählperspektive ist Innensicht, da man das Geschehen durch die Augen des personalen Ichs verfolgt. Deutlich sind die Überlegungen und Gedanken des Protagonisten Tzika einzusehen. Auch die Erinnerungen an frühere Erlebnisse werden dem Leser offenkundig gemacht. “Immer, wenn ich mich bedroht fühle, muß ich etwas zurückdenken. Zurück bis in die Kindheit.

Da gabs eine Hängebrücke....”(Z. 22/23).

Der Standort des Ich-Erzählers ist deshalb auch sehr nah; man ist sozusagen “live dabei”, was beispielsweise in den Zeilen 28 bis 43 deutlich wird. Man kann sich in den ruhigen, etwas schüchternen Totengräber sehr leicht hineinversetzen und mit ihm mitfühlen. Durch den “limited point of view” des Erzählers können wir nicht die Gedanken und die Gefühle der anderen Personen “erkennen”. Nur aufgrund Tzikas Beschreibungen kann man Rückschlüsse und Vermutungen auf deren Charaktereigenschaften ziehen. (Beispiele in den Zeilen 28-43: “Er richtet sich auf und sitzt starr da” oder “plötzlich senkt er den Kopf, schiebt ihn vor.”) Auch hier zeigt sich wieder, dass der Autor den Leser nicht unnötig mit der Gedankenwelt der anderen Personen “belasten” will, allein Tzika soll die Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Tzika lässt in seiner Ereignisbeschreibung immer wieder bewertende Kommentare miteinfließen. Somit ist die Erzählhaltung eine berichtende und kommentierende zugleich.( Z. 4: “War das ein Sautag”, oder Z. 122: “Denken, was sind sie für Teufelskerle. Wirklich Teufelskerle.

”) Diese Kommentare werden deswegen von Hodjak angeführt, um die jeweiligen Situationen am treffendsten und am prägnantesten zu beschreiben. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass diese nicht unbedingt der Realität entsprechen müssen, sondern lediglich Tzikas Sicht der Dinge entspringen. Die Darbietungsform in Hodjaks Text ist durchgehend erzählte Rede.(Z. 15: “Tzika, ruft da einer, sing uns einen Psalm. Das war ein böses Zeichen, ich spürte es sofort.

”) “Durchwachsen” ist diese stellenweise von dem inneren Monolog, der sich beispielsweise in den Zeilen 17 bis 19 wiederfinden lässt: “Denk, genügt es dir nicht, Gräber zu schaufeln? Mußt unbedingt den Clown spielen? Und noch dazu in der Kirche?”. Tzika stellt sich diese Fragen meiner Meinung nach auf der einen Seite, um dem Leser einen besseren Einblick in seine Gedankenwelt zu gewähren, auf der anderen Seite aber auch, um den offensichtlich fehlenden Ansprechpartner unter Umständen ersetzen zu können. So hat Tzika scheinbar weder Freunde, was einerseits aus seinem Beruf als Totengräber andererseits aber auch aus seiner verschwiegenen und verschlossenen Persönlichkeit resultiert, noch hat er lebende Verwandte (“Nicht einmal meinen Eltern habe ich das Grab geschaufelt”, Z. 112). Die einzig zählbare Personenkonstellation in Hodjaks Text ist die Beziehung “Jacke-Tzika”. Die Jacke wird eindeutig von Tzika personifiziert; sie bedeutet ihm sehr viel in seinem Leben, was er auch immer wieder wiederholt (Z.

124: “...was einem eine Jacke bedeuten kann.”, Z. 49: “Ist eine Art Gedächtnis”).

Die anderen Personen, wie beispielsweise der “Schlägertyp” oder seine früheren Bekanntschaften (Z. 52-64), stehen mehr im Hintergrund und spielen minder wichtige Rollen. Die Handlung unterteilt sich in Rahmen- und Binnenhandlung. So ist erstere der Besuch der Kneipe und die Konfrontation mit dem “Bauarbeiter”, während hingegen letztere seine Erinnerungen an frühere Ereignisse, insbesondere in Bezug auf seine Jacke, ausmacht. Ausgelöst wird der Bruch Gegenwart-Vergangenheit beziehungsweise Realität-Erinnerung meiner Meinung nach durch das Schockerlebniss mit der Zerstörung seiner Jacke: “Plötzlich trampeln alle auf meiner Jacke rum”. Dieser Bruch wird auch durch die zwei Absätze, vor und nach dieser “Erkenntnis”, optisch verdeutlicht.

Zeitdeckend berichtet Tzika seine Erlebnisse in der Rahmenhandlung(Z. 2-46). Doch schwenkt dann die Erzählweise in der Binnenhandlung um, hin zu zeitraffend (Z. 45-121). In den Zeilen 28 bis 43 wird es deutlich, warum Hodjak hier das Geschehen zeitdeckend beschreibt; er will die Spannung, die diese Situation in sich birgt, dem Leser direkt vor Augen halten. So wirkt die Beschreibung fast schon zeitdehnend; dem Leser soll nicht ein Detail dieser “geladenen” Atmosphäre entgehen.

Wenn man Hodjaks Text zum erstenmal liest, sticht einem sofort die derbe und vulgäre Umgangssprache ins Auge, derer er sich bedient (“Der Raum bumsvoll”, Z.2 oder “War das ein Sautag” , Z.4 ). Sie trägt viel zu der einfachen und unkomplizierten Person “Tzika” bei. So kann man davon ausgehen, dass dieser nicht in den Genuß einer allzu guten schulischen Ausbildung gekommen sein muss. Auch sein Beruf als Totengräber ist kaum das Resultat außerordentlich guter schulischer Leistungen.

Auffällig sind auch die kurzen, prägnanten Sätze, die sich auf den ganzen Text erstrecken. Auf der einen Seite entsprechen sie der vulgären Sprache, die Tzika verwendet, auf der anderen Seite sollen sie ein Missverständnis des Lesers aufgrund langer, komplexer und verschachtelter Sätze von vornherein unmöglich machen. Hodjaks Ziel ist es, den Leser direkt anzusprechen, sowohl unter der Verwendung der Umgangssprache, als auch mit Hilfe des streng parataktischen Satzbaus. Die moderne Erzähltechnik, die Hodjak in “Die Jacke” anwendet, ist der “stream of consciousness”, wörtlich übersetzt mit “Bewußtseinsstrom”. Die Handlung tritt beispielsweise in den Zeilen acht und neun soweit zurück, dass das Geschehen nur noch als Folge von Eindrücken und Bildern Tzikas erscheint: “Schneiden Speck. Streiten.

Reißen vom Brot, spalten die Zwiebeln mit der Faust. Halten Reden”. Oder auch bei seiner Begegnung mit dem “Bauarbeiter” kommt diese Technik zum Einsatz: “Beugt den Kopf vor, geht leicht in die Knie. Kommt auf mich zu, leise, langsam, mit Katzenschritten. Einen Schritt. Noch einen.

Bleibt stehn.....” (Z.

30/31). Hodjak will mit diesen “Impressionen”, die Tzika in diesem Augenblick “erfährt”, die aufkommende Spannung unterstreichen; gleichzeitig dienen sie vortrefflich dazu, auf einen Höhepunkt hinzuarbeiten und die Situation bis in das kleinste Detail zu erläutern. Man merkt beim Lesen dieser Passage des Textes richtig, wie man unbewusst in den reißenden “Bewusstseinsstrom” gerät und von der Dramatik des Ereignisses “gefangen” genommen wird. Von Ironie kann man in Hodjaks Text eigentlich nicht sprechen. Wenn überhaupt, dann sind nur geringfügige Spuren enthalten (Z. 10: “Als Argumente, sozusagen”, Z.

110: “Das ist die Freiheit, die mir geblieben ist” und Z. 122: “Wirklich, Teufelskerle”). Diese “flüchtige” und nur in Ansätzen zu erkennende Ironie umrahmt das Bild des schüchternen und stillen Tzika. Weiterhin ist es interessant, dass die erste Zeile eine kurze Zusammenfassung der nächsten 42 Zeilen ist. Für den Leser klingt diese Zeile zunächst banal: “Zum Beispiel hat da einer eine Jacke, und die trampeln dir darauf herum”. Doch der Totengräber Tzika verbindet mit dieser Jacke mehr als nur einen Gegenstand.

So erzählt er nun die vollständige, die ausführliche Version seiner Geschichte und berichtet wie es zu diesem “Unglück” kam. Durch die knappe Zusammenfassung am Anfang will Tzika das ausdrücken was ihn am meisten bewegt, weder der schlechte Tag, den er erwischt hatte (Z. 4), noch der aufgebrachte Bauarbeiter, mit dem er sich fast in eine Schlägerei verwickelt hätte; es ist die “Verletzung” seiner Jacke, die ihn belastet. Überhaupt spielt die Jacke in Tzikas Leben eine zentrale Rolle. Da diese eine Art “Gedächtnis”(Z. 49) für ihn ist, bezieht er sie bewußt und selbstverständlich als ein Teil von ihm in sein Leben mit ein.

Die Flicken auf ihr erinnern ihn an seine Vergangenheit, an die Abenteuer, die er einst erlebt hat. Mit ihrer Hilfe kann er gewissermaßen in die Vergangenheit “flüchten”. Er führt zu diesem Zeitpunkt ein Leben, das er gerne mit seinen Erinnerungen “vertauschen” würde. Bei genauerer Betrachtung des Textes fällt auf, dass Hodjak immer wieder Wendungen und Ausdrücke verwendet, die auch in seiner anderen Kurzgeschichte “Am Eck” in ähnlicher Weise vorkommen: “Die Amseln waren wie verrückt”(Z.68) oder “Ich hab mir große Mühe gegeben, die Sprache der Toten zu lernen”(Z.119).

Vielleicht will er anhand dieser Ähnlichkeiten zeigen, dass Tzika auf seine Weise dem langweiligen Leben genauso wenig entgehen kann, wie die sieben Jugendlichen dem “Teufelskreis” des Alltags nicht mehr entkommen konnten. Auch Tzika hat sich für die Einsamkeit und für ein Leben in Abgeschiedenheit entschieden (Z. 108: “Seither schweig ich”, Z.117: “Ich bin vorsichtig. Steck den Kopf in den Sand.”) Was in “Am Eck” als Symbol für die Freiheit galt, nämlich die Straßenbahn, ist nun der ausgedorrte Fluß unter der Erde, “wo Mühlen auf Wasser warten”(Z.

110). Was Hodjak mit seinem Text unter anderem aussagen will, ist, dass es zum einen eine wesentliche Rolle spielt, wo man geboren ist und welche Eltern man hat, zum anderen aber auch der Umstand, zu welchem Zeitpunkt man geboren wird. Dies ist eine zentrale Aussage in der Geschichte “Die Jacke”, die Tzika sogar selber in Worte fasst: “Weder Vater noch Mutter noch der Zeit, in die ich hineingeboren wurde. Jeder hat nämlich drei Elternteile. Das ist die einzige Überzeugung, zu der ich bislang gekommen bin.” (Z.

112-114) Tzika setzt “die Zeit” mit seinen Elternteilen gleich, das heißt für ihn hat sie denselben Wert. Damit drückt er seinen sehnlichsten Wunsch aus, den er hat, nämlich sein jetziges Leben vergessen und ein völlig anderes führen zu können, ein Leben, das in seiner Gedankenwelt schon äußerst “real” ist und das “verweltlicht” wird durch die Flicken auf seiner Jacke. Ein anderer Punkt ist der, dass Hodjak Kritik an den “dunklen Machenschaften” der damaligen kommunistischen Regierung ausüben will. So wird Tzika mehrmals als Spion verdächtigt, verhört oder später grundlos eingesperrt und erpresst (Z. 83-107). Der Staat ist in Hodjaks Text die korrupte Macht, die das Volk unterdrückt und einschüchtert.

Hodjak versucht, die politische Realität der damaligen Zeit in den Text zu “kopieren” und die Situation weder künstlich zu “schönigen”, noch übertrieben darzustellen. Er verurteilt die Härte und die Ungerechtigkeit einer solchen Regierung und will den Leser auf die “rohe” Gewalt aufmerksam machen, mit der sie zu Werke geht (Z.86: “Ich bekam einen Fußtritt, dass ich ins Auto flog. Einer riß mir von der rechten Schädelhälfte ein Haarbüschel aus, ein kleines Stückchen Haut ging mit.”) Den Menschen der damaligen Zeit, die unter einer solchen Regierung lebten, waren jeglicher Freiheit beraubt worden; es war ihnen sogar verboten zu reden (Z.82: “Vielleicht wärs am besten, unsereins wär stumm.

”).   Wenn man den Text auf die heutige Zeit widerspiegelte, käme man zu dem Ergebnis, dass die Probleme von “damals” immer noch aktuell sind. Hodjaks “Die Jacke” sollte nicht als “Überbleibsel” aus der Vergangenheit oder als ein “verstaubtes Zeugnis” längst vergessener Schicksale, entstanden in einer Zeit ohne Hoffnung und Perspektive, angesehen werden. So leben noch viele Menschen auf der Erde unter dem “Adlerauge” einer solchen Regierung, dessen zwiespältigen Ideologien jedem klar denkendem Individuum aufgrund der darin enthaltenen Engstirnigkeit und Intoleranz sofort ins “Auge stechen”. Zudem haben sich die “Personentypen”, die in “Die Jacke” vertreten sind, in den letzten Jahrzehnten kaum oder fast gar nicht verändert. Beispielsweise offenbart die “Arbeiterkneipe”, die Tzika aufsucht, im Vergleich mit einer heutigen keinerlei Unterschiede; sie wäre vollständig in unsere Zeit “übertragbar”.

So komme ich zu dem Ergebnis, dass Hodjaks Geschichte etwas “Zeitloses” hat, obwohl sie fest in einem Zeitpunkt “verankert” ist. Meiner Meinung nach werden sich für die Probleme, die Hodjak anspricht auch in näherer Zukunft keine überzeugenden Lösungen finden lassen; doch sollte man sich dennoch darum bemühen, da das Leben, wie es Tzika führt, keinem zuzumuten ist oder gar in irgendeiner Weise erstrebenswert wäre. Abschließend möchte ich noch einen Kommentar, veröffentlicht im “Kritischen Lexikon zur deutschsprachigen Literatur” von Holger Dauer in Bezug auf “Die Jacke” anführen, da man den Inhalt des Textes besser und treffender nicht umschreiben könnte: “Mit Tzika entwirft Hodjak eine Figur, die der zerstörerischen Monotonie der sozialistischen Alltagswelt in Rumänien ebenso ausgeliefert ist wie der eigenen, daraus entspringenden Ohnmacht. In Tzika spiegelt sich eine bis ins Unfaßbare gesteigerte Absurdität der gesellschaftlichen und zwischen - menschlichen Verhältnisse, in denen die Menschen, in vielerlei Hinsicht gescheiterte Existenzen, keine Konflikte mehr austragen, sondern vielmehr Produkte ausgefochtener und stets verlorener Konflikte sind.”            

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