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  Interpretation politischer lyrik

Interpretation politischer Lyrik Heinrich Heine “Die schlesischen Weber”  Marit Härtel LK-D 12/1 08.02.1999     Das vorliegende Gedicht “Die schlesischen Weber” wurde im Jahre 1844 von Heinrich Heine verfaßt und 1847 veröffentlicht. Das Gedicht entstammt der Epoche der Literatur des Vormärz. Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf geboren. Er studierte Jura in Bonn, Berlin und Göttingen, nachdem er eine Kaufmannslehre gemacht hatte.

Seit 1831 war er in Paris freier Schriftsteller. Durch einen Bundestagsbeschluß wurden Heines Schriften ab 1835 in Deutschland verboten. Nach langer schwerer Krankheit verstarb er 1856 in Paris. In seinem Gedicht “Die schlesischen Weber” beschreibt er die Situation der Weber nach dem verlorenen Weberaufstand im Jahre 1844. Die harte mühselige Arbeit der Weber steht im Vordergrund, aber ihre Gefühle werden durch den Fluch immer wieder ausgedrückt. Das Gedicht wirkt sowohl appellativ als auch emotional.

Heine übt bezugnehmend auf den Weberaufstand 1844 Kritik an der Obrigkeit.   Das Gedicht gliedert sich in 5 Strophen mit jeweils 5 Verszeilen. Jede Strophe endet mit dem Ausruf “Wir weben, wir weben!”. Das Gedicht ist umgangssprachlich geschrieben. Es besitzt kein Versmaß, aber einen Paarreim. Männliche und weibliche Kadenzen wechseln sich ab.

In der ersten Strophe wird die Lage der Weber beschrieben, wie sie am Webstuhl sitzen und weben. Das ist das einzige, was sie zu dem Zeitpunkt tun. Das Auge ist “düster” und tränender. Der Autor zeigt damit auf, daß die Weber schon keine Tränen mehr haben, um zu weinen. Vielleicht lähmt auch die Wut den Tränenfluß. Vielleicht haben sie über ihre verlorenen Freunde geweint, oder über die verlorene Schlacht.

Die zweite Verszeile vergleicht die Weber mit Hunden oder Wölfen. Das Wort “fletschen” gehört eigentlich ins Reich der wilden Tiere, aber hier steht es symbolisierend für die Situation der Weber. Sie fühlen sich Hunden ähnlich, bei dem Hungerlohn, den sie für ihre Arbeit bekommen. Fletschen bedeutet im Tierreich aber auch eine Reaktion auf drohende Gefahr. Dies zeigt, daß die Weber noch immer entschlossen sind, sich gegen ihre Zustände zu wehren. Die folgende Zeile beginnt mit Einführungsstrichen, die Weber beginnen, selbst über ihre Mißstände zu sprechen.

Die dritte Zeile beginnt mit einer Personifizierung von Deutschland, denn die Weber weben das Leichentuch für das Land. Aber Deutschland kann niemals so sterben, daß man es in ein Leichentuch wickeln kann. Auch kann man keinen Fluch direkt mit hineinweben, nur denken, daß man ihn heíneinwebt. Die vierte Verszeile endet mit einem Gedankenstrich. Vielleicht denken die Weber nach, über wen sie den dreifachen Fluch mit in das Tuch hineinweben. Dann folgt der Ausruf “Wir weben, wir weben!”.

Die folgenden drei Strophen beschäftigen sich mit der Aufzählung der Flüche, die die Weber verweben. Der erste Fluch gilt Gott. In Metaphern (“Winterskälte”, “Hungersnöten” Z.7) wird ausgedrückt, wo die Weber auf Gott gehofft hatten, er sie aber im Stich ließ. Sie sind enttäuscht über ihren Gott, der für sie die einzige Hoffnung bedeutet hat. Aus der Ausdrucksweise geht hervor, daß die Weber ihren Glauben an Gott verloren haben.

Dies wird durch eine Aufzählung in der vierten Verszeile deutlich gemacht; “Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -”. In dieser Aufzählung ist auch eine Alliteration enthalten (“gehofft”, “geharrt”, “geäfft”, “gefoppt”, “genarrt” ,Z.8/9). Diese Aufregung wird durch einen Gedankenstrich abgebrochen und die Weber werden sich wieder ihrer Situation bewußt, sie weben noch immer. Die Häufigkeit dieses Ausrufs verdeutlicht, daß die Weber wirklich nichts anderes tun können, als zu weben. Ihre gesamten Gefühlsregungen enden immer wieder im Bewußtsein über ihre Tätigkeit.

Daran ist auch zu erkennen, daß die Weber hart zu arbeiten hatten, um sich wenigstens halbwegs über Wasser halten zu können. Aber auf der anderen Seite drückt es auch die Monotonie der ständig gleichen Arbeit aus, die doch der einzige Weg ist, sich das tägliche Brot zu verdienen. Der nächste Fluch gilt dem König Friedrich Wilhelm IV, der den Aufstand niederschlagen lassen hatte. Er wird “König der Reichen” (Z.11) genannt, das verdeutlicht seine Stellung zu den Bevölkerungsschichten. Er steht mehr auf der Seite der reichen, als auf der der Armen.


Der König blieb hart gegenüber dem Schicksal der Weber. Als sie arm, teilweise krank und unterernährt vor seinem Palast protestierten, schickte er seine Wachen vor, um den Aufstand sogleich zu zerschlagen. Dabei wollten die Weber nur für bessere Bedingungen und angemesseneren Lohn protestieren. Die drastische Lohnsenkung hing mit der Industriellen Revolution in England zusammen. Dort konnten gewebte Waren schon mit Maschinen hergestellt werden und waren so billiger auf den Merkt zu bringen. Die deutschen Fabrikanten standen unter Konkurrenzdruck, weil ihre Maschinen nicht so gut waren und aus diesem Grund bekamen die Weber immer weniger Lohn.

Der König sollte die Weber in ihrer Situation unterstützen, aber er stürzte die Weber in noch größere Not, denn nun gab es auch noch Verluste der Arbeitskräfte. Der König verlangte auf den niedrigen Lohn auch noch Steuern (“Der den letzten Groschen von uns erpreßt,” ,Z.13) und der Höhepunkt ist der konkrete Vergleich mit Hunden in Zeile 14. Dieser Vergleich zeigt die Hilflosigkeit der Weber gegenüber ihren “Peinigern”. Sie haben Hunden gleich keinen Rechte, werden nicht verstanden und sind wehrlose Geschöpfe. Nach dieser Zeile kommt wieder der Bruch zu “Wir weben, wir weben!”.

Der dritte Fluch gilt dem Vaterland. Aber das Vaterland, was heute für viele Menschen Schutz und Loyalität bedeutet, wird hier als “falsch” bezeichnet. Die Weber drücken damit aus, daß dieses Vaterland gegen sie handelt, die Reichen immer reicher macht und die Armen immer ärmer. In diesem ihrem Vaterland gedeihen nur “Schmach und Schande” (Alliteration, Z.17). Man kann aus diesen Worten heraus sagen, daß in Deutschland Unterdrückung und Ungerechtigkeit wachsen.

In der nächsten Verszeile sprechen die Weber von einer Blume, die früh geknickt wird. Diese Blume steht symbolisch für jeden Mensch, der in die deutsche Gesellschaft hineingeboren wird. Dieser hat keine Möglichkeit, sich frei zu entfalten, seine Meinung offen kundzutun oder gar etwas gegen den Staat zu sagen. Der Mensch in dieser Zeit, der mittellos an Geld war, war auch mittellos in allen anderen Bereichen des Lebens. Meinungsfreiheit war ein Fremdwort für die regierende Schicht. Man hatte in den vorgegebenen Wegen der Gesellschaft zu leben.

Was darüber hinaus ging, war oder wurde verboten. Die vierte Zeile gibt dem Leser ein Bild von Deutschland, wie die Weber es sehen. Verfault, vermodert durch das Blut und die Opfer des Aufstandes. Der Boden ist verseucht und unfruchtbar geworden für neue Wege, für Gerechtigkeit und ein besseres Leben. Die Weber können an Deutschland nicht mehr viel Gutes finden und verfluchen es. Es ist keine Heimat mehr für sie, aber sie sind gezwungen, im Land zu bleiben.

Ihre Familie will ernährt werden, auch wenn das meiste Geld im Rachen des Staates verschwindet. Vergleicht man die Situation der Weber mit der heutigen Lebenssituation, so erkennt man bestimmte Ähnlichkeiten. Fast die Hälfte des Lohnes eines Arbeiters geht an den Staat in Form von Steuern und Abgaben. Wer wenig verdient, dem bleibt wenig zum Leben übrig. Doch heute hat der Staat Hilfen für solche Fälle eingeführt. Es muß nicht zu einem Aufstand kommen, um Mißstände zu beseitigen.

Vor allem sind solche Streiks in den wenigsten Fällen blutigen Ausgangs. Die letzte Strophe zeigt wieder die Beschäftigung der Weber. Das macht dem Leser deutlich, wie wichtig die Arbeit für die Weber ist. Auch nachdem sie eine Revolution verloren haben und ihnen die Arbeit wenig einbringt, so sind sie doch auf sie angewiesen und der niedrige Lohn läßt es nicht zu, eine Pause zu machen. Die Weber können es sich nicht leisten, sich auszuruhen. Auch die Wendung “Wir weben emsig Tag und Nacht -”(Z.

22) betont diesen Sachverhalt. Die folgende Zeile spricht von “Altdeutschland” (Metapher, Z.23). Dies zeigt auf, daß die Weber mit Deutschland abgeschlossen haben. Für sie bedeutet der Staat nicht mehr als eine Formalität. Er hat in den Aufgaben eines Staates versagt und tritt nicht für seine Bürger ein.

Vor allem die Armen haben in diesem Staat kein Recht auf ein angenehmes Leben. Die Wendung nach dem Komma “wir weben dein Leichentuch,/Wir weben hinein den dreifachen Fluch,...” (Z.23f.

) wiederholt sich aus der ersten Strophe. Daraus läßt sich ableiten, daß die erste und letzte Strophe einen Rahmen bilden und in sich die drei Flüche einbetten. Die erste und letzte Strophe beschreiben die Arbeit der Weber und die drei Mittelstrophen die Situation der Weber. Aber nicht nur die der Weber, sondern auch die der gesamten niederen Bevölkerung. Sicher fühlen alle “geringeren” Schichten so wie die Weber, aber diese haben einen konkreten Anlaß, laut über ihre Lage zu klagen.   Dieses Gedicht von Heinrich Heine macht deutlich, warum seine Schriften in Deutschland verboten wurden.

Es übt Kritik an der Gesellschaft und am Staat. Es ist aber als sehr mutig zu sehen, wie sich Heine gegen die Mißstände in Deutschland wehrt, obwohl er gar nicht mehr in dem Land lebt und es ihm eigentlich egal sein könnte, was dort passiert. Heinrich Heine gehört zu den bedeutendsten Personen in der Epoche des Vormärz. Die Epoche des Vormärz läßt sich so beschreiben, daß in ihr hauptsächlich Literaten mit politisch - kritischer Meinung agierten. Deshalb wurden auch ihre Schriften 1834 in Österreich und 1835 in Preußen verboten. Dieses Verbot verband alle deutschen Schriftsteller in gewisser Weise miteinander.

Gemeinsam vertraten diese Autoren die gleichen Ziele, nämlich die Ablehnung des absolutistischen Staates und der dogmatischen Kirche, Überwindung moralischer Konventionen, Eintreten für Meinungsfreiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und die Emanzipation der Frau. Heinrich Heine kann auch bedingt zum Jungen Deutschland zugeordnet werden durch seine konsequente Haltung, die Originalität seiner Gedanken und den hohen Stellenwert seiner Werke. Heines Auseinandersetzung mit der Romantik fand ihren Niederschlag in dem Buch “Die romantische Schule” (1836), das zugleich eine der bedeutendsten theoretischen Schriften für das junge Deutschland wurde.

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