Das bürgerliche trauerspiel "kabale und liebe" von friedrich schiller stellt den höhepunkt und gleichzeitig das ende der zeit
Andreas.Heilek@gmx.de / https://www.andreas-heilek.de
Klasse 11a
Deutsche Hausaufgabe
Abzugeben am 10.04.
2000
Literarische Erörterung
Gliederung:
Einleitung: Daten zu Autor und Werk
Hauptteil: Darstellung der beiden Stände in Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“
Darstellung des Bürgertums
Lebensweise und Umgangsformen
Moralisches Wertesystem
Ansätze bürgerlichen Selbstbewusstseins
Darstellung des Adels
Lebensweise und Umgangsformen
Moralisches Wertesystem
Macht
Moral
Schluss: Wurm, Ferdinand und Lady Milford als Charaktere zwischen den Ständen
Friedrich Schiller wurde am 10.11.1759 in Marbach/Neckar als Sohn eines Wundarztes geboren und verstarb am 9.5.1805 in Weimar. Nach Besuch einer Militärakademie studierte er zuerst in Solitude Jura, begann dann aber ab 1776 in Stuttgart Medizin zu studieren.
Im Alter von 24 Jahren verfasste er 1784 als „ungestümer Dramatiker des Sturm und Drang“ (Harenberg Lexikon) das bürgerliche Trauerspiel „Kabale und Liebe“. Mit diesem Werk in fünf Akten bildet er den Höhepunkt und gleichzeitig das Ende der Zeit des Sturm und Drang. Im Allgemeinen vermied es Schiller – trotz seiner Parteinahme für das Bürgertum – den Konflikt in einem polemischen Schwarz-Weiß zwischen Adel und Bürgertum aufzuteilen. Mit „Kabale und Liebe“ rebellierte Schiller gegen die Gesellschaftsordnung des Absolutismus und schuf das gesellschaftskritisch radikalste Werk des Sturm und Drang in Deutschland vor der französischen Revolution. Um diese kritische Haltung aufzuzeigen, soll in vorliegender Arbeit die Darstellung von Bürgertum und Adel erörtert werden.
Um die Lebensweise einer bürgerlichen Familie darzustellen, wählt Friedrich Schiller die Familie des Musikus Miller, in deren Haus in einem schlichten Zimmer die Handlung beginnt.
Die Einfachheit der Millerin soll durch die Regieanweisungen deutlich werden, indem sie „noch im Nachtgewand“ (I, 1, S.5) ihren Kaffee „schlürft“ (I, 1, S.5) und bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Mann ausspuckt, um ihm ihre Verärgerung zu zeigen („spuckt aus, giftig“ I, 3, S.11). Der aufbrausende Miller wiederum zeigt sein biederes Benehmen, indem er „voll Zorn seine Frau vor den Hintern stoßend“ (I, 2, S.8) anbrüllt, oder indem er seine Perücke ins Zimmer wirft (II, 4, S.
39). Bewusst wählt Schiller für den bürgerlichen Stand – vor allem bei Miller – eine derbe und umgangssprachliche Ausdrucksweise („... eh’ will ich mein Violoncello zerschlagen und Mist im Sonanzboden führen ..
.“ I, 1, S.7), wobei sich allerdings klar erkennen lässt, dass sich auch der Bürgerstand – und vor allem Frau Millerin – bei einer Konfrontation mit den Angehörigen des Adels stark bemüht, gepflegt zu sprechen („Des Herrn Majors von Walter hohe Gnaden machen uns wohl je und je das Bläsier, doch verachten wir darum niemand.“ I, 2, S.8). Allerdings ist es unangemessen, dass sie hier sogar den vom Adel verwendeten Pluralis Majestatis auf sich selbst anwendet.
Stark ausgeprägt sind in „Kabale und Liebe“ die moralischen Wertvorstellungen des Bürgertums. Im Fall der Familie Miller tritt die patriarchalische Familienstruktur zutage: Miller ist das Oberhaupt der Familie und bestimmt über das Schicksal seiner Tochter Luise, welche die enge Beziehung zu ihrem Vater sogar ihrer eigenen Liebe vorzieht, indem sie auf Ferdinand verzichtet und auch den geplanten Selbstmord („Der dritte Ort ist das Grab.“ IV, 1, S.88) aus Rücksicht auf den Vater nicht ausführt. Hier spielt jedoch auch die Religiosität der Familie eine große Rolle, da Miller auf die Frage seiner Tochter, ob denn Selbstmord Sünde sei, antwortet: „Selbstmord ist die abscheulichste, mein Kind ..
.“ (V, 1, S.89). Diese Fixierung auf den Glauben ist auch ausschlaggebend für die Katastrophe, in der das Trauerspiel endet, als sich Luise durch einen Eid auf Gott, den der Sekretär Wurm ihr diktiert („Sie müssen mit mir und das Sakrament darauf nehmen, diesen Brief für einen freiwilligen zu erkennen.“ III, 6, S.67), gezwungen fühlt, die Intrige des Adels nicht aufzudecken.
Erst im Angesicht des Todes wagt sie, Ferdinand über die List seines Vaters aufzuklären („Meine Hand schrieb, was mein Herz verdammte – dein Vater hat ihn diktiert.“ V, 7, S.107).
Wenn man berücksichtigt, dass „Kabale und Liebe“ aus der Zeit des Sturm und Drang stammt, ist es nicht verwunderlich, dass darin Ansätze aufklärerischen Denkens sichtbar werden. So sieht man am Benehmen des Bürgertums in einigen Szenen das wachsende Selbstbewusstsein dieser Schicht. Beispielsweise entschließt sich Luise im dritten Akt, den Herzog aufzusuchen, um ihm zu sagen, „was Elend ist“ (III, 6, S.
64), und will ihm mutig sogar „... in die Ohren schrein, daß [...
] das Jüngste Gericht Majestäten und Bettler in dem nämlichen Siebe rüttle.“ (III, 6, S.64). Noch viel deutlicher wird aber ihr selbstbewusstes Verhalten in einem Dialog mit Lady Milford, in dem sie ohne Hemmung ihre Meinung preisgibt: „Sie wollen mich aus dem Staub meiner Herkunft reißen. Ich will sie nicht zergliedern, diese verdächtige Gnade. Ich will nur fragen, was Mylady bewegen konnte, mich für die Törin zu halten, die über ihre Herkunft errötet?“ (IV, 7, S.
79). Auch bei Herrn Miller lässt sich diese Haltung beobachten, als er bei einem Besuch des Präsidenten in seinem Zimmer sogar so weit geht, diesen aus seiner Stube zu verweisen („Das ist meine Stube. [...], aber den ungehobelten Gast werf ich zur Tür hinaus .
..“ II, 6, S.45). Dabei behält er aber trotzdem die formelle Floskel „Halten zu Gnaden.“ Bei, um dem Standesunterschied Rechnung zu tragen.
Die Lebensweise der Adeligen unterscheidet sich von der des Bürgertums drastisch, was Schiller auch in den Handlungsorten zum Ausdruck bringt. So steht dem „Zimmer“ (I, 1, S.5) der Familie Miller der „Saal“ (I, 5, S.16) des Präsidenten und ein „sehr prächtiger Saal“ (IV, 6, S.75) der Lady Milford gegenüber. Zudem legen die Regieanweisungen fest, dass im Saal der Lady ein „Flügel“ (II, 1, S.
26) und ein Sofa vorhanden sind. Parallel zur ersten Szene, in der die Millerin nur mit einem „Nachtgewand“ bekleidet ist, sitzt die Lady „in einem freien, aber reizenden Negligé“ (II, 1, S.26) da. Auch sprachlich distanziert sich der Adel deutlich von der „unteren Schicht“, indem er sich bemüht, durch häufigen Gebrauch von französischen Wörtern, gebildet und gepflegt zu klingen: „Daß er der Bürgerkanaille den Hof macht – Flatterien sagt – das sind lauter Sachen ...
“ (I, 5, S.16)
Betrachtet man den Präsidenten in seiner Funktion für das Drama, so erkennt man, dass Schiller ihn als realen Vertreter der absolutistischen Macht geschaffen hat. Er regiert im Auftrag des Fürsten, der an der Spitze des Staates steht, aber im Verlauf des gesamten Stückes nicht ein einziges Mal auftritt. Dennoch werden Hof und Herrscher deutlich geschildert. Der Fürst und sein Gefolge führen eine aufwendige Hofhaltung, verprassen das Geld und beuten dafür schonungslos das einfache Volk aus. So erfährt man aus dem Gespräch der Lady mit dem Kammerdiener, dass der Fürst skrupellos Landeskinder nach Amerika verkauft hat, um die Juwelen für seine Mätresse zu bezahlen (II, 2, S.
29). Macht ist das oberste Ziel des Präsidenten, ihr allein gilt sein ganzes Streben, ihr allein ordnet er alles unter. Seine Position hat er sich durch ein Verbrechen erkämpft, das er Ferdinand im Gespräch gesteht: „Wem hab ich durch die Hinwegräumung meines Vorgängers Platz gemacht ...“ (I, 7, S.
21) Auch im Bestreben, seine Macht zu erhalten und zu sichern, wird der Präsident schuldig. Intrigen sind für ihn ein Mittel zum Zweck und beim Volk sichert er sich seine Stellung, indem er Angst und Schrecken verbreitet: „Wenn ich auftrete zittert ein Herzogtum.“ (I, 7, S.25) Sein einziger Sohn, Ferdinand, ist für ihn kein Objekt seiner Liebe, sondern er missbraucht ihn als Machtinstrument. Das Glück seines Kindes bedeutet ihm, dem Vater, nichts. Rücksichtslos will er seinen Sohn mit der Mätresse des Fürsten verheiraten, um dessen rechte Hand zu werden, um seine Machtposition weiter auszubauen: „Damit nun der Fürst im Netz meiner Familie bleibe, soll mein Ferdinand die Milford heuraten .
..“ (I, 5, S.18) Auch über das Gesetz setzt sich der Präsident skrupellos hinweg. Er lässt Miller und seine Frau aus dem Weg schaffen, indem er sie ins Zuchthaus schickt: „Die Gerechtigkeit soll meiner Wut ihre Arme borgen.“ (II, 6, S.
45)
Der Präsident kennt keine Moral. Er kann es ohne weiteres mit seinem Gewissen vereinbaren, die tugendhafte Luise zu erpressen, die sich keines Vergehens schuldig gemacht hat, außer dass sie seinen Plänen im Wege steht. Versprechen und Eide binden den Präsidenten in keiner Weise. Er fragt Wurm ganz erstaunt, als dieser Luise durch einen Eid zum Schweigen bringen will: „Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf?“ Darauf antwortet Wurm: „Nichts bei uns, gnädiger Herr. Bei dieser Menschenart alles.“ (III, 1, S.
52) Liebe und Tugendhaftigkeit haben in adeligen Kreisen einen geringen Stellenwert. Der Fürst vergnügt sich mit Mätressen, der Präsident würde es ohne weiteres akzeptieren, wenn Luise nur Ferdinands Geliebte wäre. Lachend sagt er, er würde gerne die „Skortationsstrafe“ für Ferdinands „Dirne“ zahlen (I, 5, S.17).
Letztlich kommt man also zu dem Ergebnis, dass Schiller ganz bewusst die unterschiedlichen Verhaltens- und Umgangsformen des Adels und des Bürgertums in diesem bürgerlichen Trauerspiel herausgearbeitet hat, wobei er aber auch das gegenseitige Verständnis beider Schichten einbringt. Dazu verwendet er die Charaktere Ferdinand und Lady Milford, die beide nicht absolut dem Klischee ihrer Schicht entsprechen, sondern eher eine Mischform zwischen beiden Ständen bilden.
Das Pendant aus dem Bürgertum wird von Sekretär Wurm verkörpert, der sich zum Handlanger des Adels gemacht hat, um zu Ansehen und Macht zu gelangen. „Da [...] die Politik des Hofs auf die Ausbeutung des Bürgertums ausgerichtet war, ist Wurm zum Abtrünnigen seiner Klasse geworden.“ (Erläuterungen und Dokumente) Der junge Schiller als Vertreter des Sturm und Drang macht mit diesem Kunstgriff die Standesgrenzen durchlässig.
Quellennachweis:
„Harenberg Kompaktlexikon in 5 Bänden“, Harenberg Lexikon Verlag, Dortmund 1994
Friedrich Schiller, Kabale und Liebe, Reclam 33
Erläuterungen und Dokumente zu Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“, Reclam 8149, S.124
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