Kinderliteratur
Kinderliteratur
Zwischen Aufklärung und Romantik
Der Entstehungsprozess der aufklärerischen Kinder- und Jungendliteratur als selbstständige Sparte der Literatur setzt in etwa Mitte der sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts ein.
Man muss prinzipiell zwischen 2 Arten der Kinder- und Jungendliteratur unterscheiden, der vorphilanthropischen und der philanthropischen.
Die vorphilanthropische Kinder- und Jungendliteratur sieht das Kind als Vernunftwesen an, folglich ist eine Einstellung auf kindliche Wahrnehmungsformen als nicht notwenig erachtet.
Man nahm eine großes Allgemeinwissen des Kindes als gegeben an, dies sieht man z. B in den komplexen Werken von Johann B.
Basedow.
Den Philanthropen geht es um die spezifische kindliche Wesensart, „die Literatur hat sich in ihren Augen zu den Kindern herabzubeugen und sie als Kinder zu bestätigen.
Damals zählte man zu der Kinder- und Jungendliteratur die antiken Fabeln des Äsop und die Fabeln von Ephraim Lessing.
Weiters erwähnenswert ist die Neubearbeitung des Werkes „Robinson Crusoe“. Joachim Heinrich Campes, der mit all seinen Werken versucht „die Literatur den Kindern dienstbar zu machen“ und nicht das Gegenteil wie die meisten andern Literaten.
Zu den wichtigsten Veröffentlichungen im 18.
Jhdt zählten: „Bilderbuch für Kinder“ von Friedrich. J. Bertuchs, „Kinderfreund“ von Friedrich. E. von Rochows. und Christian Gottlieb Salzmanns „Moralisches Elementarbuch“.
Auch das Kinderschauspiel war überaus populär wie etwa „Dramatische Spielen“ von J. G. Peffel .Ein anderer Vertreter war Chr. F. Weise, seine Grundtypen waren das Vorbildmodell, das Kontrastmodell sowie das Warn- und Abschreckmodell, inhaltlich bearbeitetet er die individual- häuslichen-, und gesellschaftlichen Tugenden.
Er tastete jedoch die Ständehierarchie nicht an und hoffte auf eine Besserung durch die Vorbildwirkung der Literatur.
Der Philanthropinismus entdeckte auch die Mädchen. Als Vertreter zählt man heute Campe, Sarah Fieldings, Sophie von La Roche und Friedericke Helene Unger.
Seither ist die Mädchenliteratur ein fixer Bestandteil der Jugendliteratur, die sich zur Backfischliteratur weiterentwickelte.
Im 18 Jhdt. bekannten sich die Autoren offen zu den Normen wie man denn Mädchen zu erziehen habe.
Auch der Campe, einer der bekannteren Mädchenliteraten kann seine Idee nicht in die Realität umsetzen und schafft es nicht die Gleichheit der Geschlechter zu propagieren.
Stattdessen verlangt er die „freudige Selbstverleugnung“ mit dem Ziel der perfekten Hausfrau, Mutter sowie Gattin.
Die Bildung der Frau wird zunehmenst auf den privaten Bereich beschränkt und von der Arbeitswelt der Männer getrennt.
Die diente nun vor allem der Verinnerlichung des weiblichen Wesens.
Mädchen sollen nicht mehr als autonome Wesen ihreVernunft ausbilden, sondern sie haben weibliches Gemüt, Demut, Sanftmut und Religiosität zu entwickeln.
Kinder- und Jugendliteratur in der zweiten Hälfte des 19.
Jhdt.
Das 19. Jahrhundert brachte eine vermehrte Trivialisierung der Kinder- und Jugendliteratur.
Fades und Kitschiges wurden tonangebend.
Das Zeitalter Bismarcks war eine Periode quantitativen Wachstum der Kinder- und Jugendliteratur, vor allem der Mädchenbücher.
Mädchen hatten zart zu sein, unscheinbar, anlehnungsbedürftig und tugendhaft; Kinder generell: nicht neugierig, vielmehr gehorsam und ordentlich, sauber und pünktlich.
Die Bücher zeigten eine einfache Gut-Böse Charakteristik auf.
Neben der Vorbereitung auf die Rolle daheim hatten die Mädchen die Aufgabe, Wunschbefriedigung zu sein.
Doch der Kontrast zu „Heim und Herd“ war fundamental, in den Büchern waren städtische Abenteuer das Thema.
Abenteuer oder Arbeit schickten sich jedoch nicht, das Erlernen von Benimm-Regeln, das Verfolgen der Repräsentationspflicht waren „Arbeit“ genug.
Eine andere Gattung der Kinder- und Jugendliteratur stellt die Kolonialerzählung dar.
Die zwei bekanntesten Vertreter hiervon sind C.
von Falkenhorst und Gustav Frenssen.
Zwischen 1894-1897 veröffentlichte C. von Falkenhorst sein elfbändiges Werk „Jung-Deutschland“.
Ziel dieses Buches ist zur Belehrung und Vermehrung geographischer Kenntnisse beizutragen.
Ziel der Deutschen Nation müsse sein diesen „Kindern“ (den Afrikanern) den „Samen der Kultur“ einzupflanzen, wenn notwendig mit Waffengewalt.
Der Pfarrer Gustav Frenssen schrieb „Peter Moors Fahrt nach Südwesten mit den Leitmotiven der „germanische Lust an der Fremde und am Krieg“ sowie das Lob der Härte „ Es ist wunderbar, wie viel der Mensch ertragen kann.
“
Mit „Peter Moors Fahrt nach Südwesten“ wollte er die Jugend intellektuell und emotional auf kriegerische Taten vorbereiten, indem er andere Völker als Untermenschen diskriminierte, als feige charakterisierte und ihnen jedes eigene Recht absprach.
Neue Sachlichkeit
Der Volksschullehrer Heinrich Wolgast veröffentlichte 1896 die Streitschrift „Das Elend unserer Jugendliteratur.“
Er stand den Sozialdemokraten nahe und wurde als vaterlandsfeindlich und kirchenfeindlich beschimpft und obendrein war er noch „Sozialist.“
Er polemisierte gegen Indianerbücher und fade Erziehungstraktate.
Er forderte stattdessen die Erziehung zu „Konsumfähigkeit“ und „literarischer Genussfähigkeit“.
Wolgast war es ,der von der funktional-erzieherischen Literatur wegführen wollte und das Interesse auf die literarische Ästhetik lenkte.
In Anbedracht des Zitates von Theodor Storm:„ Wenn du für die Jugend schreiben willst, so darfst du nicht für die Jugend schreiben“ lehnte er fast gänzlich spezifische Kinderliteratur ab.
Ein anderer wichtiger Künstler jener Jahre war Heinrich Vogeler, der 1907 Illustrationen zu den „Märchen Grimms“ vorlegte und zu den romantischen Märchen von Brentano und Tieck.
Hier erkennt man den bis zur heutigen Zeit einzigartigen Jugendstil.
Wenn auch die in Grenzen kritische Literatur des Jugendstils kaum gegen den vorherrschenden Patriotismus bestehen konnte, knüpfte er an die Unternehmungen von Jugendschriftbewegung und Kunsterziehungsbewegung an.
So fand Heinrich Wolgasts kritische Vorarbeit ihre Frucht in der neuen Kinder- und Jugendliteratur von Hermynia Zur Mühlen und Alex Wedding und natürlich Erich Kästner.
Kästners Kinderroman war das Ereignis der Kinder- und Jugendliteratur in der Weimarer Republik.
Kästner hat hier die „Neue Sachlichkeit“, eine der wichtigen künstlerischen und literarischen Strömungen der zwanziger Jahre für die Kinder- und Jugendliteratur fruchtbar gemacht.
Seine Erzählung hat ihre Vorläufer und Parallelen. Um die Bedeutung von „Emil und die Detektive“ zu erkennen, muss man sich erinnern, dass zuvor von Carl Dantz „Peter Stoll, der Lehrjunge“ und von Wolf Durian „Kai aus der Kiste“ entstanden waren, worin zum ersten Mal die Großstadt als Subjekt der Kinder- und Jugendliteratur ihren Platz gefunden hat.
Stadt muss sich jetzt nicht mehr gegen eine vorgebliche heile Bergwelt oder idyllisches Kleinstadtleben legitimieren .Der Kern von Durians Buch ist der Aufstieg eines „dreckigen Straßenkönigs“ zum „Reklamekönig“. Durians Kinderroman schildert einen sozialen Aufstieg, der merkwürdig zu drohenden Weltwirtschaftskrise kontrastiert.
Der Kritiker M. Reich-Ranicki hat über Kästner gesagt, dass er „wie keiner vor ihm, die Alltagssprache der Großstadtkinder belauscht und fixiert“ habe.
Als neu wurde Kästners Hinwendung zur Realität erkannt, und „Emil und die Detektive“ als Kinderroman der Neuen Sachlichkeit bestimmt.
Wie modern Kästner jedoch wirklich war sieht man erst im Vergleich mit Büchern ,die NS-Ideologien propagieren wie z. B Bücher von Schenzinger und Weidenmann.
Bei Weidenmann heißt es z.
B über den idealen Jungen: „Sie fühlen sich im künstlichen Licht der Städte nicht wohl und suchen ihr Leben draußen vor der Stadt im freien Land.“
Ohne die Parallelen zu anderen Großstadtbeschreibungen überbewerten zu wollen, ist wichtig, dass Kästner Emil in der Großstadt Berlin versetzt. Es ist das Leben der Straße, das ihn wachwerden lässt und lehrt, Gefahren zu meistern. Emils Weg führt raus aus der Provinz – von Neustadt nach Berlin – und rein in die Stadt.
Kästners Bücher wurden am 10. Mai 1933 von den Nationalsozialisten zusammen mit zahlreichen Autoren verboten und verbrannt.
Tonangebend wurden Wilhelm Fronemann, Severin Rüttingers und Eduard Rothmund.
Fronemann wendet sich gegen die Entwicklung und gegen den literarischen Fortschritt, und wirft Wolgast vor, dass dieser einseitig auf die Dichtung orientiert gewesen sei und das belehrende Buch vernachlässigt hätte.
1927 veröffentlichte Wilhelm Speyer: „ Der Kampf der Tertia“. Speyers Roman spielt fern von der Stadt in einem Landerziehungsheim. Die Stadt ist das Bedrohliche, dem zu widerstehen ist. Die Schüler in Speyers Erzählung sind elitär, konservativ.
Sie orientieren sich an aristokratisch-altertümlichen Vorbildern. In diesen Jugendlichen gehen Tierliebe und ungezügelte Gewaltphantasien eine seltsame Mischung ein. Sie lernen gemeinsam und sind doch straff-autoritär, hierarchisch organisiert.
Jugendliteratur im Dritten Reich
Die nationalsozialistische Kinder- und Jugendliteratur war gelenkte Literatur, was bestimmend zu ihrer inhaltlichen und formalen Dürftigkeit beitrug.
Alles geschah zum Lobe des nationalsozialistischen Regimes.
Schreiben für Kinder und Jugendliche war Instrument von Politik und Pädagogik ,nicht etwa Selbst- oder Welterfahrung: Eine Selbstentwicklung sollte gerade zu verhindert werden.
Ein Autor dieser Zeit war Joseph S. Viera. Er begann mit rassistisch eingefärbten Kolonialerzählungen für junge Leser abgelöst durch nationalsozialistische Propagandaschriften, die Wandlungs- und Bekehrungserlebnisse zum Thema haben, durchaus in der Nachfolge Schenzingers. In seinenWerken scharen sich die Guten um Hitler, die Schlechten rüsten zu Verrat, Lüge und Mord.
Alfred Weidenmann verfolgte die realitätsnahe Darstellung des proletarischen Lebens: Arbeitslosigkeit, Wohnsituation, Familienverhältnise, alles in bedrückender Enge. Gegen diese Enge setzte er die „Wohlanständigkeit“ der Hitlerjugend.
In seinen Werken propagierte er soldatische Tugenden ,durch die ein „hartes Geschlecht heranwächst.“
Die ideale Gemeinschaft ist das Militär und somit zugleich vorbildich für den künftigen Aufbau des Volkes.
Fritz Steuben stellt im Gewand des Indianerbuches metaphorisch die Verjagung der Deutschen aus Polen dar.
Seine Indianerbücher hielten die Erinnerung daran wach, dass Heimat etwas ist was, das durch Kampf und Krieg bewahrt werden muss.
1938/39 erhielt er den Hans-Schemm-Preis des nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB).
Steuben selbst machte nie einen Hehl daraus ,dass Hitler und das Dritte Reich ein „neues Deutschland“ für ihn verkörperten.
Steuben verniedlichte den Krieg und arbeitetet darauf hin , den Menschen als bloßen Tötungsautomaten zu begreifen ,der imstande sein musste besinnungslos die anderen, seien es „Kosaken und Tataren“ oder Neger „niederzumetzeln“
Seit seinem Buch „Tecumseh der Berglöwe“ überkreuzen sich beständig zwei Geschichten: Der Kampf um die Heimat und die Schilderung einer Eroberung. Es geht immer mehr um das „germanische Blut, das Herrenblut“.
Die Eroberung des Neuen Lebensraumes im Wilden Westen setzt er in Parallele zur imperialistischen Siedlungspolitik der Nationalsozialisten und ihres Eroberungswillen im Osten.
Steubens Texte ebenso wie die Schenzingers, Vieras, Vespers oder Weidermanns dienten allesamt der ideologischen Aufrüstung.
Neuer Realismus
Leichter als die Literatur hatte es die Kinder- und Jugendliteratur nach dem Ende der NS-Zeit, sich von den NS verschmutzten Teilen der Literatur zu lösen.
Man dachte ein Rückgriff auf die Religion sei eine Antwort auf den Fehlgriff in die Politik.
Eine Annäherung an die Wirklichkeit der ersten Nachkriegsjahre gab es jedoch nicht.
Schwarzmarkt, Arbeitslosigkeit sowie NS-Verbrechen blieben Tabu Themen.
In Kunstmärchen dagegen spielten das Weihnachtsfest und der Advent des Herrn eine große Rolle.
Gegen diese rührselig religiös gefärbten Texte, und zunehmenden Schmutz- und Schundhefte,
stelle sich 1949 Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“.
„Pippi Langstrumpf“ trat gegen das traditionelle Kinderbuch auf.
Diese phantastische Erzählung markierte die Grenze der üblichen Kindergestalten der bisherigen Kinder- und Jugendliteratur.
Seit „Pippi Langstrumpf“ war in der Kinder- und Jugendliteratur die erwachsene Autorität, die seit zwei Jahrhunderten unangefochten war, nicht mehr selbstverständlich.
Lindgren hat nicht nur mit diesem Buch Maßstäbe gesetzt. Gleiches gilt für ihre Geschichten um „Kalle Blomquist“ , „Die Brüder Löwenherz“, und „Ronja Räubertochter“.
Zu dieser Zeit kamen auch die Bücher des Nationalsozialisten Steuben wieder in Mode.
Eine andere Autorin ,die diese Zeit neben Lindgren prägte war Enid Blyton.
Besonders geliebt und gelesen wurden die Geschichten der „5 Freunde“ und die Serien „Geheimnis um.
...“ und „Abenteuer um ...
„.
Ein Merkmal ihrer Bücher sind aufgeweckte Helden/Heldinnen, die in die Welt der Erwachsenen eingreifen.
Sie wählte immer ungewöhnliche Handlungsplätze aus z. B Burgen, Täler, Inseln...
..
Außerdem bedient sie sich bekannter literarischer Requisiten wie z. B Schatzsuche, unerwartete Begegnungen, sonderbare Geschehnisse, Mitternacht und geheime Gänge.
Aber alles bleibt im Rahmen.
Wenn wir dem äußeren Handlungsablauf der Serien von Enid Blyton folgen, der sich vor allem durch Freizeitleben in der Gruppe charakterisieren lässt, eingebettet in die sorglose Geborgenheit der Mitternachtschicht, angesiedelt in ländlich-dörflichem Bereich oder in pittoresker Abenteuerwelt, ergibt sich ein Abbild unbeschwerten Kinderlebens.
Noch zu erwähnen ist Erich Kästner ,der erneut mit seine Werken Akzente setzt, hiermit sind die Bücher „Konferenz der Tier“ und „Das doppelte Lotchen“ gemeint.“
Was ist ein Kinderbuch
Kinderliteratur definiert Klaus Doderer alles, was für Kinder im speziellen produziert wurde, also spezifische Kinderliteratur.
Aber zur Kinderliteratur zählt er auch solche Schriften, die von Kindern konsumiert werden, ohne dass sie speziell für sie verfertigt würden wie z. B die Tageszeitung.
Kinderliteratur ist ein Sammelbegriff, er umfasst, belletristische Werke, Sach- und Fachbücher und jene Produkte, die für Schul- und Vorschulkinder bis zum Eintritt in die Pubertät hergestellt und dieser Lesergruppe angeboten werden.
Der Begriff „Kinderliteratur“ geht auf die Philanthropen zurück.
Von der Struktur her gibt es keine Gattung der Epik, Dramatik, Lyrik oder der Sachtexte, die nicht auch als Kinderliteratur auftritt wie z. B: Kurzgeschichten, Roman, Kinderreim und Stimmungsgedicht.
Es ist erkennbar, dass den Kindern auf ihren unterschiedlichen Entwicklungsstufen Verschiedenes angeboten wird.
So kommt es, dass im Vor- und Grundschulalter märchenhafte Motive favorisiert oder bei 10-12 Jährigen Abenteuerstoffe beliebt sind.
Drei Quellen sind es, aus denen sich die Kinderliteratur speist:
Die speziell für Kinder verfasst wurden
Die aus Erwachsenen Literatur übernommen wurden
Volksliteratur
Erkennbar sind im Laufe der letzten 2 Jhdt. wechselnde Gattungsschwerpunkte: Die Aufklärungsperiode legte Wert auf die moralische Geschichte, das 19 .
Jhdt auf das Kindergedicht, Märchen und das Mädchenbuch, das 20 Jhdt auf Umwelterzählungen und nach dem 2WK auf die Phantastisch Erzählung und die sozialkritische-realistische Kindergeschichte.
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