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  Homo faber

       Max Frisch   (1911-1991)                               Analyse   Name: Martin März Kurs: GK Deutsch 12 Datum: 17.12.2001 Gliederung      1. Gliederung 22. Leben und Werk 32.1.

Übersicht: bedeutendste Werke Max Frisch 43. Erzählkern 54. Tektonik und Figurenkonstellation 74.1. Beziehungsschema zwischen den einzelnen Figuren 145. Fragen des Stils 155.

1. Besonderheiten der einzelnen Sätze 155.2. Schlüsselzitate und Erzählperspektiven 185.3. Frischs Quellen 216.

Autorintention und eigene Wirkung 227. Begriffserklärung 247.1. Roman 247.2. Rhetorische Figuren 248.

Literaturverzeichnis 25         Alle Seitenangaben in der folgenden Analyse beziehen sich auf Homo faber – Ein Bericht aus dem Suhrkamp Verlag 1977. Aufgrund fehlender Zeilenangabe wird stets nur die ungefähre Zeile angegeben (z.B. „oben“, „1. Absatz“, „2. Absatz“, .

..).   Wörter: 8159         Leben und Werk   D er Schweizer Schriftsteller Max Frisch wird am 15.05.1911 in Zürich geboren.

Er wird 1936 durch den Tod seines Vaters, dem Architekten Franz Bruno Frisch, scheinbar indirekt zu einem Studium der Architektur an der Eidgenössischen Hochschule in Zürich angeregt, während seine Mutter, die als „Kindermädchen“ fremde Länder bereist, Frisch wohl in seiner späteren Berufswahl als Schriftsteller und Journalist bedeutend beeinflusst. Als Schüler besucht Max Frisch das Kantonale Realgymnasium in Zürich, dort zeigt er sich früh theaterinteressiert und bereits als Sechzehnjähriger schreibt er sein erstes Schauspiel. Schon damals strotzt Frisch nur so vor Selbstbewusstsein und er schickt dieses Schauspiel dem populären Regisseur Max Reinhard. Nach dem Abitur beginnt er zunächst Germanistik zu studieren, um seinem Berufsziel „Schriftsteller“ näher zu kommen, seit 1931 ist Frisch freier Mitarbeiter der Neuen Zürcher Zeitung. Er bricht dieses Studium jedoch nach dem Tod seines Vaters ab, um wie erwähnt Architektur zu studieren. Der Literatur bleibt Frisch aber trotz allem treu, ab 1944 beschäftigt er sich, anstatt mit Reißbrett und Messlatte wieder ausschließlich mit Block und Bleistift.

Er verfasst zwei Jahre später ein Prosawerk mit dem Titel: Ein Tagebuch mit der Geschichte von Marion, welches wegweisend für sein weiteres Leben sein soll. Es handelt von einem Puppenspieler, der die Welt nicht recht verstehen kann und später Selbstmord begeht. Des Weiteren unternimmt Frisch nun Reisen durch Europa, Amerika und Mexiko (1951/52), die er in mehreren Werken verarbeitet: Durch die Romane Stiller (1954), Homo faber (1957) und Mein Name sei Gantenbein (1964) wird er als Schriftsteller über Europa hinaus populär. Alle drei Werke handeln von der Schwierigkeit des Menschen, sich selbst und seine eigene Identität zu finden. Sein wohl berühmtestes Werk ist das Drama Andorra (1961), wo Vorurteile gegenüber Juden und die Folgen des Antisemitismus dargestellt werden. Max Frisch lebt somit nach Auflösung seines Architekturbüros 1955 als freier Schriftsteller und „Weltenbummler“, unter anderem in New York (à Verbindung zu Homo faber), Berlin und Berzona (Tessin).

1968 heiratet der Schriftsteller in zweiter Ehe Marianne Oelers (Scheidung 1979). Bis zu seinem Tod am 4. April 1991 in Zürich schreibt er sein Tagebuch (1972), eine Montage aus Reisenotizen, Selbstreflexionen und Porträts von zeitgenössischen Künstlern, die autobiographische Erzählung Montauk (1975; hier ist das Kernthema die Liebesaffäre eines alternden Helden mit einer weitaus jüngeren Frau à Ähnlichkeiten zu Homo faber) sowie die Erzählungen Der Mensch erscheint im Holozän (1973) und Blaubart (1982), was gleichzeitig sein letztes Werk darstellt. 1980 wird die Max-Frisch-Stiftung gegründet, ein Jahr später das Max-Frisch-Archiv der ETH Zürich (Eidgenössisch Technische Hochschule Zürich). Frisch erhält für seine literarische Arbeit zahlreiche Preise, darunter den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis (1939), den Rockefeller Grant for Drama (1951), den Wilhelm-Raabe-Preis (1954), den Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung (1955), den Literaturpreis der Stadt Jerusalem (1965), den Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (1976), und kurz vor seinem Tod die Heinrich-Heine-Auszeichnung der Stadt Düsseldorf (1989). Zusammen mit Friedrich Dürrenmatt gehört er zu den wichtigsten Vertretern der schweizerischen Literatur der Nachkriegszeit.


Max Frischs Werke, stets sehr zeitkritisch, thematisieren Aspekte wie Selbstentfremdung und das Ringen um Identität in einer ebenso entfremdeten Welt. Übersicht: bedeutendste Werke Max Frisch   Titel Jahr Gattung Nun singen sie wieder 1945 uraufgeführt Drama Die Chinesische Mauer 1946 uraufgeführt Drama Als der Krieg zu Ende war 1949 Drama Tagebuch 1946-1949 1950 Aufzeichnungen Don Juan oder die Liebe zur Geometrie 1953 uraufgeführt Drama Stiller 1954 Roman Homo Faber 1957 Roman Biedermann und die Brandstifter 1958 uraufgeführt Drama Andorra 1961 Drama Mein Name sei Gantenbein 1964 Roman Tagebuch 1966-1971 1972 Aufzeichnungen Montauk 1975 Erzählung Der Mensch erscheint im Holozän 1979 Erzählung Triptychon 1979 uraufgeführt Drama Blaubart 1982 Erzählung   Erzählkern   M ax Frischs Roman (und Bericht) ist in zwei Stationen eingeteilt. Er beginnt damit, dass der Schweizer Ingenieur Walter Faber im Flugzeug von New York nach Caracas/Venezuela sitzt. Bei dieser Dienstreise lernt er den Unternehmer Herbert Hencke kennen, der wie sich später herausstellt der Bruder eines alten Jugendfreundes Fabers ist. Bei einer Zwischenlandung in Houston bricht Faber zusammen, und als ob er es gewusst hätte, dass sein Flugzeug später in der Wüste von Tamaulipas notlanden muss, weigert er sich weiterzufliegen, wird aber schließlich von einer Stewardess zurück ins Flugzeug gebracht. Während des viertägigen Aufenthalts werden er und Hencke Freunde und Faber beschließt entgegen seinen dienstlichen Anweisungen, die ihn nach Caracas zu einer technischen Montage führen, Hencke zu einer Tabakplantage nach Guatemala zu begleiten.

Dort soll auch sein Jugendfreund Joachim sein, der Fabers damalige Lebensgefährtin Hanna Landsberg geheiratet hatte. Doch von diesem finden die beiden Europäer nur noch seinen Leichnam vor, Joachim Hencke war in den Freitod gegangen. Herbert bleibt auf der Plantage, Faber jedoch kehrt über Caracas nach New York und schließlich nach Europa zurück. Während seiner Schiffsreise von New York nach Le Havre/Paris trifft er auf die Studentin Elisabeth Piper. Sie ist auf dem Weg zu ihrer Mutter nach Athen. Zufälligerweise ist ihre Mutter jene Hanna Landsberg.

.. und „Sabeth“ Fabers Tochter. Auf ihrer nun gemeinsamen Reise von Paris nach Athen kommt es zu einem tragischen Ereignis. Zunächst macht Faber seiner eigenen Tochter einen Heiratsantrag, den sie jedoch ablehnt, kurze Zeit später in Avignon jedoch kommt es zum Inzest. Als Faber später realisiert, dass Sabeth seine eigene Tochter ist, geschieht zuvor ein weiteres Unglück: Sabeth wird am Strand von Korinth von einer Schlange gebissen und stürzt eine Böschung hinunter.

Vater Faber bringt sie nach Athen, trifft dort nach über 20 Jahren erneut auf Hanna; die gemeinsame Tochter stirbt an den Folgen des nichtdiagnostizierten Schädelknochenbruchs, ausgelöst durch den Sturz.   J ene zweite Station bringt Faber während seines Aufenthalts im Krankenhaus für eine anstehende Magenoperation zu Papier, beginnend am 19.07.1957 und endend am 26.07. des selben Jahres.

Als er feststellt, dass seine alte New York er Wohnung vergeben ist, besucht der den mittlerweile völlig apathischen Herbert Hencke in Guatemala. Dann in Caracas kann Faber seine Montage nicht beenden, und muss sich einem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt unterziehen, hier schreibt er, wie oben erwähnt die erste Station. Anschließend fliegt Walter Faber über Kuba, wo er drei Tage verweilt, und sich für das unbesorgte Leben begeistert, nach Europa zurück, genauer gesagt nach Düsseldorf. Der Ingenieur stattet der Firma Hencke-Bosch einen kurzen Besuch ab, um sie über die Geschehnisse in Guatemala (Joachim Henckes Tod) aufzuklären. Dabei werden seine Filmaufnahmen, u.a.

mit Sabeth vorgeführt. Sehr berührt verlässt er die Firma, trifft sich mit einem gewissen Professor O. in Zürich und fliegt dann nach Athen weiter. Der Protagonist trifft noch kurz auf Hanna bevor er sich einer Magenoperation zu unterziehen hat, die wahrscheinlich sein Lebensende (Magenkrebs) darstellen soll.     Tektonik und Figurenkonstellation   F rischs Roman kann grob in drei Teile unterschieden werden, welche sich noch je in mehrere Partien unterteilen. Der erste Teil findet vor der eigentlichen Handlung statt, Faber erzählt aus seiner Vergangenheit.

Dazu zählen einzelne Abschnitte, wie die Liebe mit Hanna und die „Fast-Heirat“ mit ihr (S.32/33), Fabers Studium an der ETH (Eidgenössisch Technische Hochschule) Zürich (S.33 oben), sowie die Heirat von Joachim und Hanna etwas später (S.56, 2. Absatz). Der zweite Abschnitt kann in sechs Partien eingeteilt werden: Zunächst der Flug Fabers in Richtung Caracas und die Notlandung in der Wüste (Anfang bis S.

33), gefolgt von Fabers Entschluss, „[...] eine Dienstreise einfach zu ändern und einen privaten Umweg über Guatemala zu machen“ (S.33, Partie 2 – Joachims Plantage und fortgeführte Dienstreise nach Caracas: S.33-57), seinem Kurzaufenthalt in New York mit seiner Geliebten Ivy (S.

57-68), die Schiffsreise nach Europa und das Zusammentreffen mit Elisabeth (S.69-96), und abschließend die letzten beiden Partien (Europareise nach Athen mit Sabeth [S.100-123] und der Urlaubsaufenthalt in Athen mit dem sich anschließendem Tod von Elisabeth/Wiedersehen mit Hanna [S.125-161]Anfang ZWEITE STATION). Den dritten Teil wiederum kann man in drei Unterpartien gliedern: Der zweiten Reise nach Caracas, eingeschlossen ein Krankenhausaufenthalt, und dem kurzen Abstecher bei Herbert Hencke auf dessen Plantage (S. 161-172) folgt ein Aufenthalt in Kuba (S.

172-182) und schließlich die Rückreise nach Europa/Athen über Düsseldorf (Videovorführung) und Zürich(Professor O. - Café) (S.185 bis Ende), wo sich ein weiterer Krankenhausaufenthalt anschließt. Allgemein lässt sich zu Frischs Roman sagen, dass dieser in analytischer Form geschrieben ist, das heißt, dass die eigentliche Handlung vor seinem Beginn liegt. Eine Besonderheit in Homo faber kommt der Vielzahl von Ellipsen zu (z.B.

„Rauchen gestattet“, S.8 oben; „Aufenthalt: 20 Minuten!“, S.11 oben; „Der pfeifende Wind im Kamin – Wellenschäume – Einmal ein Frachter am Horizont - “, S.79 unten), man kann des Öfteren (den ganzen Roman durchziehend) eine Verkürzung des Syntaxes beobachten. Dabei kommt diesen elliptischen Sätzen oft kaum inhaltliche Bedeutung zu, jedoch sind Ellipsen Frischs am meisten verwendete rhetorische Figuren, es gibt kaum einen Abschnitt in seinem Roman, der „ellipsen-frei“ ist. Die Tagebuchform kommt hierdurch verstärkt zum Ausdruck (Näheres zu Ellipsen: siehe 5.

Stilfiguren). Auch sind diese elliptischen Gliedsätze meist völlig aus dem Zusammenhang gerissen und passen weniger gut in das Inhaltsgefüge (z.B. „[...

] aber es blieb uns nichts anderes übrig, da auf unser Hupen und Pfeifen, oft genug wiederholt, keinerlei Antwort erfolgte – Die Sonne stieg. Dann eine Gruppe von Indios, [...], die uns sagten, ihr Seňor sei tot.“, S.

54, 3. Absatz; __ = Kennzeichnung des Verfassers), sie werden einfach eingefügt, wie sie dem Tagebuchverfasser (Faber) seinen Eindrücken entsprechend in den Sinn kommen. Häufig kommt es zu verkomplizierten Satzkonstruktionen, dabei wird z.B. ein Attribut hinten an das Ende eines Satzes angehangen (z.B.

: „Mister Lewin wurde geradezu amüsant, da er Wein nicht gewohnt war, und hatte plötzlich Mut genug, mit Sabeth zu tanzen, der Riesenkerl [...]“, S.89 – 3. Absatz; Kennzeichnung des Verfassers; „Es war schwüler als je, moosig und moderig, [.

..]“, S.42 – 3. Absatz; Kennzeichnung des Verfassers). Außerdem fällt ein teilweise originaler Sprachgebrauch Frischs auf.

Besonders der Hang zu Anglizismen wird mehr als einmal deutlich, so nimmt Walter Faber in einer Bar „einen Drink“ zu sich (S.11 oben) oder deutet während des Aufenthalts in der Wüste ironisch auf englisch an: „Hotel Super-Constellation, Holiday in Desert With All Accommodations!“ (S. 24 oben), was soviel bedeutet wie, „’Flugzeughotel’, Ferien in der Wüste mit allen Annehmlichkeiten“. Ebenfalls in englischer Sprache verfasst sind die Ansprachen des Flugzeug- bzw. Flughafenpersonals („Your Attention please“, S.11 unten; „There is no danger at all“, S.

16 Mitte; „Please to the information desk!“, S.13 - 2. Absatz). Laut Definition ist ein Roman eine Prosaerzählform umfangreicher Art (siehe 7.1. Roman), in der die Darstellungsform frei wählbar ist.

Frisch wählte für sein Werk die Berichtform, schon im Titel des Buches heißt es: „Homo faber – Ein Bericht“ (z.B. Titelcover), es wird in Tagebuchform berichtet (Frisch setzt schon am Anfang des Romans mit der Berichtform ein: „Wir starteten in La Guardia, New York, mit dreistündiger Verspätung infolge Schneestürmen“, S.7 oben; „Ich war todmüde“, S.7 - 2. Absatz; „Endlich ging’s los“, S.

7 - 3. Absatz). Auch eine durchgehende Erzählweise, die durch eigene Reflexionen und Einwürfe (z.B.: „Sie lebt? - Ja sagt sie – Von Begrüßung kein Wort. – Dr.

Eleutheropulos war gerade hier.“ S.126 Mitte; Kennzeichnung des Verfassers) des Protagonisten Walter Faber ergänzt wird, kann in Homo faber festgestellt werden. Bis auf eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Ellipsen herrscht in Homo faber eher ein Mangel an rhetorischen Figuren. Das Oxymoron „blühende Verwesung“, welches gleichzeitig eine Synästhesie ist, und die Synästhesie im gleichen Satz, „es stinkt nach Fruchtbarkeit“ sind eher eine Ausnahme, wenn man den gesamten Roman betrachtet („Was mir auf die Nerven ging: die Molche in jedem Tümpel, in jeder Eintagspfütze ein Gewimmel von Molchen – überhaupt diese Fortpflanzerei überall, es stinkt nach Fruchtbarkeit, nach blühender Verwesung“. S.

51 oben).       I m Wesentlichen gibt es im Roman Homo faber drei Hauptpersonen, in deren Mittelpunk der Architekt Walter Homo Faber steht. Zusammen mit Hanna Landsberg und Elisabeth Piper ist die gesamte Handlung um diese drei Personen aufgebaut. Andere Figuren wie Herbert und Joachim Hencke, Marcel oder Ivy treten nur sporadisch in Erscheinung, beeinflussen die Handlung jedoch insofern, dass Walter Faber stets eine mehr oder weniger starke emotionale Bindung gegenüber diesen Personen entwickelt(e). Um Ivy und Herbert als Beispiel anzuführen: Sie ist seine Lebensgefährtin und Geliebte in New York, Herbert ist der Bruder von Joachim, einem alten Jugendfreund Fabers, was somit ebenfalls für eine Verknüpfung zwischen Faber und ihm spricht. Der Protagonist Walter Faber ist gleichzeitig Ich-Erzähler des Romans, er schreibt seine Erlebnisse in Tagebuchform nieder und teilt sie dem Leser in dieser Form mit, was zur Folge hat, das sich der gesamte Roman in leicht ungeordneter und loser Abfolge darstellt.

Durch diese Tagebuchform berichtet Faber auch von seinem jüngeren Leben, er wird am 29.04.1907 in einem bürgerlichen Elternhaus geboren. Während der Romanhandlung ist Walter Faber gut 50 Jahre alt. Des öfteren erwähnt er seine Dissertation „Über die Bedeutung des sogenannten Maxwell’schen Dämons“, die er während seiner Zeit an der ETH Zürich verfasst. 1936 lernt er Hanna Landsberg kennen, von der er den Namen „Homo faber“ erhält; es bedeutet soviel wie „geschickter Mensch“.

Hier wird auch das erste Mal Fabers rationalistisches Weltbild und sein Bezug zur Technik erwähnt, Faber sagt: „Ich bin Techniker und gewohnt, die Dinge zu sehen, wie sie sind“ (S.24, 2. Absatz). Für alle anderen Passagiere der abgestürzten Maschine in der Wüste ist der Mond „[...

] zwischen schwarzen Agaven am Horizont [...]“ (S.23 unten) ein „Erlebnis“ (S.24, oben: „Er fand es ein Erlebnis“), der Techniker Faber jedoch fragt sich, „[.

..] wieso ein Erlebnis?“ (S.24, 2. Absatz). Sachlich erklärt er lieber, was der Mond ist: „[.

..] eine errechenbare Masse, die um unseren Planeten kreist, eine Sache der Gravitation [...]“(S.

24, 2. Absatz). Faber glaubt nicht an „[...] Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen“ (S.

22, 1. Zeile), und er betont hiermit ein weiteres Mal seine Kompetenz als Techniker und Rationalist. Nicht nur über die staunenden Leute in der Wüste Tamaulipas macht er sich lustig, wegen einem solchen „Ereignisses“, auch gegenüber Frauen und anderen Völkern lässt sich Fabers arrogante Einstellung, teilweise sogar Intoleranz, erkennen. Schon allein durch seine Arbeit bei der UNESCO, dem technischen Hilfswerk für unterentwickelte Völker (Kennzeichnung des Verfassers) lässt Faber dies durchblicken. „Ich setzte mich an meine Platz und berichtete, um nicht unausstehlich zu sein, von meiner Tätigkeit, technische Hilfe für unterentwickelte Völker, ich kann darüber sprechen, während ich ganz andres denke.“(S.

10 – Beginn des 2.Absatzes; Kennzeichnung des Verfassers). Besonders der zweite Teil des eben zitierten Satzes deutet auf die ablehnende Haltung Fabers gegenüber den nichtzivilisierten Völkern der dritten Welt hin, während er noch darüber spricht, denkt er schon wieder an etwas ganz anderes, nicht zum Beispiel an eine Ebenbürtigkeit jener. Die Mayas, „[...

] mit ihrer Mathematik, die man anerkennen muss [...]“ (S.44 unten) waren trotz dessen laut Faber „[..

.]dem Untergang geweiht - “ (S.44 unten). Der Techniker Faber findet es „ein kindisches Staunen“ (S.44 - ca. Beginn 3.

Absatz), wie die Mayas ihre Tempel bauten und als ebenfalls „kindisch“ und „weibisch“ (S.24: „Wozu weibisch werden?“) erachtet er etwas zu „erleben“. Auch andere Personen, die Faber während seinen Reisen trifft, behandelt er teilweise herablassend und unhöflich, wie z.B. seinen Flugnachbarn Herbert Hencke („Menschen sind anstrengend.“ S.

8 – 2. Absatz; „[...] meinerseits keinerlei Bedürfnis nach Bekanntschaft.“ S.

8 – 2. Absatz) oder den Studenten Marcel („Manchmal ging er mir auf die Nerven wie alle Künstler, die sich für höhere oder tiefere Wesen halten, bloß weil sie nicht wissen, was Elektrizität ist.“ S.39 unten), mit dem er ein paar Tage im Dschungel von Yucatan verbringt (à auf dem Weg zu Joachim Henckes Plantage). Als Techniker hasst Faber natürliche Einflüsse („Was mir auf die Nerven ging: die Molche in jedem Tümpel, in jeder Eintagspfütze ein Gewimmel von Molchen – überhaupt diese Fortpflanzerei überall, es stinkt nach Fruchtbarkeit, nach blühender Verwesung“. S.

51 oben), er liebt es unter anderem rasiert zu sein. „Ich fühlte mich nicht wohl, wenn unrasiert; nicht wegen der Leute, sondern meinetwegen. Ich habe dann das Gefühl, ich werde etwas wie eine Pflanze, wenn ich nicht rasiert bin, und ich greife unwillkürlich an mein Kinn.“ (S.27 – 3. Absatz).

Im Folgenden wird Fabers rationalistisches Weltbild verstärkt: „Ich holte meinen Apparat und versuchte alles mögliche, beziehungsweise unmögliche, denn ohne elektrischen Strom ist mit diesem Apparat ja nichts zu machen, dass weiß ich – das war es ja, was mich nervös machte: dass es in der Wüste keine Strom gibt kein Telefon, keinen Stecker, nichts (S. 27 – 3. Absatz).“ Ohne Strom (und somit „Zivilisation“) kann der Techniker Faber nicht leben, er unternimmt so z. B. all seine Reisen mit Transportmitteln wie Flugzeug, Schiff oder Auto (z.

B. New York – Caracas). Er muss außerdem, ohne etwas erreicht zu haben, seine erste Dienstreise nach Caracas wegen noch nicht eingetroffener Turbinen später wiederholen. Durch diese technische Betrachtungsweise der Welt und überhaupt des Lebens unterscheidet sich Faber deutlich von der Künstlerin Hanna Landsberg („[...

] sie. Ich habe offen gesprochen, nie daran geglaubt, dass Philologie und Kunstgeschichte sich bezahlt machen.“ S.143 – letzter Absatz). Dies spiegelt sich u. a.

schon in der unterschiedlichen Auffassung von Erziehung der beiden wieder: Dass Hanna ihr Kind (Elisabeth) allein aufgezogen hat und als eine der wenigen Frauen arbeitet, betrachtet Faber etwas argwöhnisch und mit einem gewissen Neid („Es steht ihr, eine Arbeit zu haben. Schon in der Ehe mit Joachim, scheint es, hat sie stets gearbeitet, Übersetzungen und Derartiges. Und in der Emigration sowieso.“ S. 143 – letzter Absatz). Die emanzipierte Frau Hanna Landsberg hat Walter Faber vorzuwerfen dass er einmal sagte „dein Kind“, anstatt „unser Kind“.

Hanna wird von Faber mit grauen Haaren, kleiner Gestallt beschrieben (S.125 unten). „[...] abgesehne von ihren blauen Augen [.

..]“ (S.126 oben), könnte es das Gesicht „[...

] von einem alten Indio sein“ (S.126 oben). Faber ist erstaunt von Hannas Aussehen („Hanna mit weißen Haaren!“ S.126 – 2. Absatz), aber auch von ihrer Lebensart („Du hast dich verändert!“ S.133 Mitte; „<<Hanna>>, sage ich, <<du bist ja fortschrittlich geworden>>!“ S.

133 unten). Laut Faber ist die Wissenschaft „[...] ein männliches Monopol [..

.]“ (S. 133 unten), und genau dies ist der Grund für den starken Kontrast (und Konflikt), der zwischen den beiden Figuren besteht. Hanna hat sich in einer Branche, die in dieser Zeit hauptsächlich von Männern dominiert wird, etabliert, sie ist „hochgebildet“ (S.142 oben) und Dr. phil.

geworden. Faber spottet geradezu über sie, kann und will ihre Stellung in der Gesellschaft als selbst gebildeter Techniker nicht akzeptieren („Ich fand sie komisch, eine Frau von fünfzig Jahren, die wie ein Backfisch philosophiert, eine Frau, die noch so tadellos aussieht wie Hanna, geradezu attraktiv, dazu eine Persönlichkeit, das war mir klar, eine Dame von ihrem Ansehen, [...] wie eine Professorin, eine Nobelpreisträgerin! – sie tat mir leid.“ S.

140 unten; Kennzeichnung des Verfassers). So gibt es einen weiteren Kontrast zwischen Walter Faber und Hanna Landsberg, in Form der gemeinsamen Tochter Elisabeth „Sabeth“ /Elsbeth Piper. Durch den Inzest zwischen Faber und Elisabeth, der dadurch verursacht wurde, dass Hanna Faber dessen Vaterschaft vorenthalten hatte und dann Elisabeth allein großzog, entsteht Distanz zwischen Mutter und Vater. Der Inzest trägt maßgeblich dazu bei, dass Hanna von sich behauptet, ihr Leben sei „verpfuscht“ („[...

] Hanna, hätte nur ein einziges Leben, ein Leben, das verpfuscht sei [...]“, s.139 oben). Als Faber die junge Elisabeth Piper das erste Mal sieht, während seiner Schiffsreise, die er ja sowieso nur zufällig unternahm, fällt Sabeth ihm schon auf.

Er beschreibt sie als „ein junges Mädchen in schwarzer Cowboy-Hose , kaum kleiner als ich (Faber – Anmerkung d. Verfassers), Engländerin oder Skandinavierin, [...] ihren blonden oder rötlichen Rossschwanz, der bei jeder Bewegung ihres Kopfes baumelte“ (S.70 oben).

„Sie trug [...] einen schwarzen Pullover mit Rollkragen, [...

], dazu Halskette aus gewöhnlichem Holz, Espadrilles, alles ziemlich billig“ (S. 70 Mitte) (abwertende Meinung Fabers; Kennzeichnung des Verfassers). Elisabeth befindet sich auf dem Heimweg nach Europa, genauer Athen, sie kommt von einem einjährigen Universitätsaufenthalt in Yale (S.83 und 84). Die Studentin hat mit ihrer Mutter Hanna Landsberg ein hohes künstlerisches Interesse gemeinsam – während der Reise durch Europa, wo die junge Piper eine enge emotionale Bindung zu Faber aufbaut, besuchen die beiden zahlreiche Museen und Galerien. Begeistert von Sabeth entwickelt der sonst eher künstlerisch-desinteressierte Faber sogar ein gewisses kulturell-künstlerisches Verständnis.

(„Das war meine Entdeckung [...] Hier fand ich: großartig, ganz großartig, beeindruckend, famos, tiefbeeindruckend“, S.111 – 2. Absatz).

Des weiteren durchreisen beide gemeinsam die Metropolen Paris, Lyon, Rom und Athen, zuvor jedoch kommt es in der französischen Stadt Avignon zu einer (bis dorthin unbewussten) inzestuösen Vereinigung. Fabers Liebe zu Elisabeth wird schließlich mit ihrem Tod bezahlt. Außerdem „vereinigt“ sich diese tragische Ereignis mit dem Wiedertreffen Hannas nach über 20 Jahren – somit erhält die Beziehung Landsberg – Faber einen weiteren Riss. Fabers minderwertige Meinung von Frauen kann neben Hanna auch auf Elisabeth übertragen werden. Hat es zunächst noch den Anschein, durch die Liebe zu Sabeth hätte er seine Einstellung geändert, so wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass Faber sie mehr als junges Mädchen bzw. als Kind bezeichnet (S.

105 oben), jedoch: „Sabeth war schon eine richtige Frau, wenn sie so lag, kein Kind“ (S.81). Spricht Faber (bzw. Frisch) den Leser direkt an, so wird Sabeth als Frau dargestellt, bei einer Beschreibung jedoch, verrät Faber, dass er sie mehr als Kind sieht (s. Zitate oben). Eine weitere Geliebte in Homo faber ist Fabers New Yorker Lebensgefährtin Ivy.

Die modebewusste Dame der fünfziger Jahre („Ivy in ihrem Kolibri-Hütchen“, S.68) stellt in vielen Punkten das krasse Gegenteil zu der emanzipierten Hanna dar. Sie hängt sehr an Faber, und nicht einmal „Krach um jede Kleinigkeit“ (S.30 Mitte) bringt sie dazu, die Beziehung mit Faber zu beenden, im Gegenteil – der Protagonist beschreibt Ivy als „[...

] eine Art von Amerikanerin, die jeden Mann, der sie ins Bett nimmt, glaubt heiraten zu müssen“ (S.30 oben). Symbolisch für dieses anhängliche Verhalten steht ihr Name Ivy, der soviel bedeutet wie „Efeu“. Demnach bedrängt („umwickelt“) Ivy Walter Faber wie eine Schlingpflanze. Efeu ist giftig – gemäß diesem Satz entscheidet sich Faber, die Liaison mit ihr in Bälde zu beenden, auch aufgrund der Oberflächlichkeit der Beziehung (z. B.

: „Vater und Mutter hatte sie nie erwähnt, ich erinnerte mich nur [...];Kennzeichnung des Verfassers). „[..

.] Als sie die schweren Taue lösten“ (S.68 Mitte): Mit dieser Aussage ist einerseits das Ablegen des Schiffes vom Ufer, andererseits aber auch die nun lokale Trennung von Ivy gemeint, eine Last fällt von Faber (à die schweren Taue). In die Gruppe der „Kontrastfiguren“ reiht sich der US-amerikanische Musikstudent Marcel aus Boston ein, den Walter Faber während seiner Reise mit Herbert Hencke nach Guatemala begegnet. Er ist wie Hanna und Elisabeth künstlerisch interessiert, d.h.

der technisch-sachlichen Sichtweise Fabers steht die künstlerisch-ästhetische des Kunststudenten gegenüber. Faber fühlt sich durch Marcels ständigen Drang, etwas über die Kunst zu erzählen, leicht gestört, manchmal regelrecht genervt. So wird dieser ab und zu von Faber ironisch als „unser Ruinen-Freund“ (S.39 – letzter Absatz) bezeichnet, der viel „schwatzte“ („Nur unser Ruinen-Freund schwatzte viel [...

]“, S.39 – letzter Absatz). Marcels Hobby im Dschungel von Palenque besteht darin, Eins-zu-eins-Kopien von alten Maya-Reliefs anzufertigen („Seine Arbeit: er spannte Pauspapier über die steinernen Reliefs, um dann stundenlang mit einer schwarzen Kreide darüber hinzustreichen [...], S.

42 – 1. Absatz). Es bestätigt sich wieder einmal Fabers abwertende Haltung in bezug auf andere Lebenseinstellungen, wie hier die von Marcel. („[ ...

] die Maya liebt, gerade weil sie keine Technik hatten“, S.43 oben; Kennzeichnung des Verfassers; „Menschen sind komisch!“). Doch Walter Faber ist nicht der einzige, der Marcel nicht richtig ernst nimmt: sein vorübergehender Gefährte und Schachspielerfreund Herbert Hencke ist ein ähnlich von Technik begeisterter Zeitgenosse wie Faber, der Marcel nur als Künstler sieht. Schon seine vorurteilbelastete Aussage, wenn er über die russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg spricht, zeigt, wie er gegenüber anderen Personen auftritt (so auch seine Einstellung zu Marcel). Herablassend bezeichnet Hencke den russischen Soldaten hier mehrmals als „Iwan“ (S.9 unten; innerhalb von drei Zeilen wird dieser Begriff allein drei mal erwähnt), und dass dieser „[.

..] nur durch Waffen zu belehren sei“ (S.9 unten). Kurz darauf widerspricht sich Hencke, wenn er sagt, „Unterscheidung nach Herrenmenschen und Untermenschen, wie’s der gute Hitler meinte, sei natürlich Unsinn; aber Asiaten bleiben Asiaten“ (S.9 unten; Kennzeichnung des Verfassers).

Die Auffassung des 30-jährigen Deutschen ist noch vom Nationalsozialismus geprägt („[...] der gute Hitler [...

]“, S.9 unten). Der „Düsseldorfer“ entscheidet sich nachdem Joachim Hencke tot auf der „Hencke-Bosch-Plantage“ aufgefunden, wird allein dort zu bleiben. Faber besucht ihn dort im Laufe seiner Reisen ein paar Jahre später noch einmal, wo dieser völlig apathisch erscheint („Herbert war verändert, man sah es auf den ersten Blick [...

] sein Misstrauen“, S.166 Mitte; „Seinerseits keinerlei Pläne!“ S.167 – 2. Absatz) – Faber reist enttäusch weiter. Überhaupt spielen Reisen in Homo faber eine große Rolle. So gut wie alle handelnden Figuren, die im Roman auftreten, stammen nicht von dem „Fleckchen Erde“, auf dem sie sich gerade befinden.

Das heißt, jede der Hauptpersonen reist während der Romanhandlung, sei es Faber selbst mit seinen zahlreichen Unternehmungen (z. B. Schifffahrt nach Europa), Sabeth, die gemeinsam mit Faber eine Autoreise quer durch Europa unternimmt, oder Hanna die in ihrem Leben schon in Ostdeutschland, England oder Griechenland wohnte – für Faber ist jede seiner Reisen (Schauplätze sind: New York, Guatemala, Europa: Paris/Avignon/Rom/Neapel/Athen/Zürich, Venezuela und Kuba) nicht nur eine lokale, sondern auch eine mentale Veränderung. Im Einfluss der Zivilisation spottet er noch über das „Ereignis“ des aufgehenden Mondes (S.23 unten), während er später im „Taumel der Langeweile“ sogar die Lust am Filmen verliert, was sonst eine seiner Lieblingsbeschäftigungen darstellt („Sogar zum Filmen war ich zu faul.“ S.

40 unten). Ein anderes Beispiel sind Fabers Fortbewegungsmittel. Er startet mit dem hochmodernen, äußerst schnellen Flugzeug in New York, fährt dann später mit dem unbeweglichen Schiff nach Europa, unternimmt eine Autoreise durch Europa und versucht schließlich Sabeth mit einem Eselskarren ins Krankenhaus zu bringen. Dies kann symbolisch für seinen mentalen Abstieg stehen, aber zeigt ihm gleichzeitig auch auf, dass man die Gesellschaft/Welt nicht so rational wie er sehen kann. Für den „Sieg“ über ihn steht Hanna mit ihrem Weltbild (s. weiter oben), Fabers „Niederlage“ wird mit seinem (wahrscheinlichen) Tod umschrieben.

Dafür ein letzter Textauszug: „Heute nur noch Tee, noch einmal die ganze Untersucherei, nachher ist man erledigt. Morgen endlich Operation [...] Sie haben meine Hermes-Baby genommen (Anmerkung des Verfassers: seine geliebte Schreibmaschine) [..

.] Hanna ist nochmals da gewesen [...] Verfügung für Todesfall [..

.]“ (alles S.198/199). Erst deutet Faber seinen Tod mit „erledigt“ an, dann wird er „geschröpft“ indem man ihm seine Schreibmaschine, die er aufgrund vieler guter Dienste liebevoll „Hermes-Baby“ nennt, wegnimmt. Hanna als „besiegende Kraft“ taucht noch einmal bei ihm auf und schließlich besiegelt Faber verbal seinen Tod („Verfügung für Todesfall“). Er sieht ein, das er eine falsche Auffassung von vielen Sachen hat(te) und lässt zu guter Letzt anordnen, seine Zeugnisse, Berichte, Briefe etc.

zu vernichten – „es stimmt nichts“ (S.199 oben).       Beziehungsschema zwischen den einzelnen Figuren  HERBERT HENCKE JOACHIM HENCKE WALTER FABER HANNA LANDSBERG ELISABETH PIPER IVY MARCEL Jugendliebe Liebesbeziehung Urlaubsbekanntschaft Jugendfreundschaft Ex-Ehepartner Jugendfreundschaft Tochter Tochter und Geliebte Geschwister   Fragen des Stils   Besonderheiten der einzelnen Sätze   S. 180 unten – S.181 unten1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39   Ich hatte keinen besonderen Anlass, glücklich zu sein, ich war es aber. Ich wusste, dass ich alles, was ich sehe, verlassen werde, aber nicht vergessen: - die Arkade in der Nacht, wo ich schaukle und schaue, beziehungsweise höre, ein Droschkenpferd wiehert, die spanische Fassade mit den gelben Vorhängen, die aus schwarzen Fenstern flattern, dann wieder das Wellblech irgendwo, sein Hall durch Mark und Bein, mein Spaß dabei, meine Wollust, Wind, nichts als Wind, der die Palmen schüttelt, Wind ohne Wolken, ich schaukle und schwitze, die grüne Palme ist biegsam wie eine Gerte, in ihren Blättern tönt es wie Messerwetzen, Staub, dann die Gusseisen-Laterne, die zu flöten beginnt, ich schaukle und lache, ihr zuckendes und sterbendes Gesicht, es muss ein beträchtlicher Sog sein, das wiehernde Pferd kann die Droschke kaum halten, alles will fliehen, das Schild von einem Barber-Shop, Messing, sein klingeln in der Nacht, und das unsichtbare Meer spritzt über die Mauern, dann jedes Mal Donner im Boden, darüber zischt es wie eine Espresso-Maschine, mein Durst, Salz auf den Lippen, Sturm ohne Regen, kein Tropfen will fallen, es kann nicht, weil keine Wolken, nichts als Sterne, nichts als der heiße und trockene Staub in der Luft, Backofenluft, ich schaukle und trinke einen Scotch, einen einzigen, ich vertrage nichts mehr, ich schaukle und singe.

Stundenlang. Ich singe! Ich kann ja nicht singen, aber niemand hört mich, das Droschken-Pferd auf dem leeren Pflaster, die letzten Mädchen in ihren fliegenden Röcken, ihre braunen Beine, wenn die Röcke fliegen, ihr schwarzes Haar, das ebenfalls fliegt, und die grüne Jalousie, die sich losgerissen hat, ihr weißes Gelächter im Staub, und wie sie über das Pflaster rutscht, die grüne Jalousie, hinaus zum Meer, das Himbeer-Licht im Staub über der weißen Stadt in der Nacht, die Hitze, die Fahne von Cuba – ich schaukle und singe, nichts weiter, das Schaukeln der leeren Sessel neben mir, das flötende Gusseisen, die Wirbel von Blüten. Ich preise das Leben!   insgesamt: 318 Wörter 1690 Zeichen 32 Zeilen (im Original – hier 39) sechs Sätze 70 Kommata ein Doppelpunkt zwei Ausrufezeichen zwei Gedankenstriche   Satzgefüge:   1.: zwei Hauptsätze schließen eine Infinitivkonstruktion ein auffällig sind die Anaphern „ich“ in den ersten beiden Sätzen   >>> Es wird die Ich-Bezogenheit Fabers auf Kuba verdeutlicht – er ist hier um bereits Versäumtes in seinem Leben nachzuholen, er allein will genießen, hat nun eine bejahende Lebensweise (à „ich“).   2.: sehr viele unterschiedliche Hauptsätze in einem Satzgefüge, zwischendurch einzelne Nebensätze und Ellipsen eingeflochten, z.

B. : „der die Palmen schüttelt“ (Z. 9/10) Hauptsätze treten als Aufzählung auf, zwischendurch auch nur einzelne Wortgruppen eingebaut sehr viele rhetorische Figuren, um nur einige aufzuzählen: gleich zu Beginn eine Antithese: „Ich wusste, dass ich alles, was ich sehe, verlassen werde, aber nicht vergessen“ (Z. 2/3)   Alliterationen: „wo ich schaukle und schaue“ (Z.4); „ich schaukle und schwitze“ (Z. 10/11) W-Alliterationen: „meine Wollust, Wind, nichts als Wind, der die Palmen schüttelt, Wind ohne Wolken“ (Z.

9/10) bildhafte Ausdrücke durch Vergleiche wie: „die grüne Palme ist biegsam wie eine Gerte, in ihren Blättern tönt es wie Messerwetzen“ (Z. 11/12) eine Steigerung, fast ein Correctio„mein Spaß dabei, meine Wollust“ (Z. 9) auffällig viele Verben der Bewegung, z. B.: schauen, schaukeln, flattern, schütteln, zucken, fliehen     >>> Fabers bildhafte Ausdrucksweise, besonders die Vergleiche erinnern an das „Vergleichsspiel“ mit Sabeth à er sehnt sich zu Sabeth und vergangenen Zeiten zurück >>> Es gibt zwar außerordentlich viele Verben der Bewegung, jedoch bewegt sich Faber zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht, sondern sitzt nur da und beobachte. à Gegensatz zu seinem vorangegangenem Leben, wo er zwar viel reiste, aber kaum beobachtete.

>>> „Wollust“ steht wieder für Fabers bejahende Lebenshaltung, jedoch gibt er im gleichen Atemzug zu, dass er nichts mehr „verträgt“ (Z. 26) à hiermit deutet Faber einen baldigen Tod an (auch schon zu Beginn der Textpassage: „Ich wusste, dass ich alles, was ich sehe, verlassen werde, aber nicht vergessen“ (Z. 2/3). Hinzu kommt der Faktor „Meer“: Symbol für Unendlichkeit und Tod.   3.: fällt im Gegensatz zu andere Sätzen dieser Passage aus der Reihe, da sehr kurz einzelne Ellipse („Stundenlang“)   >>> Damit wird die Aufzählungskette gebrochen, der Satz erhält durch seine Kürze mehr Aufmerksamkeit vom Leser.

Hier unternimmt Faber das erste Mal während der Textpassage etwas aktiv, anstatt zuzuschauen, singt er.   4.: ähnliches Satzgefüge wie (2.), jedoch etwas kürzer; Personifikationen: „ihren fliegenden Röcken, ihre braunen Beine, wenn die Röcke fliegen, ihr schwarzes Haar, das ebenfalls fliegt“ (Z. 29-31) „das Schaukeln der leeren Sessel neben mir, das flötende Gusseisen“ (Z. 37/38) Symbol mit synästhetischer Bedeutung: „das Himbeer-Licht“ (Z.

34)   >>> Die Bemerkung, dass er nicht singen kann, ihn niemand hört, das Pflaster leer ist; es sind die letzten Mädchen in (davon-)fliegenden Röcken, das Haar fliegt ebenfalls, die Jalousie hat sich losgerissen, nun rutscht sie über das Pflaster (weg), hinaus zum Meer, die Sessel neben Faber sind leer: all diese Aussagen belegen, dass Faber allein ist, er verlassen wird – der Tod ist ihm nahe. Hinzu kommt, dass viele dieser Begriffe personifiziert werden, so dass der Tod etwas „Persönliches“ bekommt, und nicht nur eine Sache darstellt à dadurch bekommt er auch mehr Ernsthaftigkeit.   5.: zum Schluss der zahlreichen Aufzählungen ein Ausruf ein etwas altmodischer Ausdruck: preisen   >>> Die vorangegangenen Zitate beweisen, dass Faber bald sterben wird, so macht er schließlich einen Ausspruch, der ihm als „Todgeweihter“ leicht fällt. Ein weiterer Todesbote, der die These des baldigen Sterbens Fabers untermauert, ist Professor O., den Faber etwas später in Zürich trifft („[.

..] Schädel mit Haut darüber [...], sein Lachen wie bei einem Totenkopf [.

..]“ S.193).   Schlüsselzitate und Erzählperspektiven   H omo faber wird von der Person Walter Faber aus der Sicht eines Ich-Erzählers (z.B.

: „Wir starteten in La Guardia, New York, mit dreistündiger Verspätung infolge Schneestürmen. Unsere Maschine war [...]“, S. 7 oben) erzählt.

Faber ist gleichzeitig Tagebuch-Erzähler – er nimmt somit im Laufe des Romans ständig kommentierend Stellung (auktoriale Erzählweise; z.B.: „[...] es war ihr (Ivy – Anmerkung des Verfassers) ein Bedürfnis, mich zu verführen, weil sie fand, ich sei ein Egoist, ein Unmensch, sie ist nicht dumm, aber ein bisschen pervers, so schien mir, komisch [.

..]“, S.64/65), kann die Welt aber im gesamten Roman nur auf eine eingeschränkte Art und Weise betrachten. Erschwerend hinzu kommt hier, dass sich Faber während seiner Aufzeichnungen im Krankenhaus befindet, so dass seine Sichtweise von Vornherein beeinträchtigt wird. Alle anderen Charaktere werden (zwangsläufig subjektiv) von Faber vorgestellt.

    E in Kernmotiv in Homo faber ist das Reisen. So gibt es eigentlich während des ganzen Romans immer wieder Schlüsselszenen während den Reisen. Wichtig für Fabers weiteres Handeln ist sein kurzer Abstecher zur Farm seines Jugendfreundes Joachim. Schon im Flugzeug wird Faber von seiner Vergangenheit eingeholt, indem er auf den Bruder seines Jugendfreundes, einen gewissen Herbert Hencke, trifft. Faber entschließt sich, ihm nach Guatemala zur Plantage Joachims zu folgen. Dabei stellt schon diese Reise an sich eine Veränderung für Faber dar.

Er geht von seiner Geschäftsreise ab, die ihn als zivilisierten Menschen (Faber wohnt in New York in einem Hochhaus; er ist Techniker für die UNESCO um unterentwickelte Völker zu „zivilisieren“) nach Caracas führen sollte, kennzeichnet. Anstatt mit dem „zivilisierten“ Flugzeug weiter nach Caracas zu fliegen, begibt er sich mit dem Jeep in den Dschungel. Faber verlässt seinen gewohnten Lebensbereich. Im Dickicht des Dschungels fühlt er sich unwohl, die Atmosphäre macht ihn nervös („Was mich nervös machte [...

]“, S.49 Mitte), ähnlich fühlt sich sein Begleiter Herbert („Was Herbert nicht ertrug, waren die Zopilote; dabei tun sie uns solange wir leben, überhaupt nichts, sie stinken nur, [...] sie sind hässlich, und man trifft sie stets in Scharen, sie lassen sich kaum verscheuchen [..

.]“, S.49 unten; Kennzeichnung des Verfassers). Die markierten Textteile beschreiben die Zopilote, die somit von Faber als arge Bedrohung und die Angst vor dem Tod dargestellt werden. Überall wo in diesem Teil des Romans der „Tod“ auftaucht, z. B.

beim Auffinden vom toten Joachim Hencke („Zum Glück hatte er’s hinter geschlossenen Fenstern getan, Zopilote auf den Bäumen ringsum, Zopilote auf dem Dach, aber sie konnten nicht durch die Fenster.“ S.55 oben; oder: „[...] Zopilote auf einem toten Esel – er [Herbert – Anmerkung des Verfassers] schrie und fluchte und schleuderte Steine gegen die schwarzen Vögel, nicht abzuhalten in seiner Wut.

Es war scheußlich. Die Augen des Esels waren ausgehackt, zwei rote Löcher, ebenso die Zunge; nun versuchten sie, während Herbert noch immer seine Steine schleuderte, die Därme aus dem After zu zerren.“). Ein weiterer Hinweis auf den Tod und die Nutzlosigkeit der Technik hier, ist der süßliche Gestank („Der süßliche Gestank begleitete uns noch stundenlang [...

]“, S.50 oben) sowie das vergebliche Hupen, um die Zopilote zu vertreiben ( „[...] alles Hupen ist vergeblich, sie flattern bloß [..

.]“, S.49 unten). Hinzu kommt Marcel, den Faber abwertend als „Bub“ (S. 49 unten) kommentiert, der „[..

.] wie auf einer Schulreise [...]“ (S. 49 Mitte), stundenlang französische Kinderlieder singt.

Somit wird wieder der Unterschied zwischen dem Künstler Marcel, der alles etwas lockerer sieht (à Kinderlieder), und dem Techniker Faber, welcher mit seiner Sichtweise und Einstellung zur Welt im Dschungel „scheitert“, da Techniker. Er ist auch die treibende Kraft, was das Umkehren auf dem Weg zur Plantage betrifft, jedoch durch Herberts Willenskraft nicht umgesetzt wird. Faber wird hier das erste Mal im Laufe des Romans auf die Probe gestellt (in bezug auf sein Weltbild). Eine weitere Probe hat Faber im Verhalten Sabeth gegenüber zu bestehen. Bis zu ihrem Tod weiß er nicht, dass er ihr eigener Vater ist, Faber hat nur Vermutungen, und diese versucht er von sich zu weisen/ zu widerlegen („Ihre Ähnlichkeit mit Hanna ist mir immer seltener in den Sinn gekommen.[.

..] Ich wunderte mich höchstens, dass mir eine Ähnlichkeit mit Hanna je in den Sinn gekommen ist. Ich musterte sie daraufhin. Von Ähnlichkeit keine Spur!“ S. 115 unten), was kurz später wieder vom Autor als unglaubhaft dargestellt wird („Du tust wie ein Papa!“ S.

115 unten). Schon bald nachdem es in Avignon zum Inzest der beiden kommt, passiert das für den Roman vorhersehbare: in Korinth stürzt Sabeth über eine Böschung, in Folge eines Schlangenbisses. Sie stirbt nicht an dem Biss der Schlange sondern an der Schädelverletzung, ausgelöst durch den Sturz. Dabei stürzt sie erst die Böschung hinunter als (der nackte) Faber ihr zu Hilfe eilen will (er hatte ihren Aufschrei gehört) („Ich hatte die Schlange nicht gesehen, nur gehört wie Sabeth schrie“ S. 127 - 2. Absatz).

Der Moment des Falls von Sabeth ist wohl ein wahrer Höhepunkt des Romans. Sabeth fällt nicht wegen des „unbedeutsamen“ Schlangenbisses, sondern erkennt in dem heraneilenden nackten Faber ihren Verführer (und Vater?) („[...] ich stapfe ihr nach, bis sie stehen bleibt – Sabeth oben auf der Böschung: Sie hält ihre rechte Hand auf die linke Brust, wartet und gibt keinerlei Antwort, bis ich die Böschung ersteige [es ist mir nicht bewusst gewesen, dass ich nackt bin] und mich nähere – dann der Unsinn, dass sie vor mir, wo ich ihr nur helfen will, langsam zurückweicht, bis sie rücklings [dabei bin ich sofort stehen geblieben!] rücklings über die Böschung fällt.“ S.

157/58). Somit werden Konsequenzen für die inzestuöse Vereinigung der beiden gezogen: der Tod Sabeths, und dessen „Schuld“, die nun an Faber klebt. Dieses Ereignis führt ihn wieder mit Hanna zusammen, abermals holt Faber die Vergangenheit ein (siehe Herbert Hencke) und er muss sich verständlicherweise Anschuldigungen von Hanna „anhören“, die hier zunächst in Form von Abweisung auftreten („Hanna am Fernster wie gestern, kein Wort zwischen uns, wir sehen uns einander nicht an“, S. 160 oben), sich dann aber verstärken („[...

] Hanna, die mich plötzlich anschreit [...] Sie schreit und schlägt mich ins Gesicht [...

]“, S. 160 Mitte). Dies alles verstärkt, den sowieso schon bestehenden Konflikt zwischen Hanna Landsberg und Walter Faber. Er hat einmal zu ihr „dein Kind“, anstatt „unser Kind“ gesagt, was Hanna ihm nachträgt – sie wiederum ist „damals“ nicht zum Termin der Trauung auf dem Standesamt erschienen, was Faber ihr vorhält (S.32/33). Kuba ist später eine Zwischenstation auf den Reisen Fabers – kaum hier angekommen schildert Faber zunächst auf seine für ihn typische Art und Wiese die Umgebung: „Die alte Straße mit den alten Platanen [.

..], die Allee der schönen Menschen, unglaublich, ich gehe und gehe, ich habe nichts anderes zu tun – Die gelben Vögel, ihr Krawall bei Dämmerung. Alle wollen meine Schuhe putzen – Die Neger-Spanierin, die mir ihre Zunge herausstreckt, weil ich sie bewundere [...

] (S. 172 – 3. Absatz). Auf Kuba wird aus dem Rationalist Faber, der Genießer Faber. Es hat den Anschein, als ob er bereits Verpasstes in seinem Leben hier nachholen möchte („Meine Lust jetzt hier zu sein.“ S.

174 unten; Alles spaziert, alles lacht. Alles wie Traum.“ S. 172 unten; „Ich lasse meine Schuhe putzen. Mein Entschluss, anders zu leben – Meine Freude.“ S.

173 oben). So ist Faber im Urwald Guatemalas noch Stolz aus der zivilisierten Welt Amerikas zu kommen, er wohnt in New York, ist Wahlamerikaner – auf Kuba das Gegenteil: „Mein Zorn, dass sie mich immer für einen Amerikaner halten, bloß weil ich ein Weißer bin“, S. 172 Mitte; „The American Way of Life: Schon was sie essen und trinken, diese Bleichlinge, die nicht wissen, was Wein ist, diese Vitamin-Fresser, die kalten Tee trinken und Watte kauen und nichts wissen, was Brot ist, dieses Coca-Cola-Volk, das ich nicht mehr ausstehen kann“ (S. 175 Mitte). Er schimpft somit nicht auf die amerikanische Lebensart, auch die Natur die er früher verabscheute beobachtet er auf Kuba in einem anderen Augenwinkel: „Die Vögel mit ihrem Zwitschern [..

.]“ (S. 179 unten), „[...] das unsichtbare Meer spritzt über die Mauern [.

..]“ (S. 181 Mitte). Faber scheint sich mit seiner Lage (Lebensabend) abgefunden zu haben, er genießt. Das Meer steht für das Unendliche und Geheimnisvolle, aus Fabers Sicht auch für den Tod.

Der Techniker gibt zu, dem „Tod“ sehr nahe zu stehen, wenn er sagt, „dass [er] alles, was [er] sehe, verlassen werde, aber nicht vergessen (Kennzeichnung des Verfassers; S. 180 unten) – er meint also nicht nur die Insel Kuba, sondern auch sein Leben. „Ich preise das Leben!“ (S. 181 unten): Faber gelobt hiermit etwas natürliches, sein eigenes Leben, und zum ersten Mal im Laufe des Romans nicht die Technik und Fortschritt, was zu der Annahme leiten lässt, Faber habe einen grundlegenden Wandel vollzogen. Während seines viertägigen Aufenthalts nimmt Faber zum ersten Mal die Welt wirklich „wahr“, und fotografiert sie nicht nur. Allerdings zu spät, wenn man betrachtet, dass Sabeth tot ist, und außer der „unabhängigen“ Hanna Landsberg keine engere persönliche Bindung zu anderen Personen besteht.

Aussagen Fabers wie: „Ich bin kein Kunsthistoriker“ (S.42 Mitte), die seine technische Denkweise untermauern, zu Beginn des Romans, haben sich spätestens auf Kuba verloren.   Frischs Quellen   A utor Frisch greift des Öfteren Gedanken der französischen Schriftstellerin Simone de Beauvoir (1908 – 1986) auf. Zwei ihrer wichtigsten Werke waren Die Mandarine von Paris (1955), ein Schlüsselroman der Linksintellektuellen um Sartre, und Das andere Geschlecht (1951), welches eine große Rolle für Frischs Werke spielte. In Homo faber wird mehrmals Bezug genommen auf Das andere Geschlecht, in dem die uneingeschränkte Emanzipation der Frau gefordert wird. Zum einen stellt sich der Aspekt „Hanna“ als emanzipierte Frau im Europa der 50er Jahre, die ihre Tochter allein erzieht und einen akademischen Titel besitzt.

Allerdings stellt Hanna Landsberg damit eine Ausnahme dar, laut de Beauvoir ist der Mann das „überlegene“ Subjekt, die Frau das „Andere“. Dies wird besonders in Fabers frauenverachtender Haltung, die sich durch fast den gesamten Roman zieht, deutlich. Wenn sich Faber im Flugzeug zu Beginn von Homo faber mit Herbert Hencke über „Herrenmenschen“ und „Untermenschen“ unterhält (S.9 unten), so steht dies symbolisch für eine (scheinbare) Überlegenheit des männlichen Geschlechts. Das andere Geschlecht wurde Anfang der 50er geschrieben, Homo faber 1957 – so wurde de Beauvoirs revolutionäre Literatur in der Gesellschaft bereits einige Jahre heiß diskutiert. Frisch als innovativ denkender Mensch nahm dann in Homo faber indirekt Bezug auf de Beauvoir.

                                          Autorintention und eigene Wirkung   D ass Max Frischs Homo faber nach nur einem Monat bereits eine Auflagenhöhe von rund 8800 Exemplaren hatte, konnte der Schriftsteller selbst nicht ahnen. Einen Monat vorher hatte der Schweizer am 30. 09. 1957 seinen Roman (und Bericht) veröffentlicht, der dann vier Jahrzehnte später mit Absprache Frischs von Regisseur Volker Schlöndorff verfilmt wurde (1991). Die Hauptfigur des Homo faber, der Ingenieur Walter Faber, hat teilweise „antiautobiografische“ Züge, das heißt, dass die Meinung Fabers oft gegensätzlich zu Frischs ist. Ein Beispiel: Frisch war in seinem Leben gegen den Fortschritt, im Kontrast dazu steht die Romanfigur, dessen charakteristischste Eigenschaften wohl Sachlichkeit und Rationalität sind (siehe auch: 4.

Tektonik und Figurenkonstellation). Des weiteren erzeugt der Autor eine gewisse Distanz zum Protagonisten, der durch die Ich-Erzählweise eigentlich eine engere Bindung zum Leser haben müsste. Faber jedoch versucht im Roman sachlich zu erläutern, wie es zu seiner Schuld bzw. Nichtschuld (Elisabeths Tod) kam, berichtet dabei. Homo faber - Ein Bericht: So lautet der genaue Titel des Romans. Es wird dem Leser von Anfang an Fabers Erzählweise präsentiert, so dass letzterer kritisch und mit Distanz betrachtet werden kann.

Gemäß einem Bericht, werden von Frisch auch kaum Metaphern oder andere rhetorische Figuren eingebracht, meistens nur eine genaue und sachliche Handlungsabfolge, in die Reflexionen und Rückblicke eingearbeitet wurden (diese verstärken die Distanz zum Protagonisten). Mit Homo faber schließt Frisch an seinen Vorgängerroman Stiller (1954) an, in dem es ebenfalls um die Identitätsfindung des Menschen geht. Stiller jedoch leugnet seine wirkliche Identität, während Faber bewusst die Rolle des fortschrittlichen Technikers lebt und später merkt, dass er nur nach imaginären Bildern einer Welt gelebt hat, die es so wie er sie erlebte nicht gibt. In diese Thematik reiht sich Frischs Werk Mein Name sei Gantenbein (1964) ein, der als sein letzter Roman eine ungefähre „Bilanz“ aus den beiden anderen Werken zieht. Der Protagonist Gantenbein stellt sich blind, um festzustellen, wie sich andere Personen nun in der Gegenwart eines Blinden verhalten. So wurde aus den beiden Figuren Stiller und Faber, die sich ihren „Problemen“ nicht richtig bewusst sind oder zu spät zu einer Einsicht kommen die Figur, die versuchte die Probleme von Anfang an zu lösen.

Was heißen soll, dass der Autor diese Figuren bewusst in dieser Reihenfolge hat auftauchen lassen. Wenn Max Frisch einmal sagte, „es ist absurd, alles im Leben mathematisch-statistisch begründen zu wollen“ (Quelle unbekannt), so findet dies starken Ausdruck im Homo faber. Weitere Parallelen zu Homo faber und Frischs Leben sind einige Orte, die gleichzeitig Handlungsort in Fabers, sowie in Frischs Leben waren. 1952 und 1956 hielt sich Frisch für jeweils mehrere Monate in den Vereinigten Staaten von Amerika, Mexiko und Kuba auf. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass alle drei Lokalitäten auch Handlungsorte im Homo faber sind, zumal sie von Frisch kurz vor der Fertigstellung von Homo faber (1957) besucht worden waren. Rom als Ort der Sehnsucht im Herzen Europas musste Frisch schon immer gereizt haben, so dass er diesen Platz zunächst als romantischen Ort für die Reise Fabers mit Sabeth ausgesucht haben muss, und dann später von 1960 – 65 dort seinen Wohnsitz hatte.

Auch bestimmt nicht zufällig kommt die Auflösung seines Architekturbüros 1954, relativ kurz bevor er Homo faber verfasste, wo doch kaum ein Unterschied zwischen einem Architekten und einem Ingenieur (à Faber) besteht. Als Kritiker seiner Zeit, hat es schon tiefere Bedeutung, wenn Frisch Herbert Hencke davon sprechen lässt, dass „kein Deutscher“ Wiederbewaffnung wünsche (S. 9 – Beginn 4. Absatz), wurde doch im Jahre 1956 in der Bundesrepublik Deutschland die Bundeswehr wieder eingeführt, was viele Kritiker auf den Plan rief. Genau diese literarische Tiefe ist es, die es dem Leser erst auf dem zweiten Blick ermöglicht, die genaue Absicht Frischs zu verstehen. Wirkt das Buch zunächst eher wie ein Abenteuerroman (z.

B. Flugzeugnotlandung oder Jeepfahrt durch den Dschungel Guatemalas), so stellt der Leser mit jeder weiteren Seite, die er umblättert, fest, dass es sich keineswegs um solch einen handelt, sondern vielmehr um einen zeitgenössisch-kritischen Roman über die Identitätsfindung eines Menschen, dessen Weltbild ins Wanken geraten ist. Dabei erlaubt einem die Distanz zur Hauptfigur Faber, diesen kritisch zu beobachten, da er ja so dargestellt wird, als habe er kaum zwischenmenschliche Kontakte (bzw. wünscht diese nicht, z. B. : „[.

..] meinerseits keinerlei Bedürfnis nach Bekanntschaft.“ S. 8 oben), und wenn doch, so scheint Faber diese Menschen durch eigene Fehler zu verlieren (z. B.

Sabeth). Aus damaliger Sicht betrachtet, muss der Roman ziemliche Kontroversen hervorgerufen haben, vor allem wenn man bedenkt, dass Frisch sich kritisch zu Themen wie der Abtreibung und dem technologisch-mathematisch orientierten Weltbild der fünfziger Jahre äußert. Alles in Allem gesehen muss gesagt werden, dass Homo faber nicht zu Unrecht in zahlreichen Bestsellerlisten auftaucht und als Pflichtlektüre in der Schule gilt, da er sich von vielen anderen Werken dadurch unterscheidet, dass er trotz des lockeren und relativ simplen, jedoch nicht profanen, Erzählstils einen innermenschlichen Konflikt auf anspruchsvolle Art und Weise wiedergibt.             Begriffserklärung   Roman Der Roman (frz.) ist eine Prosaerzählform umfangreicher Art und behandelt das Schicksal von Einzelpersonen oder Gruppen. Die Sprach- und Darstellungsform ist frei wählbar, so kann der Roman zum Beispiel in Dialog- oder Berichtform (à wie bei Homo faber, der in Berichtform geschrieben ist).

Handlung des Romans ist meist durchgehend, sie wird jedoch oft von Reflexionen oder seelischen Reaktionen des (meistens fiktiven) Ich- oder Er-Erzählers beeinflusst. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts kann der zeitgenössische Roman neben objektiver, subjektiver und kommentierender auch aus einer ironisierenden Erzählhaltungen geschrieben sein, letztere geht dabei besonders auf Thomas Mann (Tristan, Doktor Faustus oder Tonio Kröger; Nobelpreis 1929) zurück. Mehrere Erzählperspektiven benutzte als einer der ersten Autoren Max Frisch.     Rhetorische Figuren   Ellipse Eine Ellipse ist ein unvollständiger Satz bzw. die Auslassung eines Wortes/Satzteils das/der leicht ergänzbar ist.

    Synästhesie Als Synästhesie wird die Verbindung unterschiedlicher Sinneseindrücke bezeichnet.     Oxymoron Wenn zwei Begriffe, die sich voneinander ausschließen, miteinander verbunden werden, so wird dies als Oxymoron bezeichnet (z. B. heißes Eis).     Antithese Als Antithese wird die Entgegenstellung von Begriffen und Gedanken bezeichnet.     Correctio Das Correctio (lat.

) ist die Korrektur eines zu schwachen Ausdrucks, in gewissem Maße eine Steigerung.   Literaturverzeichnis Frisch, Max: Homo faber – Ein Bericht, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1977 Bertelsmann Lexika, Band 3; 10; 14; 18; Verlagshaus Stuttgart GmbH, Stuttgart 1998 Durm, Elisabeth: Interpretationshilfe Deutsch – Max Frisch: Homo faber, Stark Verlagsgesellschaft mbh, Freising 1999 Microsoft Encarta Enzyklopädie Plus 2000 www.homafaber-online.de Biermann, Bernd: Texte, Themen und Strukturen, Cornelsen Verlag, Berlin 1993, Seiten 51/52, 105-107, 140-142

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