Mario und der zauberer - thomas mann
Mario und der Zauberer – Thomas Mann
1) Autorenbiographie:
Thomas Mann wurde 1875 in Lübeck geboren und starb 1955 in Zürich. Er entstammte einer Lübecker Patrizier- und Kaufmannsfamilie und lebte seit 1893 meist in München.
Um 1896-1898 hielt er sich mit seinem Bruder Heinrich Mann in Italien auf, wo er Redakteur des „Simplicissimus“ wurde. 1933 ging er von einer Vortragsreise in Schweiz nicht mehr zurück nach Deutschland und blieb dort bis 1939, wo er dann in die USA auswanderte und sich dort niederlies, allerdings kehrte er 1952 wieder zurück in die Schweiz.
Bedeutende Werke waren „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“, „Tonio Kröger“, „Tristan“, „Der Tod in Venedig“, „Der Zauberberg“, „Joseph und seine Brüder“, „Lotte in Weimar“, „Doktor Faustus“, „Wälsungenblut“, „Mario und der Zauberer“ und „Das Gesetz“.
2) Inhaltsangabe:
Die Novelle „Mario und der Zauberer“ spielt in Italien, in Torre di Venere. Dort macht eine Deutsche Familie, bestehend aus vier Mitgliedern, Urlaub.
Sie kommen zur Hochsaison der Urlauber an – die meisten Hotels sind ausgebucht. Die Familie hat gerade noch ein Zimmer im Grând Hotel bekommen. Allerdings werden sie nur wenige Tage nach Einzug wieder aus selbigem entlassen, da ein Familienmitglied einen Keuchhustenanfall in Anwesenheit einer vom Hotel angesehen Person bekam. Daher zieht die Familie sie in eine Pension um, die nicht weit vom Hotel entfernt ist.
Allerdings bekommt die Familie später sogar in Form von Polizei Ärger am Strand.
Da die Tochter der Familie nackt am Strand herumgelaufen ist, sieht ein Mann hier einen Akt der Feindlichkeit gegenüber der Gastfreundschaft Italiens.
Die Familie beginnt Gedanken an eine Abreise zu hegen, welche jedoch bald wieder verschwinden, da immer mehr internationale Gäste einreisen und die Haupturlaubszeit der Italiener sich dem Ende zuneigt.
Beim Herumschlendern durch die Strassen entdeckt die Familie Plakate, die einen großen Zauberer ankündigen. Zuliebe der Kinder geht die Familie auch zu diesem. Allerdings ist es unübersehbar, das dies keine Zaubershow im eigentlichen Sinne ist.
Der „Zauberer“ Cipolla hypnotisiert das Publikum und zwingt diesem seinen Willen auf. Er geht sogar so weit, dass er das ganze Auditorium tanzen lässt. Dies gelingt ihm bei jedem, außer bei einem gewissen „Herrn aus Rom“, wo er auf unglaublichen Widerstand stößt, diesen letztendlich jedoch auch durchbrechen kann. Zuletzt kommt auch ein gewisser Mario auf die Bühne. Auch er wird von Cipolla manipuliert und gibt intime Geheimnisse von sich frei. Cipolla gibt sich anschließend als Geliebte des Opfers aus und will, dass Mario ihn küsst.
Nach der Tat verlässt Mario die Bühne und aus lauter Scham und dem Gelächter der Teilnehmer ausgeliefert, erschießt Mario den Zauberer. Wie erleichtert und befreit von etwas Schrecklichem verlässt die Familie blitzartig den Tatort.
3) Textsortenanalyse:
Novelle:
Kürzere Erzählung, die prägnant und objektiv ein ungewöhnliches Ereignis wiedergibt. Konzentriert auf einen Konflikt, der durch einen wichtigen Wendepunkt gelöst wird.
Die Geschichte „Mario und der Zauberer“ wird durch folgende Kriterien zu einer Novelle:
Sie ist kurz (keine 50 Seiten) und in ihr wird ein unter normalen Umständen sehr unbedeutendes Ereignis sehr genau beschrieben. Den Konflikt stellt der Zauberer dar, der das Publikum zu Marionetten werden lässt und sich sogar einige Zuschauer gezielt herauspickt um selbige vor der ganzen Menschenmenge zu verparodieren.
Dieser Konflikt wird schließlich am Ende durch einen gewissen Mario gelöst, der es sich nicht gefallen lässt, verparodiert zu werden und den Zauberer erschießt.
4) Charakterisierung:
i) Mario:
Mario ist ein Träumer. Er verzichtet auf Liebenswürdigkeiten, die nur darauf abzielen, zu gefallen. Er sieht zwar stark aus, aber eigentlich hat er ein sanftes Gemüt. Obwohl er Kellner ist, hat er dennoch sehr feine Hände, was in Italien als sehr nobel gilt.
Obwohl er als sehr nett beschrieben wird, trägt er dennoch eine Waffe bei sich.
Das zerstört den Ruf eines gemütlichen Menschens.
ii) „Herr aus Rom“:
Man könnte ihn als einen Menschen bezeichnen, dessen Ehre ihm sehr viel bedeutet. Er versucht sich aus der Menge herauszuheben. Er scheint ein trotziger, frecher, mutiger Mann zu sein, weil er sich mit heroischer Hartnäckigkeit gegen die Hypnose des Zauberers zur Wehr setzt.
iii) Cipolla:
Auf den Familienvater macht der Hypnotiseur Cipolla den Eindruck eines Scharlatans. Er hat etwas von den "marktschreierischen Possenreißern" des 18.
Jahrhunderts an sich.
Cipolla ist der typische Diktator. Kennzeichnend sind vor allem seine verkrüppelte Haltung, Verachtung jeglichen Humors, seine Reiterpeitsche sowie seine Rauch- und Trinklust.
Er findet Spaß darin, Menschen vor anderen bloßzustellen. Dies führt sogar dazu, dass er bei manchen Leuten ihre intimsten Gedanken freilegt und sie damit auch unter Druck setzt.
Persönliche Bewertung der Verhaltensweise:
i) Mario:
Er ist am Anfang an der an ihm von Cipolla durchgeführten Manipulation sehr ruhig, und lässt sich alles gefallen.
Er versucht es anscheinend gar nicht, gegen die Macht des „Zauberers“ anzutreten. Als er aus seiner Traumwelt wieder befreit wird, wird ihm erst dann klar, was der Zauberer mit ihm angestellt hat. Marios späteres Handeln ist eine typische Überreaktion der Realisierung, dass er allen seinen intimsten Gedanken auf eine derartige Weise mitteilte, dass ihm dies für immer nachgetragen werden würde und ihm sein Leben lang nur Schaden zufügen würde.
Es gibt zwei wahrscheinlich Gründe für seinen Mord.
1)Wahrscheinlich hatte er dem Druck des Publikums nicht mehr standhalten können,
oder
2) er hat es aus Mitleid getan; vielleicht wollte er die Zuhörer nur von diesem grausamen Diktator befreien.
ii) Herr aus Rom:
Er ist der einzige, der versucht, sich der Macht von Cipolla zur Wehr zur setzen und dies auch wirklich schafft.
Er kann sich seiner Manipulation entziehen und ärgert ihn damit.
Man könnte meinen, er wäre ein Vorbild für alle anderen im Publikum, die sich hypnotisieren ließen.
Es gibt zwei wahrscheinliche Gründe hierfür....
..
1)er wollte als gutes Beispiel dienen oder
2) er wollte Herr seiner selbst bleiben und zeigen, dass er stärker als Cipolla ist. Vielleicht wollte er, dass Cipolla sich als den schwächeren bekennt und sein „Untergebener“ wird.
Allerdings hält er es nicht lange durch, dem Zauber Cipollas zu widerstehen und wird auch eine Marionette, genauso wie alle anderen.
iii) Cipolla:
Er versucht, sich die alleinige Herrschaft aller mit Gewalt an sich zu reißen, indem er alle mit seinen Waffen einschüchtert.
Ein anderes „Markenzeichen“ von ihm ist, dass er ziemlich viel trinkt und raucht während der Vorstellung und dies ihm keinen Scham vor dem Publikum bereitet, denn dieses scheint ihm nichts zu bedeuten. Es sind sozusagen nur einige Marionetten für ihn, die nach seinem Willen tanzen. Er ist der typische Diktator.
5) Interpretation:
Thomas Mann will den Lesern zeigen, wie leicht und schnell ein Mensch, so unbedeutend und und unfähig er auch erscheinen mag, an die Macht kommen kann. Er demonstriert auch die „Waffen“ eines solchen Diktators in Form von Rhetorik, um die Masse zu begeistern, Haarspalterei, um zu täuschen, Massenmanipulation, um die Psyche der Einzelnen zu beeinflussen, und Brutalität, um sich Respekt zu verschaffen.
Um leichtes Spiel zu haben redet er den Leuten mit wortverdreherischen Methoden ein, es würde ein Wohlgefühl eintreten, wenn sie willenlos seien.
Das Leben ist schließlich viel einfacher, wenn man nichts zu entscheiden braucht - diese Einstellung ist ja auch heute noch weit verbreitet.
Allerdings ist es etwas merkwürdig, warum Cipolla erst nach der Pause seine Karten richtig ausspielt. Man kann diese Pause vielleicht als eine Zwischenrevolutionäre Stimmung auffassen, zur Revolution kommt es allerdings nicht ( Die Zuschauer hätten einfach gehen können und Cipollas Treiben somit ein Ende bereitet.).
Aber Thomas Mann deutet auch an, dass dieses „Spiel“ mit dem Feuer sehr gefährlich sein kann, denn am Ende verbrennt sich Cipolla die Hände an Mario und wird getötet.
6) Persönlicher Lesekommentar:
Das Buch war spannend und lehrreich zugleich und daher ziemlich gut.
Es zeigt zum Beispiel die politische Situation in Italien; es nimmt am Volk Kritik, da es faul war und sich nicht gegen die politischen Probleme einsetzte.
Der Titel „Mario und der Zauberer“ lässt eigentlich vermuten, dass es sich um ein Kinderbuch handelt und dass ein gewisser Mario und ein Zauberer die Hauptrollen spielen würden. Aber schon nach den ersten paar Zeilen verschwindet dieser Schein und man merkt, dass es sich um eine kritische Novelle handelt.
Das Buch ist auch spannend, da man nicht weiß, wann Mario endlich ins Geschehen eintritt. Erst am Ende kommt er an die Reihe und tötet den Zauberer.
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