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  Georg büchner - "woyzeck"

Georg Büchner – „Woyzeck“  Entstehungen und Fassungen: Büchner beginnt 1836 mit den Arbeiten zu „Woyzeck“. Man ist sich sicher, dass er die einzelnen Szenen aufgeschrieben und dann anhand eines Gedankengerüsts zusammengesetzt hat. Er konnte es nicht vollenden und deshalb blieben in der Endfassung Lücken. Somit ist „Woyzeck“ ein Fragment geblieben. (Viele Schriftsteller versuchten sich an der Vervollständigung. ) Beim Übertragen von der ersten zu endgültigen Fassung wurden die Namen der Personen geändert.

Die Bezüge zum historischen Kriminalfalls Woyzeck wurden deutlicher, biblische Anspielungen und Volkslied-Einlagen nahmen zu. Über den Schluss ist man sich bis heute nicht sicher. Selbstmord Woyzecks? Folgende Gerichtsverhandlung? Offenes Ende? Frage: Ist es überhaupt wichtig, welches Ende das Drama nimmt? Sicher ist, dass Woyzeck mit der Ermordung Maries bereits gestorben ist. Er gewinnt seine Identität aus der Liebe zu Marie. Tötet Woyzeck Marie, so tötet er sich zugleich. Insofern ist es eigentlich sinnlos nach dem Weiterleben/Sterben dieses völlig leeren Woyzecks zu fragen.

  Das Clarus - Gutachten als Quelle: - Büchner dienten immer vorliegende Quellen als Grundlage für seine Bücher. Woyzeck – Grundlagen sind Kriminalfälle. Zur Zeit des Kriminalfalles streitet man um körperliche, geistige und seelische Verfassung. Um Lebenswandel, Moralität und Religiösität. Um Zurechnungsfähigkeit und Verantwortlichkeit. Büchner kam durch das Clarus – Gutachten auf die Geschichte.

Er hat die groben Verhältnisse getreu übernommen; andere Einzelheiten (Mord am Abend, Spaziergang etc) stammen aus zwei anderen Fällen. Dr.Clarus hat den Woyzeck damals für zurechnungsfähig erklärt und er wurde somit zum Tode (durch das Schwert) verurteilt. Das Verfahren wurde noch einmal aufgegriffen, da Leute bestätigen konnten, dass Woyzeck Stimmen hörte. Doch auch dieses Mal kam der Dr. zu dem Schluss und somit wurde das Urteil vollzogen.

Clarus selbst sagt, dass „Woyzeck Mitgefühl gebührt, sogar Mitleid. Er hat sich freiwillig aus der Gesellschaft ausgeschlossen, da er ein Leben zerstört hat. Er führte zuvor ein untätiges, nicht dem Leistungsprinzip verpflichtetes Leben. Er erlag am Ende seinen rohen Leidenschaften. Schuld ist somit der Sieg der Leidenschaft über die Vernunft.“ Clarus sieht den Fall mit den Augen des Bürgertums.

Die Existenz basiert auf dem freien Willen und somit ist der Mensch für alles selbst verantwortlich. Da er über den Woyzeck aus der moralischen Sicht des Bürgertums urteilt, musste er Woyzeck verurteilen. Die Jugend sollte sich an ihm ein schlechtes Beispiel nehmen -> Woyzeck als Demonstrationsobjekt. Büchners „Woyzeck“ eventuell als Gegenstück dazu. Er benutzt kein idealisiertes Bild. Er schafft einen neuen Fragehorizont.

  Autonomie der Einzelszenen: „Woyzeck“ ist ein offenes Drama. Drama von unten her, also von der Einzelszene her, aufgebaut. Die Szene ist primäres Bauelement; nicht mehr der Akt. Es ist keine Vorgeschichte bekannt und es hat ein unmittelbares Ende; wir erfahren also auch nicht was danach noch geschieht. Der Aufbau der Szenen ist ähnlich: sie beginnen mit einem nicht weiter vermittelnden Satz oder Vorgang und enden häufig mit Vorgangs- / Satzbrüchen. Somit gewinnt die Szene Autonomie.

Die Handlung ist nicht kontinuierlich und nicht linear durchgeführt. Es gibt keine kausale Verknüpfung der Handlungsschritte. Jede Szene kreist um einen imaginären Mittelpunkt. Somit werden die Szenen verschieb- / vertauschbar. Es ist keine Einheit von Zeit vorhanden, kein Zeitfluss. Die Szenen sind aufleuchtende Augenblicke, ergeben jedoch kein überschaubares Zeitganzes.

Eine Szene ist also immer reine Gegenwart. Der Raum ist in diesem Drama Mit- / häufig sogar Gegenspieler. Es gibt enge und weite Räume. Jeder Raum gewinnt seine eigene Atmosphäre. Räume seelischer Intimität wechseln mit Räumen der Öffentlichkeit. Die Natur und ebenso Dinge/Gegenstände nehmen Einfluss auf die Menschen.

Es entsteht eine Wirkungszone. Das Drama zeugt von einer Mannigfaltigkeit von Personen. Sie haben keine Vor- / Nachgeschichte. Sie haben meistens auch gar keine Namen, nur Bezeichnungen. Man spricht von Personenfragmenten. Alle Nebenfiguren haben den Zweck die Hauptfigur (Woyzeck) in den Mittelpunkt eines Kreises, den sie bilden, zu stellen.

Es ist festzustellen, dass, aufgrund dieser Mannigfaltigkeit an Personenfragmenten, keine wirkliche Personenkonstellation vorhanden ist. Außerdem gibt es keinen Antagonisten. (Der Tambourmajor ist nicht Woyzecks Gegenspieler. Das wäre viel zu kurz gegriffen!!)   Metaphorische Verklammerung und Wortgewebe: Der eben vorgestellten Autonomie der Einzelszenen steht nun das Formungsprinzip, in den Szenen miteinander verbunden sind, gegenüber. Eine gewisse Kontinuität lässt sich insofern feststellen, als dass die Gestalt Woyzecks in beinahe jeder Szene im Mittelpunkt steht. (27 Szenen, W.


in 22 davon.) Woyzeck ist also offensichtlich das Zentrale-Ich. Das Zentrale-Ich steht im kämpferischen Subjekt - Objektverhältnis zu der, durch die Szenen/Personen dargestellten, Welt. Der Protagonist ist also im Falle der Position des Zentralen-Ich’s als Mon-agonist zu bezeichnen. Woyzeck ist einsam in der Mitte der Gegenwart, die von allen Seiten auf ihn einstürmt. Verknüpfung der Einzelszenen durch metaphorische Verklammerungen: Wörter und Sprachbilder ziehen sich gleichsam leitmotivisch durch das Stück.

Beispiele: Abwärtsbewegung, Rot, Blut, Messer, Stechen/Stich, heiß ó kalt, Sonne ó Mond. Verdeutlicht: Rot = Sinnlichkeit, Blut. Messer = Tod, Stich. Mond = blutiges Eisen, Kälte ó Sonne. heiß = ebenfalls Sinnlichkeit, Bedrängendheit. Wortketten; bsp.

„immer zu“ Doppelung von Wörtern; bsp. „heiß, heiß“ Dieses alles schafft Hektik und es formt sich zusammen zu sprachlichen Kreisfiguren. Der Kreis ist ein wiederkehrendes Motiv im Drama: der Leierkasten, das Mühlrad, das Tanzen. Dem Drama fehlt die Dimension der Zukunft. Alles kreist in der Gegenwart. Die Sprache verweist auf ein wichtiges Thema des Dramas: der Tod als Ende eines in sich rückläufigen Lebens; Tod als sinnloses Lebensende.

Der Tod zieht sich durch das ganze Drama.   Sprachstil und Dialogführung: - Wir finden kein typisches Rededuell und keine wohlgefügten hypotaktischen Redegebäude. Die einheitliche Sprache der Personen ist durchbrochen. Die Rede läuft nicht nach folgender Argumentation. Sie läuft nicht auf etwas hinaus. Vielmehr finden wir eine sprunghaft – assoziative Gedankenentwicklung.

Parataktisch! Stilmittel: Reihungen, Anakoluth, Ellipse, Satzabbruch Spontanes, augenblickhaftes / -gebundenes Sprechen, und somit keine bewegte Rede. Gespräche führen nicht zu Handlungsschritten. Im „Woyzeck“ gibt es keinen klassischen Dialog, in dem Standpunkte abgewogen, Entscheidungen getroffen oder andere Handlungsakte eingeleitet werden. Ein Dialog scheint nur vordergründig einer zu sein. Im Grunde ist es ein Monolog. (Ein Gespräch ist somit als Bemühen um Dialog zu sehen.

) Liedeinlagen und wirklich offensichtliche Monologe lassen sich aus den Szenen „herauslösen“. Sprechen allgemein dient im „Woyzeck“ nicht primär der Kommunikation und der Überwindung der Isolation. Die Art und Weise des Sprechens macht die Isolation noch mal richtig deutlich. Verknappung der Sprache zeigt die Gehetztheit der Figuren. „Sein Schicksal verschlägt ihm die Sprache.“ (o-ton irgendein schlauer mensch!!) Keine Figur ist wirklich redefähig.

Das Reden des Doktors und das Hauptmanns stellt sich schnell als Gerede heraus. Geschwätzigkeit ó nicht-mehr-sprechen-können Gestik und Mimik gewinnen an Aussagequalität.     Liedeinlagen im „Woyzeck“: Lieder haben unterschiedliche Funktionen. z.B. Volkstümlichkeit, Einblick in die psychische Situation , Handlungsimpulse setzen, Gegenton zu der ansonsten in der Szene vorherrschenden Stimmung schaffen.

Man kann die Lieder als Kommentar des Gesamtgeschehens sehen.   Szene1: Woyzeck hat Visionen; Andres singt ein Lied Beide fallen sich ins Wort und schließen sich hermetisch voreinander ab Das Singen des Liedes ist Andres’ Versuch sich von seiner Angst abzulenken. (Woyzecks Visionen machen ihm Angst.) Er will die Stille übertönen. Szene2: Marie mit ihrem Kind Sie grüßt den Tambourmajor und singt dann intuitiv das Lied „Soldaten sind schöne Burschen“. Sie kommentiert damit ihre Beziehung zum Tambourmajor.

Sie fühlt sich von der Stärke und der Schönheit des Soldaten angezogen. Dann singt sie ein weiteres Lied, welches sie aufgrund eines Gedanken an ihre schlimme Lage anstimmt. Sie singt dieses Lied zum Trost des Kindes. Sie weiß, dass sie ein gesellschaftlicher Außenseiter ist und dass sie nichts von derselbigen erwarten kann. Ihr Lied klingt nach Freiheit; der Freiheit, die sie sich nimmt, wenn sie Woyzeck betrügen wird. Szene3: Mann mit Leierkasten; 3 Zeilen langes Lied; Kind tanzt dazu Einleitung in die Jahrmarktszene Vorausdeutung: Woyzecks und Maries Liebe, die keinen Bestand haben wird Vorausdeutung: Maries und Woyzecks Tod Vergänglichkeit Szene4: Marie hat vom Tambourmajor Ohrringe geschenkt bekommen; kann sich aber nur in einem Stückchen Spiegel betrachten (sie ist arm und deshalb keinen schönen, gossen und heilen Spiegel); Ihr Kind stört sie, denn es erinnert sie an Woyzeck und somit weckt es ihr schlechtes Gewissen.

Sie warnt sich in dem Lied vor sich selbst, dennoch versucht die gleichermaßen ihr Gewissen zu überlisten/betrügen. Szene10+22: (10) Andres singt das Lied, das die Wirtin zuvor angestimmt hatte. Andres singt vom „Sonntagssonnwetter“ und dass die Weibsbilder dann tanzen. Dieses löst in Woyzeck die Sorge aus, dass Marie sich unter den Weibsbildern befinden könnte. Am Ende des Liedes hat Woyzeck keine Ruhe mehr und geht. Er nimmt die Hitze im Raum als Vorwand, um gehen zu können.

Andres hat das Lied nicht ohne Grund gesungen. Und er weiß sofort, warum Woyzeck wirklich geht. (22) Woyzeck singt das Lied, jetzt nachdem er Marie umgebracht hat, selber. Es wirkt sehr geistesabwesend. Der Text scheint, da Woyzeck es nun selber singt, eine allgemeine Gesetzmäßigkeit auszudrücken. Szene11: Vielheit der Töne in diese Szene das Lallen des Handwerksburschen der Chor derjenigen, die „die lustige Jägerei“ besingen aufgespielte Tanzmusik Szene19: Lied eines Mädchens; scheint erst arglos und bunt in Verbindung mit dem Kommenden gewinnt das Lied doppelbödigen und einen unheilvollen Sinn.

-> auch Woyzeck und Marie werden zu zweit in die Natur gehen.       Märchen der Großmutter: Das Märchen der Großmutter erinnert an das Märchen „Die Sterntaler“ von den Gebrüdern Grimm. Büchner hat jedoch auffällige Veränderungen vorgenommen. Das Märchen ist als Antimärchen zu bezeichnen. Büchners Kind findet keine Erlösung. Die ganze Welt, die Gestirne sind unerlöst.

Das Märchen ist dominiert von dem Motiv der Einsamkeit. Die Hoffnung auf Erlösung aus der Einsamkeit bleibt allerdings große Illusion. Am Ende bleibt nur eine unwahrscheinliche Trostlosigkeit, da noch nicht einmal gezeigt wird, wie man aus diesem Zustand fliehen kann. Zudem stehen noch zwei Fragen, die unbeantwortet bleiben: „Wohinaus?“ „Weiß ich’s?“. Ebenfalls lassen sich Parallelen zu dem Märchen der „Sieben Raben“ und dem „singenden springenden Löweneckerchen“ aufzeigen.   Predigt der Handwerksburschen: Wie das Märchen ist diese Predigt aus dem Kontext herauslösbar.

Es bleibt von Anfang an die Frage, ob bzw. wie viel man dieser Predigt an Bedeutung beimessen soll. Ist das Reden des Handwerksburschen nur blasphemisches Geschwätz?! Das Motiv der Gewalttätigkeit wird in den Vordergrund gerückt. Gerade jetzt, da sich bei Woyzeck der Mordgedanke festsetzt. Die Handwerksburschen sind in der gleichen schlechten Lage wie Woyzeck. Sie suchen Zuflucht im Alkohol und können somit mit dem Tambourmajor verglichen werden.

Der Bursche fragt am Ende: „Warum ist der Mensch?“. Büchner selbst wollte darauf keine schnelle Antwort. Er sieht nur, dass Welt und Menschen sind. Sinn muss der Mensch allein in sein Leben legen. Büchner zeigt in diesem Drama, dass einige, bedingt durch die sozialen Verhältnisse, besonders leiden. Das Drama hat somit, da er selbst keine konkrete Antwort auf die Frage „Warum dieses Leid?“ hat, „nur“ Zeitcharakter im Sinne „Seht hin!“.

Der Zuschauer empfindet Mitleid; da es keinen Appell oder eine Lösung gibt, lässt er das Gezeigte neu befragen. Das lässt den Zuschauer am Ende drüber nachdenken.   Budenszenen: Der Jahrmarkt ist der Jahrmarkt des Lebens. Am Ende der Szene kann die erste Begegnung von Marie und dem Tambourmajor angenommen werden. Das vom Marktschreier angekündigte „commencement von commencement“ kann auf das Verhältnis Marie/Tambourmajor bezogen werden. Im Theater: „Sehn sie die Kreatur, wie sie Gott gemacht“ -> Aufforderung an dem Theaterzuschauer, die den Woyzeck vorgeführt bekommen.

– „Der Aff’, der schon Soldat ist“ ist ebenfalls eine Anspielung auf Woyzeck. – Er wird sogar noch weiter charakterisiert: „kann sich nur nit ausdrücke, nur nit expliziere, ist ein verwandelter Mensch“ In dieser Szene wird ein idealistisches Menschenbild zerstört. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier liegt angeblich nur im Grad der Zivilisation. Das heißt es hängt von Faktoren ab, die nicht vom Einzelnen verantwortbar beeinflusst werden können. Der Mensch wird vom Marktschreier so beschrieben: „viehischer Vernunft“, „unvernünftige Viehigkeit“, „ein viehdummes Individuum“, (seinem Wesen nach eine) „unideale Natur“, „Staub, Sand, Dreck“. Dieses ist nicht unbedingt Büchners eigene Auffassung vom Menschen.

Aber er hinterfragt das idealistische Menschenbild. Am Ende des Dramas steht in aller Radikalität die Frage, was denn der Mensch wirklich sei.   Charakterisierungen:   Tambourmajor Er ist eine eindimensional ausgelegte Gestalt, genau wie der Hauptmann und der Doktor. Innerhalb einer sozialen Hierarchie nimmt er, wie Woyzeck, eine untere Stellung ein. Er gehört zu den untergeordneten Soldaten, so dass er sich nicht wesentlich von Woyzeck abhebt. Sein Auftreten, seine prunkvolle Uniform und seine Geschenke geben ihm nach außen hin jedoch einen ganz anderen Schein.

So gewinnt er auch an öffentlichem Ansehen. Er selbst ist nichts. Sein Selbstbewusstsein leitet sich allenfalls aus seiner männlichen Kraft, seinem Habitus und seiner Kleidung her. Er leitet sein Selbstwertgefühl von außen her ab. Er sucht die Bestätigung in seinem Gegenüber. Er unterscheidet sich nicht von den anderen Personen im Drama, die eine entfremdete Existenz leben.

Er flüchtet sich in den Alkohol, in das Aufschneiden und in die Anbetung seiner Männlichkeit etc, die er immer wieder bestätigt haben muss. Die Entfremdung, die alle Personen im „Woyzeck“ erleben, merkt man am Tambourmajor sehr deutlich. -> Anstatt sich den Leuten, die einem in der sozialen Hierarchie gleichgestellt sind, zugehörig zu fühlen, produziert man diese Hierarchie auch auf den eigenen Stand. Die Unterdrückung, die einem wiederfährt, scheint weitergeben werden zu wollen. Satt Solidarität, nur Aggression und Gewalttätigkeit. Woyzecks Gegenspieler im Drama ist insofern nicht der Tambourmajor, sondern die Gesellschaft.

  Doktor Es herrscht ein Vertragsverhältnis zwischen dem Doktor und Woyzeck. Woyzeck lässt Experimente mich sich machen, um Marie und das Kind zu ernähren. Der Doktor hat kein Verständnis für Woyzecks Lage und sieht in ihm nur ein leichtes Opfer für seine wissenschaftlichen Karriereinteressen. Er ist sich selbst und seinen Mitmenschen total entfremdet; und somit mit dem Tambourmajor vergleichbar. Er sieht in allem (auch in Menschen) nur die Wissenschaft und verliert dadurch komplett den Ethos eines Arztes. Er spricht mit der größten Kaltblütigkeit und mit Affekt.

Dazu ist er sehr wichtigtuerisch und sehr aufgeblasen. Die Doktor - Szenen können als Satire Büchners auf den Wissenschaftsbetrieb seiner Zeit verstanden werden. Die satirischen Elemente werden jedoch bist uns Groteske getrieben. Der Doktor versucht Woyzeck über die Freiheit des Menschen aufklären, was eigentlich blanker Hohn ist, denn er selbst ist komplett unfrei, da er sich völlig seiner wissenschaftlichen Karriere verschrieben hat. Woyzeck wirkt gegenüber dem Doktor ohnmächtig, da er nicht in der Lage ist, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Der Doktor baut anhand seiner Fachsprache eine für Woyzeck undurchdringbare Barriere auf.

  Hauptmann Komplizierte Gestalt, im Gegensatz zum Doktor. Der Hauptmann wird nicht in einem militärischen Umfeld gezeigt. Der Doktor beschreibt ihn als aufgedunsen, fett, mit dickem Hals. Der Hauptmann ist weniger eine Karikatur des Militärs als eine des bürgerlichen Philisters. Er hat bürgerliche Züge mit einem kräftigen Einschlag ins Halbherzig - Spießbürgerliche. Die steten Doppelungen der Begriffe in seinem Reden zeugen von formelhaftem inhaltslosen Gebrauch.

Der Hauptmann gibt sich als Repräsentant einer guten Gesellschaft, obwohl er in Wahrheit dem Schicksal Woyzecks gegenüber lieblos, unmenschlich und indifferent ist. Er ist ein harmlos - gefährlicher Träger einer doppelten Moral. Er gebraucht die Begriffe Moral und Tugend, um sich in ihnen zu sonnen und zu bestätigen. In Wahrheit nutzt er, wie der Doktor, Woyzeck nur schamlos aus. Woyzeck rebelliert nicht gegen den Hauptmann, sondern resigniert vielmehr, da er denkt, dass sich die Verhältnisse auch nach seinem Tode nicht verändern werden. Nervosität, Schreckhaftigkeit und Unrast sind typisch für den Hauptmann.

Langeweile als Symptom für den Verlust der Transzendenz und der Seinsangst.   Marie Unterscheidet sich von den anderen Gestalten, weil nur sie und Woyzeck einen Individualnamen haben (abgesehen von Andres. Aber der zählt ja nicht wirklich. *g* ) Sie kann über ihr Tun nachdenken und übt Selbstkritik an sich; das können die anderen nicht. Dieses verhindert, dass sie nur Repräsentant einer bestimmten sozialen Gruppe ist. Sie hat ein Eigenleben.

Innerlich rebelliert sie gegen ihren sozialen Status, doch sie resigniert auch gleich wieder. Die Lieder dienen teilweise dem Protest und bieten ihr somit auch Fluchträume, die sie aber auch gleich wieder verwirft. Sie hat mittlerweile Angst vor Woyzeck. Dennoch lebt sie immer aus dem Augenblick heraus. Dieser kann ihr dann Furcht machen oder sie aufheitern. Augenblicksgebundenheit, Spontaneität und Sprunghaftigkeit sorgen dafür, dass Marie sich zum Tambourmajor hingezogen fühlt.

Sie springt auf äußere Reize an und lässt sich teilweise von ihrer Triebhaftigkeit leiten. Frustration über die miserable Lage wird nicht mit produktiver Aggression auf die eigentliche Ursache des Problems gelenkt, sondern gegen sich selber. Marie lenkt diese Aggression gegen Woyzeck und sogar gegen ihr Kind. Die Aggression macht sie anfällig für jede Verführung. Obwohl Marie und Woyzeck sich in der gleiche Lage befinden, ergibt sich keine Solidarität: beide werden zu Handlungen gezwungen, die sie eigentlich nicht wollen. Wechselhaftigkeit: hat Gewissensbisse, doch setzt sich sofort wieder darüber hinweg.

Marie hat ihre Orientierung verloren. Auch die Bibel gibt ihr nicht den versprochenen Trost.   Woyzeck Gegenfigur zum dramatischen Helden. Er gehört zu den leidenden, gedrückten Gestalten, denen Büchners ganzes Mitleid gehört. Er ist ein Elender, Schwacher, von allen und vor allen Erniedrigter. Zu keiner der ihn umgebenen Gestalten findet er eine menschliche Beziehung, keine der Gestalten findet zu ihm.

Der Doktor missbraucht ihn als Versuchsobjekt, der Hauptmann bezeichnet ihn als „schlechten Menschen“, Andres hat kein Verständnis für ihn, die Handwerksburschen malträtieren ihn, der Jude nimmt ihn aus, der Tambourmajor (miss)braucht ihn, um sich zu beweisen. Marie betrügt ihn. Mit ihr verliert er das Einzige, was ihm am Leben geblieben ist. Woyzeck ist verlassen und lässt sich gut mit dem Kind aus dem Märchen der Großmutter vergleichen. Woyzeck ist nichts anderes als ein austauschbares, in die militärische Maschinerie eingeordnetes Glied. Er gehört ganz und gar zu den „armen Leut“, denen er sich selbst komplett zurechnet.

Er definiert sich nicht durch sich selbst, durch seine Arbeit. Er definiert sich durch die Liebe zu Marie, welche dann durch ihren Treuebruch zerstört wird. Er verdient zu wenig, als dass er Marie und das King versorgen könnte und gibt sich deshalb dem Doktor als Versuchsobjekt hin, um ein bisschen Geld dazu zu verdienen. Diese Experimente schwächen ihn und sind vielleicht die Ursache für seinen Wahnsinn. Woyzeck ist ein Gehetzter; er hat nie Zeit. Woyzeck leidet unter der sozialen Misere, genauso wie er unter seine Kommunikationslosigkeit leidet.

Er steht isoliert und hat Angst sich mitzuteilen. Ihm ist alles, was ihm begegnet fremd und bedrohlich. Er kann es nicht sprachlich bewältigen. So ist Woyzeck nicht nur von der Gesellschaft missbraucht, sondern er sieht sich auch überall dem Anonymen, dem Namenlosen gegenüber, das er sprachlich nicht bannen kann. Alles was ihm Angst macht, dass presst er in ihm bekannte Erklärungsmuster und diese sind nach außen hin die Halluzinationen. Diese Pseudoerklärungen helfen ihm mit den Ängsten fertig zu werden.

Die Stimmen werden für Woyzeck zu einer äußeren Macht , bestimmen im Unterbewusstsein sein Handeln. Die Stimme, die Woyzeck hört, kurz bevor er Marie umbringt, ist ein Einsturz seines allzu sehr gepeinigten Ichs. Marie bedeutet Woyzecks Identität. Ihr Mord kommt einem Selbstmord gleich. Er befragt sich selbst in radikaler Weise. Woyzecks Fragen sind zugleich die Fragen, die das Drama an den Leser/Zuschauer stellt.

Was ist der Mensch? – Ist er nicht mehr als ein zivilisiertes Tier? – Was treibt den Menschen zu seinen Handlungen? – Sind diese Handlungen nicht sinnlos? – Gibt es eine Erlösung aus all der Sinnlosigkeit und Einsamkeit? - Wie findet der Einzelne zum Du? usw.    Von Sabine * sam * Laskus Quelle: Oldenbourg Interpretationen Januar 2002                

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