Leseerfahrung
Robert Schneider
Eine Buchvorstellung von
Inga Vogler
Stufe 13
30.01.2002
Inhaltsverzeichnis
Vorwort....
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....3
Robert Schneider – Biographie..
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.....4 Inhalt.
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...5 Biographische Bezüge...
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.....7 Thematik.
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....8
Die ungeborenen Genies 8
„Anklage wider Gott“ 8
Kommunikation 8
Musik 9
Liebe 9
Tod 10
Johannes Elias Alder..
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.11 Die Form des Romans.....
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Der Erzähler 14
Die Textstruktur 15
Die Sprache 16
Die Verfilmung....
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..17
Die Entstehung des Films 17
Filmkritik 17
Buchkritik....
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...20
Verschiedene Buchkritiken 20
Meine eigene Leseerfahrung 20
Quellenverzeichnis...
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Vorwort
Als wir die Aufgabe erhielten eine Buchvorstellung zu schreiben entschied ich mich für „Schlafes Bruder“ von Robert Schneider. Das Buch interessierte mich sehr, da es zum einen eine Parallele zu Thomas Manns „Buddenbrooks“ gibt und zum anderen mir eine Freundin erst kurz vorher von dem Buch vorgeschwärmt hatte. Daher wollte ich es unbedingt lesen. Doch schnell stellte sich heraus, dass ich das Buch, wäre es nicht meine Aufgabe gewesen, niemals zu Ende gelesen hätte.
Doch als ich es dann doch tatsächlich geschafft hatte und mich nun mit dem Roman näher beschäftigen musste, wurde das Buch immer interessanter. Durch die intensive Beschäftigung bin ich bei dem Buch entdeckte ich immer mehr interessante Themen, die meiner Meinung nach alle in eine Buchvorstellung gehören.
Das erste Kapitel beschränkt sich nur auf den Autor und ist eher trocken. Dennoch gehört es unbedingt in die Buchvorstellung hinein. Danach folgt eine relativ kurze Inhaltsangabe, damit auch jemand, der „Schlafes Bruder“ nicht gelesen hat, mit meiner Arbeit etwas anfangen kann. Bei der Inhaltsangabe habe ich bewusst kein offenes Ende gelassen, da auch in dem Roman das Ende gleich im ersten Satz erzählt wird und es dennoch nicht an Spannung verliert.
Das dritte Kapitel bezieht sich wieder auf den Autor des Buches. Hier habe versucht die Intension des Autors das Buch zu schreiben herausgearbeitet. Das war in diesem Fall nicht sehr schwer, da es viele auffällige Parallelen zwischen dem Leben des Elias und Schneiders eigener Jugend gibt. Dieses Kapitel habe ich hinter die Inhaltsangabe gesetzt, da man zuerst den Inhalt kennen muss um die Parallelen zu erkennen. Das nächste Kapitel bezieht sich auf die Thematik des Buches. Hier bin ich auf jedes der sechs Themen im Roman näher eingegangen.
Dieses Kapitel ist für mich persönlich eines der interessantesten, da ich nach der Lektüre des Buches zuerst nicht gedacht hätte, was sich aus dem relativ kurzen Roman alles herausholen lässt. Anschließend bin ich ziemlich ausführlich auf die Hauptperson des Romans, Johannes Elias Alder eingegangen. Da das Buch im Grund nur über dessen Leben berichtet war es sehr naheliegend die Person des Elias genauer zu bearbeiten. Im folgenden Abschnitt habe ich die Form des Romans bearbeitet. Obwohl die Formanalyse eines Buches normalerweise für mich immer der langweiligste Teil ist, fand ich es bei diesem Roman absolut interessant und daher auf alle Fälle wichtig für eine Buchvorstellung. Das liegt einerseits daran, dass ich noch nie ein Buch gelesen habe, das rückwärts aufgebaut ist, andererseits auch an der Figur des Erzählers, der für mich der entscheidende Punkt für den Erfolg des Romans ist.
Wichtig erschien es mir ebenfalls, auf die Verfilmung des Romans einzugehen, da das Buch eigentlich als unverfilmbar galt. Nachdem ich mich mit dem Buch beschäftigt und den Film gesehen habe, kann ich diese Aussage gut verstehen. Zum Schluss habe ich meine eigene Leseerfahrug beschrieben. Da ich selbst viele Versuche gebraucht habe das Buch zu Ende zu lesen, hoffe ich damit alle, denen es genauso ging wie mir, dazu zu bewegen weiterzulesen. Es lohnt sich!
Nicht eingegangen bin ich in meiner Buchvorstellung auf den religiösen Bereich des Buches, wie z. B.
die Gestaltung des Geistlichkeit und die Parallelen zu mehreren Heiligen, da ich meine Arbeit auf eine vorgegebene Länge reduzieren musste und ich diesen Teil am uninteressantesten fand.
Ich hoffe, mit meiner Buchvorstellung den Roman gut zu präsentieren und eventuell weitere Menschen für den Roman begeistern zu können
Robert Schneider - Biographie
16.06.1961 Geburt in Bregenz (Österreich)
Er verbringt seine Kindheit und Jugend bei Adoptveltern in Meschach, einem kleinen Bergdorf in Vorarlberg, wo er heute als freischaffender Schriftsteller lebt
Nach seinem Abitur, welches er am Bundesgymnasium Feldkirch ablegte, studiert er in Wien Komposition, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte.
1990 Während er an seinem ersten Roman „Schlafes Bruder“ arbeitet, bekommt er ein amerikanisches Privatstipendium, den Abraham-Woursell-Award, zur Förderung junger europäischer Autoren.
Zudem erhält er den Film-Drehbuchpreis des ORF für das Drehbuch „Die Harmonien des Carlo Gesualdo“ sowie den Landespreis für Volkstheaterstücke des Landes Baden-Württemberg für sein Stück „Traum und Trauer des jungen H.
“
1992 Sein Roman „Schlafes Bruder“ erscheint im Reclam Verlag Leipzig.
1993 Sein Theaterstück „Dreck“ erscheint im Reclam Verlag Leipzig und wird am 10.01. zum ersten Mal aufgeführt; es wird zum meistgespielten Theaterstück der Saison. „Schlafes Bruder“ wird als Ballett im Pfalztheater Kaiserslautern aufgeführt. Zudem erhält er mehrere Literaturpreise:
1994
1995
Dramatikerpreis der Potsdamer Theatertage
Allemannischer Literaturpreis
Robert-Musil-Stipendium der Stadt Wien
Literaturpreis der Salzburger Osterfestspiele
Prix Medicis Etranger (Frankreich)
Marieluise-Fleißer-Preis der Stadt Ingolstadt
Premio Itas del Libro di Montagna (Italien)
Premio Grizane Cavour (Italien)
Schneiders Roman „Schlafes Bruder“ wird durch Joseph Vilsmaier verfilmt.
1996 Die Opernversion von „Schlafes Bruder“ wird in Zürich aufgeführt. (Herbert Willis)
Inhalt
„Das ist die Geschichte des Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte, nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen. Denn er war in unsägliche und darum unglückliche Liebe zu seiner Cousine Elsbeth entbrannt...“Robert Schneider, Schlafes Bruder
Johannes Elias Alder wird im Jahr 1803 als uneheliches Kind in Eschberg, einem von Inzucht geprägten Bergdorf in Vorarlberg, geboren.
Sofort bemerken die Eltern anhand Elias ungewöhnlicher Stimme, dass mit dem Kind was nicht stimmt. Mit fünf Jahren erlebt Elias ein Wunder. Er verlässt das Haus, weil er sich von einem wasserverschliffenen Stein, seinem Lieblingsplatz, angezogen fühlt. Er läuft zu dem Stein und legt sich nackt auf ihn drauf. Dort deformiert sich plötzlich sein Körper, sein Gehör vervielfacht sich und er hört das gesamte Universum tönen. Gleichzeitig hört er den Herzschlag eines ungeborenen Kindes, seiner Cousine Elsbeth, die ihm seit diesem Erlebnis vorbestimmt ist.
Die Deformationen seines Körpers bilden sich schnell zurück, nur grellgelbe Augen und eine plötzlich sehr tiefe Bassstimme bleiben erhalten. Ab diesem Zeitpunkt altert Elias’ Körper und er kommt viel zu früh in die Pubertät. Von seinen Eltern wird Elias im Hausgaden eingesperrt und von der Öffentlichkeit isoliert. Nur zu seinem Cousin Peter, der ihn regelmäßig am Fenster besuchen kommt, entwickelt er Vertrauen. Nachdem der Pfarrer Elias Eltern gezwungen hatte, ihn zur Kommunion gehen zu lassen, kommt er zum ersten Mal nach zwei Jahren frei. Mit zehn Jahren darf er sogar die Dorfschule besuchen und wird ein guter Schüler.
Da sich der Dorflehrer aus Angst vor dem Talent des Jungen weigert, ihm des Orgelspielen lehren, bringt es sich Elias heimlich selbst bei. 1815 bricht in Eschberg das erste Feuer aus, welches Peter aus Rache an seinem Vater in dessen Stall gelegt hatte und Elias rettet die kleine Elsbeth aus dem brennenden Haus. Zu diesem Zeitpunkt verliebt er sich in sie. Für das Feuer wird der Schnitzer Meistenteil verantwortlich gemacht und bei lebendigem Leibe von Elias Vater und anderen Dorfbewohnern verbrannt. Das Verhältnis zwischen Elias und seinem Vater ist nun sehr getrübt, dafür entwickelt Elias eine Zuneigung zu seinem kleinen mongoloiden Bruder Philipp.
Heimlich repariert Elias die Orgel in der Kirche.
Als der Kirchenorganist Oskar Alder nun sein fehlendes Talent erkennt, bringt er sich um und Elias übernimmt dessen Posten als Dorflehrer und Kirchenorganist. Inzwischen entwickelt sich eine gute Freundschaft zwischen Elias und Elsbeth. Obwohl sich Elias Elsbeths Liebe sicher ist, heiratet Elsbeth den Bauern Lucas Alder und wird von ihm schwanger. Daraufhin geht Elias in die Kirche um Gott zu verfluchen. Gott befreit ihn von seiner Liebe zu Elsbeth und gleichzeitig erlangen seine Augen ihr ursprüngliches Grün zurück. Dennoch wird Elias immer noch nicht glücklich, da mit seiner Liebe zu Elsbeth auch seine Leidenschaft zu seiner Musik erloschen ist.
Kurze Zeit später bricht ein zweites Feuer in Eschberg aus, worauf die meisten Bewohner, mit ihnen auch Elsbeth, das Dorf verlassen.
Eines Tages kommt der Feldberger Domorganist Goller nach Eschberg um die Kirchenorgel zu inspizieren. Er erkennt Elias’ Talent und lädt ihn ein, bei dem Orgelfest in Feldberg teilzunehmen. Auf Peters mehrmalige Aufforderungen hin nimmt Elias das Angebot an.
Auf dem Fest muss Elias über das Lied „Kömm, o Tod, du Schlafes Bruder“ extemporieren. Während der Improvisation verliebt sich Elias erneut in Elsbeth und fasst gleichzeitig den Entschluss sich umzubringen.
Nach dem Wettbewerb, den er mit großem Vorsprung gewann, geht er zum wasserverschliffenen Stein, wo er sein Vorhaben verwirklicht. Er nimmt er sich vor, nicht mehr zu schlafen, da er Elsbeth ewig lieben will, man im Schlaf aber nicht lieben kann. Mit berauschenden Beeren hält er sich wach. Bis zu Elias’ Tod weicht sein Cousin Peter nicht von seiner Seite.
Etwa neun Jahre nach Elias’ Tod unternimmt Elsbeth mit ihren sechs Kinder einen Ausflug. Am Bachlauf bemerkt sie, dass der wasserverschliffene Stein verschwunden ist.
Auf die Frage ihres ältesten Sohnes Cosmas was eigentlich Liebe sei, wird sie nur verlegen.
1892 bricht das dritte Feuer in Eschberg aus, dem die letzten Bewohner zum Opfer fallen. Mit Ausnahme von einem: Cosmas Alder. Dieser stirbt nach 20 Jahren einsam und mit ihm das Dorf Eschberg.
Biographische Bezüge
„Der Roman enthält auf verschiedenen Ebenen Anklänge an die Biographie Schneiders.“
Robert Schneider wuchs als Adoptivkind in dem kleinen Bergdorf Meschach in Vorarlberg, welches nur 57 Einwohner hatte, auf.
Das gleiche Umfeld wählt er auch als Geburtsort des Elias. Elias wächst in Eschberg, einem fiktiven Dorf auf, welches sich dem Roman zufolge auch in Vorarlberg befindet. Schneider ging nach Feldkirch zur Schule. Der Name Feldkirch erinnert stark an den Namen der Eschberg am nächsten gelegenen Stadt ‘Feldberg’.
Aber nicht nur zu der Gegend, in der Schneider lebt lassen sich Parallelen finden. Auch die Bedingungen unter denen Schneider aufwuchs lassen sich mit denen des Elias vergleichen.
Schneider berichtete in einem Interview, dass er zu Hause weder Bücher noch Musik gehabt habe. Die einzige Musik, die er während seiner Kindheit gehört habe, sei die des Dorforganisten sonntags in der Kirche gewesen. Und der habe abscheulich gespielt. Ebenso geht es dem armen Elias. Außer in der Kirche hat er keine Möglichkeit Musik zu hören und der Dorforganist Oskar Alder spielt so schlecht, dass Elias ihn in seinem Spiel ausbessern muss.
Heute spielt Schneider selbst die Orgel in der Meschacher Kirche.
Musik habe ihm eine Ausdrucksmöglichkeit gegeben. Bei einem guten Stück Musik müsse er weinen, so Schneider. So ähnlich geht es auch Elias. Die Musik ist ihm absolut wichtig, da er seine Gefühle und vor allem seine Liebe zu Elsbeth nur in der Musik ausdrücken kann.
Auch die Charaktere der Nebenfiguren in dem Roman leitet Schneider von seinen Erfahrungen in Meschach ab. Schneiders Vater war wie auch Elias’ ein Landwirt.
Trotz dem großen Erfolg von „Schlafes Bruder“ las Schneiders Vater den Roman nie komplett, da er sich in einer der Personen wiedererkannte. Auch den Dorforganisten und dessen fehlende Musikalität erkennt man in Oskar Alder wieder.
„Bergbauern arbeiten und reden nicht.“ sagte Schneider über sein Leben in Meschach. ‘Ich liebe dich’ existiere in dem vorarlbergischen Wortschatz nicht. Diese Erfahrung verarbeitet Schneider ebenfalls in seinem Roman.
Kommunikationsunfähigkeit ist einer der Schwerpunkte in „Schlafes Bruder“. Im Roman leben die Menschen aneinander vorbei und gehen nur ihrer Arbeit nach. Beispielsweise Seff konnte seiner Frau bei Elias Geburt keine tröstenden Worte sagen („Seff war kein Redner.“ S.14) und auch die Beziehung von Elias und Elsbeth ging durch seine Sprachlosigkeit zu Bruch („..
.warst nie Manns genug, ihr dein Begehren zu eröffnen“ S 192).
Thematik
Die ungeborenen Genies
Mit diesem Thema wird der Leser gleich zu Beginn des Romans konfrontiert. Im dritten Kapitel „Die Ungeborenen“ bedauert der Erzähler, dass viele Menschen nie die Möglichkeit hatten ihre Talente zu entfalten, da es ihre Umwelt nicht zuließ. „Welch prachtvolle Menschen, Philosophen, Denker, Dichter, Bildner und Musiker muss die Welt verloren haben, nur weil es ihnen nicht gegönnt war, ihr genuines Handwerk zu erlernen.“ (S.
13)
„Ungeboren“ bedeutet in diesem Fall unentdeckt. Diesem Schicksal war auch Elias verschrieben. Die Dummheit seiner Mitmenschen, aber auch der Neid des Dorforganisten waren dafür verantwortlich, dass Elias seine Musikalität nie ausbauen konnte. Statt dessen wurde er zum unverstandenen Außenseiter. Dieses Thema wird während des ganzen Romans immer wieder erwähnt und nach Elias’ Tod fast wörtlich wiederholt. ( vgl.
S. 252)
„Anklage wider Gott“ (S. 12)
In dem Roman wird Gott als Sadist und grausamer Lenker allen Geschehens dargestellt. „Gott liebt alles Unrecht unter der Sonne“ (S. 119). Er wird für alles Unheil verantwortlich gemacht, seien es die Feuer, die das Dorf immer wieder zerstören („daß Gott dort den Menschen nie gewollt hatte.
“ S. 9) oder Elias’ Begabung („Die Beschreibung seines Lebens [...] ist eine Anklage wider Gott, dem es in seiner Verschwenderlaune gefallen hatte, die so wertvolle Gabe der Musik ausgerechnet über ein Eschberger Bauernkind auszugießen, wo er doch hätte absehen müssen, daß es sich und seine Anklage in dieser musiknotständigen Gegend niemals würde nutzen und vollenden können“ S. 12f).
Ebenso wird Gott für Elias’ Liebe zu Elsbeth verantwortlich gemacht, welche er ihm jedoch nicht aus Barmherzigkeit gab, sondern aus gefallen daran, dass Elias’ „Leben vor der Zeit verzerrt wurde“ (S. 13). Dies alles wird von dem Erzähler als „satanischen Plan“ (S. 13) bezeichnet.
Der Leser erhält den Eindruck, als habe Gott den Elias nur geschaffen um seine Grausamkeit an ihm zu zeigen. Nachdem Elsbeth Lucas heiratete und der arme Elias verzweifelt, befreit Gott Elias von seiner Liebe zu ihr.
Was zuerst wie eine gute Tat erscheint, erweist sich aber sehr bald als eine weitere grausame Tat, da „selbst die hoffnungsloseste Leidenschaft leichter zu ertragen ist, denn keine Leidenschaft“ (S. 193). „Gott war noch lange nicht fertig mit ihm“ (S. 45).
Kommunikation
Eines der größten Probleme der Eschberger ist die mangelnde Kommunikationskompetenz. „Das war ein ganz typischer Zug des Alderschen Geschlechts, und man darf billig hinzufügen, des vorarlbergischen überhaupt.
“ (S. 171) Diese Thematik wird von Anbeginn des Romans in den Mittelpunkt gestellt, als Seff seiner Frau bei der Geburt des Elias keinen Trost spenden kann, ihr nicht einmal sagen kann, dass die Hebamme eingetroffen ist, denn „Seff war kein Redner“ (S. 14). Nur ein einziges Mal schafft es Seff über seinen Schatten zu springen und zu reden. Als Elias krank vor Liebeskummer in seinem Bett liegt, geht Seff auf ihn zu und tröstet ihn. Sie besprechen sogar jene Nacht, in der Seff mit anderen Eschbergern den Schnitzer Meistenteil verbrannten.
Diese Tat hatte bis zu diesem Gespräch zwischen Elias und seinem Vater gestanden.
Aber vor allem bei Elias wirkt sich diese Sprachlosigkeit fatal aus. „Niemals hätte ein Alder einem Menschen anvertraut, daß er ihn lieb habe. Alles musste ohne Worte geschehen, und wenn, nur in Andeutungen und Halbwahrheiten.“ (S. 171).
So auch bei Elias. Er verschweigt Elsbeth sein Leben lang seine Zuneigung. Dabei stellte sie es sich teilweise bildlich vor, wie es wäre, „wenn Elias jetzt um ihre Hand anhielte“ (S. 175). „Sprachlos waren diese Menschen, ja sprachlos bis in den Tod“ (S171).
Musik
Die Musik spielt für Elias eine sehr bedeutende Rolle.
Sein musikalisches Talent sowie die übernatürliche Hörfähigkeit machen ihn zum Außenseiter. Dennoch war es das Singen der Hebamme, dass ihn als Baby ins Leben holte und selbst das Schreien bei seiner Taufe wird als Jubel über die Entdeckung der Musik gedeutet. Gegen den Willen Oskar Alders bringt er sich selbst heimlich das Orgelspielen bei. Dies demonstriert wie wichtig ihm die Musik ist.
Für Elias ist die Musik die einzige Möglichkeit seine Gefühle auszudrücken. Wenn er Orgel spielt, bringt er all seine Emotionen in das Spiel mit ein.
Zudem ist sie Ausdruck seiner Liebe zu Elsbeth. Selbst „der Zuhörer konnte sich der Wirkung nicht mehr entziehen. [...] Solches in der Musik geleistet zu haben war der Verdienst des Johannes Elias Alder“ (S.
226).
Liebe
Elias’ Liebe zu Elsbeth ist ihm von Beginn seines Lebens an vorbestimmt. Mit fünf Jahren erkennt er während des Wunders auf dem wasserverschliffenen Stein seine Vorbestimmung und als er sie aus dem brennenden Haus rettet verliebt er sich in sie. In diesem Zusammenhang ist Elias absolut kompromisslos. Er „schart all sein Denken und Sehnen um die junge Elsbeth“ (S. 129) und „wenn Elias musizierte, dann musizierte er für Elsbeth“ (S.
123), denn er liebt „ Elsbeth mit einer Kraft und Leidenschaft, die ans Unmenschliche grenzt“ (S. 119). Solange Elias die Hoffnung auf Elsbeth hat, ist diese Liebe seine größte Freude. Als er jedoch die Unmöglichkeit dieser Liebe erkennt, wird sie Ursache extremen Leids. „Das rastlose Werben um Elsbeth [..
.] zehrte an ihm wie eine heimtückische Krankheit.“ (S.150). Er musste erkennen, „dass er keinen Trost mehr in ihr finden mochte.“(S.
150). Während seines Liebens entwickelt er gleichzeitig eine starke Todessehnsucht.
Tod
Der Tod und die Liebe sind in dem Roman stark miteinander verbunden, da „jede Liebe immer in den Tod führt“ (S. 194). Überhaupt wird der Leser immer wieder mit dem Tod konfrontiert. Schon im ersten Satz des Romans wird dem Leser offenbart, dass sich Elias umbringen wird.
Dem Leser erscheint es, als sperre sich Elias von Anfang an gegen das Leben. Bei der Geburt wäre er fast gestorben, hatte ihm das Lied der Hebamme nicht die Kraft zum Leben gegeben. Während seines Lebens „liebte er alles, was mit dem Tod in Verbindung gebracht werden konnte.“ (S. 151). Zudem ist der Tod in Eschberg allgegenwärtig.
Der Kurat Benzer bringt sich um (vgl. S. 33), die Seffin möchte Elias töten (vgl. S.49), der tödliche Unfall des Balgtreters Lamparter (vgl. S.
77), die Verbrennung des Schnitzers Meistenteils (vgl. S. 105) sowie viele weitere Unfälle, Morde und natürliche Tode. Hinzu kommen die drei Feuer in Eschberg und zuletzt der Tod des Dorfes, wenn der letzte Einwohner Cosmas Alder stirbt. Es ist sehr grotesk, dass der Tod dennoch sehr oft mit freudigen Ereignissen verbunden ist. Erst durch den tödlichen Unfall des Blasebalgtreters Lamparter bekommt Elias die Möglichkeit dessen Posten zu übernehmen und so zum ersten Mal mit der Orgel in Berührung zu kommen.
Der Selbstmord des Dorforganisten ist der Auslöser dafür, dass Elias zum ersten Mal öffentlich die Orgel spielen darf.
Johannes Elias Alder
„Die Beschreibung seines Lebens ist nichts anderes als die traurige Aufzählung der Unterlassungen und Versäumnisse all derer, welche vielleicht das große Talent des Menschen erahnt haben, es aber aus Teilnahmslosigkeit, schlichter Dummheit, oder [...] aus purem Neid verkommen ließen.“
Robert Schneider, Schlafes Bruder (S.
12)
Johannes Elias Alder wird im Jahr 1803 in Eschberg in Vorarlberg als uneheliches Kind geboren. Obwohl sein leiblicher Vater Kurat Elias Benzer ist, gibt sich Seff als sein Vater aus. Schon bei seiner Geburt zeigen sich die ersten Komplikationen; sein kleines Herz will nicht schlagen. Elias sträubt sich von Anfang an gegen das für ihn bestimmte Leben. Aus Verzweiflung beginnt die Hebamme ihn zu schütteln und das Tedeum zu singen, bis sein Herz zu schlagen beginnt. Es scheint, als habe ihm die Musik erst den Willen zum Leben gegeben.
Von Anbeginn seines Lebens wird Elias von seinen Eltern, Seff und Seffin, vernachlässigt, da sie sich für ihn schämen. So würde sich Seff z. B. bei Elias’ Taufe am liebsten unter der Kirchenbank verkriechen als Elias anfängt zu schreien . Auf Grund Elias’ „gläsernen Stimme“ (so wird sie von dem Kirchenorganisten bezeichnet), bei der es die Menschen frösteln lässt, glauben seine Eltern , der Teufel treibe mit ihm sein Spiel. In Wahrheit aber jubiliert Elias, denn er vernimmt „zum ersten Mal in seinem Leben die Klänge einer Orgel.
Er jubilierte über die Entdeckung der Musik.“ (S. 33).
Diese „gläserne Stimme“ dauert jedoch nur die ersten fünf Jahre seines Lebens an. In dieser Zeit kann Elias noch nicht verstehen, warum er alleine in einer Kammer, getrennt von seinen Eltern und seinem älteren Bruder Fritz, schlafen muss, warum er nicht reden darf, wenn ein Fremder das Haus betritt und warum er keinerlei Zärtlichkeiten von seinen Eltern erhält. Doch als ihm seine Mutter auch noch das Singen, seine Lieblingsbeschäftigung verbieten will, weint er so lange, bis sie es ihm schließlich nachts erlaubte.
Mit fünf Jahren hat Elias ein sonderbares Erlebnis, welches ihn für sein weiteres Leben prägt. Er fühlt eine Anziehungskraft ausgehend von einem Stein, der schon immer sein Lieblingsplatz war. Der Junge schleicht sich hin, zieht sich aus und legt sich wie in Trance auf den Stein. „Dann geschah das Wunder. An diesem Nachmittag hörte der fünfjährige Elias das Universum tönen.“ (S.
40). Während sich sein ohnehin schon außergewöhnlich gutes Gehör vervielfacht, verändert sich aber auch sein Körper. Er verkrampft sich, seine Haare und Zähne fallen ihm aus und das Grün seiner Augen verfärbt sich in ein gleißend ekelhaftes Gelb. Doch aus diesem unbeschreiblichen Konzert von Geräuschen und Lauten tut sich ein ganz besonderer Klang hervor. Elias hört den Herzschlag eines ungeborenen Kindes, jenes Mädchens, welches er bis ans Ende seines Lebens lieben wird.
Dieses ganze Wunder vergisst Elias schnell wieder und seine Haare und Zähne wachsen nach.
Die gelben Augen jedoch bleiben, seine „gläserne Stimme“ mutiert zu einer volltönigen Bassstimme und der gehörte Herzschlag bleibt ihm sein ganzes Leben lang in Erinnerung. Ab diesem Zeitpunkt beginnt Elias’ Körper zu altern und er kommt in die Pubertät. In den nächsten Jahren wird Elias von seiner Mutter vor der Öffentlichkeit versteckt und wie ein Tier gehalten. Sie unternimmt sogar schmerzhafte Versuche das Grün seiner Augen wieder herzustellen. Als die Seffin aber einmal verlauten lässt, man könne das Kind heimlich umbringen, wird sie von Seff geschlagen. Hier wird zum ersten Mal Seffs Zuneigung zu Elias deutlich, die er jedoch nicht ausdrücken kann („Seff war kein Redner“ S.
15). Dennoch entwickelt sich zwischen Seff und Elias mit der Zeit eine innige aber trotzdem sprachlose Beziehung („Seff und der Bub hatten sich lieb, das ist wahr“ S. 87).
„Elias wurde zum vielbetuschelten Rätsel von Eschberg.“ (S. 49).
Die am Fenster stehenden und gaffenden Kinder verscheucht er mit lauten Schreien. Nur einer von ihnen kommt jeden Tag wieder. Es ist Peter Elias Alder, Elias’ Cousin. Obwohl die beiden Jungen nie miteinander sprechen, erfährt Elias durch ihn zum ersten Mal in seinem Leben eine gewisse Zuneigung. Dies wird Elias Peter nie vergessen und schweigt sogar, als Peter das Dorf in Brand setzt. Trotz einiger Abarten Peters werden sie im Laufe Elias’ Leben die besten Freunde.
Dennoch gibt es einen Augenblick in seiner grausamen Kindheit, der ihn mit heller Freude erfüllt. Im Frühling 1808, als er in seinem Kämmerchen sitzt, hört er plötzlich wieder den Herzschlag seiner Geliebten. An diesem Tag gebärt die Nulfin Elsbeth, die kleine Schwester Peters.
Zwei Jahre bleibt Elias von der Außenwelt isoliert. Erst zu seiner Kommunion darf er seine Kammer verlassen. Trotz seiner furchtbaren Kindheit lässt „kein Kommunikant so fromm und lauter das Jesulein in sein Herzkämmerchen eintreten als unser Elias Alder“ (S.
57).
Mit zehn Jahren ist Elias äußerlich bereits zu einem erwachsenen Mann gereift. Dennoch darf er endlich die Schule besuchen und die Dorfbewohner gewöhnen sich allmählich an den Anblick des frühreifen Kindes. Trotzdem wird er wegen seiner tiefen Bassstimme gehänselt. So beginnt er sich und seine Stimme zu hassen. Nachdem er beschließt in der Öffentlichkeit kein Wort mehr zu reden, verbringt er die meiste Zeit an seinem Lieblingsort, dem wasserverschliffenen Stein.
Dort lernt er seine Stimme zu verstellen, in anderen Tonlagen zu reden und sogar die Hörfrequenzen von Tieren zu treffen und so mit ihnen reden zu können.
Der Dorflehrer Oskar Alder erkennt schon bald Elias’ Intelligenz und seine Musikalität. Aus Neid beschließt er ihn nicht weiter zu fördern und so seinen Posten als Kirchenorganist nicht zu riskieren. Durch einen Zufall jedoch wird Elias sehr bald zu dessen Balgtreter während der Messe. Nun hat er die Möglichkeit selbst an die Orgel zu gelangen. Nachts lässt er sich heimlich in der Kirche einschließen, um sich selbst das Orgeln beizubringen.
Zu gerne würde er die Noten lernen, Oskar Alder aber weigert sich ihm diese beizubringen. Nach dem Tod von Oskar Alder bekommt Elias zum ersten Mal die Gelegenheit öffentlich auf der Orgel zu spielen. Der erste Sonntag, an dem er die Kirchenorgel spielt wird zu dem glücklichstem Tag seines Lebens.
Abgesehen von seinen gelben Augen wuchs Elias zu einem gutaussehenden Mann heran. Er trug lange Haare und „hätte am liebsten überhaupt Schwarz getragen“ (S. 117).
Er brachte sich selbst einen prätentiösen, kurzschrittigen Gang bei. „Die Art seines merkwürdigen Gehens war das einzige, nach außen sichtbare Aufbegehren gegen die rohtappige Bauernwelt, in die er nie hatte treten wollen [...]. Das nervöse Erscheinungsbild und die an sich gute Konstitution des Mannes möchten doch darauf zeigen, daß er irgendwann gegen diese Welt aufstehen wird, oder zumindest eine zähe Rebellion im Herzen trägt.
“ (S. 118). Schon immer „liebt er alles, was mit dem Tod in Verbindung gebracht werden konnte“ (S.151).
Nachdem er als Kind seinen Vater beobachtet hatte, wie dieser mit ein paar weiteren Männern den Schnitzer Meistenteils verbrannt hatte, war das Verhältnis zu ihm sehr distanziert geworden. „Im Grunde hatte er mit den Seinen gebrochen“ (S.
116), nur zu seinem kleinen mongoloiden Bruder Philipp baute er ein sehr liebevolles Verhältnis auf.
Im Dorf genießt er mittlerweile recht hohes Ansehen. Er ist Dorfschullehrer geworden und unterrichtet die Kinder mit Begeisterung.
Wenn Elias Orgel spielt, dann spielt er ausschließlich für Elsbeth, improvisiert häufig im Gleichtakt mit ihrem Herzschlag. Sobald Elsbeth heiratsfähig ist, beginnt Elias „sie Tag um Tag leidenschaftlicher zu lieben“ (S. 147).
Das ständige Werben um Elsbeth zerrt nach einiger Zeit so an ihm, dass er einige Tage krank vor Liebeskummer in seinem Bett liegt. Sein Vater hat solches Mitleid, dass er seit der Verbrennung des Meistenteils wieder mit Elias spricht. Sie reden sogar über Seffs grausame Tat und seit diesem Zeitpunkt verstehen sich Elias und sein Vater so gut wie früher. Aus dieser Erfahrung, dass Kommunikation alles zum Guten wenden kann, lernt Elias jedoch nicht. Er verschweigt Elsbeth weiterhin seine Liebe. An Elias’ Sprachlosigkeit, an der jeder Eschberger leidet, scheitert so die Beziehung der beiden, obwohl Elsbeth eine Zeit lang ebenfalls Gefühle für Elias hegt.
Zudem will er ihr zeigen, dass „die wahre Liebe nicht das Fleisch sucht, sondern sich ganz an die Seele verschenkt“ (S.108) und verbietet sich daher jede Erotik. Dies alles versteht Elsbeth jedoch nicht und wendet sich deshalb immer mehr von Elias ab. Ihrer Meinung nach ist Elias kein richtiger Mann. Als Elsbeth kurze Zeit später Lucas Alder heiratet und auch noch von ihm schwanger wird, verzweifelt Elias. Da er der Überzeugung ist „ohne Elsbeth nicht mehr leben“ (S.
177) zu können und dass sie ihm „von Gott vorbestimmt sei“ (S,177), geht er in die Kirche um mit Gott zu brechen. In dieser Nacht erlöst ihn Gott von seiner Liebe. Gleichzeitig verschwindet auch das Gelb seiner Augen. Ab diesem Zeitpunkt ist Elias allerdings zu keiner anderen Leidenschaft mehr fähig, was sich als viel schlimmer erweist als eine unglückliche Liebe, „denn selbst die hoffnungsloseste Leidenschaft ist leichter zu ertragen denn keine Leidenschaft.“ (S.193).
Weder das Unterrichten an der Schule macht ihm noch Spaß, noch kann er so leidenschaftlich wie früher musizieren.
Eines Tages kommt der Feldberger Domorganist nach Eschberg um die dort vorhandene Orgel zu katalogisieren. Er erkennt das musikalische Genie von Elias und überzeugt ihn am Feldberger Orgelfest teilzunehmen. Elias zeigt kein großes Interesse, doch Peter überzeugt ihn hinzugehen. Dort gelingt es ihm „durch sein Orgelspiel seine Liebe zu Elsbeth wie in Ekstase wieder aufleben zu lassen“. Während seiner Improvisation fasst er jedoch einen „unglaublichen Entschluss“ (S.
232). Er erinnert sich an einen Schauprediger der vor einiger Zeit nach Eschberg kam und dort verkündete, dass Liebe nicht mit Schlaf vereinbar sei („Wer liebt, schläft nicht!“ S.129). Dar Schauprediger aber meinte damit die körperliche Liebe und forderte die Menschen zu grenzenloser Sexualität auf. Elias ist jedoch zu naiv um das zu verstehen und legt den Satz „Wer liebt, schläft nicht“ anders aus. Elias redet sich ein, dass Schlaf bekanntlich der Bruder des Todes sei, man jedenfalls nicht wirklich lebe, und man im Tod auch nicht liebt.
So beschließt er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr schlafen, denn in seiner geistigen Verwirrung glaubt er Schlaf sei eine Sünde. Demzufolge würde ihm ein Leben ohne Schlaf „die Liebe Elsbeths einbringen und die Gewissheit der ewigen Seligkeit im Himmel“ (S. 244). So kehrt er schließlich nach dem Wettbewerb nicht nach Eschberg zurück, sondern geht zu seinem wasserverschliffenen Stein. Dort setzt er sein Vorhaben durch und hält sich eine Woche lang mit Hilfe von berauschenden Beeren wach. Sein Freund Peter muss ihm versprechen ihm zu helfen und ihn vor allem nicht im Dorf zu verraten.
So stirbt Johannes Elias Alder schließlich nach einer Woche Schlaflosigkeit an dem Gift der Tollkirsche.
Die Form des Romans
Der Erzähler
Das Leben des Elias wird von einem auktorialen Erzähler geschildert, der jedoch nicht nur stur die Geschichte des Elias erzählt, sondern den Leser stellenweise direkt anspricht („Vergeblich wartet der Leser mit uns, ...“ S. 74) und ihm verschiedene Zusammenhänge näher erklärt.
Er scheint sogar die Gedanken des Lesers zu kennen („Ein Leser, der uns zwischenzeitlich bis an diesen Punkt gefolgt ist, mag sich die Frage vorlegen, weshalb wir uns so ausführlich über den hitzigen Kuraten verbreiten und nicht endlich die Erzählung auf jenes sonderliche Kind führen. Er möge sich diese Frage bewahren“ S. 31) Gegen Ende des Romans bezeichnet er den Leser sogar als guten Freund (vgl. S. 257).
Der Erzähler überblickt den gesamten Geschehenszusammenhang, was er im ersten Satz schon deutlich macht: „Dies ist die Geschichte des Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte.
.. (S. 7). Er stellt die Ereignisse in einen Ordnungszusammenhang, so dass es dem Leser trotz vieler Vorausdeutungen und Rückblicke („..
. wovon im kommenden Kapitel zu erzählen ist.“ S.49) nicht schwer fällt der Handlung zu folgen.
Es ist sehr offensichtlich, dass er die Geschichte nicht objektiv, sondern sehr subjektiv erzählt. Er bewertet die Personen („Und als schließlich doch einer kam, war es der Neid persönlich“ S.
75), deren Handlungen und vermittelt dem Leser sogar seine eigenen Empfindungen, wie z. B. Interesse („Und der Bruder Fritz? Wir geben ohne Hehl zu, dass er uns nicht interessiert.“ S. 61) und Trauer („..
.ist nichts anderes als die traurige Aufzählung...“ S. 12).
Der Erzähler kennt nicht nur die Gedanken und Gefühle der einzelnen Figuren, sondern auch die Ziel und Beweggründe höherer Mächte, wie z. B. Gott („In Wirklichkeit, und das wollte Elias Alder nicht begreifen, hatte Gott ihn von der Liebe zu Elsbeth befreit. Gott wollte ihn leben lassen...
“ S. 203).
Obwohl sich der Erzähler gleich zu Beginn der Geschichte eine feste Zielrichtung setzt, schweift er immer wieder ab und verliert sich scheinbar in den Gedanken einer Person, wie z. B. der Hebamme während der Geburt des Elias (S. 15 ff) oder in der Erzählung über eine Person, die am unmittelbaren Geschehen nicht einmal direkt beteiligt ist (z.
B. die Geschichte der Seelenzilli). Dennoch findet er immer wieder den Weg zur eigentlichen Geschichte und bestimmt selbstsicher das Ende seiner Ausschweifungen („Wir verlassen an dieser Stelle die Ellensönin und ihr schwatzhaftes Wesen.“ S. 20).
Obwohl sich der Erzähler dem Leser als allwissend verkauft, gibt es doch immer wieder Dinge, die er nicht sicher erklären kann.
So vermutet er z. B. nur, dass Elias die Hörfrequenzen der Tiere treffen kann (S. 68) und befindet mehrere Ereignisse als „unerklärlich“ (S. 46).
Auf Grund dieser individuellen Eigenschaften wird der Erzähler zu einer Art Hauptfigur.
Er wirkt erstaunlich lebendig, gerade weil er sich nicht nur auf die sture Wiedergabe der Geschichte beschränkt.
„Die Kritik sieht vielfach gerade in der Gestaltung des Erzählers einen wichtigen Faktor für den Erfolg des Romans“
Die Textstruktur
Der Roman besteht aus 19 Kapiteln von unterschiedlicher Länge. Die Lebensgeschichte des Elias von der Geburt an bis zum Tod ist in einen doppelten Rahmen gesetzt. Das erste Kapitel „Wer schläft, liebt nicht“ und das letzte „Frau Mutter, was meint Liebe?“ bilden den äußeren Rahmen. Im ersten Kapitel berichtet der Erzähler kurz vom Leben von Elias und erklärt, dass er sich aus Liebe umbringt. In „Frau Mutter, was meint Liebe?“ erzählt Elsbeth neun Jahre nach dessen Tod ihren Kindern „Märchen“ (S.
259) von einem Mann namens Elias. Schon an den Titeln der Kapitel erkennt man einen Zusammenhang, da sie beide eines der Grundthemen des Romans, die Liebe, ansprechen. Zudem berichten der Erzähler sowie Elsbeth mit einer gewissen Distanz von Elias, da er zu beiden Zeitpunkten schon tot ist.
Den inneren Rahmen bilden das zweite Kapitel „Das letzte Kapitel“ und das vorletzte Kapitel „Die Auslöschung“. Die beiden Kapitel bilden die zeitliche und thematische Fortsetzung zu dem letzten Kapitel, wobei sie chronologisch verkehrt herum angeordnet sind. Das vorletzte Kapitel verfolgt die Geschichte des Dorfes nach Elias Tod und berichtet von dem dritten Feuer im Jahr 1892, bei dem nur Cosmas Alder überlebt.
Das Kapitel „Das letzte Kapitel“, das an zweiter Stelle steht, schildert die endgültige Auslöschung des Dorfes Eschberg im Jahr 1912, nachdem der letzte Einwohner Cosmas stirbt.
Das dritte Kapitel nutzt der Erzähler, um den Leser darauf hinzuweisen, dass das Einzelschicksal des Elias eng mit der Situation, in der er lebt, verknüpft ist.
Erst ab dem vierten Kapitel „Die Geburt“ beginnt der Erzähler scheinbar chronologisch das Leben des Elias zu schildern. Jedoch schweift er immer wieder ab um genauer von dem Leben einer Nebenfigur zu berichten (z.B. von dem Leben der Hebamme S.
15ff) oder unterbricht die Chronologie durch Rückblicke und Vorausdeutungen.
Ein weiteres Stilmittel in dem Roman sind die vielen Wiederholungen. So wiederholt Schneider im vierten Kapitel insgesamt viermal den Satz „Die Seffin gellte vor Schmerzen“. Aber auch ganze Textpassagen wiederholt er fast wörtlich (vgl. S.12 und S.
252).
Auf Grund all dieser Brüche, Umkehrungen und Wiederholungen ist Angelika Steets der Ansicht, Schneider habe den Roman ähnlich wie „Die Todesfuge“ von Paul Celan nach den Gesetzen einer Bach’schen Fuge geschrieben. Schneider selbst, der immer wieder die Musikalität seines Romans betont, sieht es jedoch als unmöglich an, eine Fuge literarisch auszuführen.
Die Sprache
Auf den ersten Blick erscheint die Sprache, die Schneider in seinem Roman anwendet, sehr historisch und damit dem Leben im 19. Jahrhundert in einem Bergbauerndorf angepasst. Bei genauerem Hinsehen bemerkt man aber, das noch wesentlich mehr Elemente in die „willentlich gewählte Kunstsprache“ mit hineinfließen.
Einerseits verwendet Schneider viele altertümlichen Begriffe, wie „Gaden“ (S. 15 u.a.), „Gob“ (S. 42 u.a.
), Eidam (S. 146 u.a.), „frug“ (S. 259 u.a.
) und „zuhauf“ (S. 93 u.a.). Hinzu kommen viele Dialektworte, die aus dem Vorarlbergischen stammen, wie z.B.
„Klatter“ (S. 50 u.a.), „speuzen“ (S. 43 u.a.
), „gottverreckt“ (S. 14 u.a.) und „gellen“ (S. 15 u.a.
).
Sehr interessant sind die Adjektivkompositionen, die Schneider verwendet. Es sind oft zusammengesetzte Wörter, die teilweise erst erfinden musste, durch die der Roman aber erst seine Bildlichkeit erhält. So benutzt er Adjektive wie „musiknotständig“ (S. 13 u.a.
), „wortfeurig“ (S. 22 u.a.), „wasserverschliffen“ (S. 37 u.a.
), und „baumstürzend“ (S. 219).
Doch nicht nur die von Schneider gewählten Worte sind für einen Roman des 20. Jahrhunderts ungewöhnlich, auch die Satzstrukturen erinnern stark an biblische Wendungen („ Und es geschah, daß Elias wieder liebte.“ (S. 225).
Obwohl diese Wörter und Wendungen sprachlich gut in das gegebene Umfeld passen, hält sich Schneider nicht nur an diese Sprache. Gerade der Erzähler benutzt immer wieder moderne, teilweise sogar medizinische Begriffe („Faszination“ S. 52, „melancholisch“ S. 46, „Fötus“ S. 45, „mutiert“ S. 46, „mongoloid“ S.
56).
An dem musikwissenschaftlichem Fachvokabular, das Schneider immer wieder mit einfließen lässt, erkennt das persönliche Interesse des Autors auf diesem Gebiet. Mit großer Selbstverständlichkeit verwendet er Ausdrücke bei de Beschreibung von Elias’ letzter Improvisation, die Laien größtenteils fremd sind (S.215 ff: „figurales Kopfmotiv“, „Septakkord“, „kontrapunktisch“, „extemporieren“, „Präludien“).
Als Grund für diese sehr verschiedenen Sprachtypen sieht Margret Möckel die Vielfältigkeit des Erzählers. Der Erzähler bewege sich in einer Zeitspanne von zwei Jahrhunderten.
Daher verfüge er über die Sprache der Dörfler, des Historikers und die des Musikers.
Die Verfilmung
Die Entstehung des Films
Norbert J. Schneider, Musikwissenschaftler und Komponist aus München, war derjenige, der seinem Freund Joseph Vilsmeier die Lektüre von „Schlafes Bruder“ ans Herz legte. Dieser war von dem Buch sofort begeistert und plante den Roman zu verfilmen. Als Drehbuchautor erklärte sich Robert Schneider selbst bereit.
1994 begannen die Dreharbeiten zu dem Film.
Vilsmeier, der sich mit dem Film „Herbstmilch“ (1988) einen erfolgreichen Namen als Heimatfilmer gemacht hatte, ließ ein komplettes Bergbauerndorf künstlich errichten. Die Stadtszenen wurden im tschechischen Kutná Hora gedreht. Die Hauptrolle des Elias wurde mit André Eisermann besetzt, der durch den Film „Kaspar Hauser“ von Peter Sehr bekannt wurde. Ben Becker spielt die Rolle des Peters und Elsbeth wird von Vilsmeiers Frau Dana Vávrová dargestellt. Sogar Robert Schneider übernimmt eine kleine Nebenrolle, nämlich die des Kutschers, der den Feldberger Domorganisten Goller nach Eschberg fährt. Die Dorfbewohner werden zum größten Teil von Laien aus der Vorarlbergischen Gegend und Behinderten aus Pflegeheimen gespielt.
Die Musik, die in dem Film ebenfalls eine große Rolle spielt, wird von Norbert J. Schneider und dem Komponisten Hubert von Goisern komponiert.
Mit einem Etat von 15 Millionen Mark ist der Film einer der teuersten deutschsprachigen Filme der letzten Jahre.
Im Herbst 1995 kommt der Film „Schlafes Bruder“ in die Kinos.
Filmkritik
„Eigentlich ist der literarische Geniewurf von Robert Schneider nicht verfilmbar und Vilsmeier hat das auch nicht getan, selbst wenn er das, mutmaßlich, glauben wird.“
Aus der literarischen Vorlage hat Vilsmeier nur einzelne Handlungsabschnitte übernommen und zu einem Film zusammengefügt.
Er erzählt in seiner Verfilmung lediglich die Geschichte des Musikgenies Elias, der schließlich an seiner Musik und der Liebe zerbricht. Das ist jedoch nur die Hälfte des Romans. Die andere Hälfte besteht aus der raffinierten Figur des Erzählers, der interessanten Sprache, die Schneider verwendet sowie aus vielen weiteren Nebenfiguren, die zwar nicht unmittelbar mit der Dreiecksbeziehung Elias-Elsbeth-Peter in Verbindung stehen, den Roman aber erst ausmachen.
Vilsmeier konzentriert den Film auf die drei Hauptfiguren und den Zusammenhang zwischen Musik, Liebe und Tod. „Dies bedeutet ein Entgegenkommen an traditionelle Kinoerwartungen und an den Geschmack eines breiten Publikums.“ Die Liebesgeschichte wird deutlich ausgedehnt und erhält zusätzlich tragische Elemente.
So nutzt Vilsmeier z.B. das erste Feuer statt als Racheakt des dreizehnjährigen Peters an seinem Vater in dem Film als Eifersuchtstat. Generell verschiebt Vilsmeier einen Großteil der Handlung, die in dem Buch in der Kindheit des Elias spielt, zeitlich in ein Drama zwischen Erwachsenen. So rettet Elias seine Elsbeth in dem Film erst als Erwachsener aus dem ersten Feuer und fasst kurzzeitig neue Hoffnung, obwohl Elsbeth bereits von Lucas schwanger ist. Diese Rettungsaktion geschieht in der Romanvorlage im Alter von 10 Jahren.
Der Konflikt zwischen Liebe und Musik ist in dem Film dramatisch zugespitzt. In der Verfilmung erhält Elias die Schuld an dem Scheitern der Beziehung, da er sich für die Musik und damit gegen die Liebe zu Elsbeth entscheidet. Die Thematik der Kommunikationsunfähigkeit fällt komplett weg.
Auf die meisten Nebenfiguren und deren Schicksale hat Vilsmeier konsequent verzichtet. Am besten erkennt man dies an der Rolle des Köhler Michel. In dem Film übernimmt er gleich drei Rollen.
Die gleichnamige Romanfigur, der Schauprediger und der Schnitzer Meistenteils, der als Brandstifter beschuldigt und somit verbrannt wird, sind in der einen Rolle des Köhler Michels vereinigt.
An die beiden Höhepunkte des Romans, das Hörerlebnis des Elias und seine Improvisation im Feldberger Dom, hat sich Vilsmeier dennoch herangewagt. In beiden Fällen hat Vilsmeier mit vielen Bild-, Licht- und Toneffekten gearbeitet.
Die Szene des Hörwunders ist Vilsmeier relativ gut geglückt. Währen man laute Geburtsschreie und ein penetrantes Herzklopfen hört, wandert der siebenjährige Elias wie in Trance zu dem wasserverschliffenen Stein, zieht sich aus und legt sich darauf. Immer wieder wird sein Ohr in Großaufnahme eingeblendet, man hört die Geräusche des Wassers und des Schilfs, sieht in kurzen Einblendungen die Geburt Elsbeths und Elias laufen rot verfärbte Tränen die Wange herab.
Währenddessen verändert sich eine „angeschwollene Sphärenmusik“ in schrille Einzeltöne. Plötzlich enden alle Geräusche und Elias sitzt mit einem Lächeln im Gesicht auf dem Stein. Der einzige Unterschied zum Roman ist an dieser Stelle, dass des Hörerlebnis des Elias in der Vorlage fünf Jahre vor Elsbeths Geburt ist und nicht zeitgleich.
Die Szene des Orgelwettbewerbs in Feldberg ist Vilsmeier im Gegensatz dazu nicht sehr gut gelungen. Um die Genialität des Elias unter Beweis zu stellen reichte die reine Darstellung der Hauptperson beim Orgelspielen nicht aus. Auch hier arbeitete Vilsmeier mit Bildeffekten.
Der Zuschauer sieht das Gesicht des Elias, während er in Ekstase auf der Orgel spielt. Zwischendurch werden die erstaunten Zuschauer in der Kirche eingeblendet sowie verschiedene Rückblicke, in denen Elsbeth und auch das Hörerlebnis wieder gezeigt werden. Die finale Steigerung wird von einem plötzlich aufkommendem Wind begleitet, der alle auf dem Boden aufgestellte Kerzen erlöschen lässt.
Die Genialität der Improvisation des Elias, die durch die verwendete Musik nicht im geringsten dargestellt wird, versucht Vilsmeier mit Hilfe von Bildern und dramatischen Effekten auszudrücken. Dies ist ihm jedoch nicht sonderlich gut gelungen. Aber wahrscheinlich kann man dem Regisseur dafür keinen Vorwurf machen.
Die Genialität der Musik, die Schneider in seinem Roman sehr beeindruckend beschreibt ist aller Voraussicht nach unverfilmbar, da sie niemals an die Vorstellungen der Leser heranreichen wird.
Sehr gut hingegen ist die Wahl der Schauspieler. André Eisermann ist auf die Rolle des Elias praktisch zugeschnitten. Vor allem Elias Ansicht von der wahren Liebe, die „nicht das Fleisch sucht, sondern sich ganz an die Seele verschenkt“ (S. 177), vermittelt André Eisermann dem Publikum sehr gut, als er auf dem Weg nach Feldberg Elsbeths Annäherungsversuchen immer wieder ausweicht. Auch Ben Becker spielt die Rolle des Peters sehr gut.
Einerseits verkörpert er die Neigung Peters zu Gewalt und Brutalität sehr überzeugend, andererseits erkennt der Zuschauer von Anfang an seine Liebe zu Elias. Etwas zu selbstsicher spielt Dana Vávrová allerdings die Rolle der eigentlich sehr schüchternen Elsbeth.
Ebenfalls gut gelungen ist es Vilsmeier die in dem Buch vermittelte Atmosphäre auf den Film zu übertragen. Die natürliche Brutalität der damaligen Bergbauern, die Schneider ebenfalls in seinem Buch beschreibt, verursacht bei dem Zuschauer ein sehr bedrückendes Gefühl. Dies ist vermutlich mit ein Grund, warum der Film bei dem Mainstream-Publikum keinen großen Zuspruch fand. Ein weiterer Grund für die Ablehnung des Films durch den größten Teil des Publikums ist die durchgehende Ernsthaftigkeit.
Es gibt fast keine Stellen, bei denen der Zuschauer mal grinsen kann. So zieht er sich an einigen Stellen unheimlich und kann daher leicht als langweilig empfunden werden. Dafür trägt aber die literarische Vorlage schuld, da es kein typischer Unterhaltungsroman ist.
Abschließend ist nur sagen, dass das Buch den Film bei weitem überragt, wie es bei Verfilmungen meistens der Fall ist. Selbst Robert Schneider hält den Film trotz intensiver Zusammenarbeit mit dem Regisseur für missglückt. Missglückt würde ich den Film dennoch auf keinen Fall nennen.
Allerdings kann ich die Aussage, das Buch sei unverfilmbar, nur bestätigen. Vilsmeier hat versucht das Beste aus dem Film zu machen, an das Buch aber würde wahrscheinlich kein Film herankommen
Buchkritik
Verschiedene Buchkritiken
„Dieses Buch wird wie eine Droge wirken“
Martin Doerry, Der Spiegel
Der Autor besitzt eine stilistische Genialität, die den Roman in den Rang eines der besten dieser Jahre veröffentlichten Bücher erhebt.“
Emma Rodriguez, El Mundo
„Seite für Seite gewinnen Schneiders Visionen an derartiger Klarheit, dass einer, der diese geschaut hat, sie sehr schwer vergessen kann“
Paola Capriola, Corriere della Sera
„In Schlafes Bruder steht Midleidspathos neben Sozialpornographie, Verachtung des anderen neben Liebesmystik, ein Faible für abgetrennte Gliedmaßen neben der Schwärmerei für „torsohafte Sonatenhauptsätze“ - eine, möchte man meinen, unverdauliche Mischung. Daß der Autor dennoch offensichtlich den Geschmack sehr vieler Leser getroffen hat, kann einen zum Kulturpessimisten machen. Nach dem ästhetischen Brechreiz, den Schlafes Bruder einem verursacht, ist man des Gegenmittels guter Literatur, die die Arbeit an der Sprache, an den von ihr vermittelten Wahrnehmungsklischees ernst nimmt und dadurch den Blick des Lesers auf die Menschenwelt bereichert und korrigiert, doppelt bedürftig.“
Christof Tolschnig, „Schlafes Bruder, Fragen
nach der Erfolgsmasche eines schlechten Buches“
Meine eigene Leseerfahrung
Ich habe mich bei der Buchvorstellung für das Buch „Schlafes Bruder“ von Robert Schneider entschieden, weil ich gesagt bekam, Elias habe einen ähnlichen Charakter wie Hanno Buddenbrook in Thomas Manns Roman „Buddenbrooks“.
Die Figur des Hannos fand ich in Manns Roman unheimlich faszinierend, da in einer ganz eigenen Welt lebte und sich auf Grund seiner Musikalität von seinen Mitmenschen absonderte. Elias und Hanno haben tatsächlich viele ähnlich Charakterzüge. Für beide ist die Musik die einzige Möglichkeit sich auszudrücken, sie fühlen sich beide von ihrer Außenwelt unverstanden und passen auch nicht in ihre Umgebung hinein. Trotzdem lehnen sich Elias wie auch Hanno nicht gegen diese Umstände auf und flüchten in den Tod. Aber soweit bin ich bei meinem ersten Anlauf „Schlafes Bruder“ zu lesen gar nicht erst gekommen. Ich habe mich bis zu Seite 49 durchgeschlagen.
Anfangs fand ich das Buch absolut langweilig und vor allem abstoßend. Die Grausamkeit der Bewohner Eschbergs schockierte mich, aber vor allem das Hörerlebnis von Elias fand ich furchtbar. Mit so detaillierten Beschreibungen von Qualen hatte ich nicht gerechnet. Vor allem störte mich, dass Gott als grausam und berechnend beschrieben wird. Es fiel mir auch sehr schwer, die unerklärlichen Ereignisse, die Elias widerfahren einfach zu akzeptieren. Immerhin ist es unmöglich, dass ein fünfjähriges Kind in die Pubertät kommt und plötzlich gelbe Augen hat.
Das einzige, was mir von Anfang an gefallen hat, war der Stil, in dem Schneider das Buch geschrieben hat und besonders die Figur des Erzählers. Daher empfand ich es auch als wichtig ein Kapitel über die Form des Buches in die Buchvorstellung mit einzubringen.
Etwa einen Monat nach meinem ersten Start, versuchte ich das Buch noch einmal von Anfang an zu lesen. Diesmal kam ich immerhin bis Seite 90. An die detailliert beschriebene Grausamkeit hatte ich mich halbwegs gewöhnt und langsam gefiel mir die Figur des Elias immer mehr. Als jedoch dann die Stelle kam, an der zum ersten Mal Peters perverse Neigung deutlich wurde, brach ich das Lesen wieder ab.
Nachdem Nulf dem Peter den Arm gebrochen hat und Peter während seinen Überlegungen wie er seinen Vater umbringen kann Elsbeths Katze mit Freude die Pfoten bricht, hätte ich das Buch am liebsten weggeschmissen.
Als der Abgabetermin für das Referat immer näher rückte, nahm ich mir schließlich fest vor das Buch vor Weihnachtsferien noch einmal zu lesen und mit dem Referat anzufangen. Meine Erwartungen an das Buch waren ziemlich gesunken und ich begann es zum dritten Mal zu lesen. Je weiter ich las, desto faszinierender wurde es. Obwohl ich während der ersten Hälfte noch immer Ekel vor dem Buch empfand, konnte ich es nicht mehr weglegen. Als ich das Buch fertig gelesen hatte, stand ich dann da.
Ich hatte keine Ahnung, was ich von dem Buch halten sollte. Gefiel es mir, oder gefiel es mir nicht? Es war mir noch nie passiert, dass ich ein Buch gelesen hatte und noch nicht einmal sagen konnte, ob es mir gefiel oder nicht!
Ich beschloss, das Buch einfach noch einmal zu lesen und plötzlich fand ich das Buch gar nicht so schlecht. Je mehr ich mich mit dem Buch auseinandersetzte und je mehr ich über das Buch las, desto besser gefiel es mir. Dabei konnte ich noch nicht einmal sagen warum es mir gefiel. Es ist grausam, Gott wird als unrechtliebendes Monster dargestellt und hat ein absolut trauriges Ende. Aber irgendwie störte mich das alles nicht mehr, weil das alles so sein musste.
Ohne die teilweise grausamen Beschreibungen der Verhaltensweisen der einzelnen Dorfbewohner wäre nie eine solch realistische Atmosphäre entstanden. Auch die vielen Kontraste in dem Buch, z. B. die Freunde Elias und Peter, die eigentlich grundverschieden sind, machen das Buch weiterhin interessant. Aber am besten im ganzen Buch gefällt mir nach wie vor der Erzähler. Erst durch ihn wird das Buch wirklich zu einem besonderen, das sich aus der Menge hervorhebt.
Ich habe noch nie ein Buch gelesen, das auch nur annähernd in einem ähnlichen Stil geschrieben ist. Verblüffend ist ebenfalls, dass bereits im ersten Satz die gesamte Handlung erzählt ist.
Im Endeffekt bin ich froh, über „Schlafes Bruder“ eine Buchvorstellung geschrieben zu haben, auch wenn ich mir anfangs nicht hätte vorstellen können das jemals zu sagen. Aber wenn ich das Buch nicht hätte lesen müssen, dann hätte ich spätestens nach dem zweiten Versuch aufgegeben und würde immer noch denken es sei ein schlechtes Buch. Daher kann ich gut verstehen, warum das Buch von über 23 Verlagen abgelehnt wurde und trotzdem bei Reclam ein Bestseller wurde.
Mein Problem war einfach mich auf das Buch richtig einzulassen und genau das ist die Voraussetzung, wenn man das Buch liest.
Aber je mehr das Buch den Leser gefangen nimmt, desto interessanter und faszinierender ist es.
Quellenverzeichnis
Angelika Steets: „Oldenbourg Interpretationen, Robert Schneider, Schlafes Bruder“ Band 69, Hollfeld: R. Oldenbourg Verlag 1999
Margret Möckel, „Königs Erläuterungen und Materialien, Robert Schneider, Schlafes Bruder“, Band 390, Hollfeld: C. Bange Verlag 1997
www.amazon.de
www.
berlinonline.de
www.bildung.hessen.de
www.djds.
de
www.elronds-haus.de
www.filmberichte.de
www.hausaufgaben.
de
www.referate.de
www.rhein-gym.org
www.schuelerweb.
de
www.zum.de
www3.usal.es
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