Robert schneider
Robert Schneider
SCHLAFES BRUDER
Autor
Robert Schneider
R. Schneider wurde 1961 geboren und wuchs in Meschach auf.
Sein Werk “Schlafes Bruder” erhielt viele Preise und Auszeichnungen (Literaturpreis der Salzburger Festspiele ...)
Inhalt
Schon als in Eschberg, einem kleinen Bergdorf in Vorarlberg, in dem nur zwei Geschlechter, nämlich Alder und Lamparter leben, der Sohn von Seff und Agathe Alder, Johannes Elias Alder, geboren wird, wissen seine Eltern, daß mit ihm etwas nicht stimmt.
Allein wenn er schreit überkommt einem ein eiskaltes Gefühl. So auch, als Elias und sein fünf Tage jüngerer Cousin Peter Elisa Alder gemeinsam getauft werden. Elias schreit und Peter rührt sich nicht - so, wie es auch später sein wird. Peter rührte sich nie. In Wirklichkeit aber ist Elias der uneheliche Sohn von Agathe Alder und dem Kurat Benzer. Es wird sogar gemunkelt, daß der Kurat auch der Vater von anderen Kindern in Eschberg sei.
Da die Eltern ihr Kind nun etwas seltsam finden und ihnen die "gläserne" Stimme des Kindes unheimlich vorkommt, sperren sie den Jungen ein. Niemand soll ihn zu Gesicht bekommen.
Das Wunder des Elias kündigt sich allmählich an, indem er seltsame Dinge macht. Einmal begibt er sich an die Emma, einem Fluß, der einen wasserverschliffenen Steinvorsprung hat. Davon fühlt er sich so angezogen, daß er sich auf den Stein legt, und sich sein Körper zu verändern beginnt. Es beginnt eine Verwandlung, wie es bei einem normalen Menschen nicht möglich ist, und er hört alle Laute der Tiere, der Natur und die seines Körpers.
Er hört zahlreiche Herzschläge, Blut fließen und sieht, wie sich die Luft verändert. Unter anderem verändert sich auch die Farbe seiner Augen. Aus dem wunderschönen Grün wird ein stechendes Gelb, das auch bleibt, als sich der Körper längst wieder zurückverwandelt hat. Daraufhin wird der Schahm der Eltern noch größer und sie sperren das Kind noch mehr ein. Das hat jedoch ein Ende, als Elias zur Kommunion gehen muß. Seit da an sperren die Eltern das Kind nicht mehr ein.
Elias hilft seinem Vater bei der Feldarbeit, jedoch Elias Mutter läßt sich gehen und pflegt sich nicht mehr. Immer wieder kommen Kinder an das Fenster des Jungen und verspotten ihn. So auch Peter, obwohl es ihm sein Vater verbietet, aber dieser sagt kein Wort zu Elias.
Als Peter´s Mutter eine Tochter gebährt, geschieht wieder etwas Seltsames mit Elias. Er spührt einen Schmerz in Kopf und Herz und weiß nicht, wie ihm geschieht. Er hört den Herzschlag des Neugeborenen.
Er hört den Herzschlag von Elsbeth - das Mädchen, das er einmal lieben wird. Den Herzschlag, den er einst am Steinvorsprung am Fluß gehört hat, als er sich verwandelt hat.
Elias liebt die Musik. Als sich der Orgelblaser umbringt, darf er Orgelblaser werden. Wenn der Orgelspieler, sein Onkel, einen Fehler macht, der zwar für normale Menschen nicht richtig wahrnehmbar ist, bemerkt Elias diesen. Sein Onkel weiß, daß Elias die Fehler bemerkt und sicher besser spielen könnte als er selbst.
Deshalb läßt er ihn auch nicht an die Orgel. Er versteckt den Schlüssel für die Kirche, aber Elias findet ihn überall. Dann schleicht er sich nachts heimlich in die Kirche und spielt auf der Orgel. Er liebt die Orgel und weiß auch, daß die schon restauriert werden müßte.
Als zu Weihnachten alle in der Kirchen den Gottesdienst feiern, hört Elias, aufgrund seines guten Gehörs, daß es brennt. Alle flüchten, doch Elias weiß, daß Elsbeth krank ist, und zuhause in ihrem Bettchen liegt.
Er kämpft sich durch die Flammen und rettet sie. Als er sie auf seinen Arm nimmt, kommt Elsbeths Herz auf Elias´ Herz zu liegen, ihr Herzschlag geht in seinen über, und es durchfährt ihn ein unvorstellbarer Schmerz. Von da an weiß er, daß er Elsbeth, seine Cousine, liebt.
Das Feuer wird jedoch nicht von Zufall ausgelöst, sondern von Peter. Er weiß, daß Elias Elsbeth liebt und ist eifersüchtig, weil er selbst in Elias verliebt ist. Peter gesteht Elias, daß er das Dorf angezündet hat, dieser jedoch darf es nicht weitererzählen.
Der Großteil des Dorfes geht in Flammen unter. Zwei Menschen und viel Vieh sterben.
Niemand weiß, wer das Feuer gelegt hat. Einige Männer, darunter auch Elias´ Vater, suchen ein Opfer, das sie für den Brand verantwortlich machen können, und gelangen schließlich zu dem Schnitzer Roman Lampater, der die Bauern immer verhöhnt hat und ihnen versicherte, daß sich ihre Arbeit nicht lohne. Er selber war sehr arm, ging nie zum Gottesdienst und hatte sich etwas außerhalb des Dorfes ein kleines Haus geschnitzt, das dem Gotteshaus sehr ähnlich war. Darum sind ihm die Bewohner sehr neidig, und mögen ihn nicht.
Obwohl jeder im Dorf weiß, daß dieser Mann das Dorf nicht angezündet hat, bringen ihn dieser Männer um, jedoch halten sie es geheim.
Später erzählen sie, daß er verschwunden sei, und daß wahrscheinlich er das Dorf angezündet hat. Sie geben das Haus zur Plünderung frei, was sich die Bewohner nicht zweimal sagen lassen.
Den Winter verbringen die Menschen notlagernd in einer Schankstube, die vom Feuer verschont geblieben ist. Dort gebährt Elias´ Mutter ihr drittes Kind - ein Mongoloides.
Elias weiß, wer die Mörder sind, aber er würde seinen Vater nie verraten, ergeht ihm aus dem Weg.
Allmählich beginnen die Menschen ihre Häuser wieder aufzubauen.
Elias ist erwachsen geworden, jedoch sein Körper ist der eines Kindes, aber seine Stimme ist tief geworden. Immer noch liebt er die Musik. Als er es schließlich nicht mehr mitanhören kann, wie die Orgel schon ganz verstimmt und kaputt ist, beschließt er, sie zu reparieren. Viele Nächte verbringt er in der Kirche, um die Orgel zu reparieren.
Eines Tages erscheint der Orgelspieler, sein Onkel, nicht zum Ostergottesdienst, um die Orgel zu spielen.
Später findet man ihn tot in seinem Haus. Er hat sich totgesoffen. Von da an darf Elias die Orgel spielen und alle lieben die Art, wie er spielt. Elias wird plötzlich von den Menschen anerkannt und anersehen, und sie übertragen ihm sogar das Amt des Schulleiters.
Eines Tages kommt ein Fremder in das Dorf und fängt über Liebe zu reden an. Elias hört ihm zu und ein Satz, den er von diesem Mann hört, soll ihm später das Leben kosten: "Wer liebt, schläft nicht!"
Elias ist ein glücklicher Mensch, hat eine Lebensfreundschaft zu Elsbeth und liebt sie abgöttisch, was er aber nicht zu sagen und zu zeigen wagt.
Elsbeth liebt ihn wohl auch, aber sie denkt, er ist kein richtiger Mann. Er wird krank vor Liebe, liegt fiebrig im Bett.
Jedoch seine Liebe schwindet mehr und mehr als er hört, daß sich Elsbeth´s Vater, Nulf Alder, Lukas Alder, den Sohn vom reichsten Hof, zum Schwiegersohn wünscht. Aber es herrscht keine leidenschaftliche Liebe zwischen den beiden. Als er von Peter erfährt, daß Elsbeth ein Kind von Lukas erwarte, begibt er sich in die Kirche und fragt dort Gott, warum er ihm das alles antue. Da erscheint ihm in der Kirche ein kleines Kind.
Als er das Kind berühren will, reißt es auseinander, fängt zu bluten an, versucht zu reden, kann aber nicht. Da weiß er, daß er das Kind nicht berühren darf. Seine Kräfte schwinden bis er schließlich ohnmächtig wird. Seit diesem Vorfall hat er seine natürliche Augenfarbe zurückerhalten - ein wunderschönes Grün.
Auf der Hochzeit von Elsbeth und Lukas soll Elias, so der herzenshafte Wunsch von Elsbeth, auf der Orgel spielen. Es macht ihm nicht so viel aus, wie es ihm vielleicht früher ausgemacht hätte.
Er scherzte sogar mit den beiden, daß sie ihn doch als Taufpaten nehmen sollen. Aber Elsbeth will, daß Elias auch auf der Taufe die Orgel spielt. Er liebte Elsbeth nicht mehr so wie früher - zumindest glaubte er das. Denn später änderte sich sein Wesen und er redete sich ein, Elsbeth sein noch unverheiratet, sei noch unberührt und bleibe es, bis er sie einmal heiraten werde.
Eines Tages kommt ein Fremder, Domorganist zu Feldberg, nach Eschberg. Er war beauftragt, alle Orgeln des Landes zu besichtigen und zu beschreiben.
Als er Elias spielen hört, ist er sehr beeindruckt. Er fordert ihn auf, beim Orgelfest beim Musicalischen Institut in Feldberg vorzuspielen, wo jährlich ein Orgelfest stattfände. Zwar erklärt Elias, daß er keine Noten lesen und schreiben könne, aber trotzdem will der Fremde, daß Elias mitmacht.
Als nun die beiden, Elias und Peter, nach Feldberg kommen, wünscht sich der Mann, er hätte ihn nie aufgefordert zu kommen, denn er hatte Angst, Elias könnte sein Rivale werden, könne zweiter Domorganist werden. Aber es war zu spät.
Als der Wettbewerb nun anfängt, wird die Reihenfolge gezogen.
Elias ist als Vorletzter an der Reihe. Die Lieder, die die Spieler spielen müssen, werden zufällig aufgeschlagen. Jeder muß das Lied zuerst richtig spielen und dann improvisieren. Als Elias das Lied "Kömm, o Tod, du Schlafes Bruder" als Melodie zu spielen bekommt, muß er erkennen, daß er das Lied nicht kennt. Das Fest wird unterbrochen und Goller, der Fremde, spielt Elias das Lied kurz vor. Elias ist von Melodie und Text sehr fasziniert.
Als er zu spielen anfängt, sind die Menschen sprachlos. Mit der Zeit merken sie, daß Elias nicht nur spielt, sondern vielmehr predigt, und es entsteht eine unheimliche Stimmung, denn sie merken, daß das was er predigt, die kalte Wahrheit ist. Während Elias spielt, vernimmt er plötzlich wieder Elsbeth´s Herzschlag und er fängt wieder an zu lieben. Er spielt mit einer unerklärbaren Leidenschaft, er drückt Liebe und Haß aus, und als Elias nach langem Spielen endlich fertig ist, sind die Menschen begeistert und jubeln ihm zu. Elias wird Sieger, jedoch nicht zweiter Domorganist, denn er kann keine Noten lesen. Der Sieg wird mit Geld belohnt.
Obwohl man ihn bittet, in Feldberg zu bleiben, gehen Elias und Peter noch am selben Tag nachhause. Jedoch nicht nach Eschberg, sondern zu dem wasserverschliffenen Stein beim Fluß, dort, wo seine Verwandlung stattgefunden hatte. Elias schickt Peter heim, um sich auszuruhen und anschließend Essen und Hanfseile zu bringen. Jedoch müsse Peter den Leuten in Eschberg erzählen, er sei in Feldberg geblieben. Das muß Peter schwören, denn Elias hat auch geschworen, nicht zu sagen, daß Peter das Feuer gelegt hat.
Als Peter wieder zurückkommt, sieht er, daß Elias bereits verrückt geworden war, denn er hat noch immer nicht geschlafen.
Er will ihn davon abhalten, doch Elias bleibt stur und versucht sich wach zu halten. Er sammelt Stechäpfel, Tollkirsche und Narrenschwämme, die er ißt, denn sie haben eine berauschende Wirkung. Er versucht alles, um nicht einzuschlafen. Allmählich bekommt er einen Verfolgungswahn, verliert seine Sehkraft, hört aber dafür besser. Mit den Hanfseilen soll ihn Peter an einen Baum binden. Elias ist sieben Tage und sieben Nächte ohne Schlaf - wer liebt, schläft nicht.
Am darauffolgenden Tag ist der Puls von Elias so schnell, daß er nicht mehr einschlafen kann. Jedoch kurz bevor er stirbt, schläft er schließlich doch noch ein, er ist nicht mehr fähig zu sprechen. Doch er kann immer noch mit den Tieren kommunizieren, jedoch in einer Tonhöhe, daß es die Menschen nicht hören. Elias stirbt am Vormittag des 9. September 1825 an Atemlähmung aufgrund des überdosierten Genusses der Tollkirsche.
Vierzehn Tage nach dem Verschwinden des Elias, viel zu spät, kommt ein Brief von einem Professor.
Es war einer von den Professoren, die beim Orgelfest die Beurteilung übernommen hatten. In diesem Brief enthalten ist ein großer Geldschein und eine Notiz, auf der steht, daß Elias sich unverzüglich beim Domvikariat vorzustellen habe, denn ein angesehener Bürger, der in wirklichkeit der Professor selbst ist, habe ihm eine beträchtliche Summe Geld zur Verfügung gestellt, mit der er ein Studium der Freien Künste antreten könne. Doch zu dieser Zeit ist Elias schon tot.
Peter begräbt Elias in der Nähe eines Hirschweihers, denn Elias hatte Elsbeth einmal erzählt, daß alle Eschberger nach ihrem Tod hier herkommen müssen, denn über diesem Fleck befinde sich das Tor zur anderen Welt.
Peter wird zu einem anderen Mensch, ja, er wird sogar zum Ortsvorsitzenden gewählt. Er hörte auf, die Tiere zu quälen, das er früher immer mit Freude getan hatte.
Sechzehn Jahre nach dem Tod von Elias stirbt Peter an einer geheimnisvollen Krankheit.
Als danach das zweite Feuer ausbricht, das fast das ganze Dorf zerstört, überleben alle Menschen außer Elias´ Vater. Er kann sich nicht selbst retten, da er durch einen früheren Vorfall gelähmt ist, und die anderen denken, er sei schon in Sicherheit gebracht.
Nach diesem Feuer verlassen alle Eschberger das Dorf. Mit Ausnahme von einer Lamparterschen Familie und zwei Alderschen Familien. Beim dritten Feuer verbrennen von den dreizehn Leuten zwölf und viel Vieh.
Ein einziger überlebt das Feuer - Cosmas Alder, der zu dieser Zeit schon ein alter Greis ist.
Elsbeth hat inzwischen viele Kinder, und als sie eines Tages mit ihnen zu dem Fluß Emma kommt, sieht sie, daß der Stein weggeschwemmt worden ist. Sie erzählt ihren Kindern von Elias. Sie erzählt, daß er eines Tages verschunden sei, und nie wieder gefunden wurde, obwohl man nach ihm gesucht hatte. Man glaubt, daß er noch am Leben sei, und wahrscheinlich weggegangen sei, weil er an diesem Ort seine Liebe nicht finden konnte.
Epoche
Gegenwartsliteratur: unscharfer Begriff zur Bezeichnung der jüngsten deutschen Literatur, in weiterem Sinne seit dem Aufkommen des Naturalismuis, hier im engeren Sinn der deutschsprachigen Literatur seit dem Ende des 2.
Weltkrieges.
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