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  Scherz, satire, ironie und tiefere bedeutung

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung   Lustspiel in drei Aufzügen von Christian Dietrich GRABBE, entstanden 1822, erschienen 1827 in einer gemäßigten Fassung; Uraufführung: Wien, 7.12. 1876, Akademie-Theater (Privatvorstellung). - Weil in der Hölle geputzt wird, ist der Teufel auf die Erde gekommen, wo er, trotz des heißen Sommerwetters, erfriert. Vier Naturhistoriker entdecken das vermummte Bündel und schleppen es auf das Schloss des Barons von Haldungen. Während man über den rätselhaften Fund disputiert („Der Teufel passt nicht in unser System“), kommt der Höllenfürst wieder zu sich und sucht Wärme im Kaminfeuer.

In der Absicht, Verwirrung und Böses anzustiften, kauft er die Nichte des Barons, die hübsche, aufgeweckte Liddy, ihrem Bräutigam Herrn von Wernthal ab, der nur an der Mitgift interessiert ist, und verspricht sie dem wüsten Freiherrn von Mordax („Die Liddy ist ein prächtiges Tier und behagt mir superbe! ... Ich will sie heiraten oder totstechen!“), der dafür dreizehn Schneidergesellen erstechen muss. Als weiterer Bewerber tritt der ehrliche, eben aus Italien zurückgekehrte Herr Mollfels auf den Plan, der wegen seiner Hässlichkeit („Wir haben eben sieben alte Weiber aus dem Schlossteiche gezogen, welche beim Anblicke seines Gesichts vor Schrecken ins Wassergesprungen waren“) vergebens um Liddys Gunst bittet. Doch als der Teufel sich ein neues Hufeisen an seinen Pferdefuß anpassen lässt, errät der Schmied, mit wem er es zu tun hat, und vertraut sich dem verschmitzten und dem Alkohol ergebenen Schulmeister an; dieser lässt einen mannshohen Käfig im Wald aufstellen, in den er sechzehn Kondome als Köder legt.

Prompt geht der Teufel in die Falle, während Herr Mollfels die Intrige vereitelt- in sie ist auch der Dichter Rattengift verwickelt („Rattengift, Sie sind doch entsetzlich feig! - Ich bin ein Dichter, gnädiges Fräulein!“) - und Liddy mit Waffengewalt vor dem Zugriff des Freiherrn von Mordax rettet. Das Stück findet einen allseits glücklichen Ausgang: Des Teufels Großmutter, in Gestalt einer jungen Frau und begleitet von Kaiser Nero, befreit den Teufel („Das Scheuern in der Hölle ist vorbei!... der heiße, dich wieder erwärmende Kaffee dampft schon auf dem Tische“), und der treue Herr Mollfels erhält Liddy zur Gattin. Die zahlreichen satirischen Seitenhiebe auf die zeitgenössische Literatur, darunter Ernst Freiherr von Houwald (1771-1845), Adolph Müllner (1774-1829), Karl G.

Th. Winkler (1775-1856) oder Wilhelm Blumenhagen (1781-1839), finden ihren Abschluss und Höhepunkt im selbstironischen Auftritt des Autors („Grabbe tritt herein mit einer brennenden Laterne. - Der Vorhang fällt“), vor dem der Schulmeister die Tür verschließen will: „Das ist der vermaledeite Grabbe, oder wie man ihn eigentlich nennen sollte, die zwergigte Krabbe, der Verfasser dieses Stücks! Er ist so dumm wie’n Kuhfuß, schimpft auf alle Schriftsteller und taugt selber nichts, hat verrenkte Beine, schielende Augen und ein fades Affengesicht!“ In seiner schillernden Mischung aus drastischer Situationskomik, Rüpelszenen, Satire und Groteske steht das Stück ebenso außerhalb der klassischen wie der romantischen Komödie und erinnert, sucht man den Traditionsbezug, in seiner epischen Bilderfolge wie in der grell-verzweifelten Grundstimmung eher an die Tragikomödien eines J. M. R. Lenz, wobei die Liebesintrige als zentrales Handlungselement dem konventionellen Schema der Commedia dell’arte entspricht.

Aufgrund der das Stück prägenden Literatursatire wie der Illusionsbrechung in der letzten Szene, als Wernthal und Mordax in den Orchestergraben flüchten und Grabbe selbst erscheint, wurden stets auch Vergleiche etwa zu L. Tiecks Der gestiefelte Kater gezogen. Dabei sprengt Grabbe die versöhnende Perspektive romantischer Ironie, seine Kritik der biedermeierlichen Gesellschaft wird zur Karikatur einer „verkehrten Welt“, die, wie der Teufel in einem berühmt gewordenen Satz konstatieren darf, „als ein mittelmäßiges Lustspiel“ erscheint, „welches ein unbärtiger, gelbschnabeliger Engel, der ..., wenn ich nicht irre, noch in Prima sitzt, während seiner Schulferien zusammengeschmiert hat“.

Der hoffnungslosen Lächerlichkeit fallen der Adel ebenso anheim wie das Kleinbürgertum, die Vertreter der Wissenschaft ebenso wie die der Kultur; Klopstocks Messias benutzt der Teufel als „altes, unfehlbares Schlafmittelchen“, die Helden der klassischen Literatur, von der Antike bis zur deutschen Klassik, tummeln sich samt ihren Autoren bevorzugt in der Hölle, und dass die Regierungen „immer noch zaudern, endlich einmal einen Schock Poeten wegen ihrer elenden Gedichte hinzurichten“, ist in den Augen des Herrn Mollfels eine Grausamkeit gegenüber dem Publikum. Mit seinem bösen Witz, seinem Sarkasmus und der „äußeren tollkomischen Erscheinung“ (Grabbe an Kettembeil, 1892) hat das Stück bis heute wenig von seinem Elan eingebüßt und sich als eines der wenigen nichtklassizistischen Lustspiele der deutschen Literatur im Repertoire der Bühnen behauptet. Der Rang des Werks ist in der Forschung unbestritten, die Deutungen differieren hinsichtlich der „tieferen Bedeutung“ des Stücks, dem man eine teils nihilistisch-verzweifelte (B. v. Wiese, G. Kaiser), teils politisch-utopische Grundaussage (M.


Schneider) zuschreibt oder es zum bloßen Spiel (H. Kaiser) erklärt.  

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