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  Szeneninterpretation - johann wolfgang von goethe

Szeneninterpretation – Johann Wolfgang von Goethe Faust 1. Teil – Kerkerszene  Johann Wolfgang von Goethe lebte von 1749 bis 1832. Er war der bedeutensten Vertreter der klassischen Literatur und einer der hervorragernsten Dichter der Weltliteratur. Seine Dichtung ist geprägt von persönlichem Erleben und Empfinden. In Frankfurt verbrachte er seine Kindheit und mit bereits 16 Jahren begann er sein Jurastudium in Leipzig. Schwer erkrankt musste er 1768 Leipzig verlassen und beendete nach seiner Genesung im Elternhaus sein Studium in Straßburg.

Mit dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ wurde er erstmals über die kleindeutschen Grenzen bekannt. Der kunstsinnige Herzog Karl August berief ihn an den Hof nach Weimar, wo er sich den naturwissenschaftlichen Studien widmete. 1806 heiratete er Christiane Vulpius. Nach seinen Italienreisen legte er seine Staatsämter ab und wurde Leiter des Weimarer Hoftheaters. Goethe beschäftigte sich schon seit seinen Jugendjahren mit der Faustgestalt. Der 1.

Teil von Goethes bedeutsamsten Drama „Faust“ erschien 1808. 1831 beendete er mit dem 2. Teil diese Drama. Goethe wurde schon zu Lebzeiten als großer Dichterfürst gefeiert und hatte großen Einfluss auf die europäische Literatur und Geistesgeschichte. In dem 1. Teil von Faust geht es um Magie, Zauber und Liebe: Die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael rühmen die unbegreiflich hohen Werke der Schöpfung Gottes.

Mephistopheles ist anderer Meinung und sieht nur, wie sich die Menschen plagen. Er lenkt das Gespräch auf den Dr. Faust, den er als seinen „Knecht“ bezeichnet. Mephistopheles verhöhnt die Leidenschaft mit der dieser ihm diene und bietet dem Herrn eine Wette an: es würde ihm gelingen Faust von ihm abzuwenden. Der Herr geht darauf ein, doch nur solange Faust auf Erden lebe. Die Wette wird geschlossen .

In seinem Studierzimmer grübelt Faust über den Sinn des Daseins. Die herkömmlichen Wissenschaften vermögen ihm nichts mehr zu geben. Nur noch in der Magie sieht er einen Weg in das Geheimnis der Welt einzudringen. Er hofft sich mehr Befriedigung vom Zeichen des Erdgeistes, den er mit geheimnisvollen Formeln beschwört. Der Geist erscheint , aber nur um Faust seine Zwerghaftigkeit als Mensch gegenüber der Natur fühlen zu lassen. Nach einer Unterbrechung durch Wagner ,den trockenen Schleicher, sucht Faust verzweifelt weiter und nähert sich dem Gedanken einer Erlösung durch den Tod.

Doch kaum hat er die kristallene Schale mit Gift angesetzt, erläuten die Glocken und es erklingt Chorgesang des Osterfestes. Überwältigt von Kindes – und Jugenderinnerungen fühlt er sich der Erde neu zurückgeboren. Mit Wagner tritt Faust am Ostermorgen einen Spaziergang an vor den Toren der Stadt. Ehrfurchtsvoll begrüßt ihn das Volk, dem er einst bei der Bekämpfung einer Pestseuche hilfreich zur Seite stand. Auf den Heimweg umkreist ihn ein geheimnisvoller Pudel, der ihm in sein Studierzimmer folgt. Er entpuppt sich als Mephisto (in Gestalt eines fahrenden Schülers)Sie schließen einen Pakt: Mephisto verbindet sich auf Erden ganz zu Fausts Diensten.

Dafür erhebt Mephisto Anspruch auf ihn , wenn sie sich „drüben“ wiederfinden. Mephisto schleppt Faust in die Hexenküche , wo er ihn ein paar Jahre verjüngt. Später begegnet er Gretchen und spricht sie sofort an. Sie verlieben sich und Gretchen bekommt ein Kind von ihm . Fausts Verlangen ist erfüllt und Mephisto nutzt Fausts innere Ruhe um ihn innerlich von ihr zu entfernen. Faust tötet Gretchens Bruder bei einer Auseinandersetzung.

Gretchen kann das alles nicht verkraften und wird geisteskrank. In der Walpurgisnacht will Mephisto Faust durch andere Frauen verführen lassen. Aber Faust sieht Gretchen in ihrer Not und versucht sie mit Hilfe von Mephisto zu befreien. Vom Kerker hört man Gretchen singen. Faust versucht sie vergeblich zu retten, doch scheinbar erkennt sie ihn nicht mehr, ihr Geist ist verwirrt. Im folgendem lassen sich vier Abschnitte der Szene unterscheiden: 1.

ist Gretchen`s Verwirrung. Sie glaubt der Henker käme sie bereits holen. In ihren Gedanken vermischen sich Hinrichtungstag und Hochzeitstag, an dem ihr als lediger Mutter der Brautkranz zerissen wird, wie es Lieschen ankündigte. Sie meint auch, ihr Kind lebe noch. Als Faust sich vor ihr theatralisch niederwirft, fordert sie ihn zum gemeinsamen Gebet auf, um der drohenden Verdammung zu entgehen. (4423-4459) Zweitens ist eine Wiedererkennung Fausts und Abwendung von ihm.

Es tritt eine Wende ein, als Faust ihren Namen ruft. Nun erst glaubt sie an seine Gegenwart. „alle Qual“ fällt von ihr ab, und sie glaubt an Rettung. Szenen ihrer Liebesgeschichte treten ihr wieder vor die Augen, die Straße, auf der sie ihn zum ersten Mal sah (4475/76), der Garten, in dem sie sich trafen (4477/78). Doch als sie sich nun an ihn drängt, spürt sie seine Kälte und wendet sich von ihm (4460-4497). Drittens ist Gretschens Schuldbekenntnis und Auftrag.


Sie erkennt dann, als Faust sie bittet, mit ihm zu kommen, vor ihm ihre Schuld und erinnert sich an seine Schuld. Doch Fausts Antwortet lautet: „Lass Vergangne vergangen sein (4518). Je mehr Faust drängt (4563/64), desto intensiver treten ihr die Bilder der toten Angehörigen vor die Seele (4498-4573). Viertens ist Gretchens endgültige Weigerung. Sie weiß, dass der beginnende Tag ihr letzter sein wird. In einer Vision nimmt sie ihre Hinrichtung vorweg, spürt schon die dann folgende Todesruhe: „Stumm liegt die Welt wie das Grab!“(4595) Gretchen ist wahnsinnig geworden.

Sie singt dass Volkslied vom Wacholderbaum, in dem eine böse Stiefmutter das getötete Kind dem Vater zum Essen vorsetzt. Sie erkennt zunächst ihren Geliebten nicht mehr; sie ist verrückt vor Angst vor dem Henker: Hab ich dich doch mein Tage nicht gesehen!“(4400). Sie verwechselt die Realitätsebenen “ Lass mich nur erst das Kind tränken (4443)“...Sie nahmen mir`s, um mich zu kränken,/Und sagen nun ich hätt `es umgebracht.

(4445/46). Faust Kniefall vor ihr wird als Aufforderung zum Gebet missverstanden (4451ff.). Bruchartig durchlebt sie Gefühlsschwankungen in kürzester Zeit: „hab ich dich doch mein Tage nicht gesehen!“(4440) ...

und kurz darauf : „Du bist`s. O sag es noch einmal.(4470). Sie hat innere Visionen : Sie sieht die Mutter auf einem Stein sitzen; dann erblickt sie Blut an der Hand Fausts. „Stecke den Degen ein“ (4516), und sie glaubt „das Kind zappelt noch (4563 ff.).

Die Folgerung aus diesem Verhalten für die Bewertung der Tat ist evident. Gretchens Tat ist im Wahnsinn geschehen. Es ist bezeichnend, dass Gretchens Sinn für die Welt schon verwirrt ist. Doch weiß nur Gretchen , dass hier Himmel, Erde und Hölle miteinander zu tun haben. Für Faust, der ja nach dem Willen des Dichters jenseitsblind sein soll. „Das drüben kann mich wenig kümmern“(1660).

Die Dramatik der Szene ist deshalb nur für sie und den Zuschauer, nicht aber für Faust fassbar. Er kann nicht erkennen, wie belanglos für Gretchen sein Versuch sein muss, sein Gewissen dadurch zu beschwichtigen, dass er sie rettet, um „ das Vergangene vergangen sein „ lassen zu können (4518). Sie möchte nicht „mit bösem Gewissen „ weiterleben(4547). So ist also der Dialog zwischen Faust und Gretchen in der Kerkerszene – der längste, der jeweils zwischen ihn stattgefunden hat- ein Aneinandervorbei. Auch die Wege, die sie in der Dramenhandlung gegangen sind, waren gegenläufig: Während Fausts „neuer Lebenslauf“ (2072) zu einem Abstieg in die Sinnlosigkeit reinen Genusslebens wurde, hat Gretchen ihre Schuld und ihr Elend in einen Aufstieg verwandelt. Aus der Enge der Unfreiheit des unreflektierten Kirchenglaubens, den sie als tugendstolzes Bürgermädchen gehabt hatte, ist sie zu der geistigen Klarheit, moralischen Freiheit und reifen Frömmigkeit gelangt, die es ihr ermöglichten, ihre Schul zu erkenn und auch - stellvertretend für den Geliebten – alle Folgen ihres Handelns auf sich zu nehmen.

So schließt der erste Teil der Tragödie mit Fausts Niederlage vor der von ihm geliebten Frau. Gretchen ist das erste Beispiel für die Worte des Herrn im Prolog: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewusst (328/329). Die Wende hatte sich schon vor der Walpurgisnacht bei der Gretchenfrage angebannt, in der Schlussszene wird die irreparable Situation, die endgültige Wende deutlich: Faust kann nicht mehr küssen: „O weh !dein Lippen sind kalt“ (4494); an seinem Hals wird es ihr bang (4487); ihr grauts vor ihm (4610). Gretchens Opfer, die Hingabe an Faust, war umsonst, die Liebe ist zerbrochen: eine Rettung ist menschlich sinnlos geworden, aber auch gesellschaftlich unmöglich: „es ist so elend, betteln zu müssen, /.. Und sie werden mich noch doch ergreifen !“ (4546 + 4549).

Für sie bleibt nur der Tod; er bleibt es aber auch deswegen, weil sie bewusst den Tod als Sünde auf sich nimmt. „ich darf nicht fort“(4544) Ihre Rettung sucht und findet sie beim Herrn (Gericht Gottes), auf anderer Ebene.

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