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  Torquato tasso

TORQUATO TASSO     Dieses Werk, nach Goethes eigenen Worten ein Schauspiel, wurde bereits 1780 entworfen, in Italien ausgearbeitet und1789 in Weimar vollendet. Wie „Iphigenie auf Tauris“ ist auch „Torquato Tasso“ ein klassisches Drama.   Der historische Tasso lebte 1544 bis 1595 und kam als Dichter an den Hof des Fürsten Este nach Ferrara, um dort sein Hauptwerk „Das befreite Jerusalem“ zu vollenden. Seine Reizbarkeit und krankhafte Eifersucht arteten zum Wahnsinn aus. Tasso entfloh dreimal dem Fürstenhofe und starb schließlich in geistiger Umnachtung in Rom.   Schon in seiner Jugend hatte Goethe Leben und Werk des unglücklichen italienischen Dichters Torquato Tasso kennengelernt und fühlte sich davon angezogen.

Zu seiner dichterischen Gestaltung kam Goethe allerdings erst, als er selbst innerlich den Konflikt Tassos durch Ereignisse in seinem eigenen Leben verstehen gelernt hatte.   Die Handlung des Dramas ist auf 5 Personen beschränkt: Alfons II., Herzog von Ferrara Leonore von Este, Schwester des Herzogs Leonore Sanvitale, Gräfin von Scandiano Torquato Tasso Antonio Montecatino   Schauplatz des Dramas ist ein einziger Ort, das Schloß Belriguardo (Schöner Blick) in der Nähe von Ferrara; und es spielt sich an einem einzigen Tag ab, am 6. April 1575, in der Zeit der italienischen Renaissance.   Inhalt des Dramas:   Torquato Tasso steht hoch in der Gunst des Fürsten Alfons II. sowie seiner Schwester Prinzessin Leonore und deren Freundin, der Gräfin Leonore Sanvitale.

Als Tasso dem Herzog das (lang zurückgehaltene Epos) fertige Epos „Das befreite Jerusalem“ im Park des Schlosses Belriguardo überreicht, bekränzt ihn die Prinzessin mit einem Lorbeerkranz. Tasso ist von dieser Ehrung tief bewegt, vor allem auch deshalb, weil er die Prinzessin heimlich liebt. Da erscheint Antonio, der Staatssekretär des Herzogs, der von seiner erfolgreichen Mission berichtet. Er sieht mißvergnügt die ihm überschwenglich scheinende Ehrung, die Tasso vom Fürsten und den Frauen empfängt und verletzt Tasso durch besonders Lob des Dichters Ariost (dessen Hauptwerk: Der rasende Roland). Tasso reagiert aufbrausend. Die Prinzessin führt ein langes Gespräch mit Tasso, in dem sie auch über das „Goldene Zeitalter“ der Menschheit diskutieren, das Tasso angebrochen sieht, Zitat:“wenn erlaubt ist, was gefällt“, die Prinzessin aber, „wenn erlaubt ist, was sich ziemt“.

Der Dichter hält die Teilnahme der Prinzessin für Liebe und ist bemüht, dem Versöhnungsversuch zu entsprechen. Er bietet Antonio seine Freundschaft an. Dadurch verletzt er aber die höfische Sitte. Er ist der Jüngere und tut es in herausfordernder Weise, sodaß Antonio ihn abweist. Schließlich fallen beleidigend Worte von beiden Seiten, und Tasso läßt sich dazu hinreißen, nach dem Degen zu greifen. Der Herzog tritt dazwischen und bestraft Tasso mit Zimmerarrest, der mildesten Form der Strafe.

Doch auch Antonio tadelt er: Zitat: „Wenn Männer sich entzweien, hält man billig den Klügsten für den Schuldigen.“ Und Antonio ist klug genug, seine Schuld einzugestehen. Bei Tasso führt der über ihn verhängte Arrest zu furchtbaren Ausbrüchen seines alten Mißtrauens. Er glaubt in allem nur: Zitat: „die ganze Kunst des höfischen Gewebes“ zu sehen, glaubt sich von allen verlassen und verraten, auch von der Prinzessin. Leonore Sanvitale übernimmt die Vermittlung mit dem selbstsüchtigen Hintergedanken, den Dichter an sich zu fesseln und ihn mit zu ihrem Gatten nach Florenz zu nehmen. Ihr gesteht Antonio, daß er Tasso nicht um den Lorbeerkranz, sondern um die Gunst der Frauen beneidet.

Trotzdem ist Antonio bereit, mit Tasso Frieden zu schließen, wozu Tasso aber nicht bereit ist. Tasso beschließt, den Hof zu verlassen. Die herzlichen Abschiedsworte der Prinzessin faßt Tasso irrtümlich als Liebesgeständnis auf, er nützt den günstigen Augenblick und umarmt Leonore und gesteht ihr seine Liebe. Die Prinzessin weist ihn empört ab (sie ist nur dem Dichter – nicht dem Manne zugetan). Der Herzog, Prinzessin Leonore und Gräfin Leonore Sanvitale verlassen das Schloß. Tasso ergeht sich in sinnlosen Anklagen und erkennt, daß ihm nur die Dichtkunst geblieben ist.

Er ist sich seiner schwankenden Natur bewußt und umklammert den beherrschten Antonio, seinen vermeintlichen Feind, als den Stärkeren und Klügeren: „So klammert sich der Schiffer endlich noch Am Felsen fest, an dem er scheitern sollte.“     Dieses Stück spiegelt eigene Erlebnisse Goethes wider. Er schuf es, wie er selbst einmal sagte, „um sich freizumachen, was noch aus weimarischen Eindrücken und Erinnerungen Schmerzliches und Lästiges anklebte. Goethe war sich seiner eigenen keineswegs konfliktfreien Doppelnatur als Dichter einerseits und anerkanntem Staatsmann andererseits bewußt. Goethe gelingt der Übergang vom empfindsamen leidenschaftlichen Dichter zum selbstsicheren, erfolgreichen Staatsmann, Tasso hingegen scheitert. Das zweite Problem Goethes war seine Verehrung und Liebe zu Charlotte von Stein.


Sowohl die Prinzessin Leonore als auch die Gräfin Leonore haben Züge und Charaktereigenschaften dieser Frau, was bereits dadurch angedeutet wird, daß beide den Namen Leonore tragen.. In dem Gegensatz zwischen dem Weltmann Antonio und dem Künstler Tasso spiegeln sich Goethes innerer Widerstreit, hervorgerufen aus seiner Doppelstellung als Minister und Dichter am Hof in Weimar, und seine anfänglichen Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten mit amtlichen Gegnern, besonders mit Minister Fritsch. Der Hof von Ferrara ist der von Weimar, Herzog Alfons besitzt Züge von Karl August   Charakteristik der Personen: Der Fürst von Ferrara stellt das Bild eines vollkommenen Herrschers dar, er ist gebildet, gerecht und weitblickend. Mit seinem Kunstsinn erkennt er das schöpferische Genie in Tasso. Er will ihn an seinem Hof halten und zu einem gefestigten Charakter erziehen.

Als guter Menschenkenner entscheidet er nachsichtig und gütig den Zwist Tassos mit Antonio. Selbst ausgeglichen und überlegend, duldet er bei seiner Umgebung keine Unüberlegtheit.   Prinzessin Leonore war von Jugend an kränklich. Da sie die harmlosesten Vergnügen, wie z.B. das Singen entbehren mußte, ist sie genügsam und selbstlos geworden.

In ihrer Beherrschtheit ist sie ganz das Gegenteil des von ihr geliebten Dichters. Aus Schwachheit unterläßt sie es, doch noch einen guten Ausgang herbeizuführen. Sie versagt Tasso ihre Hilfe, wenn er sie braucht. (z.B. beim Streit der Männer).

Sie entzieht sich Tasso in der Zeit von der Herausforderung bis zum Abschied. Gerade in dieser Zeit hätte ihr Zuspruch ihm helfen können. Sie hat auch später weder die Kraft ihn zu halten, noch mit ihm zu brechen.   Leonore Sanvitale ist eine kluge und lebensfrohe Gräfin. Auf Grund ihrer lebhaften Art ist sie die geeignete Gesellschafterin der stillen Prinzessin Leonore, deren Vertrauen sie durch eine Mischung von Ehrlichkeit und Schmeichelei erwirbt. Schmeichlerisch gelingt es ihr auch, Tassos Mißtrauen gegenüber dem Fürsten zu wecken.

  Tasso wird auch als „gesteigerter Werther“ bezeichnet, weil er in allen seinen Handlungen sehr gefühlsbetont ist. Er befragt weniger seinen Verstand als sein Herz, wenn er sich entscheiden soll. Darüber hinaus ist er aber ein genialer Künster, was Werther nicht ist. Seine Phantasie bringt ihn in Konflikt mit dem wirklichen Leben, er ist überschwenglich und unbesonnen. Als er gegen die Regeln des gesellschaftlichen Lebens am Hof von Ferrara verstößt, will er sein Unrecht nicht einsehen. Selbstbeherrschung und Selbsterkenntnis sind ihm fremd.

Seine geringe Menschenkenntnis macht ihn mißtrauisch und er verkennt seine besten Freunde. Nur als Dichter ist er gewissenhaft und sorgfältig.   Antonio Montecatino, der Staatssekretär, ist ein tüchtiger Diplomat mit guten Umgangsformen, der ruhig und beherrscht auftritt. Er ist lebenserfahren und kunstsinnig. Er hat eine kalt wirkende, vernunftbetonte Einstellung zum Leben. Er neidet dem Dichter die Gunst des Fürsten und der Frauen.

Auch ist er skeptisch, als ihm Tasso die Freundschaft anbietet. Er betont den Unterschied ihrer Stellung und ihres Alters. Vom Herzog läßt er sich aber zur Besinnung bringen. Zum Beweis seiner Aufrichtigkeit bietet er Tasso seine Unterstützung an und ist bereit, ihm in Zukunft Hilfe und Treue zu erweisen.   Problem: Dieses Drama ist arm an äußerer Handlung und reich an seelischen Konflikten. Der Grundgedanke ist der Zwiespalt zwischen der Dichterseele mit ihrer Traumwelt und dem wirklichen Leben, an dem Tasso zugrunde geht.

Der Versuch, den Dichter in der harmonischen Umgebung von Belriguardo durch den Umgang mit gebildeten Menschen zu einer Persönlichkeit zu erziehen, mißlingt. Aus Mangel an Selbsterkenntnis verkennt Tasso seine Mitmenschen und seine Stellung im Leben. Die Liebe zur Prinzessin ist Goethes Erfindung, historisch ist dagegen der Konflikt Tassos mit den Estes und mit Antonio.

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