Traumnovelle
Traumnovelle
Arthur Schnitzler (1862 – 1931) wurde in Wien als Sohn eines Arztes geboren und schrieb bereits mit 9 Jahren seine ersten Dramen. Er besuchte das akademische Gymnasium in Wien und begann dann ein Medizinstudium. Einige Jahre assistierte er seinem Vater bis er dann nach dessen Tod die Praxis selbst übernahm.
1886 wurden erstmals Texte von ihm in Zeitschriften veröffentlicht. Weiters schrieb er Bühnenmanuskripte und 1896 erschien sein erstes Buch.
Am 21.
Oktober 1931 verstarb Arthur Schnitzler, der seine Heimatstadt Wien bis auf wenige Reiseaufenthalte, nie verlassen hatte.
Arthur Schnitzler war auch ein guter Freund des berühmten Traumpsychologen und Psychoanalytikers Sigmund Freud, welcher ihn inspirierte das Buch „Traumnovelle“ zu schreiben.
Traumnovelle (1926)
Eines Abends im späten Winter unterhalten sich Fridolin und Albertine über den am Vortag besuchten Maskenball. Einiges daran scheint ihre Fantasie noch zu beschäftigen, denn sie geraten in
„ ein ernsteres Gespräch über jene verborgenen, kaum geahnten Wünsche, die auch in die klarste und reinste Seele trübe und gefährliche Wirbel zu reißen vermögen, und sie redeten von den geheimen Bezirken, nach denen sie kaum Sehnsucht verspürten und wohin der unfaßbare Wind des Schicksals sie doch einmal, und wär`s auch nur im Traum, verschlagen könnte.“
Albertine gesteht als erste, dass sie sehr wohl gelockt ein Abenteuer einzugehen, und dafür selbst ihn, ihr gemeinsames Kind, und womöglich ihre gemeinsame Zukunft aufzugeben. Auch Fridolin hat von Momenten zu erzählen, die die Grenzen des bürgerlichen Anstandes überspringen, dann aber doch auch nur in Gedanken.
Sie beschließen daraus in Zukunft kein Geheimnis mehr zu machen, als dann der Arzt in die Nacht hinaus zu einem Patienten gerufen wird, einem Hofrat, der wieder einen Herzanfall erlitten hat.
Fridolin kommt zu spät, er trifft den Hofrat tot an, bewacht von seiner Tochter Marianne. Diese ist völlig aufgelöst durch den Tod ihres Vaters und gesteht Fridolin ihre Liebe. Dieser vollzieht die ärztlichen Aufgaben und verlässt dann das Haus, als Mariannes Verlobter das Zimmer betritt.
Fridolin spaziert noch ein Weilchen durch das nächtliche Wien, als ihm schliesslich die junge Prostituierte Mizzi begegnet, die ihn kurzer Hand zu ihr nach Hause führt, doch diese Begegnung nimmt nicht den zu erwarteten Verlauf, er verspürt so etwas wie väterliche Fürsorge und nimmt sich vor, dem Mädchen bei nächster Gelegenheit eine kleine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Es treibt ihn in ein Café, wo er in dem Klavierspieler einen alten Studienkollege wiedererkennt.
Die beiden kommen ins Gespräch, und der Pianist namens „Nachtigall“, erzählt Fridolin von einer Art Maskenball, wo unbekleidete Frauen und Männer anwesend sein sollen, und er selbst mit verbunden Augen zu spielen hat. Fridolins Neugierde wird geweckt, doch weiß Nachtigall auch, dass man nur mit der richtigen Parole Zutritt erlangen kann. Trotz allem ergreift ihn das Verlangen an dieser Gesellschaft teilzunehmen, er kitzelt Nachtigall die Parole heraus, besorgt sich noch schnell mitten in der Nacht eine Mönchskutte mit Hut, so wie es vorgeschrieben sei, und fährt dann dem Pianisten mit einer Kutsche hinterher. Fridolin gelingt es sich in das Haus einzuschleichen und er erkennt, dass es sich um eine streng ritualisierte Orgie handelt, wo Männer und Frauen unerkannt erotische Spiele treiben. Fridolin wird von einer Unbekannten gewarnt, er solle so schnell wie möglich verschwinden, aber er lässt sich nicht warnen.
Zwei Vermummte treten auf ihn zu und verlangen ein weiteres Passwort, das er natürlich nicht kennt.
Plötzlich kehren sich alle Männer gegen ihn, man will ihm die Maske vom Gesicht reißen, da erscheint plötzlich seiner Warnerin und erlöst ihn dadurch, dass sie sich selbst „opfert“. Was das bedeutet, bleibt ein Rätsel, Fridolin wird aus dem Haus gebracht, in eine verschlossenen Kutsche gesteckt, und dann irgendwo ausgesetzt.
Um vier Uhr morgens gelangt er zu Hause an und findet Albertine schlafend vor. Sie hat Schweiß auf der Stirn, und als sie erwacht, erzählt sie ihm von ihrem Traum: Sie sieht wie ihr Gatte gefangengehalten und von einer orientalischen Fürstin zur Untreue aufgefordert wird. Er verweigert sich und wird dafür ausgepeitscht und zur Kreuzigung geführt. Albertine hingegen beobachtet all dies still schweigend ohne Reue und Schuld, während sie selbst die Gunst eines fremden Traummannes genießt.
Fridolin ist von dieser Traumschilderung sehr irritiert, und verspürt den Wunsch Albertine dafür zu hassen, aber doch empfindet er sehnsüchtige und schmerzlich Sehnsucht.
Am Morgen erledigt er einige Patientenbesuche, sucht dann Nachtigall und erfährt, dass er von zwei Unbekannten abgeholt und zum Bahnhof gebracht worden sei. Dann bringt er die Mönchskutte zurück und fährt daraufhin zu dem Haus, wo er glaubte, dass er letzte Nacht die geheimnisvolle Unbekannte getroffen hat, die ihn gerettet hat. Dort überreicht ihm ein Diener wortlos ein Schreiben, in welchem er aufgefordert wird seine Nachforschungen aufzugeben.
Am Nachmittag besucht er Marianne, mit dem klaren Hintergedanken, sich auch an Albertine zu rächen, denn ihm war bewußt geworden,
„dass all diese Ordnung, als dies Gleichmaß, all diese Sicherheit seines Daseins nur Schein und Lüge zu bedeuten hatte“
Mit Marianne bringt Fridolin es allerdings nicht weiter als einem unpersönlichen Gespräch, er flüchtet sich in leere Floskeln und lässt sie „wie versteinert“ zurück.
Es ist jetzt halb acht und Fridolin erinnert sich an Mizzi vom Vorabend und kauft ein paar Süßigkeiten für sie ein, doch bei ihrem Haus angelangt, erfährt er, dass Mizzi im Krankenhaus sei.
Fridolin setzt sich darauf hin in ein Café und liest in einer Zeitung von der Selbstvergiftung der schönen Baronin D. heute Morgen in ihrem Hotel. Er folgt dieser Spur, und sucht daraufhin die Totenkammer auf, wo ihm ein gutbekannter Kollege begegnet, der ihm zu dem Leichentisch führt, und doch kann sich Fridolin nicht sicher sein, ob es die Frau der letzten Nacht ist, die jetzt all ihren Glanz und ihre Schönheit verloren zu haben scheint. Das ist das Ende seiner Suche, ergebnislos und sinnlos.
Gegen 4 Uhr kehrt er heim und findet seine Frau schlafend vor, wie in der Nacht zuvor. Da sieht er neben Albertines Kopf auf dem Kopfkissen die Maske liegen, die er vergessen hatte dem Kostümverleiher zurückzugeben.
Albertine hatte sie gefunden, und Fridolin spürt, was sie dabei geahnt haben mag, und sinkt weinend neben ihr nieder.
Dann bricht die ganze Geschichte aus ihm heraus und er fragt:
„Was sollen wir jetzt tun Albertine?“
„Dem Schicksal dankbar sein, glaube ich, daß wir aus allen Abenteuern heil davon gekommen sind – aus den wirklichen und aus den geträumten.“
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