Bücherverbrennung
Bücherverbrennung Erich Kästner
In seiner Rede, vom 10.5.1958 auf der PEN Tagung in Hamburg beschäftigt sich Erich Kästner mit der Bücherverbrennung in Deutschland. Er behandelt die Folgen für die deutsche Gesellschaft und Kultur. Am Ende der Rede geht er mit der Gesellschaft ins Gericht, die seiner Meinung schon 1928 gegen die drohende Diktatur hätte kämpfen müssen.
Die Rede beginnt medias in res.
So wird sofort zum Nachdenken über den Satz: „Die Feuer brannten“ (Z.1). angeregt.
Als nächstes werden durch eine Aufzählung die Städte genannt, in denen die Bücherverbrennungen stadtgefunden haben. Der Anaphorische Beginn jedes Satzes „Auf dem ..
.“ (Z.1f.) vermittelt die Wichtigkeit jedes aufgeführten Ortes für die deutsche Kultur, aber auch die Tragik die durch die Bücherverbrennung widerfährt.
„ Sie loderten ..
.“ (Z.2) spielt wieder auf das Feuer an obwohl immer noch nicht geklärt ist, was ge- bzw. verbrannt ist. „in jeder deutschen Universitätsstadt“ (Z.2) vermittelt das Ausmaß dieser Katastrophe, welche sich über das gesamte damalige deutsche Reich erstreckte.
„Braune Uniform“ (Z.4) spielt auf das dritte Reich an, die Parteimitglieder trugen meist braune Uniformen. Bei dem Satz „Die Stundente hielten [...] die Ehrenwache“ (Z.
4) ist besonders auf das Nomen „Ehrenwache“ zu achten. Denn im Allgemeinen stehen Ehrenwachen vor historisch bedeutenden Gebäuden, vor Gräbern oder bei anderen wichtigen Anlässen. Es ist völlig unnormal, dass Ehrenwachen bei Verbrennungen anwesend sind.
„In Berlin hatten sie sich vor der Universität und der Bibliothek aufgebaut“ (Z.5f). Hier ist das Verb „aufgebaut“ zu beachten.
Es steht für die Sorgfalt und Ordnung mit der die Stundenten der Handlung dienen.
„... sahen zum Scheiterhaufen hinüber und kehrten ihrer „Alma mater“ den Rücken. Und den Standbildern der Brüder Humboldt.
..“ (Z.6f.). Dieser Satz ist von Grundlegender Wichtigkeit für das Handeln der Stundenten.
Das Nomen „Scheiterhaufen“ erinnert stark an die Hexenverbrennung im Mittelalter, damals wurden so andersdenkende von der Kirche beseitigt. Hier wird Gedankengut vernichtet, das nicht in das Bild des Hitler Regimes passte. Das die Stundenten ihrer Universität den rücken kehrten, bedeutet, dass sie sich von Vernunft und Bildung abwenden und ganz im Banne Goebbels befinden. Da sie den Brüdern Humboldt den Rücken kehren, drücken sie aus, dass sie die Offenheit für neues verloren haben. Die Brüder Humboldt waren Geographen die maßgeblich an der Erkundigung Südamerikas beteiligt waren.
Im Satz „Hinüber zum Brandmal“ (Z.
8) ist besonders „Brandmal Beachtung zu schenken. Ein Brandmal ist ein Symbol, was nie wieder zu entfernen ist. Hier beschreibt es den ewigen Verlust an Kultur, der das deutsche Volk auf ewig kennzeichnen wird.
Die Metonymie„Teufel aus der Schachtel“ (Z.8f.) ist ein Ausdruck für Joseph Goebbels, Propagandaminister.
Es drückt die Wut und Verachtung Kästners über Goebbels aus.
„... wo die Kommilitonen die Bücher zentnerweise ins Feuer schippten“ (Z.9f.
) In diesem Satz sind zentnerweise und schippten zu beachten. Zentnerweise steht für die Massen an Büchern, die verbrannt wurden. Schippten wird normalerweise im Zusammenhang mit Kohlen verwendet, es erklärt die Wertlosigkeit, dieser vielfach bedeutenden Werke für Goebbels, die im Feuer verbrennen.
„Meine Damen und Herren, ich habe Gefährlicheres erlebt, Tödlicheres – aber gemeineres nicht!“ (Z.10f.) Durch diesen Satz rückt Kästners sein Entsetzen über das Geschehne aus.
Im nächsten Satz zitiert Kästner Goebbels. „Ein Revolutionär muss alles können“ (Z.12). Goebbels möchte damit ausdrücken, dass er nicht nur Regierungen absetzen soll, sondern auch für die richtigen Werte in einer Gesellschaft sorgen soll. Er sieht seine NSDAP als Revolutionäre, die für etwas besseres kämpfen.
Im Satz „brüllte der personifizierte Minderwertigkeitskomplex aus Rheydt“ (Z.
12) ist das Verb „brüllen“ zu beachten. Kästner knüpft an die ländliche Herkunft Goebbels an und stellt ihn wie ein brüllendes Tier oder gar Bestie dar, da brüllen oft auch in Verbindung mit Bestien oder Monstern steht.
Die Aussage „Er muss ebenso groß sein im Niederreißen der Unwerte, wie im Aufbau der Werte.“ (Z.13f.) stellt blanke Ironie da.
Da er den Aufbau der Werte in der Bücherverbrennung sieht.
„O Jahrhundert, o Wissenschaft! Es ist eine Lust zu leben“ (Z.16f.) ist wieder stark ironisch zu verstehen, weil er davon überzeugt zu sein scheint, dass sämtliche unwerte durch die Verbrennung vernichtet seien und das die Wissenschaft sich von nun an voll ihren Gebieten zuwenden könne.
Zu Beginn des nächsten Absatzes stellt Kästner 3 rhetorische Fragen.
Die erste Frage stellt Kästner an sich selbst.
„Was hatte, vom abscheulichen Schauspiel abgesehen, an diesem Abend stattgefunden?(Z.18f.) Im Einschub, „vom abscheulichen Schauspiel abgesehen“ ist der Gegensatz abscheulich -Schauspiel zu beachten, da ein Schauspiel üblicherweise etwas schönes gewolltes darstellt.
In der zweiten Frage, „Hatte der dämonische Gefreite und Obdachlose aus Braunau am Inn gebrüllt?(Z.19f.) karikiert Kästner Adolf Hitler.
Das Adjektiv „dämonisch“ verbindet Hitler mit dem Teufel, oder dessen Dienern. „Gefreite“ bezieht sich auf seine Militärlaufbahn während des ersten Weltkrieges. Diese Zeit prägte Hitlers Vorstellungen von einer Gesellschaft entscheidend. „Obdachlose“ zielt auf die Zeit, wo Hitler von Unterstützungen seiner Familie lebte, weil er keinen Beruf oder Ausbildung hatte, die Gipfelte darin, dass er Zeitweise in einem Obdachlosen und Männerwohnheim lebte. „Brüllte“ stellt wieder die Verbindung zu einer Bestie dar.
Mit der einfachen Beantwortung „Nein“(Z.
20) verdeutlicht Kästner, dass es schlimmer sein musste.
In der letzten Frage, die Kästner stellt: „Hatten seine Marodeure und sein Pöbel die Bücher ins Feuer geworfen? (Z.20f.) stechen zwei Nomen hervor. Mit Marodeuren, die der Plündernde Nachzug einer Truppe sind und dem Pöbel, das ungebildete normale Volk, beschreibt Kästner Hitlers Anhang und Gefolgschaft.
Wieder steigert er das Schlimme mit „Nein“(Z.
21).
Diesen Gedanken führt Kästner im nächsten Satz fort „viel schrecklicheres, etwas unausdenkbares“ (Z. 21) und verstärkt ihn sogar noch.
„Doktor der Philosophie“ (Z.22), womit Kästner wieder Goebbels meint, unterstreicht die Bildung Goebbels, aber auch die Beziehung, die er als Doktor der Philosophie, zur deutschen Literatur haben müsste. Das dieser Professor, die Studenten dazu angestiftet hat, „Höchstselbst den deutschen Geist zu verbrennen“ (Z.
23) ist für Kästner unfassbar. Die Widersprüchligkeit, einen Geist zu verbrennen, beschreibt hier die materielle Form des Geistes in Form von Büchern. „Es war Mord und Selbstmord in einem“ (Z.23f.) beschreibt die Shizofränie dieser Handlung, da die Studenten etwas vernichteten, was ihnen nicht gehörte, was sie aber für ihre Studien dringend benötigten. Diese Tatsache wird durch den folgenden Satz noch einmal unterstrichen.
„Das geistige Deutschland brachte sich und den deutschen Geist um“ (Z.24f.). Mit „Arrangeur“ (Z.25) ist wieder Goebbels gemeint, der die ganze Katastrophe auslöste. Wieder ist es pure Ironie, das diese Person sich selbst als „Arbeiter der „Stirn““ (Z.
26) bezeichnet!
Der letzte Satz des Absatzes drückt aus, das Kästner keine Worte für das geschehene findet. So bleibt ihm nur noch die mathematische Aussage durch die kalten Fakten. „Massenmord und Selbstmord hoch drei“ (Z.27f.)
Im nächsten Absatz gibt er der Gesellschaft einen großen Teil der Schuld, an den Geschehnissen von 1933-1945. Kästner ist der Auffassung, dass man die drohende Diktatur bereits 1928 hätte erkennen und bekämpfen müssen.
Mit zwei Beispielen unterstreicht er diese Auffassung. „Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird“ (Z.30f.) Mit dieser Aussage zielt er auf die Schauprozesse, die im dritten Reich gegen sogenannte Verräter geführt wurden. „Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.
Sie ruht erst wenn sie alles unter sich begraben hat“ (Z.31ff) Mit dieser Schneemetapher beschreibt er die begrenzte Handlungszeitraum der Gesellschaft vor der Katastrophe und die fatalen folgen von Passivität.
Im letzten Absatz seiner Rede zieht er Schlüsse aus den Geschehnissen. „Es ist eine Angelegenheit des Terminkalenders, nicht des Heroismus“(Z.37f.)
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