Santiago ist schafhirte in andalusien
Der Roman, den ich Euch vorstelle, „Der Alchimist“ von Paolo Coelho, ist unbestrittenermassen ein Beststeller geworden. Aber anscheinend ist eine hohe Auflagezahl keine Garantie für höchsten literarischen Wert ist. Ihr seht schon jetzt, ich habe eine etwas kritische Meinung von diesem Buch.
FOLIE
Diese Folie fällt sehr kurz aus, denn ich habe nur zwei Punkte:
Eine kurze Inhaltsübersicht des Romans mit einigen Textbeispielen,
Ein persönlicher Kommentar und meine Kritik.
Nun also zum Inhalt:
Santiago ist Schafhirte in Andalusien. Ihn fasziniert es, unterwegs zu sein, dies in doppeltem Sinn.
Das Reisen war schon eine Sehnsucht seiner Kindheit, und im Beruf des Schafhirten liess sich diese Sehnsucht verwirklichen. Er lebt im Einklang mit seinen Schafen; zieht auf der Suche nach Wasser für seine Schafe durch Andalusien.
Doch schon bald träumt er mehrmals, dass ein Kind zu ihm kommt und ihn zu den Pyramiden von Ägypten führt, wo es ihm sagt: Wenn du hierher kommst, dann wirst du einen verborgenen Schatz finden. Doch bevor er den genauen Ort gezeigt bekommt, erwacht er jedes Mal.
Er lässt den Traum von einer Zigeunerin deuten. Diese rät dem Jüngling, sich zu den Pyramiden aufzumachen, denn dort werde er einen Schatz finden.
Daraufhin trifft Santiago einen alten Mann. Diese Stelle lese ich euch vor: S.28
Santiago beschliesst seinem Traum zu folgen. Er geht das Risiko ein, verkauft seine Schafherde und versucht, nach Afrika zu gelangen. So beginnt eine höchst abenteuerliche Reise. Als erstes muss er nach Tanger gelange.
Kaum dort angekommen wird ihm sein ganzes Geld gestohlen. Er denkt ans Aufgeben. Doch zum Glück findet er Arbeit in einem Kristallwarengeschäft. Nach knapp einem Jahr hat er genug Geld beisammen, um mit einer Karawane nach Ägypten zu reisen.
In einer grossen Oase lernt der Jüngling Fatima kennen, die Frau seines Lebens. Dazu wiederum eine Textselle: S.
99ff
Doch Santiago will seinen Schatz finden. Also verspricht er Fatima, dass er zurückkommen werde und zieht weiter.
In einer anderen Oase trifft er auf einen Alchemisten. Dieser besitzt den Stein der Weisen und das Elixier des langen Lebens. Zu zweit reiten sie weiter auf dem Weg zu den Pyramiden. Unterwegs belehrt der Alchemist Santiago.
Santiago lernt auf sein Herz zu hören, den Zeichen zu folgen und mit dem Wind oder der Sonne zu sprechen.
Schliesslich erreicht Santiago die Pyramiden. Abermals wird er von Räubern überfallen. Er wird verprügelt, als er an dem Ort am graben ist, wo er seinen Schatz versteckt glaubt.
Bevor die Schurken abziehen sagt einer von ihnen..
... S.169
Nun weiss Santiago, wo sein Schatz wirklich vergraben liegt. Er kehrt zu der ihm bekannten zerfallenen Kirche in Andalusien zurück und findet eine alte Truhe, gefüllt mit Edelsteinen, Gold und teuren Federn.
Den Schluss lese ich euch vor: S.172ff
Ich finde diesen Schluss nicht überzeugend. Ich hätte alles andere erwartet, aber nicht, dass er einen Goldschatz findet. Ich hätte nicht gedacht, dass Coelho den Schatz so materiell beschreibt. Denn das Glück des Lebens kann nicht in einer Goldkiste bestehen. Damit endet der Roman wie eine Comic-Geschichte von Dagobert Duck enden würde.
Wie wenn das Ziel des Lebens materieller Reichtum wäre. Gerade das haben die Alchemisten mit der Herstellung des Goldes sicher nicht gemeint. Natürlich müsste man das Gold oder den Stein der Weisen eher als Symbol verstehen, nämlich als Symbol für etwas ewig Gültiges, Unzerstörbares in unserer Seele. Was mich aber gestört hat, ist, dass keine Seite vergeht, auf der der Autor keine esoterischen Weisheiten in immer neuen Variationen verbreitet. „Alles ist in einem“ wird bis zum Schluss mehrer Dutzend mal wiederholt, bis es auch der Letzte kapiert hat, ebenso: Gehe nur Deinen Lebensweg, dann wirst Du alles erreichen, und das ganze Universum wird Dir beistehen, denn es gibt eine Weltenseele! Hinzu kommen ein paar christliche und ein paar moslemische Weisheiten, die Santiagos Bekanntschaften von sich geben – sei es der ominöse Alchimist, der ihn zu den Pyramiden bringt, sei es ein König, der ihm seine Träume zu deuten hilft, sei es der Wind oder die Sonne, welche ihm bei Gefahr helfend zur Seite stehen. Mir kommt das vor wie eine Aneinanderreihung von Klischees.
Der Held der Geschichte ist zwar wie auch wir alle auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Den Sinn des Lebens zu finden, könnte bedeuten, den persönlichen Lebensplan zu erfüllen. Davon ist in diesem Buch ja viel die Rede. Ich finde im Buch etwa zehn Mal den Satz: „Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das ganze Universum dazu beitragen, dass du es erreichst.“
Ich frage mich aber, ob wir mit unserem Willen tatsächlich das Universum beeinflussen können?! Ich finde man sollte etwas bescheidener sein, denn es ist nicht alles von unserem Willen abhängig.
Alle Leute, die in einem Krieg leben müssen, würden ganz bestimmt „fest wollen“, dass ihre Häuser nicht zerstört und ihre Verwandten nicht ermordet werden und doch hilft ihnen das Universum kein bisschen.
Da können sie noch lange „wollen“.
Coelho behauptet zwar, wann immer wir etwas ganz fest wollen, dieser Wunsch aus der Weltenseele geboren sei.
Ich kann mir vorstellen, dass der Roman deshalb ein so grosser Erfolg wurde, weil er die Massen mit solchen undifferenzierten Sätzen zu begeistern vermag. Mich können solche esoterischen Weisheiten nicht so sehr begeistern, aber ich bin froh, dass ich das Buch gelesen haben. Ich habe gesehen, wie man einen Bestseller fürs Volk schreibt.
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com