D e r s t e p p e n w o l f
D E R S T E P P E N W O L F
von Hermann Hesse
Zum Autor:
Hermann Hesse wurde am 2.Juli 1877 in Calw/Würtemberg als Sohn eines balten-deutschen Missionars & der Tochter eines würtembergschen INDOLOGEN geboren. 1890 schlug er die Theologenlaufbahn ein & besuchte die Lateinschule in Göppingen. Im darauffolgenden Jahr entfloh er aber dem Evangelischen Seminar & wechselte von da an ständig seinen Beruf: Buchhändlerlehrling, Mechanikerlehrling, Antiquar, etc. 1904 wird er freier Schriftsteller in Gaienhofen am Bodensee, es folgt eine Heirat mit Maria Bernoulli. In den Jahren 1910-1912 unternimmt er viele Reisen, u.
a. nach Österreich, Italien, in die Schweiz & nach INDIEN. 1919 zieht er nach Montagnola bei Lugano um, 4 Jahre später wird er Schweizer Staatsbürger, kurz darauf wird er geschieden. 1924 heiratet er erneut (Ruth Wenger), doch auch dieser Ehe folgt noch eine
weitere mit der Kunsthistorikerin Ninon Doblin. Hesse starb am 9.August 1962 in Montagno bei Lugano.
Hesse war zugleich Lyriker, Erzähler, Essayist (z.b. NOVALIS/GOETHE/HÖLDERLIN), als auch Kritiker & Maler.
Seine Werke:
Frühwerke:(meist von romantischer Art)
- "Peter Camenzind" (1904)
- "Unterm Rad" (1906)
- "Aus Indien" (1913)
- "Roßhalde" (1914)
- "Knulp" (1915)
Werke: (meist von nachdenklicher, analysierender Art)
- "Demian" (1919)
- "Klingsors letzter Sommer" (1920)
- "Siddhartha (1922)
- "Der Steppenwolf" (1927)
- "Narziß & Goldmund" (1930)
Spätwerke:(Harmonisierung von Hesses östlicher & westlicher Gedanken)
- Die Morgenlandfähre (1932)
- Gedenkblätter (1937)
- Das Glasperlenspiel (1943)
- Traumfährte (1945)
- Späte Prosa (1951)
- Beschwörungen (1955)
Zur Entstehung des Steppenwolfes:
Hesses Roman "Der Steppenwolf" entstand in einer schweren seelischen Krise des damals knapp 50jährigen Autors. Die Vorarbeiten dazu reichen bis in das Jahr 1922 ("Aus dem Tagebuch eines Entgleisten": "Ich schmeiße alles hin, mein Leben, ..
., ich alternder Mann"). Hesses Familienleben zerbrach bereits 1918, er zog sich daraufhin nach Montagnola zurück. 1923 erwirbt Hesse die Schweizer Staatsangehörigkeit, nachdem er während des Kriegs in Deutschland als VATERLANDS-VERRÄTER verachtet wurde.
In einer Ende 1924 gemieteten Mansardenwohnung in Basel schreibt der von GICHT geplagte Schriftsteller, der sich von jeher als Außenseiter empfand, den 1. Teil des "Steppenwolfes".
("... Auf Eure Welt anders zu reagieren als durch Krepieren oder durch den Steppenwolf, wäre für mich Verrat an allem, was heilig ist"). Auch die gelegentlichen Ausbrüche aus seiner Verzweiflung & Einsamkeit, der Versuch sich "irgendwo ganz naiv & kindlich dem Leben und Tun der Allerweltsmenschen anzuschließen", TANZEN zu lernen, sich zu verlieben, konnten Hesses Lebensüberdruss nur vorübergehend mildern. Wie Harry Haller (= Hermann Hesse !) setzte er seinen 50.
Geburtstag als den Tag fest, um seinem Leben ein Ende zu bereiten. ("Ich nahm mir vor, daß ich an meinem 50.Geburtstag, also in 2 Jahren, das Recht haben werde mich aufzuhängen"). Um seine Lebenskonflikte zu bewältigen nahm er deswegen wiederholt an therapeutischen Gesprächen mit J.B.Lang, einem Schüler des berühmten Psychoanalytiker C.
G.Jung, teil, in dessen Club er auch vorab Teile des "Steppenwolfes" veröffentlichte. Er ist in den letzten Jahren des Expressionismus entstanden, als dieser bereits am Ausklingen war.
Das Thema:
Hermann Hesse schildert in diesem Roman die innere Zerissenheit und Einsamkeit eines intellektuellen Mannes, der durch sein gestörtes Verhältnis zum Bürgertum und durch seinen Intellekt immer mehr vereinsamt und in die Verzweiflung getrieben wird, sodaß er nur noch als einzigen Weg aus seiner Situation den Selbstmord sieht.
Zum Buch:
Hesses Werk basiert vorwiegend auf Gedanken, Meinungen & Erkenntnissen der Hauptfigur, deswegen ist eine genaue Wiedergabe der eher handlungsarmen, dafür mehr auf Gedanken, Betrachtungen & Erkenntnissen bezogenen, Geschichte
nicht oder nur schwer möglich. Der Roman ist durchgehend geschrieben & nicht in Kapitel aufgeteilt.
Das Buch, daß sich deutlich von seinen Vorgängern wie z.B. Demian unterscheidet, war das am meisten mißverstandene Buch Hesses, da viele fälschlicherweise meinten, das darin Hoffungen zerstört werden, was, wie der Autor nachdrücklich bekräftigte, nicht der Fall war.
Dieses Werk enthält verschiedene Teile, in denen durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven die neurotische Persönlichkeit des Harry Haller geschildert wird. „Der Steppenwolf ist in drei Teile gegliedert.
Vorwort des Herausgebers
Harry Hallers Aufzeichnungen
Traktat vom Steppenwolf
Im ersten Teil wird die Hauptfigur dem Leser vorgestellt, im zweiten schildert Haller sein gestörtes Verhältnis zum Bürgertum und seiner Umwelt.
Im dritten Teil wird das Leben Hallers von einem Beobachter beschrieben.
Der Inhalt:
Harry Haller, der "Steppenwolf" ist ein Außenseiter des normalen, des bürgerlichen Lebens. Er mietet sich eine Mansardenwohnung in einem, der ihm eigentlich verhaßten bürgerlichen Häuser, nach denen er dennoch hin und wieder Sehnsucht verspürt. Während seines Aufenthalts führt er alles andere als ein geregeltes Leben, ohne Beruf und tägliche Pflichten, er lebt in einer Bücherwelt. Eines Tages verschwindet er spurlos aus der Stadt und hinterläßt nur ein Manuskript, das den Namen "Harry Hallers Aufzeichnungen- Nur für Verrückte" trägt.
In diesen Aufzeichnungen erfährt man mehr von H.
H., einem hochintelligenten und übersensiblen Menschen, der am Alltag allmählich verzweifelt:
Als er eines späten Abends wieder einmal durch die regennassen Gassen streift, erhält er unerwarteterweise ein kleines Büchlein überreicht (von Pablo), den "Traktat vom Steppenwolf", worin von Harry, dem Steppenwolf zu lesen ist, einem Menschen der mit zwei Seelen, einer menschlichen & einer wölfischen, mehr schlecht als recht lebt, da diese selten im Einklang sind. In dieser Seinsspaltung, von der Wissenschaft häufig als Schizophrenie abgetan, glaubt sich der wirkliche Haller ebenfalls zu befinden, doch das Büchlein kommt letztendlich zum Schluss, das dies nicht wahr ist, denn in jedem Menschen leben nicht nur 2 Seelen, sondern Hunderte und Aberhunderte. Nach einem weiteren gescheiterten Versuch nochmals ins normale Leben zurückzukehren, einem Besuch bei einem mit Haller befreundeten [äußerst bürgerlichen] Professor, "vergißt" er sich und beleidigt den Professor. Nach dieser Tat beschließt er durch Selbstmord endgültig aus dem, ihm verhaßten, Leben zu scheiden. In seiner Verzweiflung verschlägt es ihn in ein Wirtshaus, wo er auf Hermine trifft, die mit ihm sympathisiert und ihm hilft seiner Vereinsamung Herr zu werden.
Sie nimmt sich seiner an und führt ihn in ihre (für H. vermeintlich) einfache & unkomplizierte Welt ein. Harry lernt unter ihrer Aufsicht zu Tanzen, andere Leute kennen, wie z.B. Pablo, einen leichtlebigen Südamerikaner, er lernt Feste zu feiern, er verliebt sich in die schöne Maria & versucht die ihm verhasste Welt wieder mit anderen Augen, positiver, zu sehen. Doch auch diese "Ablenkung" läßt ihn nicht glücklich werden, denn er sehnt sich in seinem tiefstem Inneren nach Leiden und Not.
Am Ende führt Pablo ihn & Hermine in sein magisches Theater, wo Harry das befreiende Lachen lernen soll. Dort läßt Haller nochmals sein Leben Revue passieren, denn ihm wird die Möglichkeit gegeben nochmals von vorne anzufangen. Dies fällt ihm schwer, da er immer noch in seiner inneren Einstellung verharrt, doch seine "Hinrichtung" (Haller wird ausgelacht), die er aufgrund seines fehlerhaften Verhalten auf sich geladen hat, lässt ihn den tieferen Sinn hinter allem erkennen. Durch dieses Erlebnis, aus der er neue Kraft geschöpft hat, ist er bereit das Lebenspiel nochmals zu beginnen & eines Tages wird es ihm gelingen es besser zu spielen.
Charaktere:
Harry Haller:
Harry "Der Steppenwolf" Haller ist annähernd 50 Jahre alt, er ist durch langjährige Leiden sowohl durch Krankheit, deren wegen er sich nur mühsam und unter Schmerzen bewegen kann (GICHT), als auch durch "geistiges Leiden" körperlich & seelisch gezeichnet. Er ist ein hochgeistiger Mann, auch wenn er ein wenig unordentlich aussieht (er ist von seiner Frau geschieden), ist dies doch gleich erkennbar, der unter anderem für Zeitungen schreibt, als auch viele Bücher liest.
Es fällt ihm sehr schwer die heutige Welt, in der er keinen Fuß fassen kann zu verstehen, er persönlich hätte wohl lieber zu Zeiten der "Genies" Goethe & Mozarts, mit denen er sich auf geistiger Ebene verbunden fühlt, gelebt. (Textstelle S.9 + 74)
Hermine:
Hermine ist Harrys Spiegelbild, doch sie hat kein Ekelgefühl vor der realen, der bürgerlichen Welt. Sie ist eine gläubige Christin, die schon mehrmals „Heiligen Erscheinungen“ erlebt hat. Da sie ebenfalls wie Haller in der jetzigen Welt nicht bestehen kann, fällt es ihr leicht seine Probleme zu verstehen. Aus diesem Grund führt das dominante „Sie“ ihn Schritt für Schritt zum realen Leben hin, lehrt ihn zu tanzen, macht ihn mit Maria & Pablo bekannt & zeigt ihm was (bürgerliches) Leben bedeutet.
Als letzten Gehorsam verlangt sie von Haller, dass er sie tötet & von dieser Welt mit all ihren Problemen erlöst.(Textstelle SEKLIT S32)
Der Wolf:
Der Wolf ist Harrys Gegenspieler, denn da er neben Harrys Seele in ihm "wohnt" & jeden der beiden Plätze beansprucht, liegen die beiden fast ständig im Clinch, trotzdem können beide, ja wollen nicht ohne einander existieren. Der Wolf steht für das Animalische in jedem von uns, denn ihn interessieren weder hochgeistige Schriften noch klassische Musik, stattdessen sind die niederen Instinkten wie Morden (z.B. Die Jagd auf Automobile zusammen mit seinem Jugendfreund Gustav), Saufen & Fressen alles was ihn interessiert.
Interpretation:
Charaktere <-> Wirklichkeit:
Manche der im "Steppenwolf" vorkommende Personen hat es in Wirklichkeit zumindest vom Namen her gegeben bzw.
wurden von Hesse übernommen & verfremdet:
Hermine : feminine Form von Hesses Vorname, Abbild von Julia Laubi-Honegger, Hesses ehemaliger Tanzpartnerin
Professor: vermutlich Anlehnung an die Gestalt Richard Wilhelms (1875-1930), Sinologe & Pfarrer, der Hesse am 2.6.1926 eine Postkarte mit einem GOETHE-Bild schickte.
Gustav : Gustav Zeller, Hesses Schulfreund
alte Dame: Frl. Martha Ringier, Hesses Vermieterin
Harry : entspricht Hesse selbst, mögliche Bezüge aber auch zu Hermann Haller (schweiz. Bildhauer)
Erika : vermutlich Ruth, Hesses zweite Frau
Pablo, Maria, etc.
sind hingegen von Hesse frei erfundene Personen.
Das magische Theater:
Pablos magisches Theater bietet Harry die Möglichkeit sein Leben nochmals zu durchleben & seine Fehler zu erkennen, zu erkennen was er versäumt hat, zu erkennen das man das Leben mit Humor betrachten muss, um nicht an der Welt zu verzweifeln. Er lernt in verschiedenen Szenen alle seine Einzelseelen, junge, alte, "ernste & lustige, würdige & komische" (s. 229) kennen, von denen er nicht (mehr) wusste, dass sie existieren.
verschiedenes:
Spiegel: Im magischen Theater wird Harry mehrfach mit Spiegeln konfrontiert, denn Hesse will seinem Steppenwolf "einen Spiegel vorhalten", damit er (Hesse) sich selbst aus einem anderen Blickwinkel sehen lernt. (auch "Spiegel der Wahrheit")
Auch hier im Theater wird anhand mehrerer Türinschriften wieder einmal Hesses Hang zum fernöstlichen (speziell Indien) deutlich (s.
244/245) :
"Wollen Sie sich vergeistigen ? - Weisheit des Ostens"
"Untergang des Abendlandes"
"Kamasutram"
"Jagd auf die Automobile":
In dieser Szene trifft Haller auf seinen Jugendfreund Gustav, mit dem er zusammen gegen die technisierte Welt, die Schuld am Krieg hat, ankämpft. Gemeinsam schießen sie in einer anarchischen Welt auf alle Automobile, retten eine Frau, Harry verliebt sich in sie, etc.
Hier wird klar, dass der Steppenwolf (bzw. Hesse) "ein Feind der computer-gesteuerten Technokratie (The Times)" ist, der "bereit ist alles für seine Freiheit aufzugeben, außer seiner Integrität". Bei der Jagd auf die Automobile wird deutlich, dass hier der Wolf in Harry die Oberhand hat & sich "abreagieren" will, denn Harrys sämtliche Moralvorstellungen scheinen verschwunden, als er auf Leute & Autos schießt.
("Ich sah, wie allen die Zerstörungs- & Mordlust so hell & aufrichtig aus den Augen lachte, & in mir selbst blühten diese roten wilden Blumen .
..")
"Das Schachspiel"
Harry trifft auf einen Schachspieler, der für ihn frappierende Ähnlichkeit mit Pablo hat, seine Identität aber nicht preisgibt. Dieser zeigt Haller dessen Einzelpersönlichkeit & verwendet diese als Schachfiguren. In einem Schachspiel lässt Pablo alle Figuren miteinander agieren: Manche Figuren schließen Freundschaften, andere wiederum bekämpfen sich, wieder andere heiraten, etc. ("es war in der Tat ein vielfiguriges, bewegtes & spannendes Drama", S.
247). In dieser Szene wird ihm deutlich, wie viele Einzel-Seelen
in ihm wohnen & wie unterschiedlich diese sind, die dennoch unter Harrys Regie zu einer (zu mindest zeitweiligen) Einigung kommen können.
"Die Steppenwolf-Dressur"
Hier gelangt der Steppenwolf in eine Art Zirkus, in der gerade ein Tierbändiger auftritt, der, obwohl einige äußerlichen Unterschiede, Harry auf "recht widerwärtige Weise" ähnlich sieht. Dieser Dompteur lässt einen halbverhungerten, scheuen Wolf allerlei Kunststücke vollführen, es geht sogar soweit das er auf Befehl seines Herrn & Meister ein Lamm verschont & dieses kurioserweise umarmt. Haller findet dieses Verleugnung des wahren Ichs des Wolfes einfach widerwärtig, doch im zweiten Teil der Vorstellung wird er dafür wieder entschädigt, als Dompteur & Wolf ihre Rollen tauschen. Nun muss der Mensch auf Befehl des Wolfs, alles ihm angetane ebenfalls ausführen, doch dieser benimmt sich, als ihm das Lamm vorgesetzt wird, wie man es von einem Wolf erwartet: Er zerreißt & frisst die Tiere.
Dieses ungewohnte Bild lässt Harry vor Entsetzen fliehen. In dieser Szene werden Hallers einstmals so feststehende Vorstellungen von Moral & Ethik, von Wolf & dem wahren Haller, durcheinander gewirbelt, es scheint nunmehr alles möglich zu sein & nichts, wie es scheint.
"Alle Mädchen sind dein"
Harry wird in seine Jugendzeit zurückversetzt & trifft dort auf Rosa Kreisler, seine Jugendfreundin, in die er sich prompt verliebt. Mit steigendem Alter trifft er auf andere Mädchen, die in seinen Leben eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielten. Er lernt allerlei Frauen kennen & lieben, eine Möglichkeit, die ihm im realen Leben nicht gegeben war. So verwundert es auch nicht, dass das letzte Mädchen Hermine ist.
Dieser Teil aus Harrys Leben zeigt ihm, was Liebe bedeuten kann, und was er in seinem Leben alles verpasst hat. Diese Szene geht vermutlich auf Maria zurück, dem leichten (leichtlebigen) Mädchen, mit der er mehrfach sexuelle Kontakte hatte.
"Wie man durch Liebe tötet"
Hinter dieser Tür endet Harrys Ausflug ins eigenen Ich, denn dort wird er auf einmal wieder unsicher & depressiv. Aus Verzweiflung greift er in die Tasche um die vom Schachspieler erhaltenen Figuren zu betrachten, aber stattdessen findet er darin er Messer. Vor Schreck flieht er aus dem Zimmer & trifft auf Mozart (Pablo), der mit ihm ein Streitgespräch über klassische Musik führt. Dieser erzählt ihm, dass es nur eine Möglichkeit gibt, dem Irrsinn der Welt zu trotzen: Humor.
Plötzlich scheint Mozart verrückt zu werden, er spricht wirre, sich reimende Sätze aus & hüpft hin & her, ein Zustand der Harry wütend macht & so wirft er ihn hinweg. Ob dieser seltsamen Szene verlässt er den Raum & sieht sich in einem großen Wandspiegel wieder. Darin sieht er nochmals in Sekundenbruchteilen alles was ihm in seinem Leben widerfahren ist, & wenig davon scheint ihm richtig gewesen zu sein. Deswegen nimmt er sich zusammen & bereitet sich innerlich auf seine letzte Tat vor, bevor er die letzte Tür öffnet. Hier wird Harrys Leben nochmals vorgeführt, ein Leben, das er in dieser Form nicht will, deswegen beschließt er, schließlich &
endlich das zu tun, wozu er hierhergekommen ist.
Im diesem Raum liegen Hermine & Pablo, vom Liebesspiel noch erschöpft, schlafend auf dem Boden.
Ohne zu zögern ersticht Harry seine Freundin Hermine, die ihn noch ein letztes Mal verwundert aufschaut ("Warum ist sie verwundert", S. 268). Als Pablo erwacht, lächelt er & verlässt den Raum, sodaß Harry sich fragt, ob dieser Mord an der Frau, die ihn zu Leben gelehrt hat, gerechtfertigt war. Doch nach kurzer Zeit kommt unerwarteterweise Mozart wieder herein & schaltet einen Radioapparat ein, etwas was Haller nie von einem der Unsterblichen, seinen Idolen gedacht hätte, doch dieser beruhigt ihn, dass man so etwas mit Humor hinnehmen sollte.
"Harrys Hinrichtung"
Haller findet sich in einem Hof zusammen mit mehreren Richtern wieder. Diese verurteilen ihn aufgrund seines Fehlverhalten im magischen Theater dazu, ewig zu leben (unsterblich zu werden wie Goethe & Mozart) & zu einem kurzzeitigen Ausschluss aus dem Theater, außerdem lachen sie ihn zur Strafe aus.
Nach seiner Verurteilung findet er sich bei Mozart wieder, der ihm ein letztes Mal erklärt, worin nun der Zweck von Harrys Besuch im Magischen Theater besteht: Er soll mittels Humor lernen, in dieser Welt zu bestehen.
Auf Harry letzten Einspruch verwandelt sich Mozart schlagartig in Pablo, der die tote Hermine, eine der vielen Spielfiguren in Hallers Leben einsteckt. Endlich wird Haller alles klar: "Oh, ich begriff alles, begriff Pablo, begriff Mozart ...,ahnte erschütternd den Sinn, war gewillt das Spiel nochmals zu beginnen, seine Qualen nochmals zu ertragen, vor seinem Unsinn nochmals zu schaudern, die Hölle meines Innern nochmals zu durchwandern.
"
So verbleibt der Roman mit Harrys Erkenntnissen:
"Einmal würde ich das Figurenspiel besser spielen.
„Einmal würde ich das Lachen lernen.
„Pablo wartete auf mich.
„Mozart wartete auf mich ...
Zum Schluss wird klar, dass der Steppenwolf nun endlich den Sinn oder Unsinn der Welt durchschaut hat & bereit ist, diese, nun deutlich gelassener, zu ertragen.
Der Traktat
Das Traktat vom Steppenwolf ist eine Selbstdarstellung H. Hs, eine Art "innere" Biographie, die der eigentlichen Geschichte schon vorweg nimmt, was Hallers Probleme sind & worin deren Lösung zu finden ist. (Textstelle Seklit s27f) Im Traktat analysiert & präzisiert der auktoriale Erzähler (vermutlich einer der Unsterblichen) die Probleme von H.H. und entlarvt den Gegensatz von Mensch/Wolf als Illusion, Begriffe wie "Unsterbliche" sowie "Selbstmörder" werden definiert, anschließend werden Auswege aus H.
H. jetzigem Leben aufgezeigt:
a) Ausgliederung verschiedener (Unter/Einzel)Seelen (WOLF !)
b) Humor als Ausweg (s. "Unsterbliche")
Nach Meinung des Verfassers steht H.H außerhalb dieses "so ordentlichen & systematisierten Lebens", denn diesem hochgeistigen Menschen ist dieses zutiefst zuwider. Trotzdem kann oder will Harry nicht wirklich von dieser Gesellschaft ausgeschlossen werden, denn auch er ist in gewissem Maß "bürgerlich" - er hat Bankkonten, benutzt Bibliotheken, er hat eine Geliebte, etc. Das erklärt auch, warum er immer die Nähe zum Bürgerlichen sucht.
(z.B. seine Mansardenwohnung bei der alten Dame, ["Oh, hier riecht es gut !"])
Die Unsterblichen
Haller steht in enger Verbindung mit den "Unsterblichen", insgeheim möchte er selbst einer, dieser von ihm verehrten Menschen sein. Laut NIETSCHE, der gleich H.H. ein Meister des Leidens war, sind diese Unsterblichen starke & geniale Persönlichkeiten, die durch ihre besondere Art die Menschheit am Leben erhalten, da sie aus der gedankenlosen Einheitsmasse (die ohne die Unsterb-lichen vermutlich schon zu Grunde gegangen wäre) herausragen.
Nach Harrys Vorstellung zählen gerade Mozart & Goethe zu diesen "Unsterblichen", deswegen war H.H. auch umso verwirrter, als die beiden beim Treffen mit Harry aus der Rolle fielen.
Persönlicher Lesekommentar:
Mir hat dieses Buch nicht besonders gut gefallen, da ich kein Liebhaber der in diesem Buch verwendeten Sprache und Stil bin. Trotzdem muss ich sagen, dass der Inhalt für gesellschaftskritisch interessierte Leser ein äußerst ansprechender Lesestoff ist.
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