Ortner arnold
Inhaltsangabe
Hochhuth, Rolf
"Der Stellvertreter"
Der beschriebene Roman gehört zur Gattung des Dramas und wurde 1963 in Berlin uraufgeführt.
Die erste Szene beginnt mit einem Gespräch beim Tee in Berlin zwischen dem Nuntius, freundlich und ruhig, und dem Jesuitenpater Riccardo, der den Nuntius bittet, doch für die inzwischen verschwundenen Synagogen der Juden einzutreten und seine guten Beziehungen zum Hitlerregime zu nützen. Sie besprechen die Lage der Kirche innerhalb des Regimes und den Fortgang (Gebietsgewinne etc.) des Aufstiegs von Hitler. Die Haltung des Nuntius ist es, zur Intervention für die Juden nicht befugt zu sein. Die Worte dazu: „der Papst muß wissen, was er will: Frieden mit Hitler á tout prix – oder Lizenz für mich, prohibitiv gegen Verbrechen aufzutreten.
“ Er meint weiter, daß sich Hitler der Kirche gegenüber doch neutral verhalte, obwohl es unter manchen Priestern sehr kritische Stimmen gäbe (so wird später auf den erfolgreichen Protest des Bischofs Galen gegen das Euthanasieprogramm hingewiesen).
Gerstein, ein SS Mann in Uniform, sucht den apostolischen Nuntius auf, verlangt lautstark vorgelassen zu werden, und erzählt verzweifelt und detailliert von den Greueltaten des Regimes gegen die Juden.
Er bittet inständig, daß der Nuntius beim Papst intervenieren sollte und daß dieser einschreiten müsse, wird aber vom Nuntius abgewiesen.
Parallel dazu verbringen Adolf Eichmann, ein „Großinquisator“ im Dritten Reich, Direktor Freiherr von Rutta (hitlertreuer Aristokrat), sein Sohn (Leutnant der Luftwaffe), August Hirt (Arzt bzw. Schädelsammler), sein Assistent Dr. Littke, Oberst Serge (Heer), Regierungsrat Dr.
Pryzilla sowie „Der Doktor“ (entschied über Leben und Tod unzähliger Juden) einen geselligen Abend bei Alkohol und Kegeln in der Nähe von Berlin. Sie ziehen mit unvorstellbarem Zynismus in Biertischmanier über die Lage der Juden und anderer Minderheiten sowie deren „Behandlung“ her. Ein Sirenenalarm beendet das Treffen. Gerstein erscheint, er hätte Versuche mit Blausäure an Juden durchführen sollen und erklärt absolut glaubhaft, daß dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich gewesen sei. Er hat die Blausäure vernichtet (und Juden damit das Leben gerettet). Ebenso versteckt er Juden bei sich zu Hause, verhilft einem mit Riccardos Hilfe zur Flucht und spielt seine scheinbare Hitlertreue beständig weiter, um z.
b. „Den Doktor“ zu täuschen.
Riccardo besucht Gerstein zu Hause, tief betroffen durch Gersteins Bericht (1. Szene) gegenüber dem Nuntius und sichert ihm eine eindeutige Stellungnahme des Papstes zu. Die beiden führen ein langes Gespräch über die Tatsache, daß die Kirche trotz Informationen, daß Priester eingesperrt sowie Juden in ganz Europa deportiert und getötet werden, schweigt, und über die Möglichkeiten das Regime zu sabotieren oder zu fliehen. Gersteins weitere Versuche der Sabotage haben jedoch im Verlauf des Dramas keinen Erfolg.
Riccardo reist zu seinem Vater Graf Fontana nach Rom. Dieser hat ein sehr hohes Amt im Vatikan inne. In der folgenden hitzigen Diskussion erläutert Riccardo seinem Vater die Lage, verurteilt „das Wegschauen“ des Papstes und bezeichnet diesen als „Verbrecher“. Sein Vater ist erbost und hält mit (schlechten) Argumenten dagegen. Bei einem Besuch des Kardinals, erfolgt eine Unterredung über die Niederlage Hitlers in Stalingrad und diemöglichen Konsequenzen für die Kirche. Fontana versucht dem Kardinal eine Einschätzung zu entlocken, daß der Papst, nun da Hitler geschwächt ist, eine Kündigung des Konkordates ins Auge fassen könnte (Vereinbarung über die neutrale Haltung der katholischen Kirche gegenüber dem Hitlerregime).
Der Kardinal vertritt die bekannte neutrale Linie, findet Argumente, sich gegenüber den Greueltaten, auch gegen die eigenen Priester, aus diplomatischen und strategischen Gründen ruhig zu verhalten. Er lobt die militärische Führung in Berlin, Hr. von Weizäcker, und erklärt einem verärgerten, bedrückten Riccardo „väterlich und milde lächelnd“, wie „die Sache“ einzig zu sehen sei. Als Konsequenz versetzt ihn der Kardinal strafweise nach Lissabon.
Graf Fontana teilt nun die Meinung seines Sohnes, insbesondere angesichts dessen, daß Hr. von Weizäcker als Botschafter der Reichsregierung, den Papst in Kürze besuchen und „nach alter Weise massieren will“.
Die Kirche versteckt in Ihren Gemächern ebenfalls Juden, der Beitrag des Papstes. Bei einem Besuch des Kardinals beim dortigen Abt treffen Riccardo, zurück aus Lissabon, mit Gerstein, in Uniform ein. Sie erzählen von Deportationen neuerdings auch in Rom.
Gerstein gibt sich als „Doppelagent“ zu erkennen, wobei er seinen Namen nicht nennt. Er und der Kardinal sprechen wieder über die neutrale Haltung der Kirche. Der Kardinal argumentiert mit der Angst vor Stalin und einem Sieg der Kommunisten in Europa und dem damit verbundenen Machtverlust für die Kirche.
Er zeichnet das in der Vergangenheit schon von Napoleon strapazierte Bild der Bedrohung durch den „russischen Koloß“ nach und meint, daß Europa davor geschützt werden müsse (dieses böse Argument hatte ja auch Hitler benutzt).
Verzweifelt beschließt Riccardo, wenn der Papst angesichts der aktuellen Lage (Deportationen in Rom/geschwächte Lage Hitlers) nicht eindeutig Stellung bezieht, als Märtyrer mit den Juden ins KZ zu gehen, um einen Teil der Schuld der Kirche zu tragen. Er berät sich mit dem Abt und Gerstein, darüber, sich des päpstlichen Senders zu bemächtigen und alle Priester in Europa zum offenen Protest gegen das Regime aufzurufen. Er bittet den Abt um Beihilfe. Ein geplanter Mord am Papst, der vom Abt als von der SS verübt dargestellt werden soll, soll den öffentlichen Protest der Kirche bringen. Der Abt ist entsetzt.
Neben Juden werden jetzt auch Katholiken (versehentlich) verhaftet und schikaniert. Die Stimmung unter den Besatzern, z.B. Salzer ist angespannt und überreizt. Das kurze Aufflackern von Mitleid bei sich selbst wird von Salzer, einem Offizier sofort mit übertriebener Härte gegen sich und die Umgebung ausgelöscht.
Gerstein bekommt mit, daß Katholiken verhaftet wurden, was Ärger mit dem Papst für Hitler bedeuten könnte und nützt die Chance.
Er bedeutet Salzer, unter dem Vorwand eines Wissensvorsprungs, daß es klug wäre, nichts zu tun, um den Papst zu reizen und bedeutet, natürlich kryptisch, daß die Zeichen darauf deuten, daß sich Hitler auf der Verliererstraße befinden könnte und pocht auf eine Verschiebung der geplanten Deportationen. In dem Moment erhält Salzer einen Anruf des Stadtkommandanten von Rom, der Salzer von einem Protestbriefs des Bischofs berichtet. Dies unterstützt Gersteins Rat, nichts zu unternehmen und abzuwarten, er baut seine Geschichte noch aus. Als er gehen will, betritt der Abt das Zimmer. Er und Gerstein begrüßen einander wie Unbekannte, dabei erfährt der Abt Gersteins Namen.
Im päpstlichen Palast unterhalten sich der Cardinal und der Graf Fontana.
Fontana meint, der Papst solle Hitler schreiben und erzählt vom Protestbrief des Bischofs. Der Kardinal ist sehr erstaunt, er weiß von nichts. Mit dem Papst führen die beiden Beratungen. Es geht um machtpolitische und wirtschaftliche Interessen des Vatikans, die geschützt werden müssen, z.b. Beteiligungen an Flugzeugfabriken und Geld aus dem Handel mit Stalin.
Der Papst ist bereit wichtige Persönlichkeiten der US-Regierung und in London zu bestechen.
Im Laufe des Gesprächs spricht Fontana den Papst auf den, wie er von seinem Sohn Riccardo erfuhr, endlich erfolgten Protest über den Bischof an. Der Papst ist erstaunt und verärgert. Er bleibt bei der Linie, trotz des vorhandenen Wissens über die Greueltaten und der bereits bekannten Niederlagen des Regimes, still zu halten und Hitler nicht zu provozieren. Riccardo wird geholt, um den Protest aufzuklären, ist aber auch erstaunt. Er hat vom Protest ja nur durch Gerstein erfahren und muß mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen, daß der Papst nicht protestiert hat und dies auch gar nicht vorhat.
Riccardo erklärt, daß es um die Ehre des heiligen Stuhls ginge, der Papst hält dagegen,daß es seine Vorgangsweise möglich gemacht hätte, Juden zu verstecken, Pässe zu beschaffen usw..
Der Papst erklärt, schon vor Wochen gewußt zu haben, was auf die Juden in Rom zukommen würde, er wäre erpreßt worden, Gold an das Hitlerregime zu zahlen.
Fontana versucht, den Papst zu einem Protest zu bewegen, erfolglos. Riccardo verzweifelt, entfacht eine harte Diskussion, vermag den Standpunkt des Papstes aber nicht zu ändern, der wiederum mit der politischen Lage in Europa und der Notwendigkeit des „gerade noch“ Überlebens Deutschlands kontert. Hitlerdeutschland stellt für den Vatikan das ideale Bollwerk da, um seine Besitzungen gegen die vorrückende russische Armee zu schützen.
Es ist unmöglich für Riccardo, den Papst zu einer eindeutigen Stellungnahme gegen den an den Juden verübten Massenmord zu bewegen, nicht einmal als die Deportationen schon allgemein bekannt sind. Riccardo wird vom Papst auf Erholung geschickt.
Danach setzt der Papst eine nichtssagende, äußerst neutrale Botschaft auf, die von Riccardo als Blankovollmacht für Hitler gegenüber den Juden bezeichnet wird.
Riccardo heftet sich den gelben Judenstern an seine Soutane, der Eklat ist perfekt.
Der letzte Akt des Dramas beginnt mit erschütternden Monologen derer, die gerade in einem Waggon deportiert werden. In einer frühmorgentlichen Bahnhofsszene zwischen Helga, einer SS Nachrichtenhelferin, Dr.
Fritsche einem Juristen und einem Offizier ist ein mit den Waggons mitgereister Priester mit Judenstern und Soutane (Riccardo) „Gesprächsthema Nr.1“. Es herrscht Unsicherheit, wie damit umgegangen werden soll.
„Der Doktor“, von unvorstellbarem Zynismus und Grausamkeit, für das es keine Worte gibt, beseelt, führt ein teuflisches Regiment hier in Auschwitz. Er beschreibt Riccardo in allen Details was hier mit wievielen Menschen passiert und erfreut sich an den seelischen Qualen des Priesters. Er bietet ihm einen Job an und verwendet ihn zur Aufheiterung.
Die Szenen sind mehr als zynisch. So bietet der Doktor Riccardo einen Handel an: Riccardo geht frei, wenn er die Flucht des Doktors über Rom nach Südamerika unterstützt.
Gerstein taucht mit einem fingierten Befehl im Lager auf, um Riccardo zu befreien. Dabei begegnet er dem Juden Jacobson, den er in Berlin in seiner Wohnung versteckt hatte und dem er, als Priester verkleidet, zur Flucht verholfen hatte. Riccardo weigert sich mit zu gehen. Statt dessen geht Jacobson mit, der Doktor entdeckt den Schwindel.
Riccardo wird beim Versuch, den Doktor zu ermorden, erschossen, Gerstein verhaftet.
So kommen beide um, Gerstein als Rebell, Riccardo als christlicher Märtyrer, der stellvertretend die Schuld der Kirche büßen will, indem er das Gebot der Nächstenliebe in der Form des Mitleidens lebt.
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