Hymnen an die nacht (novalis)
Deutsche Literatur der Romantik:
Hymnen an die Nacht (Novalis)
Franziska Brenner, D3d Datum
Inhalt und Interpretation
Novalis’ Hymnen an die Nacht sind in sechs nummerierten Hymnen aufgeteilt. Sie sind aus der Sicht eines Ich-Erzählers formuliert, welcher über seine Gedanken spricht.
Erste Hymne
Zu Beginn der Ersten Hymne lobt und preist der Ich-Erzähler den Tag und die Freude, welche das Licht unter den Menschen verbreitet. Der Tag wird als eine Königin der irdischen Natur und des Genusses bezeichnet „… seine Gegenwart allein offenbart die Wunderherrlichkeit des irdischen Reiches“ (S. 126). Das Licht wird meiner Ansicht nach nicht bloss als Licht betrachtet, sondern als Symbol des Lebens, welches stets gleich bleibt, stets vorhanden ist, während die Welt sich verändert.
Jedoch befriedigen das Licht und somit die irdischen Genüsse den Ich-Erzähler nicht, und darum wendet er sich „...der heiligen, unaussprechlichen geheimnisvollen Nacht“ (S. 126) zu. Mit dem Abschied vom Tag verabschiedet der Ich-Erzähler auch die Träume, Erinnerungen und vergeblichen Hoffnungen.
Er zeigt seine Verachtung gegenüber dem Gebrauch von Lampen, da sie nur vorhanden seien um die Allmacht des Menschen und somit des Lichtes zu demonstrieren. Lampen verhindern also, dass der Mensch den Zustand der Nacht erlebt: „Also nur darum weil die Nacht dir abwendig macht die Dienenden säetest du in des Raums weiten die leuchtenden Kugeln zu verkünden deine Allmacht“ (S. 127). Einzig die Liebe erachtet der Ich-Erzähler von der irdischen Welt als ehrenswert. Sie ist universal und kann als einzige die Räume von Tag und Nacht sowie von Leben und Tod als überschreiten. Die Geliebte, von welcher am Ende der handschriftlichen Fassung erzählt wird verstehe ich nicht nur als Person, sondern auch als geistige Verbindung zwischen Novalis und der Nacht.
Zweite Hymne
Mit der zweite Hymne beginnt der Ich-Erzähler, die Nacht als heilig zu sehen und sie so stark zu begehren, dass er sich wünscht, der Morgen möge nicht mehr kommen. Auf der menschlichen Ebene wäre dies möglicherweise mit der Geliebten in der ersten Hymne verbindbar. Der Ich-Erzähler versucht das Gefühl der Nacht auch am Tag zu erhalten. „Zeitlos ist der Nacht Herrschaft, ewig ist die Dauer des Schlafes.“ (S. 129) Gemeint ist aber nicht der Schlaf im Sinne des Hinlegens und richtig schlafen, denn: „Nur die Thoren verkennen dich (Nacht, als Tod verstanden) und wissen von keinem Schlafe als den Schatten, den du mitleidig auf uns wirfst in jener Dämmerung der wahrhaftigen Nacht“ (S.
129). Der Ich-Erzähler versucht nun durch diesen Schlafzustand eine Flucht in die andere Welt, die Welt des Todes zu erreichen. Hierzu beginnt er Drogen zu konsumieren.
Dritte Hymne
In der dritten Hymne spürt der Ich-Erzähler die Einsamkeit und durchlebt ein psychisches Tief. Durch dieses Erlebnis trennt er sich endgültig vom Tag und somit vom Leben, um fortan mit Nachtbegeisterung zu leben. Im Glauben an die Nacht kann er die Trauer ablegen und sich gedanklich vom Irdischen trennen.
„Hin floh die irdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr... über der Gegend schwebt mein entbundener, neugeborener Geist“ (S.130). Es eröffnet sich ihm eine Traumwelt in welcher er seine Geliebte im Totenreich erblickt.
Als der Traum vorüber ist, bleibt „der ewige unerschütterliche Glaube an den Nachthimmel und seine Sonne/Licht, die Geliebte“ (S.130). Die Geliebte wird also fortan als Zeichen des Lichtes der Nacht verstanden, das Licht nach welchem sich die Menschen richten, befindet sich also für den Ich-Erzähler neu im Reich der Nacht/ des Todes.
Vierte Hymne
Für den Ich-Erzähler ist es nun unmöglich, wieder in das irdische Leben zurückzukehren. Das einzige was ihm bleibt, ist die Liebe. Alles andere ist in seinem Zustand zwischen den beiden Welten nicht mehr vorhanden.
Dieser Zustand wird durch ein Hügelgebirge verbildlicht, auf welchem Novalis sich jetzt befindet. Die alte Welt (Leben/Licht) befindet sich unterhalb des Hügels, die neue Welt (Schlaf/Nacht) befindet sich auf der anderen Seite, auf welche der Ich-Erzähler nun hinüberblicken kann.
Der Ich-Erzähler erklärt dann, dass er mit dem Tag leben kann, sein Herz aber der Nacht treu bleibt. Der Tag und das Licht könnten ihn nicht befriedigen, er findet die Geliebte nicht, welche er in der Nacht erblicken darf - „Hat deine Sonne freundliche Augen, die mich erkennen?“ (S.132) Der Erzähler kommt sogar zu Folgerung „Trägt nicht alles, was uns begeistert die Farbe der Nacht?“(S.133) Als weiteres Symbol für das Licht und das Leben nennt der Ich-Erzähler das unverbrennbare Kreuz, als Siegesfahne der Menschheit, somit also den christlichen Glauben mit Jesus (siehe: Die Nacht).
Fünfte Hymne
Erzählt wird die Geschichte einer Welt, in der Menschen und Götter in Harmonie miteinander leben. Nur der unumgängliche Tod bleibt für alle unverständlich, denn
„…unenträtselhaft bleibt die ewge Nacht, das Zeichen einer fernen Macht“ (S.137). Die Menschen dieser Welt werden erwachsen und lernen. Mit ihnen wendet sich die alte Welt dem Ende zu. Es erscheint eine götterlose Welt, ohne Fantasie und ohne Vergnügen.
Nun berichtet der Erzähler die Geschichte von Maria, Josef und ihrem Sohn Jesus. Ihr Sohn wird verehrt als „…ein tröstliches Zeichen in der Dunkelheit... du bist der Tod und machst uns erst gesund“ (S.141).
Jedoch stirbt Jesus in jungen Jahren, was hilft, das Geheimnis des Todes zu entlüften. Jesus aufersteht und lebt im Jenseits weiter. Somit ändert sich die Ansicht, dass die Heimat Gottes das Leben ist in die ??? fertig Der Tod wird neu verstanden als ein Weiterleben in einer neu Welt bei Jesus und somit eine Erlösung von allem Pein.
Erst durch Christus ist der Widerspruch von Tod und Liebe aufgehoben, der Tod verliert seinen Schrecken und kann als Stufe zu einem höheren Dasein, dem "Reich der Liebe" empfunden werden.
Sechste Hymne
In der letzten Hymne nimmt der Ich-Erzähler Abschied und verlässt die Welt. „Hinunter zu der süssen Braut, zu Jesus dem geliebten.
..ein Traum bricht unsere Banden los und senkt uns in des Vaters Schoss.“ (S.147)
Hintergrund zu Novalis und der Geliebten
Philipp Friedrich Freiherr (1722-1801), der unter dem Pseudonym Novalis dichtete, verlobte sich im Alter von 22 Jahren mit der 13 jährigen Sophie von Kühn. Diese stirbt jedoch bereits drei Jahre später in Folge der unheilbaren Krankheit Erasmus.
Der Verlust seiner Verlobten bestimmt fortan seine Dichtung und dadurch verstärkt sich Novalis Neigung zur Mystik. Im Alter von 78 Jahren befällt auch Novalis eine unheilbare Krankheit. In diesem letzten Lebensjahr vollendet Novalis die Hymnen an die Nacht.
Somit kann ich mir gut vorstellen, dass Novalis’ Geliebte, von welcher er oftmals in den Hymnen stricht, sowohl im spirituellen Sinne wie auch auf Sophie von Kühn übertragen werden kann. Seine Geliebte befindet sich bereits im Reich des Todes, sowohl in Realität als auch in der Hymne. Novalis schreibt auch, dass er seine Geliebte nur in der Nacht also wenn er tot ist wieder erblicken kann.
Möglicherweise schrieb Novalis dies, um seinen nahen Tod mit dem Wiedersehen Sophies zu verbinden.
Ebenfalls ist es möglich, dass Novalis diese Hymne auch geschrieben hatte, um sich selbst die Angst vor dem Tod zu nehmen und es als eine Erlösung zu sehen. Mit dem Gedanken, dass er nach seinem Tod bei Sophie, Jesus und Mutter Maria ist, versuchte er sich den Abschied einfacher machen.
Formale Interpretation
Die Hymne ist unterschiedlich gegliedert. Der Hauptteil wird in einer Versart geschrieben, welche typisch der Hymne, weder Reime noch Strophen besitzt. Dies ändert sich zum ersten Mal auf Seite 130, wo die gesamte dritte Hymne als Text formuliert ist.
In dieser Hymne handelt es um die Erzählung, wie Novalis zum Erkenntnis der Nachtbegeisterung kam.
Gleich im darauf folgenden Teil, dem Beginn der vierten Hymne befindet sich zum nächsten Mal eine als Text formulierte Stelle. In diesem Teil geht die Erklärung seiner Sehnsucht weiter indem Novalis von der Erlösung durch die Nacht erzählt. Der Wechsel zurück in die Versart beginnt, als auch der Inhalt wieder zurück wechselt in die Jetzt-Zeit.
Die nächste formale Besonderheit erweist sch in der fünften Hymne in welcher Novalis zum ersten Mal Strophen und Reime benutzt (abababcc), es handelt sich hier sowie in allen kommenden Reimen um einen regelmässigen Jambus. Auch in diesem Abschnitt spricht der Autor von der Welt des Todes und dass selbst die Götter den Tod nicht verstehen, der für alle ein Rätsel darstellt.
Noch in der Selben Strophe wechselt Novalis ein zweites Mal in diese Erzählweise (S.141). Dieses Mal handelt die Stelle von dem Jüngling Jesus, des zur Verbindung zwischen Tag und Nacht, Leben und Tod wird.
Ab Seite 143 unten, wird der Text wieder in Strophen gegliedert und deren Verse sich reimen (ababcdcd). Die einzige Strophe, welche aus wegen einer anderen Reimform auffällt, ist folgende: „Zur Hochzeit ruft der Tod / die Lampen brennen helle / die Jungfraun sind zur Stelle / um Öl ist keine Noth / erklänge doch die Ferne / von deinem Zuge schon / und ruften uns die Sterne / mit Menschenzung und Ton.“ (S.
144) Ich denke, dies ist wieder eine Stelle in welcher die Sehnsucht nach dem Todsein klar ausgedrückt wird. Der Zug symbolisiert das Transportmittel in den Tod, das Öl steht auch bereit, für die letzte Salbung. Die Sterne welche ihn riefen, sind möglicherweise auch ein Zeichen des Himmels, in welchen man dem christlichen Glauben nach, nach dem Tod kommen soll.
Auch die gesamte letzte Hymne ist in Strophen gegliedert, welche sich nach der Reimform ababcc reimen. Auch dort beschreibt Novalis wie der Tod ihn ruft. In der Athenaeumfassung wird dieses Kapitel als einziges betitelt mit „Sehnsucht nach dem Tode“.
Ich denke Novalis braucht diese Stilelemente um seine Nachricht zu betonen.
Somit kann man etwa zusammenfassen, dass die formal hervorgehobenen Stellen eine Zusammenfassung seiner Todessehnsucht darstellen.
Die Hymne
Unter Hymne versteht man nach Theorie ein feierlicher Lob- und Preisgesang, welcher Ausdruck hoher Begeisterung zeigt. In dieser Hymne handelt es klar um die Lobpreisung des Todes. Hymnen kennen keine formalen Regelmässigkeiten, weder Reim, noch einen festen Strophenbau und auch die Rhythmen werden ohne Vorschriften gebildet. Novalis’ Hymnen an die Nacht erfüllen alle diese Kriterien.
Die Nacht
„Die Nacht ist seit den ältesten mythologischen Vorstellungen eine Zeit des Chaos, ein Bereich in dem „niemand wirken“ kann (Joh. 9,4). Vor allem das Christentum bringt eine Umwertung der Vorstellung der Nacht. Seit Jesus auferstanden ist in der Osternacht, wird die Nacht erfahren als Quelle des Lebens; als Dunkelheit, in die man sich begeben soll, wenn die als Licht erfahrenen Gottheit erscheinen soll.“ (S.276) Ich denke gerade diesen Wandel von der Angst vor dem Tod hin zur Verehrung ges Todes will Novalis in seinen Hymnen ansprechen.
Erst mit Jesus und dessen Tod ändert sich auch in Novalis’ Hymne der Umgang mit der Nacht. Wie bereits oben angetönt Die Nacht, der Tod und somit die Neue Welt, wie Novalis sie nennt sind aber nicht zwanghaft oben, also im Himmel. Novalis spricht vielmehr von hinüber und erklärt dem Leser die Neue Welt als besseren Ort, in welchem die irdischen Bedürfnisse keine Rolle mehr spielen.
Typisch Romantik
Die Romantiker prägt, dass sie von einer Welt sprechen, die nur sie kennen und welche sie zu erreichen versuchen. Diese Sehnsucht wird aufgenommen, und dargestellt als die Welt des Todes. Die übrigen Menschheit kennen diese Welt nicht und kennen nur den wahrhaftige Schlaf.
In diesem Aspekt zeigt sich auch der Subjektivismus, mit dem Romantiker schieben, und die Suche nach neuen Perspektiven, welche in der Frühromantik üblich waren. Da die Romantiker überzeugt von der Zufälligkeit der Geschehnisse und der Welt waren, zeigte sich dies auch in der Formlosigkeit der Hymne. Dass als Stilmittel die Weihnachtsgeschichte erzählt wird, kann ich zum einen darauf zurückführen, dass die Romantik ein Zeitalter war, das umfassend von der katholischen Glaubensansicht geprägt wurde. Anderseits sehe ich in der Geschichte von Maria, Joseph und Jesus auch das Interesse der Romantiker an Vergangenem und an den Wurzeln der Geschehnisse.
Sich von irdischen Zwänge befreien zu können war ebenfalls ein Ziel der Romantiker. Dies Zeigt auch Novalis in seinen Hymnen klar auf.
Bei Novalis soll dieses Befreien durch den Tod stattfinden.
Dann möchte ich in diesem Thema noch kurz auf Novalis Künstlername zu sprechen kommen. Philipp Friedrich Freiherr, wie Novalis mit bürgerlichem Namen hiess, nannte sich nach einem alten Geschlechtsnamen von ihm, welchen er nach eigener Aussage „ganz passend“ findet. Ich denke dass Novalis seinen Künstlernamen nach einem alten Geschlechtsnamen wählt, ist sehr passend für einen Romantiker, welche ihre Spuren in der Vorgeschichte suchten und erforschten,
Die Sprachwahl
Novalis bedient sich einer sehr ausgeschmückten Sprache, welche durch die vielen Adjektive, Allegorien und rethorische Fragen vollendet wird. Er benutzt oftmals veraltete Schreibweisen der Wörter wie zum Beispiel ???. Der Leser fühlt sich oftmals direkt angesprochen, durch die Monologe, welche der Ich-Erzähler führt, und durch die Weise, in der die Hymnen aufgeschrieben sind.
Diese erinnerte mich nämlich sehr an die Art eines Tagebuches, da der Autor eigentlich bloss seine Gedanken aufgeschrieben hat.
Die zwei Fassungen
Die Hymnen wurden in zwei verschiedenen Fassungen veröffentlicht. Die Erste, die handschriftliche Fassung ist der Form nach vom Original gedruckt. Das heisst, die Hauptteile der Hymnen sind in Versen formuliert, mit einigen Ausnahmen (siehe: Formale Interpretation). Die Zweite Fassung ist die überarbeitete Form der handschriftlichen Fassung und wurde ein Jahr später vollendet. Die Hauptteile sind in dieser Version nicht mehr in Versen sondern als Prosa geschrieben.
Nur noch die Stellen, welche ich bereits bei der Formalen Interpretation erwähnt habe sind als Verse formuliert.
Inhaltliche Änderungen gibt es nur sehr wenige, und solch feine Umformulierungen, dass sie den Inhalt nicht verändern, höchstens etwas verdeutlichen.
Bibliographie
Novalis Lebenslauf:
https://www.textgalerie.de/novalis/biographie/
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