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  Kleider machen leute

KLEIDER MACHEN LEUTE  Erzählung von Gottfried KELLER, erschienen 1874 im zweiten Band des Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla. – Der Text entstand wohl in den sechziger Jahren in Zürich, nach B. A. ROWLEY DÜRFTE Keller bereits 1844 von einem authentischen Geschehen in dem Ort Wädenswil gehört haben; auch Jakob FREYS Erzählung Das erfüllte Versprechen (1862) gilt als motivierende Quelle. Ein arbeitsloser Schneidergeselle aus Seldwyla, Wenzel Strapinski, hat sich auf die Wanderschaft begeben, darf unterwegs aber bald in einer vornehmen Kutsche Platz nehmen, die mit ihm in das Nachbarörtchen Goldach einfährt. Der dem herrschaftlichen Wagen entsteigende Schneider wird vom Kutscher als Herr von aristokratischer Herkunft ausgegeben, und Wenzel, der durch sein romantisch-melancholisches Aussehen, vor allem durch seinen langen und kostbar wirkenden, samtgefütterten Mantel Aufsehen erregt, gilt bald als ein polnischer, mit Reichtümern gesegneten Graf, den die neugierige und gewinnsüchtige Bürgerschaft fürstlich bewirtet und gebührend feiert.

Das verträumte Schneiderlein fördert das für ihn märchenhafte Missverständnis nicht von sich aus, findet aber auch nicht den Mut, es aufzuklären. Die wachsende Neigung zur Amtstochter Nettchen verführt ihn endgültig dazu, die allseitige Bewunderung freundlich hinzunehmen und aus der glanzvollen gesellschaftlichen Erhöhung Nutzen zu ziehen. Sein natürlich erscheinendes Wesen und sein „fürstlicher“ Aufzug erwecken bald zärtliche Gefühle in der Amtstochter, die in Wenzel den Märchenprinzen erblickt, den sie in ihren romantischen Träumen herbeisehnte. Doch auf dem prächtig zugerüsteten Verlobungsfest, das Wenzel mit einem Spielgewinn finanzieren will, wartet dem               Paar eine Abordnung aus Seldwyla mit einer schadenfrohen Entlarvungskomödie auf. In einer auf ihn zielenden allegorischen Pantomime über das Wortspiel „Leute machen Kleider – Kleider machen Leute“ sieht sich der Kostümgraf entdeckt und flieht verzweifelt in die Winternacht hinaus. Halb erfroren findet ihn Nettchen, die ihm nachgefahren ist, im Schnee.

Durch kluge Fragen bringt sie ihm zum Sprechen, erkennt nach anfänglicher Entrüstung, dass Unschuld und Wahrhaftigkeit sich hinter seiner romantischen Verirrung verbergen, und setzt gegen den Widerstand des Vaters, und ohne den Spott der Bürger zu fürchten, die Heirat durch. Wenzel rechtfertigt glänzend das in ihn gesetzte Vertrauen: Er wird ein angesehener Tuchherr von Seldwyla, später in Goldach, der seinen Besitz, aber auch seinen Leibesumfang und die Zahl seiner Kinder nach Belieben erweitert. Es ist eine sehr nette erzählte Geschichte, die man nicht unterschätzen darf. Denn „Kleider machen Leute“ hat eine tiefere Bedeutung. Die Gesellschaft früher und auch heutzutage legt sehr viel Wert darauf wer welche Kleidung anhat! Sie ist der Meinung, dass der, der bessere Kleidung anhat, gehört auch der besseren Gesellschaft an, somit muss derjenige auch mehr Geld besitzen. Doch ein schlecht gekleiderter Mensch gilt als schäbig und arm.

Dieses alte Klischee sollte verschwinden, wie viele andere dumme Klischees. Was hat die Kleidung mit dem inneren Wert des Menschen zu tun? Ist er weniger wert, weil er weniger Geld besitzt? Also, ich denke nicht so! Ich finde dieses Klischee einfach albern, ich hoffe die Menschheit wird sich einmal diesbezüglich ändern, aber die Aussichten stehen nicht sehr gut, leider!

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