Peter rosei wurde am 17
Dr. Peter Rosei - Entwurf für eine Welt ohne Menschen
zum Autor:
Peter Rosei wurde am 17. 6. 1946 in Wien geboren. Er entstammte einer "proletarisch-kleinbürgerlichen" Familie. 1947 wurde Roseis Bruder Franz, heute Bildhauer und Zeichner, geboren, mit dem Rosei noch immer ein sehr enges Verhältnis verbindet.
Nach der Absolvierung der Volksschule besuchte Rosei die Mittelschule, was für seine Eltern eine gewisse finanzielle Belastung bedeutete. Der Traum, Schriftsteller zu werden, bedeutete für ihn die erste "Abzweigung vom Normalen". Nach erfolgreich bestandener Matura begann Peter Rosei ein Jurastudium an der Universität Wien. Er promovierte 1968 zum Doktor der Rechtswissenschaften. Das üblicherweise an das Studium anschließende Gerichtsjahr absolvierte Rosei nie, denn er hatte sowieso nicht vor, Jurist zu werden. In den Jahren von 1969 bis 1971 war er als Privatsekretär des Malers Ernst Fuchs und als Kunsthändler tätig.
1971 gab Rosei diese Stellung auf und war für kurze Zeit Leiter eines Schulbuchverlags. 1972 schließlich entschied sich Peter Rosei für das Schreiben, was aufgrund der schlechten Stellung von freien Schriftstellern auch der Auftakt zu einem "entsagungsvolleren Leben" war. Seit 1972 hat Dr. Peter Rosei über 20 Bücher veröffentlicht, er schrieb außerdem noch Drehbücher und übersetzte fremdsprachige Literatur.
Die Orte von Peter Roseis Werken sind meist von sekundärer Bedeutung. Die Bewegung des Reisens, des Herumziehens in der Welt ist fundamentaler Bestandteil und Hauptmerkmal seines Werks.
Die schriftstellerische Entwicklung Roseis kann in drei Phasen unterteilt werden:
In seinen Anfangsjahren schrieb er vor allem Parabeln nach dem Vorbild Kafkas. Er benutzte extrem detailgetreue Naturbeschreibungen dazu, eine statische, übermächtige Welt zu zeichnen, die für das sich bewegende Individuum ausweglos ist.
Das Werk "Entwurf für eine Welt ohne Menschen" stellt gemeinsam mit dem "Entwurf für eine Reise ohne Ziel" den ersten Wendepunkt in Roseis Schaffen dar.
zum Werk:
Der "Entwurf für eine Welt ohne Menschen" ist die minutiöse Bestandsaufnahme einer inneren Welt, eine Wanderung durch die Räume der Phantasie. Mit diesem Werk führte Rosei die Parabelform ad absurdum, denn er beschrieb die (erdachte) Naturlandschaft so genau, dass die Parabel mit Details überlastet wurde und somit ihrer Funktion nicht mehr nachkommen konnte. Die Aussage des Werkes wird somit nicht durch die Parabelform gemacht.
Rosei verwendet in diesem Buch eine Naturbeschreibung, um dem Leser seine eigentliche "message" vermitteln zu können. Wie die Gegenden der ersten Texte ist auch diese (Natur-)Welt feindlich und bedrohlich dargestellt. Stets sind aggressive Mächte am Werk, die die Freiheit des einzelnen Wesens einschränken, das Sterben ist allgegenwärtig, denn "die Natur aller Geschöpfe, könnte man sagen, ist der Tod."
Wie schon der Titel sagt, kommen in dem gesamten Buch keine Menschen vor, Rosei beschreibt im Grunde nur einen Flug über eine fiktive Alpenlandschaft.
Das "man" in dieser menschenlosen Welt beginnt am Anfang des Buches seine Reise in Richtung Westen. Von einer extrem flachen Ebene ausgehend, überquert man einen Fluß und besteigt zuerst eine hügelartige Stufenpyramide, von deren Plateau aus man die gesamte Landschaft überblickt.
Voll Enthusiasmus steckt man sich ein neues Ziel, nämlich drei spitzkegelige Hügel, die man im fernen Westen erblickt. Seinen Eindruck von den drei Hügeln muß man auf dem Weg dahin noch revidieren, denn von der Weite hatte man ein falsches Bild von ihnen erhalten. Am Gipfel des "Stiernackigen", der der Mittlere der drei Hügel ist, erleidet man den ersten Rückschlag. Man kann den großartigen Ausblick, der sich einem auftut, nicht ertragen und wirft sich auf den Boden. Trotzdem bewegt man sich weiter und steckt sich ein neues Ziel, nämlich die Schneeberge im äußersten Westen. Dieses Ziel ist sehr hoch gesteckt, denn man ist schon von der langen Reise ausgelaugt.
Es gilt auch viele Hindernisse, unter anderem Felskämme, zu überwinden. Man durchquert eine Grasebene, eine Hügelland und einen Laubwald, durch Glück umgeht man die Felskämme und erreicht schließlich die Schneeberge. Wie bei den spitzkegeligen Hügeln muß man jedoch den Eindruck über die Schneeberge berichtigen, als man vor ihnen steht. Die freudige Erwartung entlarvt sich schließlich als Illusion. Das "man" wird am Ende zwar zu einem "Ich", bei einer derart übermächtigen Natur verstummt jeder Gedanke jedoch von selbst.
Der realen Welt kommt in diesem Werk keine andere Rolle zu Vorbild zu sein für ein verdichtetes, gestaltetes und trotz aller Nüchternheit in der Beschreibung mit Bedeutungen versehenes Abbild.
Diese Bedeutungen, die zugleich die eigentliche Aussage des Werkes ausmachen, treten in Form von "Aussagesätzen", also allgemeinen Aussagen über die Menschheit, auf, die Rosei zwischen seine Naturbeschreibung mischt. Die Landschaftsbeschreibung bietet – wie mir Rosei selbst sagte – das Beweismaterial für diese Aussagesätze, da die Natur die Welt symbolisiert. Außerdem wirkt die Polarität zwischen Naturbeschreibung und Aussagesätzen wie ein Motor, der das Interesse des Lesers weckt.
Als man auf die weite, eintönige Grasebene blickt, stellt Rosei fest, dass der Mensch nicht im Stande ist, sich etwas völlig Einheitliches, Ungegliedertes vorzustellen. Auch wenn etwas so gleichmäßig ist wie die Grasebene, so versucht der Mensch immer, eine markante, ungleiche Stelle zu finden, an der er sich festhalten kann. Laut Rosei ist auch die vom Menschen getroffene Einteilung der Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unzulässig.
Als man am Gipfel des Stiernackigen zusammenbricht, übt Rosei Sprachkritik. Rosei glaubt dass die Worte weder das Große noch das Kleine fassen, sondern irgendwo in der Mitte angesiedelt sind. Die Worte können einfach nicht alles ausdrücken, sie geben zwar ihr Bestes, sie drohen jedoch immer, zusammenzubrechen.
Rosei meint auch, dass der Mensch seine wahre Stellung in der Natur nicht erkennt. Der Mensch will auch alles gleichzeitig machen, wie das in der Natur der Fall ist, doch er muß erkennen, dass auch er nur einen kleinen Baustein der Natur ausmacht. Daher glaubt Rosei, dass der Mensch seinen Blick aus der Ferne abziehen und sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren sollte.
Da wir unsere Blicke so schweifen lassen, haben wir auch Probleme mit der Entscheidungsfindung. Wir können die unzähligen Reize nicht verarbeiten, die auf uns eingehen, daher treffen wir unsere Entscheidungen, indem wir das Bißchen, das wir fassen können, aufblähen.
Durch das gesamte Buch hindurch drückt Peter Rosei mit Hilfe der Naturbeschreibung und mit Aussagesätzen eine Wertlosigkeit und Verzweiflung am Leben, eine Art Endzeitstimmung aus. Es kommt nie zu einer Vermittlung zwischen dem Protagonisten "man" und der Naturgegend, die er begeht. Nach Peter Rosei ist "die Zerstörung, die endgültige Zerstörung" nur eine Frage der Zeit. Das am Ende zum "Ich" personifizierte "man" erkennt am Gipfel des Schneeberges, dass die freudige Erwartung auf diesen Moment nur Illusion war.
Trotzdem sagt man, als man in die Weite blickt : "So lange habe ich wandern müssen, das also ist das Gelobte Land." Doch auch diese Aussage macht man nicht, weil man wirklich das Gelobte Land sieht, sondern nur, um der stummen Verzweiflung nicht endgültig zu verfallen.
Nach dieser ersten literarischen Phase zeigte sich nun bei Peter Rosei eine gesteigerte Aufmerksamkeit für individuelle Lebensgeschichten. In diese zweite literarische Schaffensphase fällt unter anderem das Prosawerk "Wer war Edgar Allan?". Dieses Werk beinhaltet ein raffiniertes Spiel mit Doppelgängern und Doppelexistenz, bei dem der Einfluß Edgar Allan Poes und E.T.
A. Hoffmanns stark spürbar ist. In diesem Werk wie in allen der 2. Schaffensperiode Roseis ist der Protagonist auf Reisen bzw. auf der Flucht.
Die Protagonisten der späteren Werke Roseis (3.
Phase) reisen nicht mehr um einer Horizonterweiterung willen, sie reisen nur noch, um nicht stillstehen zu müssen, was ein Absinken bedeuten würde.
Diese Entwicklung vom Gehen über das Reisen und das Dahintreiben zum mehr oder weniger resignierten Stillstand ist charakteristisch für das Werk Roseis.
Peter Rosei lebt heute in Wien.
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