Brennelemente
Austausch und Wiederaufarbeitung
Der Austausch und die
Wiederaufbereitung bestrahlter Brennelemente ist aus mehreren Gründen notwendig:
Während des Reaktorbetriebs entstehen
Spaltprodukte mit einer großen Neigung zur Neutronenabsorption. Da sich die Konzentration
der Spaltprodukte beim Betrieb des Reaktors fortlaufend erhöht, nimmt die Dichte des
Neutronenflusses ab. Von einem bestimmten Spaltproduktgehalt an würde die Kettenreaktion
schließlich völlig zum Erliegen kommen.
Die Brennstabhüllen werden durch die
Neutronenbestrahlung in ihren mechanischen Eigenschaften verändert. Sie können z. B.
verspröden und dadurch bei den Beanspruchungen während des Reaktorbetriebs reißen.
Durch Undichtigkeit könnten dann verstärkt Radionuklide in den Kühlmittelkreis
gelangen. Ein Austausch der Brennelemente in bestimmten Zeitabständen ist also aus
sicherheitstechnischen Gründen erforderlich.
Der Einsatz der Brennelemente ist aber
schließlich auch durch den Anreicherungsgrad an U-235 begrenzt. Denn nur dieses Isotop
ist für die Kernspaltung in Reaktoren geeignet. Sobald der Gehalt an Uran-235 von max.
3,5 Gewichtsprozent (Anreicherung) auf etwa 1% zurück- gegangen ist, müssen die
Brennelemente ausgewechselt werden.
Grundsätzlich wäre es denkbar, die
bestrahlten Brennelemente ohne Wiederaufbereitung einer Endlagerung zuzuführen. Dabei
würden jedoch die rund 95% U-238, 0,8% U-235 und das entstandene ca. 1% Plutonium, das
ebenfalls für die Kernspaltung geeignet ist, verlorengehen. Außerdem ist es aus
sicherheitstechnischen Gründen wohl sinnvoller, das Plutonium für die Kernspaltung im
Reaktor zu verwenden und dadurch unschädlich zu machen.
Etwa ein Drittel der Brennelemente wird pro
Jahr ausgewechselt, d.
h. die Elemente verbleiben drei Jahre im Reaktor. Nach der Entnahme
lagert man sie in einem Wasserbecken im Kernkraftwerk.
Während dieser Zeit zerfallen die
Spaltprodukte mit kürzeren Halbwertszeiten fast vollständig, und es bleiben nur die
Radionuklide mit längeren Halbwertszeiten zurück. Das im Lagerbecken befindliche Wasser
dient der Strahlenabschirmung und der Kühlung der Brennelemente. Der Zerfall der
Spaltprodukte ergibt eine recht hohe Wärmeleistung, die jedoch rasch abklingt.
Die Brennelemente werden in speziellen
Transportbehältern (Castor) in ein Zwischenlager transportiert. Die Behälter sind so
konstruiert, daß eine Strahlenabschirmung, ein ausreichende Kühlung sowie eine hohe
Stabilität, wie sie für mögliche Unfälle beim Transport gefordert wird, gewährleistet
sind. Jeder einzelne Transport muß genehmigt und auf dem gesamten Weg überwacht werden.
Bei einem Kernkraftwerk mit einer
elektrischen Leistung von 1300 MW sind 5-6 Einzelbehältertransporte pro Jahr notwendig.
Dabei können in einem Behälter je nach Größe 3 bis 30 Brennelement untergebracht
werden. Nach dem Transport werden die Brennelemente in einem Zwischenlager, das zugleich
das Eingangslager einer Wiederaufbereitungsanlage sein kann, gelagert.
Hier kann die
Aktivität der Spaltprodukte weiter abklingen. Grundsätzlich ist die Aufberarbeitung von
Brennelementen aber bereits nach einer kürzeren Lagerung möglich. Bei der
Wiederaufbereitung der Brennelemente wendet man heute das sog. Purex-Verfahren an.
Zunächst werden die Brennstäbe in etwa 5cm lange Stücke zersägt und ihr Inhalt in
siedender Salpetersäure (HNO3) herausgelöst.Dabei entstehen Uranylnitrat UO2,
Plutonium-IV-Nitrat PU sowie die Nitrate der Spaltprodukte und Aktiniden (bestimmte
Elemente).
Durch physikalisch-chemische Verfahren wird dann eine Trennung der drei
Kompetenten Uran/Plutonium/Spaltprodukte und Aktiniden durchgeführt. Das geschieht mit
Hilfe eines besonderen Lösungsmittel, dem Tri-n-Butyl-Phosphat das mit 70% Kerosin
verdünnt ist. Die Lösung trägt die Bezeichnung TBP 30.
Die Abtrennung der Spaltprodukte und
Aktiniden, ein erster und wichtiger Schritt des Trennverfahrens, kann vereinfacht
folgendermaßen erklärt werden:
Das TBP 30 löst bei Anwesenheit von Salpetersäure die Nitrate des Urans und des
Plutoniums während die Spaltprodukte und Aktiniden im wässerigen Teil der Lösung
zurückbleiben. Da sich die wäßrige Lösung wieder selbständig von dem
Extraktionsmittel absetzt, können die Spaltprodukte leicht abgebaut werden.
Um Uran, Plutonium sowie Spaltprodukte und
Aktiniden fast 100%ig voneinander zu trennen, wird dieser Vorgang mehrfach hintereinander
durchgeführt.
Dabei sind eine Reihe zusätzlicher chemischer Aufarbeitungsschritte
notwendig.
Während Uran und Plutonium wieder der
Brennelementherstellung zugeführt werden, bewahrt man die hochaktive Lösung mit
Spaltprodukten und Aktiniden in gekühlten Edelstahltanks auf. Die konzentrierte
Spaltproduktlösung hat eine spezifische Aktivität von etwa 1000 Ci/l = 3700 Bq/l. Die
entstehende Zerfallswärme muß deshalb durch Kühlsysteme abgeführt werden. Nach etwa
fünfjähriger Abklingzeit kann eine Volumenverminderung und eine Überführung in eine
wasserlösliche Form durch Verglasung vorgenommen werden (Konditionierung für die
Endlagerung).
Beim Zerschneiden der Brennelemente und
besonders beim Lösen des Brennstoffes in Salpetersäure entweichen gasförmige und
leichtflüchtige Spaltprodukte (Xenon, Krypton, Jod, Ruthenium usw.
), außerdem werden
Stickstoffoxide frei. Sie müssen aus den Abgasen zurückgewonnen werden. Die
Stickstoffoxide werden in Salpetersäure überführt und in den Prozeß zurückgeleitet.
Radioaktives Jod läßt sich mit Hilfe hochwirksamer Filter zurückhalten, die mit Silber
imprägniert sind. Es entsteht dann das schwerlösliche Silberjodid (AgJ). Das nicht mehr
radioaktive Xenon kann an die Umgebung abgegeben werden, während das radioaktive
Krypton-85 durch besondere Verfahren gebunden und für eine Endlagerung konditioniert
werden kann.
Es zerfällt nach etwa 100 Jahren vollständig zu nicht aktivem Rubidium.
Für tritiumhaltiges Abwasser ist eine
gesonderte Sammlung und eine Endlagerung nach Abbinden mit Zement zu Beton vorgesehen.
Besondere Sicherheitsmaßnahmen sind bei der Handhabung der Lösung von Plutonium
notwendig. Es muß verhindert werden, daß sie ein Volumen bzw. eine Konzentration
erreichen, bei der selbständig eine Kettenreaktion einsetzen könnte
(Kritikalitätsunfall). Zur Verhinderung dieser Kritikalität werden entweder nur geringe
Lösungsmengen verarbeitet oder den Lösungen sog.
Neutronengifte zur Neutronenabsorption
beigemengt. Außerdem lassen sich die Behälter so formen, daß aufgrund der großen
Oberfläche die Neutronenverluste stets sehr hoch sind und deshalb keine Kettenreaktion
einsetzen kann (redunante Sicherheitsmaßnahmen).
Da die bestrahlten Brennelemente
hochradioaktiv sind, muß man die Wiederaufbereitung in Zellen vornehmen, die durch dicke
Betonwände abgeschirmt sind (sog. Heiße Zellen, Wandstärke bis 2 m). Die Arbeiten
werden mit Hilfe von fernbedienten Werkzeugen (sog. Telemanipulatoren) durchgeführt; sie
können durch Strahlenschutzfenster aus dickem Bleiglas beobachtet werden.
Alle Maschine
müssen über lange Zeit wartungsfrei arbeiten, da Reparaturen nur möglich sind, wenn der
betreffende Raum vorher gründlich von radioaktiven Substanzen gereinigt worden ist
(Dekontamination). Die Betriebsräume der Wiederaufbereitungsanlage werden mit Hilfe einer
besonderen Anlage ständig be- und entlüftet, damit sich keine gasförmigen und
leichtflüchtigen Stoffe ansammeln. Außerdem wird im Gebäude ein leichter Unterdruck
erzeugt, so daß keine ungefilterte Luft in die Umgebung gelangen kann.
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